Akuter Lehrkräftemangel - Über 2.000 Quereinsteiger werden in Berlin aktuell für Schuldienst ausgebildet

Di 16.07.24 | 08:25 Uhr
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Symbolbild: Eine Englisch-Lehrerin einer Grundschule schreibt Unterrichtsinhalte an die Tafel. (Quelle: dpa-Zentralbild/Patrick Pleul)
Audio: rbb24 Inforadio | 16.07.2024 | Wolf Siebert | Bild: dpa-Zentralbild/Patrick Pleul

In Berlin fehlen immer mehr Lehrerinnen und Lehrer - vor allem durch Verrentung. Daher muss auch künftig auf Quereinsteiger gesetzt werden. Mehr als 2.000 von ihnen werden aktuell ausgebildet. Künftig soll auch ein Fach als Qualifikation reichen.

Gegen den akuten Lehrkräftemangel muss Berlin nach Einschätzung des Senats auch künftig auf Quereinsteiger aus anderen Berufen setzen. Aktuell sind 2.146 von ihnen in Berlin in der Ausbildung, sagte Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) am Dienstag im rbb24 Inforadio.

"Wir müssen unbedingt darauf achten, dass die Verhältnisse nicht kippen", erklärte die CDU-Politikerin weiter. Es seien "selbstverständlich nach wie vor auch grundständig qualifizierte" Lehrkräfte nötig.

"Ein-Fach-Lehrkräfte" sollen eingeführt werden

Günther-Wünsch stellte zudem in Aussicht, wieder mehr reguläre Lehrkräfte an die Schulen zurückzuschicken: "Insbesondere mit dem Berliner Landesinstitut [für die Lehrerbildung], das zum Januar 25 startet und die Aus-, Fort- und Weiterbildung zentralisieren soll, wird es uns möglich sein, noch mehr [abgeordnete] Kolleginnen und Kollegen zurück an die Schulen zu führen." Eine konkrete Zahl nannte die Bildungssenatorin im Interview dazu aber nicht.

Die Senatorin sagte außerdem, sie sei zuversichtlich, noch in dieser Legislatur sogenannte Ein-Fach-Lehrkräfte einzuführen. Dazu liefen Gespräche mit der Wissenschaftsverwaltung. "Wir haben Kolleginnen und Kollegen, die haben ein Fach studiert, was man an Schulen unterrichten kann. Sie haben momentan keine Möglichkeit, in den regulären Lehrerdienst überführt zu werden." In anderen europäischen Ländern gebe es solche Lehrkräfte schon, betonte die CDU-Politikerin: "Da tut Deutschland gut daran, das auch in den Blick zu nehmen."

695 Vollzeit-Lehrer für nächstes Schuljahr fehlen

Bisher brauchen Lehrkräfte in Berlin regulär mindestens zwei Unterrichtsfächer, an Grundschulen drei. Die Kultusministerkonferenz hat sich bereits für sogenannte Ein-Fach-Lehrkräfte ausgesprochen.

Für das Schuljahr 2024/25 fehlen nach Angaben der Bildungsverwaltung 695 Vollzeit-Lehrkräfte. Bis zum Jahr 2031 wird sich der Lehrkräftebestand demnach pro Jahr um 1.600 Vollzeiteinheiten verringern, vor allem durch Verrentung von Lehrern. Um den Bedarf abzudecken, will die Politik schon seit langem erreichen, dass mehr Absolventen von Lehrerstudiengängen die Berliner Hochschulen Richtung Schule verlassen, geplant sind 2.500 pro Jahr.

Sendung: rbb24 Inforadio, 16.7.2024, 07:30 Uhr

19 Kommentare

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  1. 19.

    Mit einem Augenzwinkern aber durchaus ernst gemeint: Das Titelfoto ist ein prima Beleg für nicht gut geplanten Unterricht. 2 vollig verschiedene Themen ( links Personalpronomen, rechts Raumlagebegriffe) und das an einem unstrukturierten überladenen Tafelbild......Da denkt das pubertierende Schülerhirn: Und was jetzt soll ich machen? Ich schalt mal ab solange da dieTafel noch voller bemalt wird. Und an so einem Beispiel wird deutlich, dass der Master in Anglistik alleine eben nicht ausreicht wenn Bildung vermittelt werden soll.
    Solche Bilder könnte man in etlichen Klassenräumen immer noch - oder jetzt wieder häufiger- finden . Somit passt das Bild gut zum Artikel.

  2. 18.

