Starkregen und Dürre - "Blockadewetter" stellt Brandenburger Bauern vor neue Probleme

Mi 26.06.24 | 07:44 Uhr
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Symbolbild: Vertrocknete Maispflanzen stehen auf einem Feld in der Sonne. (Quelle: dpa/Soeren Stache)
Bild: dpa/Soeren Stache

Wenn der Jetstream aus dem Takt gerät, gibt es sehr viel Regen - und dann wieder lange nichts. "Blockadewetter" nennt sich das. Unter dem Strich bleiben die Äcker in Brandenburg auch so viel zu trocken. Die Bauern ringen um Strategien. Von Andreas Heins

  • Grundsätzlich sind Brandenburgs Böden zu trocken
  • Etwas Linderung brachten die starken Regenfälle des Winters
  • Trotzdem bangen Landwirte um ihre Ernte und suchen nach Strategien
  • Grund ist u.a. die Blockadewetterlage, die keine berechenbare Prognose zulässt

Brandenburg ist trocken. Das war schon immer so, zumindest, seit es regelmäßige Messungen gibt. Aber: Brandenburg wird immer trockener. Das zeigen die Messungen des Grundwassers seit etwa 1900. Seit den 1970er Jahren sinken die Grundwasserspiegel kontinuierlich. Die Dürrejahre von 2018 bis 2022 führten zu Rekordtiefstständen im Grundwasser, Fließgewässer trockneten aus und Seen verzeichneten neue Negativrekorde bei den Pegelständen.

Winter und Herbst 2023 brachten zwar viele Niederschläge, und besonders in den Niederungen von Nuthe und Havel, wo der Grundwasserstand mit den Pegeln der Flüsse korreliert, hat er wieder den Zustand vor der Dürre erreicht. Aber in den höher gelegenen Gebieten wie Fläming, Barnim, Prignitz oder auf dem Teltow hat er sich noch nicht wieder normalisiert.

Fest steht: Der vergleichsweise starke Regen im Winter war wichtig. Hydrologe Fred Hattermann vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung erwartet daher in diesem Jahr keine größeren Probleme für die Landwirtschaft. "Als die Pflanzen austrieben, war der Boden noch mit Wasser gesättigt, wir sind dieses Jahr wahrscheinlich noch mit einem blauen Auge davongekommen. Aber auch wenn der Niederschlag jetzt wieder so fällt wie früher, werden wir langfristig weniger Wasser haben."

Trockener Boden lässt Wasser zu schnell abfließen

Vor allem die steigenden Temperaturen sind die treibende Kraft der sinkenden Grundwasserstände. Warme Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen und abtransportieren. Längere Trockenperioden wechseln sich dann mit starken Gewittern im Frühjahr und Sommer ab. "Das sehen wir vor allem in Ostdeutschland", sagt Hattermann. "Diese intensiven Niederschläge gelangen oft nicht in den Boden. Der ist so ausgetrocknet, dass das Wasser zu schnell abfließt. Das führt zu Problemen in der Landwirtschaft, zu Verschlammung, Erosion, Bodenverlusten und in der Konsequenz zu Ernteverlusten."

Auch die immer häufiger vorkommenden sogenannten Blockadewetter-Lagen tragen zu den langanhaltenden Trockenzeiten und intensiven Regenfällen bei, erklärt er. Der sogenannte Jetstream ist eine Starkwindzone, die sich in großer Höhe um den Nordpol schlängelt. Er treibt die Hoch- und Tiefdruckgebiete in ihrer Bewegung an. Angetrieben wird der Jetstream vom Temperaturunterscheid zwischen Äquator und Pol. Durch das Abschmelzen des Eises wird weniger Sonneneinstrahlung vom Eis reflektiert und die Temperaturunterschiede sinken. Der Motor ist quasi ins Stottern geraten, und die Hitze- oder Regengebiete bleiben lange Zeit in einer Region stehen.

Landwirtschaft muss auf die richtige Strategie setzen

"So schnell werden wir diese Phänomene nicht wieder los," sagt Hattermann. "Der Klimawandel wird sich nicht so einfach zurückdrehen lassen. Wir werden uns anpassen müssen." Besonders für die Landwirtschaft entstehen große Unsicherheiten. Landwirtinnen und Landwirte, die auf trockenresistente Feldfrüchte setzen, müssen in einem Regenjahr wieder um ihre Ernte fürchten. Für neue Anbaumethoden müssen oft neue Maschinen gekauft werden, die schnell den Preis eines Einfamilienhauses kosten.

