CO-armer ÖPNV - Warum sich der Einsatz von Wasserstoffbussen in Uckermark und Barnim verzögert

Mi 07.08.24 | 17:06 Uhr
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Wasserstoff-Bus in der Uckermark
Audio: Antenne Brandenburg | 07.08.2024 | Georg-Stefan Russew und Sabine Tzitschke | Bild: rbb

Eigentlich sollten bereits im vergangenen Jahr Busse mit Wasserstoff-Antrieb über die Straßen im Nordosten Brandenburgs rollen. Während die Uckermärker nach Problemen mit der Tankstelle langsam den Betrieb aufnehmen, warten die Barnimer noch immer.

Der Nordosten Brandenburgs wollte Vorreiter in Sachen Wasserstoffmobilität im Öffentlichen Personennahverkehr sein. Deshalb haben die Uckermärkischen Verkehrsbetriebe (UVG) und die Barnimer Busgesellschaft (BBG) zusammen acht Wasserstoffbusse angeschafft. Doch der grüne Busverkehr hatte bereits von Beginn an mit Problemen zu kämpfen.

Tankstelle brems Uckermärkische Busse aus

Vor mehr als einem Jahr wurde etwa in der Uckermark der Start eines CO2-neutralen Nahverkehrs noch groß gefeiert. Gleich zwei Wasserstoff-betriebene Linienbusse hatte die UVG gekauft. Doch die Freude währte nur kurz, denn die einzige Wasserstoff-Tankstelle in der Region musste aufgrund technischer Probleme monatelang schließen. Ursache war ein Grund- und Regenwasser-Problem an der Wasserstofftankstelle in Prenzlau, wie es von der UVG heißt.

In der Folge blieben die neuen Busse stehen. Tankstellen-Betreiber Enertrag, ein Unternehmen für erneuerbare Energien, arbeitete fieberhaft an einer Lösung. Die soll nun gefunden sein."Jetzt läuft alles. Wir hatten einen kleinen Stillstand. Da gab es ein Problem mit der Flächenentwässerung. Das haben wir gelöst. Momentan sind wir genehmigungstechnisch auf dem Stand", erklärte Enertrag-Chef Konrad Iffarth am Dienstag dem rbb.

ÖPNV bis 2045 CO2-frei

Schritt für Schritt sollen die beiden Busse wieder auf die Nationalparklinie sowie die Stadtlinien von Prenzlau und Schwedt zurückkehren, teilte Lars Boehme von der UVG mit. Dies sei aber nur ein erster Schritt. Momentan gehören 124 Busse zum Fuhrpark. Nur vier davon laufen mit einem umweltfreundlichen Antrieb. Bis 2045 wolle der Verkehrsbetrieb komplett CO2-frei befördern. Boehme fordert dafür spezielle Förderungen von Bund und Land, "einerseits für die existierenden Fahrzeuge, zum anderen für die Infrastruktur unserer Betriebshöfe, aber auch die Schulung unseres Personals. All das kostet auch uns als Unternehmen Geld."

Im Barnim warten sechs Busse auf Einsatz

Während also in der Uckermark die Busse mit klimafreundlicherem Antrieb so langsam rollen, ist man bei der Barnimer Busgesellschaft 80 Kilometer weiter südlich hingegen noch nicht so weit. Denn in Bernau stehen die sechs Wasserstoff-Busse seit mittlerweile einem Jahr ungenutzt in einem Depot. Anschaffungspreis: 650.000 Euro pro Stück. Zusammen mit der Tankstelle belaufen sich die Kosten eigenen Angaben zufolge auf rund fünf Millionen Euro.

Prüfbehörden uneins bei Sicherheit der Tankstellen

Fahrbereit wären die Busse. Allerdings stehen dem Schwierigkeiten an der Tankstelle im Wege, sagt BBG-Chef Frank Wruck. "Wir würden ganz gerne fahren und können es gerade nicht, weil es eine Auseinandersetzung zwischen dem Sicherheitskonzept des Tankanlagenherstellers und demjenigen, der die Tankanlage abnimmt, gibt, was die richtigen Auslegungen der Sicherheitstechnik sind." Im weitesten Sinne ginge es um die Fernwartung via Internet und somit die Cyber-Sicherheit. Fragen gebe es zudem beim Sicherheitsventil, wenn der Druck beim Betanken zu hoch steigt und entweichen muss.

Dort gebe es Unstimmigkeiten zwischen den Experten. Während die Prüfgesellschaft Dekra dem Tankstellen-Hersteller eine allgemeine Tauglichkeit des Systems bescheinigt hat, gibt es Beanstandungen des TüVs vor Ort im Barnim. "Deswegen gibt es gerade keine Genehmigung, die Tankstelle zu benutzen." Hinzu kommt, dass der zuständige Sachbearbeiter aktuell im Urlaub ist, so Wruck weiter. Das führe zu weiteren Verzögerungen. Wruck könne dies nicht nachvollziehen.

Kein Ticket-Fenster und Insolvenz des Herstellers

Ein weiterer Grund für den Stillstand sei, dass zunächst auch die Kassensysteme nicht fehlerfrei funktioniert haben, sagt der BBG-Chef. So habe es keine Öffnung für den Verkauf von Fahrkaten gegeben. Wruck und seine Kollegen hätten zwar die Probleme auf Eigeninitiative lösen können und unter anderem neue Fahrer-Türen eingebaut.

Dann sei allerdings der belgische Busherstellers "Van Hool" in Insolvenz gegangen. "Es war dann schwierig, die Fahrzeuge Instand zu halten", erklärt Frank Wruck. "Das ist jetzt alles gelöst. Es gibt jemand, der die Produktion bei Van Hool übernommen und die Ersatzteilproduktion sichergestellt hat, so dass wir jetzt hier eigentlich starten könnten."