    Es geht nicht allein um die Quantität der Ausbildung sondern um die Qualität. Entwicklungspsychologie, allgemeine Pädagogik sowie Schulpädagogik, Vermittlungswissenschaften sowie Unterrichtsanalyse und Selbstreflexion kommen ja schon im Lehramtsstudium etwas kurz und in dem reduzierten Curriculum der Quereinsteigerausbildung erst recht. Und genau deshalb kann man mit etwas Erfahrung sowie beruflicher Expertise als Mentorin oder Fsl oder Lehrbeauftragter den Unterschied in jeder einzelnen hospitierten Stunde deutlich erkennen. Das heißt nicht, dass jeder Unterricht der Quereinsteiger schlecht ist, aber qualitativ richtig guter Unterricht, der auf der Lernausgangslage der S basiert, ist
    es eben meist auch nicht. Die Unterschiede sind schon deutlich.

  3. 17.

    Wieso meinst du soviel über Quereinsteiger zu wissen? Warum sollten sie nicht in der Lage sein Wissen zu vermitteln? Ein Referendariat ist ja u. a. dafür da, das zu lernen. Wie schon jemand erwähnt hat, Quereinsteiger haben auch bereits ein Studium durchlaufen UND haben zudem noch Berufs- und Lebenserfahrung. Und bekommen eine zusätzliche Ausbildung im Referendariat. Und haben vielleicht sogar selbst Kinder, die zum Erfahrungsschatz beitragen. Und wenn
    sie nicht gut sind, dann sollten sie keine Lehrer werden. Dafür sollte
    Junge Leute, die nach dem Lehramtstudium ins Referendariat gehen, haben möglicherweise eine bessere/passendere Ausbildung, aber ob sie deshalb besser Wissen vermitteln, stellt sich raus. Last but not least: das ist als eine Chance zu sehen in meinen Augen. So lange es keine andere/schnellere Lösung gibt. So ein System kann man nicht so einfach optimieren. Ideen aus anderen Ländern anschauen ist nicht verkehrt. Ist ebenfalls eine Chance.

  4. 16.

    Die Q-Lehrenden an den Schulen wo unsere Kinder sind, haben gutes theoretisches Wissen, aber kein Vermögen diese an die Kinder zu vermitteln, von der Elternarbeit will ich gar nicht sprechen.
    Da stehen sie wohl leider nich nah an der Quelle =Schule

  5. 15.

    Müssen studierte Leute auch nicht. Ein Quereinsteiger mit fertigem Studium hat bereits eine fünf- bis sechsjährige Ausbildung hinter sich. Wenn er dann noch zwei Jahre berufsbegleitend studiert und ein entsprechendes Referendariat durchläuft, hat er faktisch eine deutlich umfangreichere Ausbildung als die meisten Lehrkräfte.

    Es ist absolut richtig, dass die Eindimensionalität in den Lehrerberuf aufgebrochen wird und auch Menschen, die erst im Verlauf ihres Lebens ihre (vermeintliche) Eignung für dieses Beruf erkennen, eine Möglichkeit haben, diesen zu ergreifen. Alles andere ist weltfremd.

  6. 14.

    Das können nur Leute schreiben, die keine Ahnung von der aktuellen Situation an den Schulen dieses Landes haben. Wenn wir 10 Lehrkräfte (je fünf reguläre Lehrkräfte und fünf Quereinsteiger mit gleicher Berufserfahrung) vorunterrichten lassen würden, Sie könnten nicht unterscheiden, wer wer ist.

  7. 12.

    Quereinsteiger sind und bleiben Unterstütztungslehrer, also 2. Klasse

  8. 10.

    Für den Bachelor mag das stimmen, da dieser auch den Übergang in andere Fachrichtungen noch ermöglichen soll, aber im Master of Education, den LehrerInnen ebenfalls abzuschließen haben, sieht das ganz anders aus. Dort ist ein sehr hoher fachdidaktischer Schwerpunkt mit Erziehungswissenschaften vorgesehen und nur noch wenig Fachwissenschaft. Ob das allerdings eine ausreichende Ausbildung darstellt, steht wieder auf einem ganz anderen Blatt Papier. Das Schulsystem hat insgesamt zu viele Baustellen

  9. 9.

    Ich frage mich seit Jahrzehnten, warum die Referendare die in Berlin studiert haben, nicht unterrichten können. Selbst Anfang der 80er mit hessischem Studium nach Betlin gekommen, habe ich mich 18 Monate in den Seminaren gelangweilt, weil ichdas bis auf Berliner Schulrecht alles im Studium hatte. Nur die U- besucge waren hilfreich. Später als Fsl habe ich es dann etwas verstanden. Die "Berliner" konnten bis zum 1.Stastsexamen ohne eine einzige unterrichtsbezogene Lehrveranstaltung kommen. Es gab immer eine Alternative. Nach der Reform der Lehrerbildung mit B. und M. ist es nur wenig besser dafür aber noch länger geworden. Der Weg der Senatorin bzgl. EinFachlehrer ist begrüßenswert. Dazu dann die Option ein 2.Fach später berufsbegleitend nachzustudieren . Das sollte ein schnellerer Weg zu mehr Lehrkräften sein

  10. 8.

