Folgen des Öl-Embargos gegen Russland - Bauindustrie rechnet mit steigenden Kosten für den Straßenbau
Wegen des Importstopps fließt seit Jahresbeginn kein russisches Öl mehr nach Deutschland. Seitdem wird in der PCK Raffinerie kein Bitumen mehr hergstellt. Die Straßenbaubranche erwartet längere Transportwege und steigende Kosten.
Die Bauindustrie in Ostdeutschland befürchtet steigende Kosten beim Straßenbau wegen des Bezugsstopps von russischem Öl aus der Druschba-Pipeline. Hintergrund ist, dass die Raffinerie PCK in Schwedt nach Angaben von Mitgesellschafter Rosneft Deutschland derzeit das Mineralölprodukt Bitumen nicht mehr herstellt.
"Wenn die PCK-Raffinerie nicht mehr arbeiten kann, kommt es definitiv zu einer Verknappung von Bitumen am Markt", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Ost, Robert Momberg, der Deutschen Presse-Agentur. "Das bedeutet zwangsläufig eine weitere Verteuerung der Baumaterialien und damit des Straßenbaus."
Bitumen für Straßenbau elementar
Bitumen - ein schwarzes, zähes Material auf Kohlenwasserstoffbasis - entsteht bei der Destillation von Erdöl und ist für die Herstellung von Straßenbelag "elementar wichtig", betonte Momberg vom Bauverband.
Nur etwa 100 der rund 1.500 weltweit vorkommenden Rohölsorten eignen sich für die Bitumen-Gewinnung, sagte Marco Bokies vom Deutschen Asphaltverband dem rbb: "Das liegt daran, dass es unterschiedich schwere Öle gibt. Wenn ich besonders schweres Öl hab und das ist eben bei dem Ural-Öl der Fall, dann ist das auch besser geeignet für die Bitumen-Herstellung, sodass ich dann ein sehr reines und gutes Produkt bekomme."
Das alternativ gelieferte Öl der PCK in Schwedt eignet sich laut Rosneft nicht für die Bitumen-Herstellung. Das Rohöl in der dafür notwendigen Qualität könne nicht per Schiff transportiert werden, erklärte Johannes Bremer, Geschäftsführer von Rosneft Deutschland, Anfang März.
Laut der Bauindustrie Ost decken Schwedt und die Raffinerie in Leuna fast den gesamten Bedarf an Ölprodukten wie Diesel, Benzin und Kerosin in Ostdeutschland. Für die Bauwirtschaft ergebe sich dadurch eine hohe Abhängigkeit, denn im Straßenbau werde überwiegend Asphalt verwendet.
Baubranche sieht Logistikproblem bei Bitumen-Beschaffung
Firmen wie die Hanse Asphaltmischwerke im uckermärkischen Gramzow müssen daher nun auf andere Raffinerien zurückgreifen, erklärte der kaufmännische Leiter, Heiko Kaufmann: "Momentan beziehen wir das Bitumen aus Tschechien - und es geht auch aus Danzig, Hamburg, Brunsbüttel und Heide."
Einen Mangel an Bitumen sieht Kaufmann derzeit aber nicht: "Wir haben kein Kapazitätsproblem, wir haben ein Logistikproblem. Von Schwedt bis Berlin sind es 100 Kilometer und von Litvínov bis Berlin sind es 300 Kilometer. Um dieselbe Menge Bitumen ranzufahren, brauchen Sie dann die drei-, vierfachen Transportkapazitäten und die sind auf dem Markt nicht vorhanden."
Längere Transportwege verursachen höhere Kosten
Mehr Kilometer bedeuten auch höhrere Kosten. Die Kosten in der Baubranche steigen ohnehin schon seit Jahren, sagt Sebastian Michalczyszyn, Geschäftsführer der Schwedter Tief- und Straßenbau GmbH, dem rbb. Zunächst habe die Corona-Pandemie die Baupreise in die Höhe getrieben. Im vergangenen Jahr habe sich die Situation mit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine und der Inflation nochmal verschärft.
Bauunternehmen sind daher gezwungen mit deutlich höheren Preisen zu kalkulieren, sagt Asphaltverbands-Chef Marco Bokies: "Dann kann ich eben vielleicht auch nicht mehr so anbieten, wie sich die Verwaltung das vorstellt in den ganzen Vergaben und Ausschreibungen."
Die steigenden Baupreise bereiten auch Michalczyszyn große Sorgen. Die Baufirma bezieht ihre Aufträge überwiegend von öffentlichen Auftraggebern: "Wir müssen einerseits unserer Preise anpassen, aber wir müssen auch immer die billigste Firma sein, um einen Auftrag zu kriegen. Da muss man Lösungen finden. Ein anderer Aspekt ist, dass fast jede Baufirma nach Leuten sucht und deshalb müssen wir denen auch mehr bezahlen."
Bundesregierung gefordert
Angesicht der zu erwartenden steigenden Kosten sieht der Bauindustrieverband Ost die Bundesregierung in der Pflicht zu handeln: "Die Politik setzt die Regeln und muss die Versorgungssicherheit gewährleisten, so dass die Preise stabil bleiben können", forderte der Hauptgeschäftsführer.
Auch der Geschäfsführer des Deutschen Apshaltverbands, Marco Bokies, sieht noch nicht alle Möglichkeiten von Seiten der Auftraggeber ausgeschöpft: "Asphalt ist ist durch seine thermoplastischen Eigenschaften fast vollständig wiederverwendbar. Das heißt, wenn ich irgendwelche Materialien habe, die ich bei Baustellen aus dem Asphalt hole, dann habe ich auch die Möglichkeit, die wieder einzubauen."
Öl-Embargo gegen Russland seit Januar
Seit Januar fließt nach einer Entscheidung der Bundesregierung wegen des Ukraine-Kriegs kein russisches Öl mehr über die Pipeline Druschba nach Deutschland. Das betrifft die Raffinerien in Schwedt (Brandenburg) und Leuna (Sachsen-Anhalt). Das Öl kommt alternativ über die Häfen Rostock und Danzig sowie aus Kasachstan.
Die Bundesregierung hatte zwei Töchter des russischen Ölkonzerns Rosneft, die die Mehrheit an PCK halten, unter staatliche Kontrolle gestellt - darunter Rosneft Deutschland. Rosneft hatte dagegen geklagt. Am Dienstag entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, dass die Anordnung des Bundeswirtschaftsministeriums rechtmäßig war.
Sendung: Antenne Brandenburg, 16.03.2023, 16:40 Uhr
Mit Material von Felicitas Montag und Riccardo Wittig