Die Langzeitprognose des Deutschen Wetterdienstes für die nächsten zehn Jahre tendiert zwar in Richtung Trockenheit, aber auch nasse Regenjahre sind weiterhin möglich. Wer da auf die falsche Strategie setzt, gerät schnell in Schwierigkeiten. Ideen, um den Auswirkungen der Trockenheit zu begegnen, gibt es einige. Beispielsweise Entsalzungsanlagen und eine Pipeline von der Ostsee. Das würde allerdings für Bau und Betrieb große Mengen an Energie verschlingen.

Auch das Verbringen von geklärtem Abwasser auf Ackerflächen sieht Hattermann eher kritisch. Zwar wären das signifikante Wassermengen, aber nur wenige Kläranlagen sind mit Klärstufen ausgerüstet, die Medikamente und andere wichtige Schadstoffe aus dem Abwasser entfernen. Dort, wo viele Abwässer anfallen, wie in Großstädten, gibt es kaum Anbauflächen. Und dort, wo das Wasser gebraucht wird, wenig Besiedelung. In Berlin hat die Havel schon Probleme mit dem Wasserstand, und das Wasser aus den Kläranlagen würde fehlen.

Kommt die Elbe ins Spiel?

Eine Überleitung von Wasser aus der Elbe hält der Hydrologe schon für realistischer. Die Elbe hat zwar im Sommer auch schon niedrige Wasserstände, führt aber im Winter noch genug Wasser. In dieser Jahreszeit kann der Boden auch mehr Wasser aufnehmen. Man könnte das Wasser von der Elbe zur oberen Spree pumpen und beispielsweise die Spremberger Seenkette als Speicher nutzen. Auch der Spreewald würde profitieren und das Auffüllen der Tagebaulöcher würde unterstützt.

"Auch wenn wir wieder ein paar feuchte Jahre haben, sollte man darüber nachdenken", sagt Hattermann. "Das ist ein langfristiges Projekt, und es ist immer gut, auch für Notfälle gerüstet zu sein. Auch die Brandenburger Klimaanpassungsstrategie ist da schon sehr integrativ gedacht. Sie umfasst einen Katalog von etwa 200 Maßnahmen. Es wäre ein Schritt in die richtige Richtung, wenn diese umgesetzt würden."

31 Kommentare

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  1. 31.

    Also am besten wir geben die Landwirtschaft auf, bebauen die Felder mit Solaranlagen und Windmühlen und das Einkommen ist gesichert.
    Die Lebensmittel werden schon irgendwo herkommen.

  2. 30.

    Per Knopfdruck? Wir haben längst Kipppunkte in dem nichtlinearen System erreicht und damit einen neuen Attraktor initiiert. Das heißt der eingeschwungene Zustand, wenn wir überhaupt aufhören das Klima weiter zu ändern, wird nie wieder der unserer Kindheit sein.
    Also müssen wir uns bereits jetzt an die neuen Zustände so gut wie möglich anpassen.
    Alles andere wäre für uns bereits jetzt der freier Fall.

  3. 29.

    Also hier wäre eine trockene Phase gar nicht verkehrt, damit Raps und Gerste geerntet werden können. Ansonsten hat es selbst in unserer sandigen Ecke so viel geregnet, daß ich im Garten außer zum Angießen noch kein Wasser gebraucht habe. Manchmal scheint es, als ob die Kommentare nicht von hier sind .

  4. 28.

    Selbstverständlich ließe sich der Klimawandel aufhalten, wenn endlich alle begreifen würden, dass wir mit "weiter so wie bisher" ihn nur noch mehr befördern. Wir sind schuld an der Ursache, also liegt es an uns, gegenzusteuern!

  5. 27.

    Real ist, dass wir in jedem Fall einen soliden Stand an Höfen benötigen. Solange der globalisierte Handel läuft, ist gut schimpfen.
    Wenn die Wirtschaft, die Seewege oder was auch immer brechen, wird geheult.
    Daher, und Klimawandel ist real, müssen wir schauen, wie wir einen gesunden Schnitt diverser Hofgrößen erhalten können.
    Zum Klimawandel kommen noch Bodenerosion und Bodenspekulation. Wollen wir vielfältige Ressourcen in der Landwirtschaft erhalten, müssen wir den Landwirten entgegenkommen was aber durchaus mit Forderungen einhergehen darf.

  6. 26.

    Danke. Vor allem Agroforst, also Bäume und Hecken an Feldrändern und Blühstreifen!!!! So schwer isses nicht und die kriegen auch noch Geld dafür!

  7. 25.

