Vorfall auf Wasserspielplatz - Prozess um "Oben ohne": Klägerin erhält Entschädigung, muss aber Prozesskosten tragen
Einer Mutter in Berlin wurde es untersagt, auf einem Berliner Wasserspielplatz ihre Brüste zu entblößen. Dafür wurde ihr nun gerichtlich eine Entschädigung vom Land Berlin zugesprochen, allerdings muss die Klägerin die höheren Prozesskosten zahlen.
- Berliner Polizei verweist Frau "oben ohne" von einem Wasserspielplatz
- Land Berlin sieht Diskriminierung und will 750 Euro Entschädigung zahlen
- Geschädigte klagt aber auf 10.000 Euro - dies lehnt das Gericht ab
- Urteil sieht Frau in Zahlungspflicht für angefallene Prozesskosten
Der Rechtsstreit um entblößte Brüste auf einem Berliner Wasserspielplatz ist nach mehr als zweieinhalb Jahren beigelegt. Das Kammergericht bestätigte eine Entschädigung der betroffenen Frau von 750 Euro nebst Zinsen. Zuvor hatte das Land Berlin einen Anspruch wegen Diskriminierung anerkannt, wie es das Gericht in der Berufungsverhandlung im September 2023 empfohlen hatte.
Der Klägerin wurde damit deutlich weniger Geld zugesprochen als sie gefordert hatte, daher muss sie laut Urteil nun die gesamten Prozesskosten tragen. Auf die Klägerin kommen somit vermutlich ein paar Tausend Euro zu. Doch zahlen wird sie selber wohl nichts, da der Verein Gesellschaft für Freiheitsrechte einspringt und die Kosten übernimmt, wie rbb|24 Abendschau am Freitagabend berichtete.
Zutun hat dies mit der Prozesskostenordnung. Eine Rolle spielt hierbei die urpsürunglich von der Klägerin geforderte Summe; sie hatte wenigstens 10.000 Euro vom Land Berlin verlangt und sich dabei auf das Antidiskriminierungsgesetz (LADG) berufen, das Menschen vor Diskriminierung seitens der Behörden schützen und Ansprüche auf Schadenersatz ermöglichen soll.
Der Frau wurde vor dem Prozess vom Land Berlin eine Entschädigung von 750 Euro zugesprochen, also eine deutlich kleinere Summe. Wirtschaftlich betrachtet ist der Beklagte, das Land Berlin, zum Ende des Prozesses also in gewisser Hinsicht der Sieger. Da die 750 Euro, die der Frau zusgesprochen und nun gerichtlich bestätigt wurde, weniger als zehn Prozent der ursprünglich geforderten Summe von 10.000 Euro ausmacht, werden die Prozesskosten nicht geteilt, sondern müssen in diesem Fall allein von der Klägerin getragen werden. Das teilte eine Gerichtssprecherin am Freitag auf Anfrage von rbb|24 mit.
Gegen die Entscheidung sind keine Rechtsmittel möglich.
Ombudsstelle ging von Diskriminierung aus
Die damals 38-Jährige hatte im Juni 2021 mit ihrem sechsjährigen Sohn den Wasserspielplatz "Plansche" im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick besucht und oben ohne auf einer Decke gesessen. Nachdem ein Mann sich beschwert hatte, forderten Wachleute sie auf, ihre Brüste zu bedecken oder den Platz zu verlassen. Als sie sich weigerte, wurden Polizisten hinzugerufen. Schließlich ging die Frau. Anschließend beschwerte sie sich bei der Antidiskriminierungsstelle.
Die Ombudsstelle ging von einer Diskriminierung aus. Auf deren Empfehlung änderte der Bezirk im Juli 2022 die Nutzungsordnung für den Spielplatz. Seither gilt für alle Geschlechter, dass die Badebekleidung die primären Geschlechtsorgane vollständig bedecken muss - die Brüste also nicht.
Vom Gericht hieß es, die Klägerin sei "bewusst und gewollt in eine Konfrontation" getreten mit dem Ziel, der Tabuisierung und Sexualisierung der weiblichen Brust entgegenzuwirken. Dies ändere zwar nichts an einer - unterstellten - Diskriminierung, sei aber bei der Bemessung der Entschädigung zu berücksichtigen. Der Fall unterscheide sich dadurch von Fällen, in "denen Bürger einer staatlichen Übermacht unvorhergesehen und unentrinnbar gegenüberstünden".
Gericht wies Klage in erster Instanz ab
Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die die Frau in dem Verfahren unterstützte, kritisierte diese Auffassung. Das Gericht habe das gesellschaftspolitische Engagement der Klägerin schadensmindernd einbezogen. Damit verkenne es Ursache und Wirkung. Zugleich bezeichnete die GFF den Fall als wichtiges Verfahren zu dem noch jungen Berliner Gesetz. Der Kampf habe sich gleichwohl gelohnt, sagte die Klägerin.
In der ersten Instanz hatte das Landgericht Berlin 2022 ihre Klage abgewiesen. Sie sei nicht unrechtmäßig wegen ihres Geschlechts diskriminiert worden, so die Richter. Das Kammergericht ging bei seiner Entscheidung nicht auf die Frage ein, ob eine geschlechtsspezifische Diskriminierung vorlag. Es führte dafür prozessuale Gründe an.
Sendung: rbb24 Abendschau, 02.02.2024, 19:30 Uhr
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