Antisemitismus-Eklat in Berlin - Ehemaliger Linke-Fraktionschef Udo Wolf verlässt die Partei

Do 17.10.24 | 11:34 Uhr
  18
Archivbild:Udo Wolf am 13.03.2021.(Quelle:picture alliance/dpa/J.Carstensen)
picture alliance/dpa/J.Carstensen
Video: rbb24 | 17.10.2024 | Nachrichten | Bild: picture alliance/dpa/J.Carstensen

Der langjährige Vorsitzende der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Udo Wolf, ist aus der Partei Die Linke ausgetreten. In seinem Austrittsschreiben, das er auf Facebook veröffentlichte, begründete Wolf diesen Schritt mit dem Eklat beim Landesparteitag der Linken am vergangenen Freitag.

Die Delegierten hatten sich über Formulierungen in einem Antrag zerstritten, der sich gegen Antisemitismus in jeglicher Form aussprach. Wolf, der an dem Parteitag selbst nicht teilnahm, erklärt in seinem Schreiben, mit dem Eklat um diesen Antrag sei für ihn "eine persönliche Schmerzgrenze überschritten" worden.

Wolf: "Keinerlei Verständnis für Relativierung des Terrors"

Er habe sein ganzes politisches Leben gegen jede Form von Rassismus und Antisemitismus gekämpft, so der 62-jährige. Auch wenn er die aktuelle Regierung Israels ablehne, habe er keinerlei Verständnis für die Relativierung der Terrorakte der Hamas. Das Existenzrecht Israels sei für ihn nicht verhandelbar.

Mehrere prominente Linken-Mitglieder, darunter der frühere Berliner Kultursenator Klaus Lederer, hatten den Parteitag am Freitag unter Protest verlassen, nach dem es Änderungsanträge gab, die darauf gerichtet waren, das Handeln der Hamas nicht als antisemitisch zu kritisieren.

Wolf kritisiert Positionen der Linken

Nach mehr als 30 Jahren aus der Partei auszutreten, falle ihm nicht leicht, teilte Wolf mit. Es sei "in gewisser Weise das resignative Eingeständnis des eigenen Scheiterns". Austrittsgründe hätten sich seit 2021 "fast monatlich gemehrt". Beispielhaft führt Wolf dabei nicht nur außenpolitische Positionen der Linken etwa zu Afghanistan oder zur Ukraine an, sondern auch eine undifferenzierte Kritik der Linken am Kurs der Ampel-Regierung im Bund.

Wolf, der aus Frankfurt am Main stammt, war in den 80er-Jahren zunächst Mitglied der Alternativen Liste (später Bündnis 90/Die Grünen) in Berlin, bevor er 1993 Mitglied der PDS (später Die Linke) wurde. Dem Abgeordnetenhaus gehörte Wolf von 2001 bis 2021 an.

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.10.2024, 13 Uhr

Kommentar

Bitte füllen Sie die Felder aus, um einen Kommentar zu verfassen.

Kommentar verfassen
*Pflichtfelder

Aus datenschutzrechtlichen Gründen werden Kommentare, bei denen die E-Mail-Adresse in den Feldern Name, Wohnort oder Text geschrieben wurde, nicht freigegeben. Mit Nutzung der Kommentarfunktion stimmen Sie unserer Netiquette sowie unserer Datenschutzerklärung (Link am Ende der Seite) zu. Wir behalten uns vor, Kommentare, die nicht zu einer konstruktiven Diskussion beitragen, nicht freizugeben oder zu löschen. Wir geben keine Auskunft über gelöschte oder nicht freigegebene Kommentare. Mit der Abgabe eines Kommentars erklären Sie sich mit diesen Regeln und den Kommentarrichtlinien des rbb einverstanden.

18 Kommentare

  1. 18.

    "...nicht teilen mit denen die keine Lust haben was dafür zu tun". Wer hat denn keine Lust zu arbeiten? Ich sag es Ihnen. Es gibt ca. 5,6 Mio Bürgergeldempfänger. Die BA gibt die Zahl der Totalverweigerer mit ca. 16.000 an. Vergleichen Sie die Zahlen und dann teilen Sie hier mal mit, warum Sie hier Millionen Menschen Lustlosigkeit unterstellen.

  2. 17.

    "Klare Antwort: nein. Die Leute die sich Reichtum durch harte Arbeit verdient haben müssen diesen nicht teilen mit denen die keine Lust haben was dafür zu tun."
    100 % Zustimmung!

  3. 16.

    Wolf hat ausdrücklich angemerkt, dass es um Solidarität mit dem israelischen Volk und NICHT mit der rechtsextremen israelischen Regierung geht.

    Und zugleich um Solidarität mit dem Palästinensischen Volk und NICHT mit den Terrororganisationen Hisbollah und Hamas geht.

    Diesen Unterschied sollte. Sie rein intellektuell eigentlich erkennen...

  4. 15.