Dennoch sind die Busse noch immer nicht im Einsatz, weil die Busgesellschaft die Fahrzeuge nach wie vor nicht betanken kann. Die nächste für die Busse geeignete Zapfsäule befindet sich laut BBG in Berlin und damit im Sinne der Wirtschaftlichkeit zu weit weg.

Frank Wruck ist genervt. Er setzt aber auf weitere Gespräche mit dem TüV und hofft auf eine schnelle Einigung, so dass seine Wasserstoff-Busse Anfang Oktober endlich fahren können.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 07.08.2024, 19:30 Uhr

Mit Material von Georg-Stefan Russew und Riccardo Wittig

17 Kommentare

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  1. 17.

    Hab’s nicht durchgerechnet. Aber je schwerer Mobile werden, umso besser skaliert H2 mit Brennstoffzelle gegenüber reinem Akkubetrieb. Allerdings setzt dies zumindest überwiegend grünes H2 voraus.
    Die Spanier bauen solche Busse mit 1000 km Reichweite.

  2. 16.

    Dass sich Batteriebusse besser verkaufen als Wasserstoffbusse, hat mit Sicherheit nichts mit Habeck zu tun. Vielfach haben Batteriebusse einfach ganz banal bei den TCO die Nase vorn.

  3. 15.

    Hatte man nicht voriges Jahr in Bernau getönt, dass man auf eben diese Wasserstoff-Tankstelle in Berlin ausweichen könne?

  4. 14.

    Natürlich können Elektroautos ihre Motoren als Generator nutzen, z.B. bergab und auch bei Bremsvorgängen. Das ist die sogenannte Rekuperation.
    Elektroautos sind übrigens mit leistungsstarken Elektromotoren ausgestattet, damit diese auch genug Strom in die Batterie zurückgeben können.

  5. 13.

    Was ist daran unverständlich, der Kommentar ist doch sehr klar formuliert. Können Sie, Namensvetter, genau sagen, was für Sie unverständlich ist?

  6. 12.

    Die zögerliche Haltung der Verkehrsunternehmen bei den Wasserstoff-Bussen ist wohl festzustellen. Was hat denn Herr Habeck bei seinen Versuchungen, Wasserstoff für Deutschland zu akquirieren, erreicht? Der verschiedendtlich als "Coup" von Robert Habeck bezeichnete Plan bedeutet, Ammoniak für 210 Millionen Euro einzukaufen, dessen Wasserstoffgehalt bei direktem Einsatz als Erdgasersatz neunmal so teuer wie Erdgas ist. Wenn man 210 Millionen Euro für einen Energieträger mit einem Marktwert von 23 Millionen Euro ausgibt, wird kein Industriebetrieb noch ein Kraftwerk mehr als diesen Marktwert bezahlen. Mithin müßten die fehlenden 187 Millionen Euro durch Robert Habeck subventioniert werden. Dafür ist im ohnehin angespannten Bundeshaushalt, der jetzt gerade neu diskutiert wird, kein Raum.

  7. 11.

    Der Schwindel um die Deutsche Klimapolitik . Frage ist es Klima bedingt Effektvoll das jeder 3 LKW aber auch Busse auf Dt. Straßen mehrere Hundert Kilometer leer fahren. Ist es Klimapolitisch wichtig ,wenn die Auto Versicherungen fordern Tageslicht / Auto, wenn auf 100 Km etwa 05.l Kraftstoff verbrannt wird. ( wie viel denn auf alle in Dt. zugelassene Autos hochgerechnet)Wieso haben eigentlich E.- Auto oder allgemein elektrisch betriebene Fahrzeuge kein Dynamo um so Strom zu produzieren und die Reichweite zu erhöhen.( Fahrzeuge aber 100 Ps und mehr ausgestattet)

  8. 9.

    Frage wenn die Busse zwar Klimaneutral fahren wie wird der Herstellungsprozess in Punkto Herstellung sein und wenn einige sagen das aus Windräder und Sonnenkollektoren hergestellt wie schädlich sind die Herstellung derer in Punkto Klima aussehen und was bedeutet der Emissionshandel bei der Herstellung im Ausland ( Asien). Deutsche Reden von Klimaschutz haben aber Ihre Produktion in andere Gebiete Ausgelagert wo die EU Richtlinien nicht gelten und das obendrein mit Steuergelder finanziert. Wo sind also die Grünen die das Geschachere um Klima/ Emissionshandel und Steuern beenden.

  9. 6.

    Wo bekommen die Busse ihren Wasserstoff her? Wird dort extra grüner Wasserstoff dafür produziert?

  10. 5.

    Also nach Spanien ist ja sicher ein Scherz. Unglaubwürdig für mich Ihr Kommentar.

  11. 4.

    Mit einem Wasserstoffbus nach Spanien? Klingt nach Hardcore, Aber manche sind eben schmerzfrei. Schönen Urlaub trotzdem.

  12. 3.

    Deutschland 2024.

  13. 2.

    Das ist doch nicht zu fassen!? Seit 3 jahren warten wir auf diesen Wasserstoffbus! Erinnert mich inzwischen auf die Wartezeit damals im Osten auf nen Trabbi oder Wartburg. Wie wollen im Herbst mit dem WS-Bus nach Südspanien fahren!

  14. 1.

    "... Hinzu kommt, dass der zuständige Sachbearbeiter aktuell im Urlaub ist, ..."
    Nur ein Satz von vielen, die den ganzen ,Irrsinn' in diesem Land widerspiegeln.

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