#Wiegehtesuns? | Leben ohne Kinder - "Ich bereue meine Entscheidung nicht, aber es gibt Traurigkeitsmomente"
Die Berliner Trauerbegleiterin Alexandra Kossowski hat sich dagegen entschieden, Kinder zu bekommen - auch um ihre Freiheit nicht aufzugeben, sagt sie. Es fühle sich richtig, wenn auch nicht immer gut an. Ein Gesprächsprotokoll
In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Alltag gerade aussieht – persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.
Alexandra Kossowski ist 43 Jahre alt, lebt in Berlin und arbeitet als freie Trauerbegleiterin. Ein Leben als Mutter hatte bei ihr nie Priorität. Schließlich fiel die Entscheidung: Ihr Leben wird ohne eigene Kinder stattfinden. Trotzdem gibt es Momente, in denen sie deswegen traurig ist. So geht es Alexandra:
Für mich war eigentlich immer schon klar, dass ich keine Kinder haben möchte. Der entscheidende Auslöser war aber, dass ich damals eine Beziehung mit einem Mann hatte, der ganz klar geäußert hat, dass er Kinder will. Die Beziehung ist glücklicherweise schnell wieder zu Ende gewesen. Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn wir zusammengeblieben wären, aber ich habe mir ab dem Moment die Frage gestellt: Will ich eigentlich wirklich Kinder? Oder denke ich nur darüber nach, weil mein Partner das gerade möchte?
Ich habe festgestellt, dass ich gar nicht der Typ für eigene Kinder bin. Ich wollte immer ganz viel für mich machen und nicht immer nur für die Kinder und die Familie da sein müssen. Ich war auch nie lang in einer Beziehung.
Viele sagen ja, dass man sich mit Kindern das Leben genauso frei gestalten kann. Sicherlich geht das, für mich wäre das aber eine sehr große Anstrengung gewesen. Die war und bin ich nicht bereit einzugehen.
Mein Umfeld hat nie viel gefragt, wann es denn bei mir so weit wäre. Meiner Mutter habe ich immer gesagt: "Frag mich nicht, du erfährst schon, wenn irgendwas passiert." Das hat sie dann auch nicht gemacht. Ich musste da nicht viel diskutieren.
Wenn die Entscheidung aber doch von anderen in Frage gestellt wird, fühlt sich das so an, als hätte ich als Frau nicht das Recht, selbst zu bestimmen. Ich habe in Partnerschaften oft gesagt, dass ich keine Kinder will. Die Antwort lautete häufig: "Ja, das gucken wir dann zusammen." Ich sage dann: "Nein, das gucken wir nicht zusammen. Das ist meine Entscheidung." Ich fühlte mich dann nicht respektiert.
In meinem Freundeskreis war vielen früh klar, dass sie eigene Kinder haben wollen. Für mich war es dann mit Anfang 30 schwierig, dass ich als beste Freundin plötzlich zurückstecken musste. Das war schon hart, da nicht mitreden zu können, auch wenn ich weiß, dass besonders junge Kinder erstmal die volle Aufmerksamkeit brauchen. So habe ich aber auch nochmal gemerkt, dass das auch auf keinen Fall etwas für mich wäre.
Wenn es aber in unserem System mehr Möglichkeiten gäbe, hätte sich meine Meinung vielleicht auch ändern können. Es gibt Länder, in denen das besser funktioniert: Wenn es mehr Kitplätze gäbe und es nicht immer in diesem starren Muster "man lebt zusammen und ist verheiratet" wäre. Ich habe aber das Gefühl, dass es, wenn man sich das Leben so individuell gestalten möchte, doch noch schwieriger wird. Der Mainstream möchte das klassische Modell leben. Es ist schwer, da etwas zu finden, das anders ist.
Viele, die ich kenne, sind verheiratet. Oft verdient der Partner gutes Geld. Wenn man allein ist, muss man gucken, wie das Geld reinkommt. Wenn ich allein für das Kind verantwortlich bin, kann ich das aber nicht immer. Ich glaube, dass das ein Problem für viele Frauen ist. Jetzt, mit den gestiegenen Preisen, ist es noch schwieriger. Ich bin selbstständig und mir war auch immer wichtig, dass ich da frei entscheiden kann und nicht das Leben der Kinder mitdenken muss. Ich glaube, in der gewollten Kinderlosigkeit wird einem oft unterstellt, dass man Kinder nicht mag. Das finde ich sehr schade, denn das ist definitiv nicht so.
Ich bereue meine Entscheidung, keine Kinder zu bekommen, nicht, aber es gibt schon auch Traurigkeitsmomente. Ich wäre super gerne mal schwanger gewesen, um zu wissen, wie sich das anfühlt. Viele haben auch gesagt, dass ich eine gute Mutter gewesen wäre. Ich betrauere das aktiv. Meine Entscheidung steht aber total fest.
Es ist eine persönliche Entscheidung über den eigenen Körper und das eigene Leben.
Gesprächsprotokoll: Ann Kristin Schenten
Sendung: rbb24 Abendschau, 31.07.2023, 19:30 Uhr