10,5 Prozent mehr Gehalt - Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst starten mit hohen Forderungen

Di 24.01.23 | 06:10 Uhr | Von Nico Hecht
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Video: rbb24 Abendschau | 23.01.2023 | Bild: imago/Christoph Hardt

In Potsdam beginnen am Dienstag schwierige Gespräche für die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst: Die Gewerkschaften fordern Gehaltserhöhungen über der Inflationsrate - und drohen schon jetzt mit Streiks und Protesten. Von Nico Hecht

  • Brandenburger Kommunen drohen Mehrkosten in Millionenhöhe
  • Gewerkschaften: Frust bei Mitarbeitern in Ämtern ist groß
  • Kommunale Arbeitgeber: "Völlig überzogene Forderung"

In Potsdam gehen Vertreter von Gewerkschaften und Arbeitgebern am Dienstag in die erste Runde der Tarifverhandlungen für die gut 2,5 Millionen Beschäftigten im Öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen. Auf dem Tisch liegen historisch hohe Forderungen: Verdi und der Deutsche Beamtenbund streben 10,5 Prozent mehr Gehalt an, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.

Vergleichbar hoch waren die Forderungen zuletzt in den 1970er Jahren, ebenfalls in einer Energienotlage. Während der damaligen Ölkrise forderte die für die Öffentlichen Dienste zuständige Gewerkschaft ÖTV 15 Prozent mehr.

Kommunen verweisen auf klamme Kassen

Trotz der hohen Forderung hatte sich der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke am Montag noch optimistisch gezeigt. Er sagte: "Die Belegschaften werden sich in dieser Tarifrunde nicht mit warmen Worten und einem schlechten Ergebnis abspeisen lassen." Der Süddeutschen Zeitung hatte Werneke gesagt, "wenn es nötig wird, streiken wir".

Grund für seine Kampfeslust sei unter anderem auch eine Verdi-Umfrage zur Unterstützung der Forderungen. Dabei hätten sich mit mehr als 325.000 Mitgliedern so viele beteiligt, wie Werneke das noch nicht erlebt hätte.

In Brandenburg treffen diese hohen Forderungen auf viele Kommunen mit angespannten Finanzlagen, sagt hingegen der Geschäftsführer der Kommunalen Arbeitgeberverbände Brandenburg (KAV), Klaus Klapproth. Kommunen und kommunale Unternehmen hätten nach Coronakrise und den immens steigenden Energiekosten bereits mit den hohen Kostensteigerungen zu kämpfen. Deswegen würden diese Gewerkschaftsforderungen nicht einzulösen sein. Für die Steigerungen der Personalkosten hätten die meisten Kommunen etwa 5 Prozent eingeplant.

Gewerkschaften fordern sichere Reallöhne

Würden sich die Gewerkschaften durchsetzen, kämen aber deutlich höhere Personalkostensteigerungen auf die Brandenburger Kommunen zu. Für Brandenburg an der Havel zum Beispiel hat Thomas Barz, Kämmerer der Stadt, rund 6,9 Millionen Euro mehr berechnet. "Das ist für die Stadt nicht mehr leistbar", sagt er dem rbb.

In Angermünde wäre es gut eine Million Euro, in Schwedt (beide Uckermark) 2,4 Millionen Euro. Klaus Klapproth vom Arbeitgeberverband sagt, er habe zwar Verständnis, dass auch die Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst wegen der Inflation mehr Geld brauchen. Aber 10,5 Prozent seien überzogen.

Detlev Daubitz vom Deutschen Beamtenbund Brandenburg widerspricht: Die in Brandenburg betroffenen 95.000 Beschäftigen müssten steigende Mieten, Lebensmittel und Energiepreise zahlen. Die Kosten stiegen für die Verbraucher seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine auf teilweise über 10 Prozent. Aktuell liegt die Inflationsrate bei 8,6 Prozent. Deswegen hält Daubitz die Forderungen für angemessen: "Es gilt jetzt dringend, den Reallohn für die Beschäftigen zu sichern."

Gewerkschaft: Schlechte Stimmung unter den Beschäftigten

Daubitz geht von hartnäckigen Verhandlungen aus. Denn die Stimmung sei schlecht in Brandenburg. Während der Pandemie hätte der öffentliche Dienst die Gesellschaft am Laufen gehalten und kaum mehr als ein bisschen Applaus dafür bekommen. Die Mitarbeiter würden unter hoher Arbeitsverdichtung und viel Bürokratie leiden.

