Französisches Kaufhaus in Berlin - Adieu, Galeries Lafayette!

Mi 31.07.24 | 10:07 Uhr | Von Johanna Sagmeister
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Ein mit mehreren Einkaufstaschen vollbepacktes Fahrrad steht am 31.07.2024 vor dem Haupteingang vom Luxuskaufhaus Galeries Lafayette an der Friedrichstraße in Berlin-Mitte. (Quelle: dpa/Bernd von Jutrczenka)
Video: rbb24 Abendschau | 31.07.2024 | Vanessa Materia, Ulli Zelle, Volker Wiepricht | Bild: dpa/Bernd von Jutrczenka

Nach fast drei Jahrzehnten schließt das französische Luxuskaufhaus Galeries Lafayette in Berlin. Wie das Gebäude in der Friedrichstraße künftig genutzt werden soll, ist noch nicht entschieden. Von Johanna Sagmeister

In den Regalen und Vitrinen liegen nur noch vereinzelt Taschen oder Schuhe, nur die Logos der Luxusmarken darüber leuchten noch hell. Die teuren Champagner und Weine, die gut duftenden Teesorten in der Gourmet-Abteilung im Keller: Fast alles weg. Die großen Sales-Schilder haben in den letzten Wochen offenbar einige Schnäppchenjäger angezogen. So wie eine junge Frau, die glücklich auf ihre neue Designer-Tasche zeigt, die sie mit 60 Prozent Rabatt ergattert hat.

Andere kommen, um sich zu verabschieden. "Ich habe drinnen noch mal ein paar Fotos aufgenommen, um das Kaufhaus auf Bild festzuhalten", erzählt eine ältere Dame, die aus dem gläsernen Eingang herauskommt. "Die Lafayette war eine Institution", sagt sie. Sie mache es traurig, dass es immer weniger Einzelhandel gibt. Für einen anderen Kunden, der hier in der Gegend gearbeitet hat und regelmäßig zum Mittagessen kam, sei es "das Ende einer Ära", sagt er.

Orientierung Richtung Asien

Hunderte Menschen standen bei der Eröffnung 1996 Schlange. Es war der erste und bis heute einzige Standort der französischen Warenhauskette in Deutschland. Auf 8.000 Quadratmetern lockten exklusive Mode und Spitzengastronomie. Der von dem französischen Stararchitekten Jean Nouvel entworfene Glaspalast sei auch ein Aufbruchsignal für die Hauptstadt gewesen, sagt der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg, Nils Busch-Petersen. "Damals blickte kaum jemand nach Berlin, und dann setzt da die Galeries Lafayette ihre erste Auslandsdependance überhaupt hin."

Doch die Kaufhauskette geriet in den vergangenen Jahren wirtschaftlich unter Druck, das Geschäft lohnte sich offenbar nicht mehr. Die Schließung sei "eine Folge der sich veränderten Konsumgewohnheiten in Deutschland und der erheblichen Veränderungen auf dem Einzelhandelsmarkt der Stadt", teilte das Unternehmen mit, als es im Oktober 2023 das Ende verkündete.

Schaufensterpuppen stehen am 23.07.2024 in einem bereits leer geräumten Bereich im Luxuskaufhaus Galeries Lafayette an der Friedrichstraße in Berlin-Mitte. (Quelle: Picture Alliance/Bernd von Jutrczenka)Schaufensterpuppen stehen am 23. Juli 2024 in einem bereits leergeräumten Bereich der Galeries Lafayette.

Indien und China als neue Märkte

Stattdessen orientiert sich die Warenhauskette nun Richtung Asien, plant neue Standorte etwa in Indien und China. Dort wachse das Luxus-Segment noch an, sagt Lech Suwala, Professor für Stadt- und Regionalökonomie an der Technischen Universität Berlin. "Im Globalen Osten ist der Aufstieg der Mittelschicht in Teilen vollzogen. Man erwartet, dass diese Mittelschicht in der Lage ist, auch hochpreisige Marken- und Luxuswaren zu konsumieren", so Suwala.

"Grundsätzlich funktioniert der Luxusmarkt in Europa noch und ist auch attraktiv", sagt Johannes Berentzen, Geschäftsführender Gesellschafter der BBE Handelsberatung. Mit nur einem Haus in Deutschland sei die Schlagkraft von Galeries Lafayette "jedoch immer schon überschaubar gewesen."

