Frauen Fußball-Bundesliga - Eine Hinrunde zum Vergessen für Turbine Potsdam

So 08.12.24 | 16:27 Uhr
  8
Zwei Fans von Turbine Potsdam stehen beim Spiel gegen Köln auf der Tribüne, vor ihnen hängen Schals an einem Geländer. Bild: picture alliance/Gonzales Photo, Inaki Esnaola
Bild: picture alliance/Gonzales Photo, Inaki Esnaola

Ein geschossenes Tor, ein Punkt - Turbine Potsdam beendet die Hinrunde in der Bundesliga auf dem letzten Tabellenplatz. Die Niederlage gegen Abstiegskonkurrent Köln war ernüchternd, Hoffnung macht vor allem die nahende Winterpause. Von Simon Wenzel

Das Spiel gegen den 1. FC Köln steckt Bianca Schmidt am Sonntag noch in den Knochen. Sprichwörtlich, weil die Unterlegenheit in der zweiten Hälfte beim 0:1 im Abstiegsduell ernüchternd war. Und körperlich, weil das Spiel der erste Einsatz über 90 Minuten seit mehr als einem halben Jahr für die 34-jährige Rückkehrerin bedeutete. "Ich spüre jeden Muskel in meinem Körper", sagt Schmidt.

Sie will Turbine nochmal helfen, deshalb kehrte sie im Oktober von ihrem Posten als Teammanagerin zurück auf den Rasen. Jetzt ist sie dort so richtig wieder angekommen. Insofern gibt es für Bianca Schmidt trotz des ernüchternden Ergebnisses auch positives. "Ein bisschen froh" sei sie, "dass die 90 Minuten vom Körper her in Ordnung waren", sagt Schmidt rbb|24 am Sonntagvormittag.

Turbine hat viel Nachholbedarf

Das war es dann aber auch erstmal mit den Positivnachrichten bei Turbine. Gegen den 1. FC Köln, der punktetechnisch vor dem direkten Duell als einer von ohnehin nur zwei Konkurrenten im Abstiegskampf der Frauen-Bundesliga galt, war Turbine mit zunehmender Spieldauer immer deutlicher unterlegen. Wie so oft in dieser Hinrunde des Grauens. Mit einem Punkt und einem geschossenen Tor steht der einst so stolze Klub am Tabellenende. Ein ernüchterndes Fazit zur Saisonhälfte für die Aufsteigerinnen. "Wir wussten, dass es kein Zuckerschlecken wird, aber dass die Hinrunde so ausfällt, ist schon ein bisschen frustrierend", sagt Bianca Schmidt.

Den einzigen Punkt in elf Spielen errang Turbine gegen Mitaufsteiger Carl-Zeiss Jena - und das ist vorerst auch der einzige verbliebene Konkurrent im Abstiegskampf: Jena hat drei Punkte, Turbine eben einen. Gewonnen haben beide noch nicht, das direkte Duell endete 0:0. Das war Mitte Oktober, es war das dritte Spiel unter Trainer Kurt Russ. Seitdem musste der Österreicher erkennen: Die Aufgabe Klassenerhalt ist schwerer als zunächst angenommen. "Ich habe vorher schon gedacht, dass wir näher dran wären. Nachdem ich angekommen bin, habe ich aber schnell gemerkt, dass wir sehr weit weg sind von den anderen Mannschaften", sagte Russ dem rbb nach der Niederlage gegen Köln, "jetzt heißt es aufholen."

In dieser Woche sollten alle begreifen, dass das die Hinrunde war und die haben wir mächtig vergeigt.

Bianca Schmidt, Turbine Potsdam

Auch die ehemalige Champions League-Siegerin und Nationalspielerin Bianca Schmidt sieht das so: "Wir hatten Spiele, die knapp waren, bei denen aber nichts rausgesprungen ist, weil wir irgendwann die Meter nicht mehr gegangen sind, die man gehen muss um dann einen Punkt mitzunehmen", sagt Schmidt. "Das muss uns in der Rückrunde gelingen, damit wir in der Liga bleiben."

Trainereffekt erstmal verpufft - frischer Wind im Winter?