Die kommunalen Arbeitgeber in Brandenburg würden zwar viele Reformen versprechen, aber kaum etwas umsetzten. Noch nie hätte Daubitz so viele Anfragen zu Protestaktionen von Mitarbeitern aus Brandenburg bekommen, wie jetzt vor diesen Tarifverhandlungen. Einschnitte bei sozialen und kulturellen Einrichtungen drohen.

Den Kommunen würden die finanziellen Rücklagen fehlen, um so immens steigende Personalkosten zu stemmen, meint Klaus Klapproth vom Arbeitgeberverband Brandenburg. Das heißt, die Kommunen müssten an anderer Stelle sparen. Das geht aber nur bei den sogenannten freiwilligen Aufgaben. Da droht, so Klapproth, dass Sportvereinen Gelder wegbrechen oder Kulturhäuser mit weniger Förderungen auch nur noch deutlich weniger Programm anbieten können.

Drohen Kürzungen bei Investitionen?

Solche Einschnitte sollen natürlich vermieden werden, sagt Brandenburg-Kämmerer Barz. Wahrscheinlicher sei, das in Verwaltungen Stellen nicht vergeben werden, die eigentlich besetzt werden müssten. In der Havelstadt waren im Oktober noch fünf bis zehn Prozent der Posten im öffentlichen Dienst nicht besetzt. Außerdem werde man darüber nachdenken müssen, bei Investitionen zu kürzen. Das beträfe dann etwa Straßen, Schulen oder die Digitalisierung.

Von den Arbeitgebern liegt zum Start in die Verhandlungen am Dienstag noch kein Angebot vor. Geplant sind nach dieser ersten Runde noch zwei weitere, eine im Februar und eine im März.

Sendung: Antenne Brandenburg, 24. Januar 2023, 6:00 Uhr

Beitrag von Nico Hecht

91 Kommentare

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  1. 91.

    ??? Was ist denn „arbeiten für lau?“ 500 Euro mehr? Wir sind auf den besten Wege in die ......

  2. 90.

    Weil der Kämmerer ein zu hohes Einkommen hat. Wenn man ihm weniger bezahlen würde, hätte die Kommune schon mal wieder mehr Geld.

  3. 89.

    Noch einmal:
    Es ging um die Rechnung, wer bekommt 10,5 % - also diejenigen AB ca. 4.800 €.
    Die anderen UNTER 4.800 € bekommen 500 €.

    Und da ist weder Neid noch Missgunst im Spiel, eine einfache Rechnung ohne jede Bewertung!

  4. 88.

    Wäre besser gewesen den ungefähren Durchschnittsverdienst in Brutto für ihr Beispiel zu nehmen zu nehmen
    Der liegt sicher nicht bei 4700 Euro
    Eher bei ca.3500 bis 3600 Euro, schätzungsweise

  5. 87.

    Wo habe ich bitte geschrieben, dass JEDER 4.700 € verdient?
    Es war ein einfaches Rechenbeispiel zum Thema 10,5 % oder mind. 500 € pro Monat.

  6. 86.

    Ich glaube hier sind einige Foristen von Neid und Mißgunst geplagt und stellen deswegen solche Falsche Behauptungen hier in den Raum wir würden alle über 4000 Euro Brutto verdienen
    Schön wäre es, wir wissen aber beide das es nicht so ist
    Ich bin Angestellter in der E 6 , 3340 Euro Brutto
    Aber das brauche ich Ihnen nicht zu schreiben, sie kennen die TVÖD Entgeldtabelle selbst

  7. 85.

    Ich glaube hier sind einige Foristen von Neid und Mißgunst geplagt und stellen deswegen solche Falsche Behauptungen hier in den Raum wir würden alle über 4000 Euro Brutto verdienen
    Schön wäre es, wir wissen aber beide das es nicht so ist
    Ich bin Angestellter in der E 6 , 3340 Euro Brutto
    Aber das brauche ich Ihnen nicht zu schreiben, sie kennen die TVÖD Entgeldtabelle selbst

  8. 84.

    Ich glaube hier sind einige Foristen von Neid und Mißgunst geplagt und stellen deswegen solche Falsche Behauptungen hier in den Raum wir würden alle über 4000 Euro Brutto verdienen
    Schön wäre es, wir wissen aber beide das es nicht so ist
    Ich bin Angestellter in der E 6 , 3340 Euro Brutto
    Aber das brauche ich Ihnen nicht zu schreiben, sie kennen die TVÖD Entgeldtabelle selbst

  9. 83.