Und die Konkurrenz ist groß: Keinen Kilometer von der Galeries Lafayette entfernt, rund um den Potsdamer Platz, hat sich in den letzten Jahrzehnten eine umkämpfte Einzelhandelslandschaft entwickelt. Mit der "Mall of Berlin" und dem in diesem Jahr geöffneten "The Playce" bieten gleich mehrere Shopping-Center mit ähnlichen Konzepten und Zielgruppen ihre Waren an. Hinzu kommt, dass man sich von den ausbleibenden Touristen, dem verstärkten Homeoffice-Trend samt leerstehenden Büros und weniger Laufkundschaft während der Corona-Pandemie offenbar nicht mehr erholt hat.

Eine Chance, die Innenstadt neu zu denken

Die Immobilie in der Friedrichstraße gehört dem US-Konzern Tishman Speyer, der eine Modernisierung des Gebäudes plant. Was genau mit dem Gebäude geschieht, ist noch offen. "Jetzt haben wir die Chance, die Innenstadt neu zu denken", sagt Ökonom Suwala. "Wer sagt, dass in dem Gebäude nur Einzelhandel stattfinden muss, wenn sich der Konsum immer weiter ins Internet verlagert?“ Man könne auch andere Angebote schaffen, etwa einen Mix aus Kultur, Gastronomie und Bürger-Services von Behörden.

Dass das Gebäude auch als neuer Standort für die Bibliotheken wie die Berliner Zentral- und Landesbibliothek im Gespräch ist, begrüßt der Stadt- und Regionalplaner. Sie würde eine viel breitere Menge an Menschen ansprechen, was zur Belebung der unmittelbaren Umgebung beitragen würde, sagt er. Deshalb sehe er die Bibliothek als Chance, die Innenstadt wieder zu revitalisieren.

Eine Bibliothek? Das finden viele gut

Auch Büroräume sind in dem Gebäude theoretisch denkbar. Welche Variante und ob sich überhaupt eine durchsetzen wird, ist noch völlig offen. "Wir verfolgen verschiedene Optionen, von denen eine die Nutzung als Bibliothek ist", teilte ein Sprecher der Eigentümergesellschaft auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa lediglich mit. "Überlässt man die Lösung dem Markt, dann setzen sich oft Startups oder Acceleratoren durch", sagt Suwala. "Oder die Flächen werden eben kommunal erworben und man kann Orte der Begegnung, wie eben eine Bibliothek, planen."

Auch viele der letzten Kundinnen und Kunden der Galeries Lafayette finden die Idee einer Bibliothek im ehemaligen Luxustempel gut - genau wie die angrenzenden Einzelhändler, heißt es aus dem Handelsverband Berlin-Brandenburg. Eines sei aber klar, sagt TU-Professor Suwala: "So, wie es früher war, wird es heute nicht mehr funktionieren." Und das gilt nicht nur für Berlin, sondern für alle Innenstädte, in denen Kaufhäuser geschlossen haben.

Sendung: rbb24 Abendschau, 31.07.2024, 19:40 Uhr

Beitrag von Johanna Sagmeister

33 Kommentare

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  1. 33.

    Lassen Sie mich raten: Sie wohnen gleich nebenan, haben zu viel Geld und sind ständig im Kaufrausch?!
    Tja dann...

  2. 31.

    Und ich war mindestens ein Mal in der Woche im Lafayette und immer wieder sehr gerne.

  3. 30.

    Was soll mit der Breiten Strasse passieren ?! Das Grundstück ist fast doppelt so gross wie das der Galeries und ich habe sehr stark den Verdacht, dass die Flächen in den Galeries nicht ausreichen. Darüber hinaus sind sie auch schlecht geeignet.

    Also was soll da in das Spreefiletstück - DIHK Erweiterung oder Wohnungen für die Mangagement School ?

  4. 29.

    Was soll mit der Breiten Strasse passieren ?! Das Grundstück ist fast doppelt so gross wie das der Galeries und ich habe sehr stark den Verdacht, dass die Flächen in den Galeries nicht ausreichen. Darüber hinaus sind sie auch schlecht geeignet.

    Also was soll da in das Spreefiletstück - DIHK Erweiterung oder Wohnungen für die Mangagement School ?

  5. 28.

    Berlin leidet ja eh unter einer nicht vorhandenen zentralen Innenstadt. Neben dem Kulturkaufhaus war die Galeries Lafayette eine der wenigen Anlaufstellen zum Shoppen in der Friedrichstraße. So wie Karstadt am Leopoldplatz. Es ist nicht schön, was da in Berlin vor sich geht. Irgendwann shoppt man nur noch im Internet.

  6. 27.

    Ins KaDeWe bin ich immer gerne gegangen und habe mich über die Vielfalt des Angebots gefreut. Im Lafayette war ich genau ein mal, furchtbar langweilig. Mir tut es ums Lafayette nicht leid, um die Umgestaltung des KaDeWe durch den neuen Investor hingegen schon.