Neu ist diese Erkenntnis nicht. Die körperlichen Mängel hatte Kurt Russ seinem Team bereits nach dem ersten Spiel unter seiner Verantwortung attestiert (eine 0:3-Niederlage gegen Essen Anfang Oktober). Alleine: Im laufenden Ligabetrieb ließ sich da bislang wenig dran ändern. Der Trainer habe "viele Impulse" gegeben, sagt Schmidt, "die haben wir versucht umzusetzen, teilweise ist uns das aber noch nicht gelungen." Fitnesstraining ist unter der Woche zwischen zwei Spielen kaum möglich.

Von einem Trainereffekt nach Russ' Verpflichtung kann angesichts von einem Punkt aus sechs Ligaspielen und dem Pokalaus keine Rede sein. In der Winterpause - so die Hoffnung vom Klub und auch von Bianca Schmidt - soll der frische Wind des neuen Trainers nochmal aufkommen. Von Mitte Dezember bis Anfang Februar ist spielfrei in der Bundesliga. Für Turbine wird das eine extrem wichtige Zeit. Für die Spielerinnen könnten es harte Wochen werden, Kurt Russ will an den "Basics" arbeiten, körperlich und taktisch.

Bianca Schmidt im Spiel gegen Freiburg im Oktober. Bild: picture alliance / Eibner-PressefotoZurück auf dem Platz: Bianca Schmidt will nicht nur als Teammanagerin helfen, den Abstieg zu verhindern.

Letztes Spiel vor der Pause gegen Bayern

Zuvor muss das Team aber noch ein Spiel überstehen. Der Abschluss vor der Winterpause ist der beliebte Klassiker "David gegen Goliath": Am kommenden Wochenende muss Turbine zum Tabellenführer und amtierenden Meister FC Bayern München reisen. Viel Hoffnung auf den zweiten Punkt der Saison macht das nicht.

"Ich hoffe trotzdem, dass niemand in das Spiel geht und es schon verloren gibt", sagt Bianca Schmidt. "In dieser Woche sollten alle begreifen, dass das die Hinrunde war und die haben wir mächtig vergeigt." Und vielleicht, so ihre Hoffnung, setze diese Erkenntnis gegen Bayern ja "Kräfte frei, die wir bisher nicht gesehen haben". Ein vorweihnachtliches Wunder, das wäre doch etwas.

Selbst wenn das nicht eintritt, dürfen die Potsdamerinnen zumindest darauf hoffen, dass sich ihr Rückstand in der Tabelle nicht mehr dramatisch vergrößert. Auch die Konkurrenz aus Jena hat mit Eintracht Frankfurt ein schweres letztes Spiel vor der Winterpause zu überstehen. Das bedeutet auch: Es ist weiterhin alles drin. Das ist das gute nach dieser Hinrunde. Trotz einem Torverhältnis von 1:32 und nur einem Punkt ist Turbine nur zwei Punkte vom Klassenerhalt entfernt und kann diesen - Stand jetzt - noch aus eigener Kraft schaffen. Nur das letztplatzierte Team steigt in dieser Saison ab in die zweite Liga.

Erneuter Abstieg? "Das darf einfach nicht passieren."

Der Klassenerhalt, das große Ziel, wäre "immens wichtig", weiß Schmidt. Vor ihrem sportlichen Comeback war sie als Teammanagerin auch in die Vereinsabläufe eingebunden. Sie weiß deshalb noch mehr als andere Spielerinnen, dass Turbine Potsdam den Erstligaverbleibt dringend braucht. "Die zweite Liga wird aufgestockt, es gibt immer mehr Vereine, die nach oben wollen, das wird auch nicht mehr weniger", sagt Schmidt. Bei einem Abstieg wäre auch der Kraftakt Wiederaufstieg aus dem Vorjahr weniger wert.

