Überlastung - Private Rettungsdienste sollen künftig Feuerwehr unterstützen

Mo 10.07.23 | 16:32 Uhr
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Symbolbild: Ein Rettungswagen der Berliner Feuerwehr faehrt bei einem Notfalleinsatz mit Blaulicht ueber eine Strasse. (Quelle: dpa/W. Steinberg)
Video: rbb24 Abendschau | 10.07.2023 | R. Unruh | Bild: dpa/W. Steinberg

Wenn die Berliner Feuerwehr ausrückt, dann handelt es sich meist um Fahrten mit Kranken- und Rettungswagen. Oft geht es um Bagatellfälle, die allerdings das System belasten. Innensenatorin Spranger will nun auch private Firmen einsetzen.

Private Rettungsdienste sollen künftig die Berliner Feuerwehr unterstützen. Hintergrund ist die große Belastung der Feuerwehr, deren Rettungsdienst - so die Feuerwehr - immer wieder zu minderschweren Fällen ausrückt, was zu Engpässen bei der Notfallversorgung führt.

Wie Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Montag auf rbb-Nachfrage sagte, ist die Novelle des Rettungsdienstgesetzes derzeit in Arbeit. Dass Privatunternehmen eine Rolle spielen würden, sei aber bereits klar. "Wir werden eine entsprechende Ausschreibung dazu machen." Das sei nötig, weil auch bei Rettungsdiensten wie dem Deutschen Roten Kreuz immer wieder Rettungswagen nicht besetzt werden können, da Fachkräfte fehlen. Das aber belaste den Rettungsdienst der Feuerwehr noch mehr.

Krankenkassen und Hilfsdienste fordern mehr Personal statt privater Firmen

Gegen die Einbeziehung von Privatunternehmen beim Rettungsdienst hatten sich erst Ende Juni die Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen sowie mehrere Verbände, darunter das Rote Kreuz, die Johanniter und die Malteser ausgesprochen. Man brauche diese Unternehmen nicht, wenn stattdessen genug Personal für die bisherigen Rettungsdienste vorhanden wäre und sich diese auch nur noch um echte Notfälle kümmern müssten, hieß es.

Die Grünen warnten bereits vor einer schleichenden "Privatisierung des Rettungsdienstes". Spranger wies diese Kritik zurück. "Ich habe die Sicherheit der Kranken in Berlin zu gewährleisten", so die SPD-Politikerin im rbb-Interview. "Und das können wir nicht allein über die Berliner Feuerwehr."

Landesbranddirektor: Feuerwehr soll zurück zu "Kernaufgaben"

Landesbranddirektor Karsten Homrighausen appellierte, die Versorgung von Patientinnen und Patienten bedarfsgerecht zu gestalten. Dazu gehöre auch eine Auswertung der Zuständigkeiten der Kassenärztlichen Vereinigung. Diese hatte sich zuletzt aus der Vermittlung von Krankentransporten zurückgezogen, weil ihr eigener medizinischer Beratungsdienst überlastet sei.

Im Ergebnis musste die Feuerwehr mit ihren Rettungswagen viele Transporte übernehmen. "Wir wollen uns zurückführen lassen auf unsere Kernaufgaben", so Homrighausen. Der Landesbranddirektor kritisierte, dass die hoch spezialisierten Rettungskräfte der Feuerwehr oft zu Fällen gerufen würden, die "eine Akutpflege oder jemand anderes" machen könne.

Die Berliner Feuerwehr hat erstmals in ihrer Geschichte mehr als eine halbe Million Einsätze in einem Jahr absolviert. Das teilten Innensenatorin Spranger und Landesbranddirektor Homrighausen am Montag bei der Vorstellung der Jahresstatistik mit.

2022 rückten die Einsatzkräfte demnach insgesamt 528.895 Mal aus – rein rechnerisch ein Einsatz pro Minute. Bei neun von zehn Fällen Fällen habe es sich um Fahrten mit Kranken- und Rettungswagen gehandelt, hieß es weiter.

Audio: radioeins, 10.07.2023, 18:00 Uhr

22 Kommentare

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  1. 22.

    Und woher sollen dann - Ihrer Meinung nach - die Privaten das Geld nehmen? Mit welchem Trick kommen die um die Ecke, den die HiOs aktuell nicht kennen? Es gibt für alle eine Pauschale pro durchgeführtem Transport, davon wird alles finanziert. (Außer bei der Feuerwehr - die hat zusätzlich noch die zugewiesenen Haushaltsmittel.) So lange die Krankenkassen nicht mehr zahlen, steigen die Löhne nicht.

  2. 21.

