Protest gegen Umstrukturierung - Finsterwalde kämpft um sein Krankenhaus
Erstmalig wird das Elbe-Elster-Klinikum in diesem Jahr Verlust einfahren. Der Landkreis plant eine umfassende Umstrukturierung. Die drei Standorte des Klinikums könnten massiv zurückgefahren werden. In Finsterwalde wurde nun protestiert. Von A. Kabisch, P. Manske und F. Ludwig
Mehr als 2.000 Menschen haben am Dienstagabend auf dem Finsterwalder Marktplatz für den Erhalt des Krankenhauses im Ort demonstriert. Friedlich, aber bestimmt äußerten sie ihren Unmut zu den aktuell kursierenden Plänen für das Elbe-Elster-Klinikum, zu dem auch der Standort Finsterwalde gehört. Und die haben es in sich.
Neun Millionen Euro Verlust bei halber Auslastung
Das Elbe-Elster-Klinikum mit Krankenhäusern in Herzberg, Elsterwerda und eben Finsterwalde hat enorme finanzielle Probleme. Etwa neun Millionen Euro Verlust wird das Klinikum in diesem Jahr einfahren, sagt Elbe-Elster-Landrat Christian Jaschinski, erstmalig in der Geschichte des Hauses. Der Landkreis ist Gesellschafter des Klinikums. Hinzu kommt die schlechte Auslastung - sie liegt laut Jaschinski auf alle Standorte gerechnet bei etwas über 50 Prozent. Vor der Corona-Pandemie lag sie noch bei 78 Prozent.
Während die Einnahmen sinken, steigen die Ausgaben, erklärt der Landrat. Da ist zum einen der Fachkräftemangel, es gibt zu wenig Ärzte. Teure Honorarkräfte müssen deshalb beschäftigt werden - die kosten deutlich mehr als regulär angestellte Ärzte. Energiekosten und Inflation machen dem Klinikum zusätzlich das Leben schwer, sagt Jaschinski.
Fest steht, es muss etwas passieren - das Elbe-Elster-Klinikum ist in seiner jetzigen Form nicht zu halten, erst recht nicht, wenn die Finanzierung durch die großangelegte Krankenhausreform des Bundes noch einmal auf neue Füße gestellt wird. Der Landkreis wirbt deshalb offensiv für sein Vorhaben, hat ganzseitige Anzeigen in regionalen Tageszeitungen geschaltet, um für Verständnis zu werben.
Neubau für Spezialversorgung
Der Landkreis hat gemeinsam mit einer Beraterfirma einen ambitionierten Plan entwickelt. Das Modell heißt "3+1" und sieht im Kern vor, die drei aktuellen Klinikum-Standorte zu ambulant-stationären Versorgungszentren umzubauen - die klassische Krankenhausversorgung also zurückzufahren und Fachabteilungen zu schließen. Gleichzeitig soll die Spezialversorgung durch einen Krankenhausneubau in zentraler Lage sichergestellt werden. Dem Vernehmen nach ist der für Doberlug-Kirchhain vorgesehen.
Ein neues Krankenhaus könnte Fachabteilungen bündeln, die es aktuell noch in allen drei Klinik-Standorten gibt. Dazu gehören Notaufnahmen, die Anästhesie, Radiologie oder auch die Intensivstationen. Diese Fachabteilungen an allen Standorten zu unterhalten, kann sich das Klinikum nicht mehr leisten.
Schlechtere Versorgung befürchtet
Durch die Krankenhausreform des Bundes könnten viele ländliche Krankenhäuser zu ambulant-stationären Gesundheitszentren umgebaut werden. Das Krankenhaus in Spremberg (Spree-Neiße) ist ein aktuelles Beispiel dafür. Auch hier ist die finanzielle Lage schlecht, die Umstrukturierung läuft. Proteste gibt es nicht.
Auch in den anderen beiden Elbe-Elster-Klinikum-Standorten Elsterwerda und Herzberg ist es ruhig - dabei hätten die Einwohner von dort sogar einen längeren Weg in das neue Spezialkrankenhaus in Doberlug-Kirchhain. Die Finsterwalder hingegen wollen die Pläne nicht akzeptieren.
Die Demo-Teilnehmer am Dienstag befürchten etwa, dass die Patientenversorgung durch die neuen Pläne schlechter wird, mindestens aber die Versorgung in den drei aktuellen Standorten. Schon jetzt werde nicht mehr in das Haus investiert, das sei ein Grund dafür, dass viele Ärzte gegangen seien, so eine Demonstrantin. Die Befürchtungen sind groß, dass die Häuser in Herzberg, Elsterwerda und Finsterwalde zukünftig noch mehr vernachlässigt werden.
Finanzierung noch völlig unklar
Zum Protest aufgerufen hatte auch der Bürgermeister von Finsterwalde, Jörg Gampe. Egal, ob das "3+1"-Konzept umgesetzt wird oder nicht, ihm sei bereits deutlich signalisiert worden, dass etwa die Notaufnahme in seiner Stadt geschlossen werden muss, um das ganze Klinikum zu retten. Gampe will das nicht akzeptieren.
Mit einer Unterschriftensammlung wollen die Demonstranten erreichen, dass sich der Kreistag noch einmal mit dem geplanten Umbau beschäftigt. Der Landkreis hält dagegen, dass sich die Patientenversorgung durch die Umstrukturierung verbessern würde. Das neue Krankenhaus soll den höchsten medizinischen Standards entsprechen.
Nach wie vor ist aber auch die Finanzierung des Neubaus nicht geklärt. Zuletzt hatte die BVB/Freie Wähler-Fraktion im Brandenburger Landtag eine kleine Anfrage an die Landesregierung gestellt. Die Beraterfirma, die das "3+1"-Konzept für den Landkreis aufgestellt hatte, sei davon ausgegangen, dass das Land den Neubau zu 100 Prozent finanziere.
Die Antwort der Landesregierung: Seit 2013 gibt es für die Krankenhäuser im Land eine jährliche Investitionspauschale, keine Einzelförderung mehr. Diese Pauschale reicht bei weitem nicht für den 150-Millionen-Euro-Bau. Das Land wird also nicht bezahlen.
Bis Ende des Jahres soll abschließend geklärt werden, ob es einen Neubau geben wird. Die Finsterwalder werden so lange weiter für ihren Krankenhausstandort kämpfen.
Sendung: Antenne Brandenburg, 16.08.2023, 7:30 Uhr