Bauernproteste in Berlin - Tausende Demonstranten protestieren gegen Ampel-Kurs

Mo 15.01.24 | 17:41 Uhr
  336
15.01.2024,Berlin,GER, - Impressionen der Landwirtschaftrsdemonstration in Berlin.(Quelle:imago images/M.Schwarz)
imago images/M.Schwarz
Video: rbb|24 | 15.01.2024 | Material: rbb|24, rbb24 Abendschau, ARD aktuell | Bild: imago images/M.Schwarz

Großdemonstration am Brandenburger Tor: Tausende Landwirte haben die Bundesregierung aufgefordert, die geplanten Subventionskürzungen zurückzunehmen. Bundesfinanzminister Lindner wurde ausgebuht, hielt aber an seinem Kurs fest.

Tausende Landwirte, Handwerker und Spediteure haben am Montagmittag vor dem Brandenburger Tor in Berlin gegen die Politik der Bundesregierung demonstriert. Traktoren, Lastwagen und andere Fahrzeuge standen in mehreren Reihen dicht hintereinander auf der Straße des 17. Juni sowie der Straße Unter den Linden.

Bauernpräsident Joachim Rukwied verlangte erneut eine Rücknahme von Mehrbelastungen für die Landwirtschaft. "Ziehen Sie die Steuererhöhungsvorschläge zurück, dann ziehen wir uns zurück", sagte Rukwied an die Ampel-Koalition adressiert. Die Branche sei gesprächsbereit, der von der Bundesregierung angebotene Kompromiss sei aber nicht fair, sondern faul. "Den nehmen wir nicht hin", so Rukwied.

Spediteure: "Uns reicht es auch"

Neben den Landwirten rief auch die Transportbranche die Bundesregierung zum Umsteuern auf. "Unserer Branche reicht es auch", rief der Vorstandssprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), Dirk Engelhardt.

Er kritisierte deutlich die zum vergangenen Dezember erhöhte Lkw-Maut, die seitdem auch einen Aufschlag für den Ausstoß klimaschädlichen Kohlenstoffdioxids (CO2) enthält. Es heiße, diese Abgabe solle der Transformation zugutekommen, gleichzeitig mangele es aber unter anderem an geeigneten Ladestationen und Stromnetzen, um den Logistikverkehr klimafreundlich umzustellen, kritisierte der Branchenvertreter.

Engelhardt drohte weitere Demonstrationen für den Fall an, dass die Ampel-Regierung der Branche nicht entgegenkommt. Würden zwei oder drei Tage lang keine Güter von den BGL-Mitgliedern transportiert, "dann haben wir das blanke Chaos".

Der Bundesverband Logistik & Verkehr pro (BLV-pro) hat bereits für Donnerstag zu einer Sternfahrt der Lkw-Fahrer nach Berlin aufgerufen. Am Freitag soll dann in der Haupstadt eine Kundgebung am Brandenburger Tor stattfinden.

Protestierende Bauern stehen vor dem Brandenburger Tor in Berlin Tiergarten auf aufgereihten TOI-TOI-Toiletten. (Quelle: Eva Leytz)

Lindner verteidigt Kürzungen, bietet aber Erleichterungen

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) wurde bei der Großdemonstration lautstark beschimpft und ausgebuht. Von Pfiffen und Protestrufen begleitet trat er vor das Rednerpult, konnte wegen des Lärms jedoch erst nach einem beschwichtigenden Appell von Bauernpräsident Rukwied das Wort ergreifen.

Die versammelten Landwirte begleiteten seine Rede dennoch weiter mit lauten "Hau ab!"-Rufen, Hupen und Pfeifen. Lindner verteidigte die geplante Kürzung der Dieselsubvention, betonte aber: "Es soll und es darf kein Sonderopfer der Landwirtschaft geben, sondern nur einen fairen Beitrag." Im Gegenzug bot er den Bauern Bürokratieabbau und mehr unternehmerische Freiheit an. Zu prüfen seien auch mögliche steuerliche Erleichterungen, wenn Gewinne von Jahr zu Jahr stark schwanken. Den Bauernprotest nannte Lindner legitim und friedlich.

Am Rande der Kundgebung trafen die Vorsitzenden der drei Ampel-Fraktionen zu einem Gespräch mit den Bauernverbänden zusammen. Das Gespräch blieb laut dem Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands, Bernhard Krüsken, ohne Ergebnis.

