Aktionstag in Brandenburg - Eltern und Erzieher fordern mehr Kita-Plätze, Fachkräfte und Qualität

Mo 15.05.23 | 16:37 Uhr
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Kundgebung am Stadtbrunnen in Cottbus (Foto: rbb/van Capelle)
Audio: Antenne Brandenburg | 15.05.2023 | Nico van Capelle | Bild: rbb/van Capelle

Zu wenig Personal und fehlende Kita-Plätze: Eltern und Erzieher haben in Brandenburg für eine bessere Ausstattung der Kitas protestiert. Der Bildungsminister zeigt Verständnis. Der Fachkräftemangel könne aber nicht auf die Schnelle beendet werden.

Erzieher, Eltern und Vertreter von Kita-Trägern und Gewerkschaften haben am Montag mit Aktionen in Brandenburg auf Missstände aufmerksam gemacht, die es nach ihrer Aussage in den Kitas gibt.

Beim "Kitakollaps-Tag" forderten sie unter anderem bessere Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen sowie mehr Kita-Plätze und Personal. Einige Einrichtungen waren geschlossen. Landesweit wurden laut Veranstalter über 370 Aktionen angekündigt, davon der Großteil im Berliner Speckgürtel [kitakollaps.de].

Auf gestalteten Pappkartons bei der Kundgebung steht "Kita-Rechtsreform jetzt!" (Foto: rbb/van Capelle)
Bild: rbb/van Capelle

Stark belastete Fachkräfte

Die aktuelle Regelung zur Höhe der Kita-Beiträge sei ungerecht, sagte unter anderem die Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft der Awo Brandenburg, Angela Schweers. Sie kritisiert auch, dass bürokratische Hindernisse die Arbeit der Erzieher erschweren würden. "Auch muss unter anderem das Essensgeld abgeschafft und die Qualität der Betreuung endlich gesetzlich festgeschrieben werden", sagte Schweers.

Es würden Kitaplätze fehlen, Fachkräfte seien oft zu stark belastet, um eine gute Betreuung der Kinder in kleinen Gruppen sicherzustellen, so die Sprecherin. Im Ergebnis würden viele Kitas früher schließen oder hätten tageweise zu.

"Ein strukturelles Problem"

Eine größere Kundgebung gab es in Cottbus. Nach Polizeiangaben waren rund 500 Menschen gekommen. "Ich bin als Mutter persönlich betroffen und habe in den letzten Monaten festgestellt, dass meine Kita Unterstützung braucht, dass ich die Kinder früher abhole oder gleich zu Hause lasse, weil Personalnot herrscht", sagte Sarah Ostrowski, die die Kundgebung mit organisiert hat. Ihr sei klargeworden, "dass das nicht nur an Corona oder Krankheitswellen liegt, sondern ein strukturelles Problem ist."

Der aktuelle Betreuungsschlüssel führe dazu, dass auf eine Fachkraft teilweise 20 Kinder oder mehr kämen, so die Organisatoren der Cottbuser Kundgebung. Es fehle außerdem an Vorgaben für Finanzierung und Qualitätsstandards.

Die Protestierenden forderten vor allem mehr Geld. "Jeder eingesparte Euro im Kitasystem muss mehrfach in den Folgesystemen wie Schule, Ausbildung oder Jobcenter gezahlt werden", sagte Nicole Ringwelski von der Kreiselternvertretung Cottbus der Nachrichtenagentur dpa. "Eine Umsetzung der Reform noch in dieser Legislatur ist möglich und wichtig für die Brandenburger Kinder, Eltern und Träger", sagte eine Sprecherin der Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.

Weitere Aktionen in Südbrandenburg

Allein im Süden Brandenburgs waren für Montag dutzende Aktionen geplant. So wurde unter anderem ein Kundgebungs-Spaziergang durch Lübbenau (Oberspreewald-Lausitz) angekündigt. Die Politik solle drauf aufmerksam gemacht werden, dass sich viele Eltern mehr Kita-Qualität und Personal wünschen, sagte eine Erzieherin dem rbb vorab. Es gebe außerdem immer wieder Engpässe durch erkrankte Mitarbeiter.