  7. 25.

    Die Zentrale Landesbibliothek sollte besser ins ICC gehen, ist besser mit ÖPNV und Auto zu erreichen und flexibler zu gestalten. Die Fläche der Galerie Lafayette ist zu teuer und unpraktisch!

  8. 24.

    Der Einzelhandel in Deutschland entwickelt aber auch keine neuen Formate. Man sieht in Los Angeles die Zukunft. Wann wacht der deutsche Handel auf und findet neue ansprechende Formate?

  9. 23.

    Also ich war heute zur Information noch mal in diesem Gebäude. Ich glaube zum zweiten Mal in den ganzen 30 Jahren...
    Mir ist schleierhaft, wie man dieses total verbaute Gebäude zu einer Bibliothek umbauen will. Halte ich für eine Schnapsidee.
    Ganz abgesehen von statischen Problemen...

  10. 22.

    Abreißen, entsiegeln und eine, für die Innenstadt, wichtige Grünfläche schaffen.

  11. 20.

    Der Niedergang des stationären Einzelhandels wird vor allem dem Onlinhandel zugeschrieben. Das ist in dieser Absolutheit allerdings nicht verifizierbar. Der Anteil des Onlinehandels am Einzelhandel betrug 2019 11,2%, und liegt 2024 voraussichtlich bei 13,1%. Das ist eigentlich kein hinreichender Anstieg, mit dem man die Verwahrlosung der Innenstädte erklären könnte.

  12. 19.

    Der Niedergang des stationären Einzelhandels wird vor allem dem Onlinhandel zugeschrieben. Das ist in dieser Absolutheit allerdings nicht verifizierbar. Der Anteil des Onlinehandels am Einzelhandel betrug 2019 11,2%, und liegt 2024 voraussichtlich bei 13,1%. Das ist eigentlich kein hinreichender Anstieg, mit dem man die Verwahrlosung der Innenstädte erklären könnte.

  13. 18.

    Lafayette war kein "Luxus"-Kaufhaus wie es jetzt überall tönt, sondern ein Angebot im oberen Preissegment. Die Gestaltung und das Ambiente des Lafayette Berlin vermittelten eine luxuriöse Atmosphäre. Diese Inszenierung trug zur Wahrnehmung als Luxus-Kaufhaus bei, auch wenn das Sortiment eine größere Bandbreite abdeckte. Echte Luxus-Kaufhäuser wie Harrods in London führen nahezu ausschließlich High-End-Marken und Produkte im obersten Preissegment.

  14. 17.

    Bibliotheken? Stimmt, hier draußen werden die Öffnungszeiten immer wieder verkürzt.

    Ich bevorzuge Bücher zu besitzen, und nicht nur für drei Wochen.

  15. 16.

    Ja, da steckt schon viel Wahrheit drin, was Sie kurz ansprechen.
    Die wird trotz Kritik über die Ampelkoalition, von ihr noch verleugnet.
    Ihre Ideologie die sie im Rausch der Regierungs- Macht anbringt, funktioniert nicht mit ihrem erhofften Speed.
    Es ist nicht mehr normal in Deutschland, wenn sehr viele Unternehmer, Firmen, Geschäfte in Deutschland ihre Türen schließen aber nicht pleite sind. Sie wandern dahin wo sie mehr Wirtschaft- Chancen sehen. Aus einer guten Wirtschafts-Balance die vorhanden war, ist unsere Wirtschaft stark ins Rutschen gekommen. Herzlichen Glückwunsch kann man da nur wünschen mit Hinweis auf das Internet. Halleluja, singt dort der Umsatz.

  16. 15.

    Wer geht heute noch in die Bibliothek? Was eine Geschichte soll uns denn jetzt wieder erzählt werden? Bibliotheken werden schon seit Jahren immer weniger genutzt, das Angebot stark ausgedünnt. Die Bibliothek würde die Friedrichstraße noch unattraktiver und noch unlebendiger machen.

  17. 14.

    Ich denke auch gerade die Innenstadt neu: In Berlin kreist sie bekanntlich um die mittlere Friedrichstraße. Da tobt eigentlich der Bär, und wenn dort erstmal die Landesbibliothek residiert, werden Trubel und Kaufkraft kaum noch auszuhalten sein. So ist das ja jetzt schon am Blücherplatz, in der Breiten Straße in Mitte, in der Planckstraße oder an Scharouns Staatsbibliothek: Große Büchereien bringen unglaublich viel Kundenverkehr, und die Leute, die da verkehren, konsumieren wie blöde.

