Präsidentschaftswahl in Russland - Nawalnaja und Chodorkowski bei Protesten vor russischer Botschaft in Berlin
An der von Betrugs- und Manipulationsvorwürfen überschatteten russischen Präsidentenwahl haben am Sonntag auch in Deutschland lebende Russen teilnehmen können. In Berlin demonstrierten prominente Oppositionelle gegen Putin.
Anlässlich der Präsidentenwahl in Russland, an der sich auch in Deutschland lebende russische Staatsbürger beteiligen konnten, hat es Proteste in Berlin gegeben. Vor dem Gebäude der russischen Botschaft Unter den Linden demonstrierten nach Polizeiangaben zeitweise bis zu 2.000 Menschen. Die russische Präsidentenwahl ist von Betrugs- und Manipulationsvorwürfen überschattet.
Auch prominente Oppositionelle beteiligten sich an dem Protest in Berlin-Mitte. Unter den Demonstrierenden war auch die Witwe des Oppositionspolitikers Alexej Nawalny, Julija Nawalnaja. Nawalny war nach russischen Behördenangaben Mitte Februar in einem
Straflager in der Polarregion gestorben.
Der scharfe Kritiker von Kremlchef Putin war durch einen Giftanschlag im Jahr 2020 und ständige Einzelhaft im Lager körperlich sehr geschwächt. Seine Unterstützer und auch viele internationale Beobachter sind sich deshalb einig, dass von einer "natürlichen" Todesursache, wie es auf dem Totenschein heißen soll, nicht die Rede sein kann.
Außerdem zeigte sich der im britischen Exil lebende Geschäftsmann Michail Chodorkowski bei den Protesten. Der 60-Jährige hat zehn Jahre in russischer Haft verbracht.
Wartezeit auch durch Protestaktion
Die russische Opposition betrachtet die Abstimmung als Scheinwahl und rief dazu auf, als Zeichen des Protests massenhaft am Sonntag um 12 Uhr zur Wahl zur gehen, damit sich Schlangen bilden. Auch an der russischen Botschaft in Berlin bildete sich gegen Mittag eine lange Schlange.
Protestierende in Berlin schwenkten weiß-blau-weiße Fahnen, ein Symbol gegen den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Sprechchöre forderten in russischer und deutscher Sprache ein
Russland ohne Putin.
Zu der Protestaktion in Berlin aufgerufen hatte nach Angaben der Polizei die Gruppe "Demokratie-JA". Sie ist nach eigenen Angaben 2021 von russischen Einwandern gegründet worden, die den kürzlich in russischer Haft gestorbenen Dissidenten Nawalny unterstützte und den Krieg gegen die Ukraine ablehnt.
Am Abend betrat Julia Nawalnaja dann die russische Botschaft in Berlin. Sie reihte sich am Sonntagnachmittag zunächst überraschend in die Schlange der Menschen ein, die dort ihre Stimme abgeben wollten. Am frühen Abend betrat sie dann nach Reporterangaben das Botschaftsgelände.
Im Anschluss sagte sie, sie habe in der russischen Botschaft den Namen Nawalnys auf den Wahlzettel geschrieben. Es könne nicht sein, dass der Hauptgegner von Amtsinhaber Wladimir Putin einen Monat vor der Wahl getötet werde, so Nawalnaja. In Reaktion darauf, dass Demonstrierende ihr dankten, sagte Nawalnaja: "Sie müssen mir nicht danken." Die Demonstranten müssten sich selber danken - "jedem Einzelnen, der gekommen ist", sagte die 47-Jährige.
Das Auswärtige Amt sprach unterdessen auf X, vormals Twitter, von "Pseudowahlen" in Russland, die "weder frei noch fair" seien, das Ergebnis überrasche niemanden. "Putin herrscht autoritär, er setzt auf Zensur, Repression und Gewalt. Die 'Wahlen' in den besetzten Gebieten der #Ukraine sind null und nichtig & ein weiterer Bruch des Völkerrechts", erklärte das Außenministerium. Unabhängige Beobachter haben die internationale Gemeinschaft aufgerufen, das Ergebnis nicht anzuerkennen.
Laut ersten Teilergebnissen der staatlichen Wahlkommission vom Sonntagabend ist Wladimir Putin ist klarer Sieger der Präsidentschaftswahl und steht damit vor einer weiteren sechsjährigen Amtszeit an der Spitze Russlands (tagesschau.de).
87,47 Prozent der Wähler hätten für Putin gestimmt, erklärte Wahlkommissions-Chefin Ella Pamfilowa am Sonntagabend nach Auszählung von 36,3 Prozent der Wahllokale im Staatsfernsehen.
Putins Sieg bei der dreitägigen Wahl galt von vornherein als ausgemacht. Alle bekannteren Kritiker des Kreml-Chefs sind entweder tot, inhaftiert oder im Exil.
Sendung: rbb24 Abendschau, 17.03.2024, 19:30 Uhr
Die Kommentarfunktion wurde am 17.03.2024 um 20:21 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.