    Man hört doch immer öfter:
    Privater Sicherheitsdienst = BETRUG!
    Privater Pflegedienst = BETRUG!
    Private Coronateststelle = BETRUG!
    Privater Abschleppdienst =BETRUG!
    usw.usw.
    Aber beim privaten Rettungsdienst wird alles natürlich gaaaanz anders!
    Es gibt Sachen, da darf sich der Staat/Senat einfach nicht aus der Verantwortung stehlen!!!
    Das bedeutet einfach nur Kostenexplosion und Mauscheleien!
    Hört auf damit, alles zu privatisieren. . . . . . . , so langsam sollte es doch auch endlich in der Politik angekommen sein, daß Privatisierung kein ALLHEILMITTEL ist!
    Übernehmt endlich wirkliche (!!!)Verantwortung für die Stadt und ihre Bürger und schiebt sie nicht immer auf andere ab!

  3. 20.

    Sind private Unternehmen die Lösung? Oder werden wir in einigen Jahren feststellen, dass die Kosten erheblich gestiegen sind und uns wieder einmal voller Überraschung fragen, warum dass keiner vorhergesehen hat? Man kann doch heute nicht mehr so blauäugig mit der Annahme sein, dass ein privates Unternehmen eine bessere Leistung für Kunden, Mitarbeiter und Gewinnerwartende gleichzeitig erbringt. Eine offene und transparente Kommunikation, wie es private Rettungsdienste besser machen sollen, ob und wieviel dieses mehr kostet oder ob es Leistungseinschränkungen geben muss, dass ist dringend geboten. Und ob ggf. Mehraufwände in gleicher Höhe auch bei den derzeit tätigen Organisationen etwas bewirken können.

    Und wenn unter Abwägung eine Verbesserung der Gesamtlage absehbar ist, dann muss man diesen Weg gehen.

    Allerdings: Mit den Erfahrungen der Vergangenheit einer SPD und CDU fürchte ich, hier wird ein Vehikel für Privatisierung gesucht und "transparent und offen" wird nicht agiert.

  4. 19.

    Bei dem Personalmanagement ist es auch kein Wunder, dass sie zu wenig Leute haben.

  5. 18.

    Private „Rettungs-Dienst-Leister“ sind gerade in Großstädten nicht ungewöhnlich, in München und Köln fahren auch „Private“ im Auftrag des öffentlichen Rettungsdienstes.

  6. 17.

    Genau, so ähnlich wollte ich auch schreiben. Das ehemalige Rettungsamt im ostteil Berlins tat nämlich genau das - es war nur zum Retten da. Die Feuerwehr und die medizinische Versorgung war getrennt voneinander. Nur musste ja bekanntlich viel gut funktionierendes kaputt gemacht werden und mit Komplizierten ersetzt werden.

  7. 16.

    Wir sind wir doch mal ehrlich... warum herrscht denn bei den privaten Rettungsdiensten keine Personalnot? Weil sie vernünftig bezahlen, die Arbeit wertgeschätzt wird, es klare Unternehmensstrukturen gibt und eine Vielzahl von weiteren Punkten warum Mitarbeiter gehalten werden! Wenn die HiOrgs nicht aufwachen wollen!? Ja private Unternehmen sind eine Lösung!

  8. 15.

    Wenn man wieder Ärzte Häuser schaffen würde wo Fach Ärzte unter einem Dach hat würde die ganze Sachlage auch entspannen. Damit so manche Wartezeiten entfallen.

  9. 14.

    @rbb24: Für die Besetzung der Rettungswagen fehlen die Fachkräfte. Diese scheinen dann alle bei privaten Unternehmen auf ihren Einsatz zu warten? Oder geht es hier darum, Aufgaben an weniger qualifiziertes Personal auszulagern? Oder ist die Begründung an den Haaren herbeigezogen und es geht einfach mal wieder um die Privatisierung öffentlicher Aufgaben?

  10. 13.

    Naja, man könnte auch einfach erstmal beim Hausarzt anrufen und den um Rat fragen. Anschließend kann man immer noch den RTW rufen.

  11. 12.

    Vielleicht sollte man die Krankentransport bei der Feuerwehr integrieren, so wie in anderen Städten auch. So kann die Feuerwehr gleich das richtige Fahrzeug schicken. Alternativ sollte in Berlin eine Leitstelle für alle Kranktransporte aufgebaut werden, so hätte man auch hier eine einheitliche Nummer.

  12. 11.

    Es ist ein sehr komplexes Thema…. Nicht alles ist lebensbedrohlich …. Aber es macht einen Arztbesuch unmöglich.
    Z.B. Bandscheibe… da kommt man nicht mal aus dem Bett … und schon garnicht zum Arzt… ist aber weit weg von lebensbedrohlich.