    Da die Einkommen der Landwirtschaft, zu nicht unerheblichen Teilen aus staatlichen Töpfen stammt, gehört ein gewisser Jammerpegel dazu. Regnet es, ist es zu nass und regnet es nicht, vertrocknet alles. Selbstverständlich Schuld ist der Klimawandel. Naja und so sorgt man für die Bereitschaft, das der Geldregen aus Brüssel, Bund und Land weiter tropft....

  8. 24.

    Da bin ich bei Ihnen.
    Ich wäre ja auch für „mal brach liegen lassen“ statt permanent Hochleistungsacker.

  9. 23.

    Wenn man als Politiker in Brandenburg nur das Wort "Klimaschutz" in den Mund nimmt, wird man vom Volk ohne Ende abgestraft. Denn in Brandenburg können die Wähler ja den Klimawandel offenbar abwählen: Nämlich mit der AfD (Sarkasmus)

  10. 22.

    Die Bauern fordern billigen Diesel. Der Diesel als fossiler Brennstoff befördert aber den Klimawandel. Die Bauern fordern also insgesamt: "Wasch' mich, aber mach' mich nicht nass!"

  11. 21.

    Wenn ich das hier so lese, frage ich mich, wie die Menschheit nur bisher überleben konnte …
    Diesen jammernden unfähigen Landwirten würde ich sämtliche Subventionen streichen.

  12. 20.

    @Sachse,@Romulus.
    Sie haben völlig Recht. Futtergetreide für die Mast, Pflanzen für die Produktion von Treibstoff - ein Wahnsinn. Und die Politik subventioniert genau diesen ökologischen Unsinn. (Mit einem grünen Agrarminister)(!)

  13. 19.

    "Wir müssen weg vom Anbau von Futtermitteln " Dann müssen wir auch weg vom Anbau von Energiepflanzen wenn der Boden dazu fehlt. 2020 wurden 2 ,34 Mill. Hektar Ackerfläche das sind immerhin 20 % für den Aufbau dieser Pflanzen genutzt um Biosprit/Diesel zB herzustellen.

  14. 18.

    Achtung. Es ist wieder ein Nickdieb unterwegs...
    Niemals würde ich sooo persönlich werden!

  15. 16.

    Unwissenheit tragen Sie vor sich her und sind such noch stolz darauf? Das die ökologische Landwirtschaft die Zukunft ist belegen die Zahlen. Die rückwärtsgewande Landwirtschaft ala Pestizide, Clyphosat und Monokulturen gür Massentierhaltung, wird immer unbedeutender. Und Ihr Vorbild China investiert in ökologische Landwirtschaft im großen Stil. Aber aus lauter Kleingeistigkeit und Bequemlichkeit wird es, wie in Ihrem Fall, nichts!

  16. 15.

    Es scheint mir, daß Sie das Wesen ökologischer Wirtschaft insgesamt noch nicht erfasst haben. Jeder Schritt ist der Beginn eines langen Weges. Man braucht halt Geduld.

  17. 14.

    Man könnte auch als Schluß aus Ihren Ausführungen die Pflanzenproduktion in der Landwirtschaft intensivieren und neue Flächen urbar machen. Ihr Schluß ist nicht der einzig mögliche und nicht zwingend.

  18. 13.

    "Brandenburg wird immer trockener. Das zeigen die Messungen des Grundwassers seit etwa 1900. Seit den 1970er Jahren sinken die Grundwasserspiegel kontinuierlich." Der Schluß über den Grundwasserspeigel stimmt nur, wenn die Grundwasserabsekung durch zu wenig Niederschlag erfolgte und nicht durch erhöhte Entnahme oder gewollte Grundwasserabsenkung (Drainagen, Bergbaugebiete etc). Der mittlere Jahresniederschlag nimmt auch in Brandenburg lt. DWD Zeitreihe kontinuierlich seit Beginn der Aufzeichnungen zu.

  19. 12.

    Was machen sie als Landwirt, wenn ihre besonders an die Trockenheit angepassten Weizensorten auf einem klatschnassen Acker stehen und alle Pflege- und Steuerchemikalien bereits auf dem selbigen Acker ausgebracht worden sind?
    Wer wird ihnen derartige Situationen versichern? Ich denke, das wird schwer bezahlbar sein.
    Wir werden wohl ob der schwer berechenbaren Gesamtwetterlagen immer mehr anbauen müssen als wir benötigen. Einen Teil der Aussaat werden wir verlieren.
    Dafür fehlen uns die Böden. Also müssen wir weg von Futtermittelanbau (Mast und Zucht) und hin zu wesentlich weniger Fleischkonsum und Export. Da lassen sich bis zu 30 % mehr Äcker für die vegetarische Ernährung freimachen.
    Ein Großteil der Äcker dient der Tiermast.

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