Landesarbeitsgericht - Unbefristeter Kita-Streik in Berlin bleibt verboten

Fr 11.10.24 | 15:03 Uhr
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11.10.2024, Berlin: Eine pädagogische Fachkraft trägt vor der Berufungsverhandlung am Landesarbeitsgericht Berlin über einen unbefristeten Streik, zu dem die Gewerkschaften Verdi und GEW die Beschäftigten in den gut 280 kommunalen Kitas aufgerufen hatte, vor dem Gebäude einen Aufkleber mit der Aufschrift "Bildung statt Aufbewahrung! Jetzt!". (Quelle:dpa/S.Gollnow)
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Audio: rbb 88.8 | 11.10.2024 | Ann-Kristin Schenten | Bild: dpa/S.Gollnow

Der von Gewerkschaften geplante unbefristete Kita-Streik in Berlin bleibt untersagt. Das hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschieden und damit eine Entscheidung der Vorinstanz bestätigt.

Die Gewerkschaft Verdi darf die Mitarbeitenden der landeseigenen Berliner Kitas nicht zu einem unbefristeten Streik aufrufen. Das hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am Freitag entschieden. Damit bleibt der geplante Streik an den 280 kommunalen Kitas in Berlin untersagt. Das Gericht bestätigte eine Entscheidung der Vorinstanz.

Richterin: Risiko für Ausschluss aus Tarifgemeinschaft zu hoch

Die Vorsitzende Richterin Birgitt Pechstein begründete die Entscheidung damit, dass das Risiko für das Land Berlin zu hoch sei, bei neuen Vereinbarungen mit der Gewerkschaft aus der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) ausgeschlossen zu werden.

In erster Instanz hatte sich die Senatsfinanzverwaltung im Eilverfahren erfolgreich gegen die Streik-Aktion gewehrt. Das Arbeitsgericht hatte den Kita-Streik untersagt. Die Gewerkschaften Verdi und GEW hatten den ursprünglich ab dem 30. September geplanten unbefristeten Streik daraufhin absagen müssen. Dagegen ist Verdi in Berufung gegangen, sodass das Landesarbeitsgericht entscheiden musste.

Gewerkschaften fordern Entlastungen

In dem Konflikt fordern die Gewerkschaften, die Erzieher in den kommunalen Kita-Eigenbetrieben zu entlasten. Festgelegt werden soll aus Gewerkschaftssicht insbesondere, für wie viele Kinder eine Erzieherin höchstens zuständig ist. Für die Berliner Erzieher der kommunalen Kita-Eigenbetriebe pocht Verdi auf "verbindliche Entlastungsregelungen, die für die Kolleginnen einklagbar" sind.

Nur ein Teil der 2.900 Berliner Kitas betroffen

Vorbild für eine solche Entlastungsregelung sind ähnliche Vereinbarungen in anderen Bundesländern - vor allem an der Uni-Klinik Schleswig-Holstein, bekannt als "Kieler Modell". Demnach schließt der Arbeitgeber mit der Gewerkschaft einen Vertrag ab, in dem unter anderem eine Mindestbesetzung in den jeweiligen Schichten zugesagt wird. Wird die Mindestbesetzung unterschritten, erhalten alle Mitarbeitenden, die im Dienst sind, das Anrecht auf bezahlte freie Tage.

Der Senat hat die geforderten Tarifverhandlungen mehrfach abgelehnt und auf die Mitgliedschaft Berlins in der TdL hingewiesen. Berlin könne über tarifrechtliche Vereinbarungen nicht alleine entscheiden. Andernfalls drohe ein Rauswurf aus dem Verband - ein Argument, das auch das Arbeitsgericht würdigte.

Der Streik hätte in jedem Fall nur einen Teil der rund 2.900 Kitas in Berlin betroffen. Nicht ganz ein Zehntel davon gehört zu den sogenannten kommunalen Eigenbetrieben, in denen laut Bildungsverwaltung 32.000 Kinder betreut werden. Dort sind rund 7.000 Erzieherinnen und Erzieher sowie weitere Beschäftigte angestellt. Die übrigen Einrichtungen werden von freien Trägern betrieben, die nicht bestreikt werden sollten.

Sendung: rbb24 Inforadio, 11.10.2024, 14:20 Uhr

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33 Kommentare

  1. 33.