Die Kundgebung am Brandenburger Tor in Berlin ist im Wesentlichen störungsfrei verlaufen. Wie die Polizei dem rbb am Montagnachmittag erklärte, gab es vor und auch während der Demonstration einen engen Austausch zwischen der Versammlungsleitung und den Beamten. Wie bei anderen Protesten sei es zu Verkehrsbeeinträchtigungen gekommen. Zudem wurde laut Polizei nach der Versammlung Pyrotechnik gezündet, vereinzelt wurden deshalb Personen festgenommen.

Polizei: Kundgebung weitgehend störungsfrei

Die Kundgebung am Brandenburger Tor ist im Wesentlichen störungsfrei verlaufen. Wie die Polizei dem rbb am Montagnachmittag erklärte, gab es vor und auch während der Demonstration einen engen Austausch zwischen der Versammlungsleitung und den Beamten. Wie bei anderen Protesten sei es zu Verkehrsbeeinträchtigungen gekommen. Zudem wurde laut Polizei nach der Versammlung Pyrotechnik gezündet, vereinzelt wurden deshalb Personen festgenommen.

Insgesamt waren laut Polizei etwa 6.000 Fahrzeuge in der Stadt unterwegs. Die Zahl der Teilnehmer gab die Polizei mit 8.500 an. Der Platz des 18. März auf der Westseite des Brandenburger Tores sowie die angrenzende Straßenkreuzung war voll mit Menschen. Der Bauernverband nannte keine genaue Teilnehmerzahl, ging aber von rund 30.000 Demonstranten aus.

Auf insgesamt fünf Routen waren die Demonstranten aus dem Umland ins Zentrum der Hauptstadt gelangt. Schon in der Nacht rollten lange Traktor-Kolonnen mit Hupkonzerten durch die Stadt. Es kam zu umfangreichen Verkehrsbehinderungen.

Seit dem Morgen standen Traktoren, Lastwagen und andere Fahrzeuge in mehreren Reihen dicht hintereinander auf der Straße des 17. Juni und dem Boulevard Unter den Linden. Schon in der Nacht waren Traktoren mit Hupkonzerten durch die Hauptstadt gerollt. Auf Fahrzeugen waren am Morgen Slogans zu lesen wie "Tank leer - aus die Maus", "Ohne Landwirte keine Zukunft" und "Transport made in Germany - wie lange noch?". Auf anderen Transparenten war von Regierungsversagen die Rede, von Unrecht, Vetternwirtschaft und Kriegstreiberei. Zu sehen war ein Modell eines Galgens mit einer Ampel.

Höhepunkt der Aktionswoche

Die Kundgebung in Berlin war der Höhepunkt einer Aktionswoche, mit der Bauern in den vergangenen Tagen bundesweit gegen die schon abgeschwächten Pläne der Ampel-Koalition mobil gemacht haben.

Für Einsparungen im Haushalt 2024 soll die seit mehr als 70 Jahren bestehende Agrardiesel-Begünstigung wegfallen. Ursprünglich sollte die Hilfe sofort ganz wegfallen. Nun soll sie über drei Jahre auslaufen. Eine zunächst geplante Streichung auch der Kfz-Steuerbefreiung für Landwirtschaftsfahrzeuge hat die Regierung ganz fallen gelassen.

Sendung: rbb24, 15.01.2024, 18:00 Uhr

Die Kommentarfunktion wurde am 15.01.2023 um 20:00 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.

336 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 336.

    Die Bauern jammern auf sehr hohem Niveau. Aber gut wäre es die Subventionen für Betriebe über 1500ha direkt zu streichen, dafür für kleine Familienbetriebe zu lassen!
    Im Durchschnittlicht 10000€ monatlicher Gewinn pro Bauer ist schließlich nicht wenig. Da dürfen Subventionen fallen!

  2. 335.