"Das war sehr wichtig, aber es soll jetzt nicht im Sand verlaufen, indem wir direkt wieder absteigen. Dann würde es nochmal um einiges härter werden, wieder hoch zu kommen", sagt Schmidt. "Das darf einfach nicht passieren." Trainer Kurt Russ kündigte deshalb bereits an, im Winter noch "zwei oder drei" Spielerinnen verpflichten zu wollen, die helfen können. Turbine ist gegen Köln nicht abgestiegen. Das ist die gute Nachricht nach dieser Hinrunde und die muss der ganze Verein in den kommenden Monaten versuchen, in den Vordergrund zu stellen.

Sendung: rbb24, 07.12.2024, 22 Uhr

8 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 8.

    NO TIME FOR NEGATIVE ENERGY
    Dem Weckruf von Annalena Baerbock und Bianca Schmidt aus der Potsdamer Gesellschaft für alle Potsdamer Bürger*innen, die die TURBINE als ihr gemeinsames Kulturgut schätzen, sollte dank vorhandener Netzwerke ein aktivierendes Sponsoring folgen. Die Mädels, die Crew und der ehrenamtliche Vorstand haben es in einer kritischen Situation verdient.

  2. 7.

    NO TIME FOR NEGATIVE ENERGY
    Nasses, kaltes Schmuddelwetter im Stadion. Zwei hochmotivierte Mannschaften im Abstiegskampf. Die Roten mehr mit dem Kopf, die Blauen nur mit Emotionen und zu wenig Lockerheit mit freiem Kopf..

    Hinter der Haupttribüne zwei schwarze Dienstwagen mit Berliner Kennzeichen. Kein Staatsbesuch, sondern eine am Frauenfußball interessierte Kandidatin aus dem Wahlkreis 61.

    Am Ende des Duells eine nach eigenen Worten mega erleichterte und strahlende Kölner Trainerin Jacqueline Dünker, die aber mit echter Wertschätzung die herausragende Leistung der Torfrau Vanessa Fischer nicht vergaß.

    Am 27.08.2023 löste die Politikerin mit ihrem Besuch bei Turbine Potsdam und der Aussage, dass „Frauenfußball kein Anhängsel von Männervereinen sein darf und kann“, ein Liebesbekenntnis der besonderen Art.

    Annalena Baerbock und Bianca Schmidt haben signalisiert, dass sie kämpfen und helfen werden, das TURBINE - ihre gemeinsame Liebe - das Saison-Ziel erreichen kann.

  3. 6.

    Kurz & knapp uffn Punkt gebracht. Man wollte auch nicht.
    Siehe das „Abwatschen“ von T.Kemme z.b.. Und nicht immer alles auf die Anderen schieben. Vielleicht mal bei Viktoria anfragen, was da besser läuft.

  4. 5.

    Von Tradition allein kannst du dir in der heutigen Welt des professionellen Frauenfußballs nichts mehr kaufen. Das haben auch die Verantwortlichen bei Turbine zu lange nicht verstanden und ignoriert. Man hätte sich rückblickend schon mit der Wachablösung an der Spitze durch Wolfsburg und Bayern 2012/13 anders und professioneller aufstellen müssen. Damals war der Unterschied in den verfügbaren Mitteln im Vergleich zur Ligakonkurrenz auch noch nicht so groß. Jetzt ist es natürlich leider zu spät.

  5. 4.

    Was zum Teufel ist denn eine Hirnrinde? Gibs da auch ne Rückrunde?

  6. 3.

    Bei diesem Spiel hat man im TV gesehen,diese Potsdamer Mannschaft ist bei Weitem nicht erstligareif.
    Da fehlt Alles,Fitness,Spielverständnis ,
    Abwehrverhalten,Paasssicherheit.
    Einzig die Torhüterin hat Schlimmeres verhindert.Was ist nur aus dieser Traditionsmannschaft geworden?

  7. 2.

    Will ja nicht unken, aber das war's wohl mit Turbine. Sie werden wohl alsbald im Niemandsland der Drittklassigkeit verschwinden. Wenn's gut läuft, übernehmen die Eisernen Ladies den Platz in der 1. Liga. Das Lebenswerk von Bernd Schröder ist definitiv zerstört. Schade. Glück Auf!

  8. 1.

    Wie ich schon damals geschrieben hatte, den Trainerwechsel hätte man sich auch sparen können.

Nächster Artikel