    Aus meiner Sicht ist es schade, dass augenscheinlich keiner verstehen möchte, dass der Kita Alltag für Erzieher*in mittlerweile unerträglich ist. Schade empfinde ich es, dass augenscheinlich ein Großteil der Elternschaft, keinerlei Interesse daran hegt, dass ihre Kinder pädagogisch wertvoll betreut werden. Mittlerweile ist die Situation in den Kindergärten lediglich eine Aufbewahrung. Dass das überhaupt jemand so hinnimmt anstatt die Erzieher*innen zu unterstützen wundert mich sehr. Gemeinsam könnte man doch einen sinnvollen Plan für die Kinder entwickeln!
    Des Weiteren ist Berlin (Ballungsraum) wohl auch noch ein Sonderfall, oder?
    Ich bin keine Erzieherin . Meine Kinder sind bereits seit Jahren erwachsen.

  2. 32.

    Die Entscheidung erwartbar.

    Verdi hat hier krass gegen die Fürsorgepflicht verstoßen und nur seine eigenen Interessen im Sinn gehabt.

    Eine sehr gutes Ergebnis für alle Eltern und Kinder der öffentlichen Kitas.

  3. 29.

    Man , wie sich einige freuen. Leute, alle dürfen streiken.Die Bahn, dieBVG, die Flughäfen usw. NUR die Kitas nicht weil die meckernden Eltern überlastet sind. Gute Arbeitsbedingungen sind Voraussetzung für kontinuierliche gut Arbeit. Wer das nicht versteht sollte nicht solche Kommentare schreiben. Es ist traurig das alle das Beste für ihre Kinder wollen,aber die MA in den Kitas,wo Sie ihre Kinder abladen nicht unterstützt en. Das nennt man auch Egoismus. Bin Kita-Gebühren.

  4. 28.

    Mir als Mutter fehlen die Worte bei solchen Äußerungen. In der Sache gebe ich Ihnen völlig Recht, aber was hier seit Wochen läuft in Berlin verbietet sich eigentlich von selbst, wenn man nur ein bisschen an die Kinder denkt. Haben Sie mal darüber nachgedacht, was dieses Hin und Her mit denen macht? Besonders mit den Kleineren, die vielleicht sogar noch in der Eingewöhnung sind? "Montag in die Kita oder doch nicht oder zu Oma oder zuhause mit Papa, aber der kann nicht mit dir spielen, muss ja Homeoffice machen oder du gehst zu Luisa, wenn die Mutter frei kriegt, wenn nicht, nimmt Mama ihren letzten Urlaubstag und Luisa kommt zu uns." Als berufstätige Mutter gibt es genug, an das ich denken und das ich organisieren muss. Da kann ich so einen Sch... oben drauf absolut nicht gebrauchen. Seit Jahren das gleiche Mimimi: Berlin macht nichts wegen der Tarifgemeinschaft, die Erzieher wollen trotzdem ihre Extrawurst. Kriegt ihr nicht. Doch. Nein. Doch. - Irrenhaus? Ach nee, Kindergarten.

  5. 27.

    Diese Einstellung ist ein Grund mehr, gegen die Forderungen.
    Wenn wir im Gesundheitswesen bei Untervesetzung zusätzlich frei hätten, würde ich nur noch 6 Monate im Jahr arbeiten.
    Tolle Einstellung haben sie. Widerlich

  6. 26.

    Alles Richtig! Und wo bleibt Ihre Verantwortung für die gute Bildung der ihnen derzeit anvertrauten Kinder? Die bekommen das, was ihnn zusteht nun nicht?
    Dann sollten Sie die Not der Erzieher vergrößern; sie können keine Verantwortung mehr tragen u. werden influencer, weil wir von diesen noch nicht genug haben. Oder schneiden sich die fehlenden Erzieher aus den Rippen? Ja, die früheren Jahrgänge haben sich eben etwas einfallen lassen, damit die Verantwortung gegenüber den Anvertrauten Kindern so gut wie möglich erfüllt werden konnte. Deshalb ist es auch ein Fachschulstudium geworden; sind Sie methodisch nicht so gut drauf oder können Sie nur unter Laborbedingungen Ihre Arbeit erfüllen? Das wäre natürlich super, aber fern der Wirklichkeit.
    Ich finde die Entscheidung des Gerichtes richtig! Oder sollen Ihrer Meinung nach nicht ausreichend Fachkundige ihren Part frühkindliche Bildung daheim übernehmen. Können Sie den Dipl-Ing. Wasserbau übernehmen?