    Sie bezeichnen sich als "Linker" und behaupten es gäbe "die" Antifa? Und dann werfen sie auch die Ein Parteien Diktaturen des Ostblocks und ausgerechnet China in den gleichen Topf?

    Peinlich, echt peinlich.

  5. 14.

    Wer angeriffen wird hat ein recht sich zu verteidigen. Jeder Angreifer weis dies und muss damit umgehen können.

  6. 12.

    Zu Wolfs Empörung:

    1. Palästinenser sind auch Semiten.

    2. Er kämpft gegen Rassismus, aber offenbar nicht gegen den Krieg, der von einer Regierung geführt wird, führt deren "Sicherheitsminister" erzählt, es gäbe kein palästinensisches Volk.

    3. Dieser Krieg begann nicht erst am 07.10.2023.

    Natürlich betreibt die Hamas Terror. Sie ist jedoch weder damit einzigartig in der Region, noch die größte Terrororganisation dieser Region.

  7. 11.

    Nun finde ich auch noch Ihren recht seltsamen Kommentar irgendwie peinlich. Sollte das populistisch rüberkommen, ich weiß es nicht, klang aber so.

    Den Unterschied der Linken zu der kommunistischen Partei in China sollten Sie kennen. Das ist einfach nur albern.

  8. 8.

    Es ist absolut billig, platt, peinlich und realitätsfern, politisches Engagement auf finanzielle Vorteile zurückzuführen.

    Wenn man es in dieser Form nötig hat, sich plump und populistisch zu verhalten, spricht das eher gegen den Kommentator als gegen den Ex-Politiker!

  9. 7.

    Ich kann diese (wohl typisch deutsche) Linkenromantik nicht verstehen. Ich möchte mich selbst auch als Linken bezeichnen, aber so zu tun als wären die Linken immer und überall einfach nur lieb gewesen, das grenzt schon an realitätsverlust. Nicht nur in China und dem gesamten Ostblock war das anders, auch die Apo, der schwarze Block, die Antifa usw. usf. sind nicht unbedingt friedlich.
    Von wegen "Humanismus und Gerechtigkeit".
    Es geht um das Durchsetzen von Positionen, also am Ende um Macht - und da lehrt die Geschichte, dass das leider sehr häufig mit Gewalt einher geht.

  10. 6.

    Wie kommt man eigentlich darauf, den Terror der Hamas nicht als antisemitisch einzuordnen, die in der Charta der Terroristen festgehaltene Vernichtung Israels und aller Juden, übrigens auch aller Homosexuellen, und auch Christen, nicht als antisemitisch und menschenfeindlich einzuordnen. Was läuft schief in euren Köpfen?
    Antisemitismus ist blanker Menschenhass. Dieses Massaker wollte die Hamas wiederholen, sie sehen Juden nicht als Menschen, sie haben sie entmenschlicht.

    Das könnt ihr nicht erkennen? Schande.

  11. 5.

    Ich kann Herrn Wolf nur zustimmen, es ist mit den Grundsätzen der Linken unvereinbar, den Terror zu relativieren und mit jenen zu gehen, die antisemitisch agieren. Es ist unvorstellbar und unglaublich für eine „Linke“, hier falsch abgebogen zu sein.
    Für mich stand die Linke früher einmal für Humanismus und Gerechtigkeit.

    Allerdings kann ich das nicht mehr erkennen. Die Enttäuschung meinerseits ist groß, dachte ich doch früher einmal, links und rechts könnte man deutlich unterscheiden. Heute ähnelt sich vieles zu sehr.

  12. 4.

    Ich kann ihn so gut verstehen und kämpfe selbst mit mir, aus der Partei auszutreten.

  13. 2.

    Da argumentiert mal jemand mit Inhalten und Argumenten und dann wird ihm pauschal, sachunabhängig Bereicherung vorgeworfen. Einem - ehem. - Linken, klar, die sind für großangelegte Vetternwirtschaft ja auch bekannt. Als ob. Politiker*innen sind alle doof und alle gierig - plumper ging es wohl nicht? Nur politisch partizipieren will man selber auch nicht, sollen Andere machen. Und schuld sind Politiker*innen ebenso pauschal an allem. Tolles Menschenbild.

    Was Wolf anspricht, trifft komplett zu. Was Missstände angeht, so liegen diese aber vielfach im eigenen Umgang mit der Parteigeschichte. Man hat sich den Modrows und anderen Autoritären und Geschichtsvergessenen nie gestellt sowie dem Antisemitismus im linken Spektrum. Es ist nicht weit, von Kapitalismus- und Globalisierungskritik bis zu verschwörungsideologischen Narrativen antisemitischen Charakters. Siehe z.B. auch attac. Dafür hat man sich nie sensibilisiert.

  14. 1.

    Naja, er hat in den 20 Jahren Parlament eine höhere Pension als bei 40 Jahren an der Kasse oder als Maurer, er soll nicht so tun, als hätte er jetzt irgendwelche Emotionen.

Nächster Artikel