  13. 10.

    "Wer die Feuerwehr ruft weil er sich in den Finger geschnitten hat , muss den Einsatz selber zahlen,...." Nö, nicht zwingend: kommt auf den Schnitt und die Größe der Wunde an. WER entscheidet denn, ob der Mensch zu verbluten droht, ob Nerven verletzt sind, ob der Verlust des Fingers droht?? Nicht immer ist jemand zur Stelle, der fachgerecht erste Hilfe leisten kann.....

  14. 9.

    Qualitativ wird der Einsatz privater Rettungsdienste kein Problem darstellen. Probleme werden dann aber im Krankentransport auftreten. Bereits jetzt ist es zum Teil unmöglich, einen Krankentransport für eine Krankenhausentlassung in weiter entfernte Bezirke zu bekommen, Terminfahrten werden kaum zu den zugesagten Terminen abgewickelt, weil zu viele Transporte für zu wenig besetzte Fahrzeuge da sind.

  15. 8.

    Grundsätzlich müsste die (Haus-) ärztliche Versorgung gestärkt werden. Es gibt kein Transportproblem, weil sie viele Menschen plötzlich lebensbedrohlich akut erkrankt sind, sondern ein Versorgungsproblem. Die Krankenhäuser, die das letzte Glied in der Kette sein sollten, werden inflationär aufgesucht, weil sie eine Behandlungspflicht haben, und die Menschen dort alles auf einmal und schnell bekommen. Schon lange laufen die Rettungsstellen an der Grenze der Belastung. Da nutzt es nichts, wenn man die Transportkapazitäten erhöht.

  16. 7.

    Vielleicht sollte man mutig sein und über ein Berliner Rettungsamt gründen? Gab es ja alles schon einmal. Die Profession Feuerwehr und Rettungsdienst gehören konsequenter getrennt. Quasi professionelle Rettung aus einer Hand. Das würde zur Befriedigung aller Interessen beitragen.

  17. 6.

    Wenn man die Zeit hat, einen Arzt zu konsultieren, dann ist es in aller Regel aber kein Fall für den Rettungsdienst. Der ist für akute. lebensbedrohende Ereignisse zuständig. Die vielen Bagatellfälle machen den Rettungsdienst in Deutschland ineffektiv und teuer. Das wenige Personal wird ständig überlastet und bricht entweder irgendwann weg oder gibt auf. Es mag sein, dass es zu wenige Möglichkeiten gibt, Arzttermine wahrzunehmen, aber das kann nicht der Rettungsdienst heilen. Da müssen andere Lösungen her.

  18. 5.

    Für Fachfremde ist es oft nicht möglich zu entscheiden ob Notfall oder nicht. Manchmal könnte es schon helfen, zeitnah einen Arzttermin zu bekommen , dann könnte man dort ja mal nachfragen.

  19. 4.

    Nachtrag
    Ausserdem ist das Problem hausgemacht und die großen Hilfsorganisationen immer großspurig tun, als ob sie den ihnen gestellten Aufgaben gerecht werden. Es geht hier nur um Geld und eine Monopolstellung bei den Hios auf der einen Seite und auf der anderen Seite, dass die Krankenkassen Geld sparen....
    Am Ende werden Patienten und das Rettungsdienstpersonal auf der Strecke bleiben

  20. 3.

    Wer die Feuerwehr ruft weil er sich in den Finger geschnitten hat , muss den Einsatz selber zahlen, egal ob Otto normal oder wie so oft Bürgergeld Empfänger . Dann erledigt sich das mit den viele Einsätze von alleine.

  21. 2.

    Wer die Feuerwehr ruft weil er sich in den Finger geschnitten hat , muss den Einsatz selber zahlen, egal ob Otto normal oder wie so oft Bürgergeld Empfänger . Dann erledigt sich das mit den viele Einsätze von alleine.

  22. 1.

    M.E. die falsche Lösung, um überflüssige Einsätze zu vermeiden. Eindeutige Regeln, wann ein NRTW rechtens gerufen wurde. Wenn nicht, ist der Elnsatz vom Rufenden teuer zu bezahlen. Eigenverantwortung!
    Dann wird sich der ein oder andere Bagatellfall erledigen.
    Und ja, dass Argument, es könnte ja lebensnotwendig sein, berücksichtige ich.
    Jeder Mensch trägt eine Eigenverantwortung für sein Leben. Drogen, auch Alkohol und Tabak, sowie zu viel Zucker (Diabetis) entscheidet er ja auch selbst.

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