Hohe Strompreise -
Die Berliner Stadtwerke verlieren Kunden. Das geht aus einer bislang unveröffentlichten Anfrage der Linken hervor, die dem rbb vorliegt. Demnach zählten die Stadtwerke im vergangenen Jahr noch etwas mehr als 35.000 Kundenverträge, im August dieses Jahres waren es nur noch rund 32.300.
Damit trübt sich das Bild für die zuletzt erfolgreichen Berliner Stadtwerke etwas ein. Grund für den Kundenschwund könnten die hohen Strompreise sein: Der Strompreis für Neukunden lag zuletzt bei rund 36 ct/kWh und damit deutlich über den Ökostrom-Tarifen der größeren Konkurrenten am Berliner Markt. Nur der Grundversorgungstarif von Vattenfall lag höher. Der Preis für Bestandskunden der Stadtwerke liegt nochmal deutlich über dem für Neukunden.
Hohe Übergewinne wegen Energiekrise
Gleichzeitig haben die Stadtwerke laut Auskunft der Senatsverwaltung für Wirtschaft aber auch hohe Übergewinne im Zuge der Energiekrise eingenommen. Demnach summierten sich die zusätzlichen Gewinne oberhalb der festen Vergütung laut Erneuerbare-Energien-Gesetz bei der Windenenergie zwischen 2021 und 2023 auf insgesamt 7,9 Millionen Euro. Die zwischenzeitlich eingeführte Übergewinnsteuer zahlten die Stadtwerke allerdings nur im Dezember 2022, sie betrug knapp 170.000 Euro. In den Folgemonaten sanken die Strompreise wieder, die Erlösobergrenze wurde nicht mehr überschritten.
"Das zeigt wie zahnlos die Abschöpfung der Extragewinne der Energiekonzerne durch die Bundesregierung war", kritisiert der Sprecher für Beteiligungscontrolling der Linken, Sebastian Schlüsselburg. Selbst nach Abzug der gezahlten Bonusausschüttung für Bestandskunden und der Übergewinnsteuer hätten die Stadtwerke aktuell noch sechseinhalb Millionen Euro von den zusätzlichen Gewinnen durch die Energiekrise übrig. "Daher fordern wir den Senat auf, zu prüfen, ob Anfang 2024 eine weitere Entlastung der Bestandskund:innen strompreisbremsenkonform und ohne die Investitionsfähigkeit des Stadtwerks zu beeinträchtigen, erfolgen kann."
Übergewinne in Höhe von 18 Milliarden Euro
Die Strompreisbremse war im Zuge der Energiekrise eingeführt worden: Weil durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine die Gaspreise stark stiegen, konnten auch die Betreiber von Kohle-Kraftwerken, Atomkraftwerken oder Erneuerbare-Energien-Anlagen ihren Strom zu deutlich höheren Preisen verkaufen. Dieses sogenannte "Merit-Order-Prinzip" führte zu teils enormen Zufallsgewinnen. Allein bei den Erneuerbaren Energien rechnete das Bundeswirtschaftsministerium mit Übergewinnen in Höhe von 18 Milliarden Euro.
Um Verbraucher zu entlasten, hatte die Europäische Union eine Notfallverordnung eingeführt, wonach Übergewinne der Energieerzeuger abgeführt werden müssen. In Deutschland wurde die Abschöpfung jedoch erst zum Dezember 2022 umgesetzt und galt bis Juni 2023. Die Einnahmen für den Bund blieben mit etwas mehr als 400 Millionen Euro allerdings deutlich hinter den Erwartungen zurück: Von den durch Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigten Milliardeneinnahmen ist man weit entfernt.
Sendung: rbb24 Inforadio, 10.10.2023, 07:35 Uhr