Freie Schule Woltersdorf - Eltern stemmen Umzug und Neubau einer kompletten Schule
Der Mietvertrag läuft aus, die ganze Schule muss ausziehen. Deshalb packen Lehrer, Eltern und Schüler bei einer großen Räumungsaktion mit an. Es geht in einen provisorischen Neubau aus Containern, größtenteils selbst gebaut und finanziert.
Eltern und Kinder haben in Wolterdorf (Oder-Spree) einen wahren Kraftakt geleistet. Tausende Stunden haben sie freiwillig investiert und eine neue Schule gebaut. Spielraum für Verzögerungen gab es beim Umzug am vergangenen Wochenende kaum. Denn zum Unterrichtsbeginn am Montag in der Freien Schule Woltersdorf sollte alles fertig sein.
Zunächst wurde sich aber symbolisch von der alten Schule verabschiedet. Dafür haben die Eltern vor dem alten Gebäude mit ihren Armen einen Bogen gebildet, durch den die Kinder anschließend unter Jubel hinausgezogen sind.
Alles muss raus
Der Grund für den Umzug: Der Mietvertrag für die bisherige Einrichtung ist ausgelaufen. Bekannt war das bereits seit einigen Jahren. Und doch seien die Trennungsschmerzen bis zum Stichtag immer größer geworden, sagt der Geschäftsführer der Freien Schule, Johannes Wilk. "Es ist schon ein besonderes Grundstück. Ich habe selbst meine Kinder hier an dieser Schule gehabt. Das ist schon ein Gefühl von vielen Erinnerungen. Ich verspüre Wehmut."
Was anschließend daraus wird, ist nicht bekannt. Nur so viel: Der Bodenrichtwert vor Ort liegt bei 330 Euro pro Quadratmeter. Nun mussten das über 100 Jahre alte Haus und das mehrere tausend Quadratmeter große Grundstück besenrein übergeben werden. Beim Einpacken und beim Auspacken im neuen Schulgebäude sind wieder Eltern und Lehrkräfte dabei. Schränke, Kisten, Tische und Stühle werden im Akkord aus dem Haus geschafft. Putzen, Aussortieren, Zusammenbauen. "Es ist außergewöhnlich", lobt Mutter und Helferin Jacqueline die Aktion. "Es ist aber die Gemeinschaft, die das trägt. Es ist für die Kinder und ihre Zukunft. Es ist, was wir an unsere Kinder vererben: Bildung, mit der sie ihr Leben starten können."
Neue Schule als Gemeinschaftsprojekt
Über 5.000 Stunden Arbeitszeit haben allein die Eltern laut Schulleitung in das Projekt investiert und eine komplette Schule für die rund 80 Schülerinnen und Schüler vorläufig aus circa 30 Containern - gekauft übers Internet - aus dem Boden gestampft. Unterstützung kam zudem von regionalen Unternehmen. Unter fachlicher Anleitung hätten sie Fundamente gegossen, die Container wie in einem Bausatz aufgestellt, zusammengefügt und ökologisch ausgebaut, erklärt Mutter und Hebamme Rebecca Mahneke. "Wir haben geschaut, dass wir nicht nur normale Rigips-, sondern Strohwände haben. Wir haben einfach geschaut, dass die Farbe möglichst ökologisch ist. Auch die Schallschutzplatten an der Decke sind besonders und wir haben geschaut, dass es möglichst naturbelassen ist."
Die Container sollen erst einmal nur als Übergangs-Schule dienen. Ein Neubau wird gerade geplant. Er entsteht nebenan und wird aus Holz sein. Wie bereits die vorläufige Container-Schule wird sie über Kredite finanziert. Hinzu kommen Gelder aus Spendenaktionen der vergangenen Jahre oder Verkauf von Merchandise. Das sei eine Herausforderung für die kleine Privatschule, sagt Geschäftsführer Johannes Wilk. "Wenn man überlegt, was jetzt hier steht: Die Container-Anlage mit allem drum und dran, mit dem gesamten Innenausbau, hat uns jetzt knapp 600.000 Euro gekostet. Das ist für 800 Quadratmeter recht günstig. Das liegt aber auch daran, dass einfach unfassbar viele Eltern-Stunden hier reingeflossen sind. Wenn man das hochrechnet, haben wir viel gespart."
Der nächste Arbeitseinsatz wird also nicht lange auf sich warten lassen. In vier Jahren soll der Neubau schon fertig sein. Doch schon jetzt können sich die Beteiligten für das bisher Erreichte auf die Schultern klopfen. Bis zum späten Sonntagabend wurde noch gewerkelt. Dann fällt der Hammer. Die Botschaft der Eltern: Wir sind fertig und der Unterricht kann am Montag tatsächlich beginnen.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 24.11.2024, 19:30 Uhr
Mit Material von Michael Lietz