    Nach jahrzehntelangen Versäumnissen in der Lehrerbildung muss man doch zur Zeit alle möglichen Wege einschlagen.Vielleicht verstehen die Bildungsminister als KMK irgendwann, dass eine Basiskorrektur nötig ist und klammern nicht an EU Beschlüssen zur Lehrerbildung. Andere EULänder haben diese auch lockerer und den jeweiligen Gegebenheiten angepasst umgesetzt.
    Bei den Menschen gibt es immer sone und solche. Voll ausgebildete L,die schlechten Untericht machen oder sehr guten. Lehramtsstudierende, die wirklich klug sind und andere, die 12 Semester nicht wissen,was der Inhalt ihrer Seminare ist.Quereinsteiger/ innen,die bei den reduzierten Curricula sich noch weitere 60% anlesen und andere, die an einer einzigen 5seitigen Hausarbeit verzweifeln , jedoch glauben, sie könnten 32 Klassenarbeiten in Englisch 8.Klasse korrigieren. Das Bittere ist dabei, ass viele SuS auf der Strecke bleiben und die Lernmotivation verlieren.

  11. 7.

    Die Senatorin will Lehrkräfte zurück in die Schule führen. Damit ist gemeint, dass die Seminarleiter und Fachseminarleiter wieder zurück in die Schulen sollen. Das bedeutet eine weitere Verschlechterung der Ausbildung Situation der Referendare. Das ist überhaupt keine gute Entwicklung.
    Temporär kommen dann vielleicht mal ein paar 100 Lehrkräfte vzurück an die Schulen. Aber die Ausbildung leidet und die Stunden der Referendare, welche sie neuerdings zusätzlich unterrichten müssen, verschlechtert die Sache um ein weiteres.
    Die Referendare sind auf sich selbst gestellt, können im Prinzip nicht mehr hospitieren, da sie ständig eigenständigen Unterricht ableisten müssen, wegen des Lehrermangels.

    Aber die Senatoren kann dann behaupten, dass sie ja ein paar 100 Lehrkräfte zurück an die Schulen geholt hat. Aber zu welchem Preis?

  12. 6.

    Stimmt, aber wenn man bedenkt, dass von 180 LP in einem Lehramtsbachelor (in Berlin) ca. 130 LP oder auch mehr ausschließlich wissenschaftlicher Anteil ist, wo Lehramtsstudenten dann mit Fachwissenschaftlern zusammen ausgebildet werden, ist dein Argument nicht so gewichtig.

  13. 5.

    Wenn der Mangel an Lehrkräften so groß ist, muss an der Ausbildungszeit etwas geänder werden. Wozu fast acht Jahre notwendig sind kann ich mir beim besten Willen nicht erklären. Die Studienzeit in der DDR war nicht so lange und trotzdem gab es sehr gute Lehrer.

  14. 4.

    Naja, ein BA und ein wissenschaftliches Interesse ist etwas völlig anderes, als Wissen Kindern, Alters entsprechend zu vermitteln.
    Die Eignung zu unterrichten hängt bei weitem nicht nur von einer wissenschaftlichen Akkreditierung, kann da sogar hinderlich sein.

  15. 3.

    Also ich kenne bisher nur Quereinsteiger, die selber einen Bachelor bereits in der Tasche haben, dieser muss mit einem in in der Schule unterrichteten Fach verwandt sein. (z.b. Germanistik für Deutsch) Diese können dann einen Q-Master an einer Universität absolvieren. Dieser ist stark fachdidaktisch ausgelegt und somit werden dort ganz wichtige Grundlagen vermittelt. Solange das Engagement stimmt und ausgebildete Lehrkräfte als Mentoren mit ausbilden, ist das keine schlechte Sache.

  16. 2.

    Ein-Fach-Lehrkräfte bedeutet, dass man noch mehr Lehrer braucht.
    Was ist, wenn an einer Schule eine Ein-Fach-Lehrkräfte ausfällt und es nur Ein-Fach-Lehrkräfte gibt?
    Ja , es werden gute Vertretungskräfte für alle Fächer in der Grundschule sein. Es glaubt doch keine Ein-Fach-Lehrkraft, dass sie nur 1 Fach unterrichten wird. Vielleicht in einer idealen Welt.

    "In anderen europäischen Ländern gebe es solche Lehrkräfte schon,..."
    In anderen europäischen Ländern ist so Manches anders. Daran hat man sich noch nie orientiert, denn das wäre das Eingeständnis, das andere uns voraus sind.
    Zuerst sollte der Blick in die anderen Bundesländer gerichtet werden, statt in andere Staaten.

  17. 1.

    Die Überschrift ist etwas irreführend, Quereinsteiger werden nicht ausgebildet, sie werden pädagogisch angelernt.
    Ein Studium zum Lehrer dauert 5,6 Jahre plus 1,5 Jahre Referendariat.
    Das holt man nebenbei nicht auf!

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