Fußball - Fünf Unioner Lehren aus dem Frankfurt-Spiel

So 27.10.24 | 21:33 Uhr
Jubel bei Unions Benedict Hollerbach (imago images/Michael Taeger)
Bild: imago images/Michael Taeger

Von Tugenden, Wahnsinn, VARnsinn, Stärken und Schwächen: Hier kommen die wichtigsten Union-Erkenntnisse aus dem Duell gegen Eintracht Frankfurt. Und eine Liebeserklärung an den Fußball. Von Ilja Behnisch

1 – Union macht Union-Dinge

Die beste Nachricht des Spiels gegen Eintracht Frankfurt aus Union-Sicht? Die sich schon an den sieben Spieltagen zuvor abzeichnende These, dass Union wieder Union-Dinge beherrscht, also alles, was unter Urs Fischer von Liga zwei bis in die Champions League geführt hat, wurde mehr als bestätigt. Gegen eine vor allem im Angriff stark besetzte Mannschaft aus Frankfurt arbeitete Union vom Anpfiff weg derart geschlossen an, dass das Wort Kollektiv sich gedacht haben mag, es habe an diesem Sonntag außer der Reihe Namenstag.

Die Zusammenarbeit aller erleichterte so jedem Einzelnen, am Maximum seiner Leistungsfähigkeit zu kratzen; vor allem in der Defensive. Insbesondere die drei Innenverteidiger Diogo Leite, Kevin Vogt und Danilo Doekhi zeigten eine blitzsaubere Partie. Vom gefürchteten Frankfurter Sturm-Duo bestehend aus Hugo Ekitiké und Oumar Marmoush war am Ende nur wenig zu sehen. Dass Ekitiké (nach 65 Minuten) und Marmoush (nach 81 Minuten) vorzeitig vom Platz genommen wurden, dürfen die drei von Schrankstelle selbstbewusst als Einzelsieg verbuchen.

2 – VAR was?

Wer behaupten will, dass die VAR-Entscheidungen zur Anerkennung des Union-Treffers durch Benedict Hollerbach (66. Minute) und zur Aberkennung des Union-Treffers durch Tim Skarke (90. +2) objektiv richtig waren, hat ein sportliches Gemüt. Einen gravierenden Vorteil hatten die Spieler in ihren jeweiligen Situationen von ihrer (vermeintlichen) Abseits-Position jedenfalls garantiert nicht. Und wenn man nun bedenkt, dass Harm Osmers, der Schiedsrichter der Partie, im Verbund mit seinen Assistenten jeweils genau anders herum entschied im Moment der Tatsachen-Entscheidung, könnte zur erneuten Erkenntnis gelangen, dass das mit dem VAR vielleicht einfach nicht immer sonderlich zielführend ist. Andererseits: Wenn Union Union-Sachen macht, warum soll der VAR dann nicht auch VAR-Sachen machen?

3 – Fußball ist komplett bescheuert und wunderschön

Es war ein unterhaltsames, ansehnliches Fußballspiel. 14 Minuten lang. Hier die entschlossenen Berliner. Dort die technisch versierten Frankfurter. Zwei Denkschulen, die sich zur Freude auch neutraler Beobachter auf hohem Niveau egalisierten. Bis König Zufall seinen großen, absurden Auftritt hatte. Wer auch immer detail- und oringalgetreu schildern möchte, wie genau denn nun das 1:0 der Eintracht durch Mario Götze gefallen sei, muss scheitern. Was auch bedeutet, dass dieser Treffer überhaupt keinen Sinn machte. Denn er war weder so gewollt, noch wirklich zu verhindern, sondern schlicht: wunderbar grotesk.

Im Fußball wird viel über Taktiken gesprochen. Es ist von Matchplänen die Rede, von Freilauf- und Anspielverhalten. Und das alles hat natürlich auch seine Berechtigung. Und ist manches Mal eben doch komplett für die Tonne. Wie fies. Wie wunderbar.

4 – Unions Kadertiefe stimmt

Was haben Robert Skov, Andras Schäfer, Jordan und Laszlo Benes gemeinsam? Sie alle sind gegen Frankfurt im Laufe der Partie eingewechselt worden, und: Sie alle waren oder sind Nationalspieler ihres Landes. Im Fall von Stoßstürmer Jordan könnte man zwar streiten, ob seine Einwechslung tatsächlich Wirkung entfaltet hat. Die drei anderen sowie der ebenfalls eingewechselte Nicht-Nationalspieler Tim Skarke zeigten dennoch, dass Union in dieser Spielzeit immer in der Lage scheint, tatsächlich Durchschlagskraft von der Bank zu bringen. Und nicht nur die Hoffnung darauf, irgendetwas anders zu machen als bisher im Verlauf einer Partie.

5 – Wundertüte Offensive

Weil es auch was zu meckern geben muss: Der vermutlich schwächste Mannschaftsteil bleibt der Sturm. Woo-Yeong Jeong, der gegen Frankfurt in die Startelf rutschte, arbeitete defensiv fleißig mit, blieb offensiv jedoch unauffällig. Benedict Hollerbachs Entwicklung von einem Spieler, dem man die Drittliga-Vergangenheit deutlich ansah, zu einem der Schlüsselspieler Unions ist jede Woche aufs Neue erstaunlich. Und Yorbe Vertessen deutete auch gegen Frankfurt an, warum er mal als eines der größeren Talente Belgiens galt.

Dennoch: Ein besserer, zentraler Stürmer als die, die Union derzeit zur Verfügung hat, wäre wünschenswert. Dass Bo Svensson in Ermangelung hochwertiger Optionen ohne klaren Zielspieler agieren lässt, ist dem Offensivspiel zu oft anzumerken. So wirken die Angriffsbemühungen zu häufig auf das Prinzip aufgebaut: Wir versuchen es immer wieder irgendwie, bis irgendwas dabei herum kommt. Und das ist immerhin Platz vier.

Sendung: rbb24, 27.10.2024, 22 Uhr

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