Mehrere Kitas - unter anderem in Herzberg, Uebigau (beide Elbe-Elster) und Schwarzheide (Oberspreewald-Lausitz) - hatten angekündigt, Plakate an ihre Zäune zu hängen. Ein Spremberger Hort lud zudem Kinder und Eltern ein, ihre Wünsche auf Postkarten zu schreiben, die dann gesammelt ans Bildungsministerium geschickt werden sollen.

Bildungsminister zeigt Verständnis

Brandenburgs Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) zeigte Verständnis für die Proteste. Er sprach im rbb24 Inforadio von einem "wichtigen Thema". Allerdings könne der Fachkräftemangel nicht auf die Schnelle gelöst werden.

"Wir [haben] als Land die Ausbildungskapazitäten in den vergangenen Jahren dramatisch erhöht", so Freiberg. Aktuell gebe es rund 5.000 Ausbildungsplätze. "Das sind mehr als doppelt so viele wie noch vor gut zehn Jahren", sagte der Minister. Das Kabinett habe außerdem versprochen, 1.000 zusätzliche Erzieherstellen bis zum Jahr 2025 zu finanzieren, so Freiberg. Es sei auch wichtig, die Arbeitsplätze attraktiver zu machen.

Kita-Reform auf Eis

Die rot-schwarz-grüne Landesregierung in Brandenburg will die Betreuung kleiner Kinder spürbar verbessern. Die Eltern sollen schrittweise von den Kita-Beiträgen entlastet werden. Aktuell unterscheiden sich die Beiträge unter anderem noch je nach Einkommen und Umfang der Betreuung. Eine Reform des Kitarechts, die eigentlich bis Anfang 2023 geplant war, liegt aber auf Eis. Im Kern geht es um eine einheitliche Finanzierung der Kitas im Land, aber auch der Bildungsauftrag der Kitas sollte geschärft werden.

2022 war die Reform auf Wunsch des Städte- und Gemeindebundes verschoben worden. Als Gründe wurden die Belastungen durch die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine genannt.

Mit Informationen von Nico van Capelle.

Sendung: Antenne Brandenburg, 15.05.2023, 15:10 Uhr

4 Kommentare

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  1. 4.

    Lieb Andrea, Kitas sind in Brandenburg -bis auf das letzte Jahr vor der Einschulung- NICHT kostenlos sowie in Berlin.
    Ich gebe Ihnen grundsätzlich Recht, dass gute Betreuung, die Verpflegung, die Küchkraft, aber auch die Austattung in der Kita ohne eine gute und ausreichende Finanzierung nicht zu stemmen sind.
    Die Realität ist aber leider eine andere: Unser Krippenplatz kostete uns monatlich über 300,00 EUR, aktuell der Kitaplatz 274,00 EUR monatlich, zusätzlich 45,00 EUR Essengeld.
    Es ist teuer, aber wir sind bereit dies zu bezahlen, um unsere Tochter gut betreut zu haben.
    In der Realität fallen aber dauerhaft Erzieher:innen aus, es kommt selten vor, dass beide Erzieherinnen in unserer Gruppe anwesend sind. Zu oft werden wir gefragt, ob wir unsere Kinder nicht verkürzt bringen o ganz zu Hause betreuen können. Und das nicht nur 1 oder 2 Mal, es passiert regelmäßig.
    Das ganze System hinkt, nur Eltern die nach Beitragsfreiheit rufen, sind nicht ursächlich für die Probleme in Kitas.

  2. 3.

    Bei allem Verständnis für die Eltern frage ich mich dennoch, wie man mehr Qualität verlangen kann für etwas, für das man nichts bezahlen will. Ist es nicht vielleicht ein Problem, dass Kita kostenlos ist?

  3. 2.

    Eigenartig dafür ist kein Geld da man setzt andere Prioritäten .
    Milliarden für Rüstung ,Ukraine, Asylanten und verschenken von Geld in die ganze Welt.
    In Afghanistan wurden Milliarden verbrannt für was in Mali sieht es nicht besser aus was wollen wir da?
    Wüstensand kaufen.
    Gerade für Kitas und Schulen sollte reichlich Geld vorhanden sein Bildung ist wichtiger den je.

  4. 1.

    Neuer Minister: Noch mehr Bürokratie? Durch noch mehr Zuarbeit? Noch mehr Daten? (Sachbearbeiter in der Verwaltung haben einen hohen Info.bedarf und wollen aufs "Knöpfchen" drücken, aber keine Daten erfassen...)

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