    Warum glauben sie das jeder der im Öffentlichen Dienst arbeitet 4700 Euro Brutto verdient ?? Schön wäre es ja, ist aber reines Wunschdenken
    Ich bin Angestellter in der Lohngruppe E6 und habe 3340 Euro Brutto
    Können Sie in der TVÖD Entgeldtabelle nachlesen
    Verstehe nicht warum es hier viele Kommentare gibt die von Neid und Mißgunst erfüllt sind

  10. 82.

    Nur leider gilt für Angestellte das alimentationsprinzip nicht.

    Außerdem kann man Beamte und Angestellte nicht miteinander vergleichen.

    Ahnung haben Sie definitiv nicht.

  11. 81.

    Wieso sollte man bei einem Kämmerer sparen? Er ist der Chef der Finanzverwaltung einer Kommune. Wieso sollte man diesen Posten einsparen?

    Genaue Erklärung bitte!

  12. 80.

    Die Löhne im Öd liegen mittlerweile 20-25% unter der freien Wirtschaft. Das war in unsicheren Zeiten über die Arbeitsplatzsicherheit sicherlich begründbar. Auf Grund des demografischen Wandels brauch aber keiner mehr der ne Ausbildung hat Angst davor haben nichts zu finden. Wer guten öffentlichen Service will muss in Zukunft auch gute Mitarbeiter bezahlen. Ich hab nach 4 Jahren Öd allerdings in die freie Wirtschaft gewechselt. Mit 15000€ brutto mehr Gehalt

  13. 79.

    Bei 4.700 € sind 10,5 % = 493,50 €
    Laut Artikel "... 10,5 Prozent mehr Gehalt an, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat ..."
    also ab 4.800 € bekommt jeder 10,5 % und darunter alle 500 €

    Ist natürlich nur eine "eingeschränkte" Rechnung, da es sich ja erst einmal um die Gewerkschaftsforderung handelt.
    Mal schauen, was am Ende wirklich dabei rauskommt.
    Viel Erfolg den KLEINEN Einkommen!

  14. 78.

    Das weiß ich,das war ein Vergleich. Die Länder gehören ja auch zum öffentlichen Dienst und manche denken hier,bei jedem Tarifabschluss gehen Unsummen an die Beschäftigten. Es ist auch meistens so ,das bei Tarifverhandlungen der Länder, sich am Abschluss von Bund und Kommune durch die Gewerkschaft orientiert wird. Schauen wir mal was von den Ländern gefordert wird, den dort gehen die Verhandlungen Ende des Jahres los.

  15. 77.

    „ straßenverkehrsamt in hellersdorf,“ gehört zum Bezirksamt, also Land Berlin. Hier gehts grad um den Bund und die Kommunen.

  16. 76.

    Ich verstehe nicht das hier immer davon ausgegangen wird das jeder im öffentlichen Dienst 4000Euro und mehr verdient. Schauen Sie sich die Entgeldgruppen an da werden Sie feststellen das viele für weniger arbeiten gehen zB ein Teil der Angestellten . Und die 500 € sind brutto, also können Sie schon mal fast die Hälfte Steuern und Sozialabgaben wegrechnen.
    Die Beschäftigten in der Metallbrance haben 8,5 % mehr bekommen und regt sich da jemand auf.
    Öffentlicher Dienst bedeutet nicht nur hinter dem Schreibtisch zu sitzen, da gibt es viele die jeden Tag für ihr Geld hart arbeiten müssen, hat man zB Silvester gesehen.

  17. 75.

    Was hat der TV-L jetzt mit Bund und Kommunen zu tun? Die Länder verhandeln gesondert.

  18. 74.

    Haha dass ich nicht lache, die Gesellschaft am Laufen gehalten, ist schon fast frech diese Aussage.
    Ich z.b warte nun schon fast seit anderthalb Jahren auf eine Antwort vom straßenverkehrsamt in hellersdorf, ehrlich gesagt finde ich da nur noch Worte die hier nicht jugendfrei sind.
    Normal müsste man diesen Leuten eigentlich sogar den Lohn noch kürzen.

  19. 73.

    Aus Ihrem Kommentar und vieler anderer Kommentare lese ich irgendwie nur Neid. Es gibt tausende offene Stellen im öffentlichen Dienst.....also los bewerben und anfangen.
    Dann sprechen wir uns wieder.

  20. 72.

    ...Ich meinte , dass das Weihnachtsgeld auf 80% eingefroren wurde. Urlaubsgeld wurde ja auch abgeschafft.

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