  18. 13.

    Tja es hängt damit zusammen Junge Leute gehen nicht mehr einkaufen oder schlendern durch ein Kaufhaus?
    Lieber alles online bestellen und wenn es nicht gefällt oder passt wieder Retoure das ganze.
    Das ist doch Schuld an dieser Sache .
    Aber es fängt schon damit an wie man seine Kinder erzieht und auch wie man es selber vorlebt.
    Für unsere Familie war es immer Highlight Einkaufen in einem der Shoppingcenter oder Kaufhäuser immer gleich mit Besuch des Bezirkes oder Ortsteil .

  19. 12.

    Was hat Habeck damit zu tun, wenn der Mutterkonzern in Frankreich Probleme hat? Meine Güte, aber Hauptsache, populistisches Grünen-Bashing findet in auch wirklich jedem Kommentarbereivch hier stadt...

  20. 11.

    Es sind tatsächlich besonders viele ältere Menschen zum Essen in die Lebensmittelabteilung gekommen, genau wie im Bericht steht. So auch mein alter Herr und nicht um Klamotten zu kaufen, die offen gestanden auch von den Konfektionsgrößen her für mich oft ein Ärgernis waren. Dennoch traurig, so wie auch Karstadt Tempelhof, einfach Institutionen, die verschwinden.

  21. 10.

    Ein weiterer Indikator für den wirtschaftlichen Zustand Deutschlands! Aber vielleicht ist das Lafayette auch gar nicht pleite, sondern verkauft nur mal eben nichts mehr, so wie viele andere Unternehmen des boomenden Wirtschaftsstandortes Deutschland auch, meint Habeck...

  22. 9.

    Jeden Tag ein neues Opfer von Habeck und Co. Herzlichen Glückwunsch. Die dt. Wirtschaft kaputt machen klappt vorzüglich...

  23. 8.

    Welcher Luxustouri verirrt sich in einen Papiertempel?
    Da ist für diese Gruppe der Rest an Gucci- und Schickimickibuden interessanter. Das sogenannte Französische Kaufhaus war allerdings auch nicht ein Anlaufpunkt, das KaDeWe ist und bleibt noch der Treffpunkt der Sektkunden.

  24. 7.

    Französisches Kaufhaus in Berlin Adieu, Galeries Lafayette! Das ist die Überschrift vom Artikel.
    Warum soll ich dann nicht über Berlin sprechen?
    Danke für Ihre umfangreiche, belehrbare Aufklärung, die wirklich unnötig war.

  25. 6.

    Ich kenne keinen alteingesessenen Berliner der dieses Ding gut fand. War von vorneherein ein Flop. Allenfalls was für Touristen und neu Zugezogene.

  26. 5.

    Dort war ich tatsächlich niemals drinnen. Kann gar nicht sagen, wieso. Aber Kleidung kaufen wir entweder am Alex, Tauentzien oder online (wegen nötiger Langgrößen). Klimbim kaufe ich quasi nie.

  27. 4.

    Bücher statt Parfüm und Luxus?

    Sehr gut!

  28. 3.

    Die Schließung hat weniger mit Berlin zu tun, als mit internen Problemen der Galeries Lafayette allgemein. Sehr ähnlich zu Kaufhof etc in Deutschland. Filialen von Galeries Lafayette werden aktuell auch anderswo - beispielsweise im Herkunftsland Frankreich selbst - geschlossen. In Berlin gab es von Anfang an eher den Fokus auf Touristen und einheimische Gutbetuchte anstatt auf den Fritze vom Bau.

  29. 2.

    Die Ansiedlung der ZLB wäre schon begrüßenswert. Dadurch würden die Berliner wieder ein Teil von Mitte von den Touristen zurückgewinnen! Zudem durch die Nähe der Uni wäre auch eine optimale Nutzung gegeben.

  30. 1.

    Der Luxustempel Galeries Lafayette hatte keine Chance mehr zu überleben in einer Stadt, wo bei vielen Menschen das Geld fehlt „Luxus zu konsumieren.
    Es wurde mehr zum Schau-Palast. Durch Onlineshops- Konkurrenz sehr belastet.
    Galeries Lafayette geht in Deutschland unter, im Ausland wie Asien oder China wird es bestimmt mit Handkuss Fuß fassen können. Was soll nun mit dem Gebäude geschehen?
    Hoffentlich nicht wieder was pompöses, was sich die meisten Berliner nicht leisten können. Die Gebäudeerhaltung kostet viel, viel Geld. Wer finanziert es weiter? Die Steuerzahler?

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