Haushaltspolitik - Kai Wegner fordert eine Reform der Schuldenbremse
Das Nein des Bundesverfassungsgerichts zur Umwidmung von Milliardenhilfen hat eine Debatte über die Schuldenbremse ausgelöst. Die Ampel will diese aussetzen. Gleichwohl sollte an ihr im Grundsatz festgehalten werden, fordert Berlins Regierender.
- Bundesregierung kündigt Nachtragshaushalt und Pause für Schuldenbremse an
- Berlins Regierender Bürgermeister will sie reformieren
- Damit weicht er von der Position des CDU-Bundesvorsitzenden ab
- SPD, Grüne und Linke sind für die Abschaffung der Schuldenbremse
Angesichts der aktuellen Probleme im Bundeshaushalt fordert Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner eine Reform der Schuldenbremse. "Die #Schuldenbremse ist im Sinne solider Finanzen eine gute Idee. Ihre derzeitige Ausgestaltung halte ich allerdings für gefährlich", erklärte der CDU-Politiker am Donnerstag auf der Plattform X (vormals Twitter) ebenso wie in einem Interview des Magazins "Stern". "Denn, wie ich schon länger sage, ist zu befürchten, dass die Schuldenbremse mehr und mehr zur Zukunftsbremse wird."
Wegner: "Schuldenbremse muss zukunftsfest werden"
Die Schuldenbremse im Grundgesetz gibt dem Bund nur einen geringen Spielraum zur Aufnahme von Krediten. Ausnahmen sind bei Naturkatastrophen und in außergewöhnlichen Notsituationen zulässig. Zuletzt hatte der Bundestag mehrfach eine solche Notsituation erklärt: Wegen der Corona-Pandemie und dann wegen des Kriegs in der Ukraine.
Wegner unterstrich, dass er die Schuldenbremse, die Bund und Ländern neue Verbindlichkeiten in ihren Haushalten abgesehen von bestimmten Ausnahmen verbietet, nicht abschaffen will. "Ich verstehe die Sorge vor viel zu vielen Schulden", heißt es in seinem Post. "Deshalb will ich die Schuldenbremse nicht aus der Verfassung streichen, ich will sie zukunftsfest gestalten. Es darf Kredite ausschließlich für Investitionen geben - Kredite für konsumtive Ausgaben sind tabu."
Das Bundesverfassungsgericht hatte in der vergangenen Woche die Umwidmung von 60 Milliarden Euro im Bundeshaushalt 2021 für nichtig erklärt. Das Geld war als Corona-Kredit bewilligt worden, sollte aber nachträglich für den Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft eingesetzt werden. Zugleich entschieden die Richter, der Staat dürfe sich Notlagenkredite nicht für spätere Jahre auf Vorrat zurücklegen. Dies hat zur Folge, dass weitere Milliardensummen für Zukunftsvorhaben gefährdet sind.
Wegner widerspricht CDU-Chef Merz
Nach dem Urteil gibt es aus den Reihen von SPD, Grünen, Linken, der Gewerkschaften und auch von Ökonomen Forderungen, die Schuldenbremse wahlweise abzuschaffen, auszusetzen oder zu reformieren. Die Union positionierte sich dagegen. "Ich sehe im Augenblick nicht, dass wir an die Schuldenbremse heran müssen", sagte CDU-Parteichef Friedrich Merz jüngst in der ARD-Talkshow "Maischberger".
Wegner, der auch CDU-Landesvorsitzender ist, sieht das anders. "Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts macht deutlich, wie investitionshemmend die derzeitige Schuldenbremse ist", sagte er dem "Stern" und sprach von "Megabedarfen" etwa bei Klimaschutz, Verkehrswegen, Schulen, sozialer Infrastruktur oder dem Umbau der Energieversorgung. "Ohne Investitionen bröckeln nicht nur unsere Straßen, Schienen und Schulen, ohne Investitionen bröckelt die Zukunft unseres Landes."
Lindner kündigt Nachtragshaushalt an
Unterdessen will die Ampel-Koalition wegen des Karlsruher Haushaltsurteils für dieses Jahr die Ausnahmeregelung der Schuldenbremse nutzen [tagesschau.de]. Die Bundesregierung werde dem Bundestag vorschlagen, eine außergewöhnliche Notlage zu beschließen, sagte eine Sprecherin von Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Donnerstag. Lindner selbst kündigte an, er wolle dem Kabinett am Mittwoch kommender Woche den Entwurf für einen entsprechenden Nachtragshaushalt für 2023 vorlegen.
Damit verschafft sich die Bundesregierung die Möglichkeit, in diesem Jahr die Neuverschuldung deutlich zu erhöhen. Dabei geht es nach Angaben aus dem Finanzministerium um einen zusätzlichen Betrag von etwa 45 Milliarden Euro, die vor allem die Ausgaben des Energie-Krisenfonds WSF auf eine andere Grundlage stellen sollen.
Sendung: rbb24 Abendschau, 23.11.2023, 19:30 Uhr