    Die Bauern und andere Demonstranten wollen doch eine Antwort bei ihren Anliegen, warum lassen sie die Politiker dann nicht reden, die vor ihnen stehen? Keiner muss der Rede des Politikers zustimmen, wer aber nicht zuhört, dann weiß er auch nicht die Gründe warum die Politik nicht alles zurücknehmen kann.
    Ich verstehe manche Sorgen der Bauer, aber wer hat die nicht bei den jetzigen Krisen? Jeder hat ebenfalls Probleme, weil er durch die hohen Kosten und Steuern unter finanziellen Druck kommt. Die Bauern, falls ihnen die Politik doch noch entgegen kommen sollte, sie lösen außerhalb ihrer Bauernhöfe weder die Energiekrise noch das der UKR-Krieg zu Ende geht. Er war doch der Auslöser das in der EU und in DE anders geplant werden muss. Warum wird nicht gegen diesen Abnutzungskrieg demonstriert, der Milliarden verschluckt schon seit Februar 2022. Die Politik wie der normale Mensch kennt das Wort" Kompromisse nicht mehr, um zu Lösungen zu kommen? Jeder ist nur noch auf Ego eingestellt?

  3. 334.

    Wahrscheinlich bist du einer von den Nutznießer dieses Staates,die ohne Arbeit die Hand aufhalten und immer mehr wollen

  4. 333.

    Warum werden die deutschen freiwilligen Auslandsausgaben nicht reduziert (z.B. Bau eines Radweges in Huanda) um zusätzliche Mittel frei zu setzen. Diese Möglichkeit wird von niemanden kommuniziert oder in Erwägung gezogen.

  5. 332.

    Wenn wir alle sparen sollen, dann hätten auch die Bezüge der Abgeordneten gekürzt werden müssen.
    Die Bauern die ich kenne haben eine 7 Tage Woche und selten Urlaub.
    Ich denke hier sollten die Zuschüsse gerechtfertigt sein, aber nicht für Multikonzerne die landwirtschaftliche
    Flächen aufkaufen und nie Nahrung anbauen wollen. Zuschüsse nur für Bauern die auch die Flächen bewirtschaften.

  6. 330.

    Die wohlhabenden und einflussreiche. Bauern wissen sich schon zu wehren. Und niemand sage mir, dass die Bauern arm seien. Allein ihr Grundbesitz stellt einen enormen Wert dar. Schlimm dran sind die Bürgergeldempfänger, die weder Einfluss noch Vermögen besitzen. Jeder schlägt erbarmungslos auf die ein.

  7. 329.

    Der Mittelstand bekommt keine Subventionen,, und soll jetzt die subventionierten Bauern feiern, weil sie ihre Privilegien aggressiv verteidigen?

  8. 327.

    Fakt ist das ich kein Beamter bin oder im ÖD arbeite. Fakt ist, dass die Bauern auf hohem Niveau jammern, anders kann man es nicht nennen. Sie bekommen viel zu viel Subventionen hinterher geworfen. Sprechen sie mal mit Bauern die wirtschaften können, nicht jammern und auch nicht an dieser sinnlosen Belagerung der steuerzahlenden Bevölkerung teilgenommen haben, welche übrigens auch die Jammerbauern subventioniert.
    Meine Lebensmittel erzeuge ich zum Großteil selbst. Passt das in ihr Weltbild?

  9. 326.

    Als "Kritiker" sollte Sie es aber verstehen. Steuerhinterziehung durch Nutzung der Maschinen für keine rein landwirtschaftliche Nutzung und ggf. Fahren ohne gültigen Führerschein. Ja, die Antwort kenn ich schon, " Der Zweck heiligt die Mittel". Das würde dann auch auf Klimakleber und .... zu treffen.

  10. 325.

    Die einflussreichen, wohlhabenden Bauern wissen sich zu wehren, wenn es ums Geld geht, alle stehen ihnen bei. Und niemand sage mir, dass die Bauern arm sind. Allein ihr Grundbesitz stellt einen enormen Wert dar. Die Bürgergeldempfänger sind hilflos und alle prügeln auf sie ein. Niemand unterstützt die Hilflosen.

  11. 322.

    Schmackhafte Tomaten aus den Niederlanden? O je, ich fürchte Sie wissen gar nicht wie Tomaten schmecken.

  12. 319.

    Gehören Sie zur Steuerfahndung? Wer bzw. was treibt Sie zu dieser Frage die Sie nicht verstehen?

  13. 317.

    Liebe Bauern, ich stehe voll hinter euch, auch wenn ich heute selbst im Stau stand. Der gesamte Mittelstand sollte euch feiern.

Nächster Artikel