  7. 25.

    Dann hätte sich Verdi während der laufenden Tarifverhandlungen dafür einsetzen sollen und nicht im Nachhinein.

  8. 24.

    Warten wir ein paar Wochen, dann erwarte ich die nächste Klatsche für Eltern: Wiedereinführung der Kita-Beiträge zur Haushaltskonsolidierung.

  9. 23.

    Liebe Eltern, sie wünschen sich, dass nicht gestreikt wird, sondern dass die Kinder gut betreut werden, dass sie etwas lernen, dass sie sich wohlfühlen usw. Aber das geht nicht unter diesen Bedingungen. Jeden Tag, immer wieder! Es sind zu viele Kinder, zu wenig Personal. Man kann nicht so arbeiten, wie man sich das wünscht. Also bitte beschweren SIE sich. Bitte gehen SIE auf die Straße. Damit Ihr Kind so aufwachsen kann, wie es eigentlich gedacht ist. Und nicht nur abgegeben und abgeholt wird!!

  10. 22.

    Dann werden wohl die Kranktage, Seminare und Personalberatungen zunehmen wo dann keine oder eingeschränkte Betreuung stattfindet. Die Forderungen sind nicht der realität geschuldet. Es warten nicht hunderte erziehende auf einen Job.

  11. 21.

    Urteil gegen das Recht auf Streik
    Namhafte arbeitsrechtler haben auf die Rechtmäßigkeit der verdi Kampfmaßnahme verwiesen
    Langsam muss man an der Neutralität und Ausgewogenheit der Arbeitsgerichte zweifeln

  12. 20.

    Das Urteil ist ein Schlag ins Gesicht. Wir haben das Recht zu streiken. Die jenigen die das entschieden haben sollten mal ein Jahr lang in einer kita arbeiten, mit den bedingungen die wir haben.die halten das kein Monat durch

  13. 18.

    Na gut.
    Berlin (und die Eltern) hat sich Zeit erkauft, darf sich aber auf noch größeren Frust und gesteigerte Streikbereitschaft der Beschäftigten einstellen.
    Das werden turbulente Verhandlungen in der nächsten V.runde.

  14. 17.

    ..und Ver.di braucht Mitglieder!
    Ich frage mich schon seit Monaten, woher die zusätzlichen Fachkräfte kommen sollen und konnte diesen Streikaufruf nicht nachvollziehen. Dass es z.T. prekäre Zustände in den Kitas gibt ist mir absolut klar - doch mit diesen Forderungen wurde ganz klar der Weg des konstruktiven Miteinanders verlassen.
    Vielleicht setzt sich Ver.di ja jetzt mit dem Senat an einen Tisch um zu überlegen, wie der Beruf auch kurzfristig attraktiver gestaltet werden kann?!
    DAS wünsche ich mir sehr!

  15. 16.

    Ich verstehe nicht, wie man ein legitimes Mittel des Streiksso unterwandert kann. Gerade die Erzieher müßten einen wesentlich bessere Unterstützung erhalten. Kleinere Gruppen und höhere Personaldichte tragen für ein gesundes Arbeitsklima bei und für die Erziehung der Kinder ein wichtiges Detail in ihrer Entwicklung. Ich finde es unmöglich für so etwas einen Streik zu verbieten.

  16. 15.

    Haben Sie das nicht verstanden? Ein zweites Gericht hat entschieden!

    Ansonsten: Fangen Sie doch einfach mal an mit Bildung, Wie? Indem z.B. nicht (gefühlt) jede zweite Woche wegen irgendwelcher betrieblichen Gründe eine Schließzeit durchgeführt wird.

    Hilfreich wäre es auch, wenn sich die Krankenstände an Montagen und Freitagen deutlich reduzieren ließen!

  17. 14.

    Wer sich hier freut sollte wissen ,dass wenn es sich nicht grundlegend etwas ändert uns überlasteten immer noch die AU bleibt...so oder so sorge ich für meine Entlastung...und wer noch keinen Eindruck bekam wie es in der Realität läuft sollte seinen Schnabel halten.

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