Starkregen und Dürre - "Blockadewetter" stellt Brandenburger Bauern vor neue Probleme
Wenn der Jetstream aus dem Takt gerät, gibt es sehr viel Regen - und dann wieder lange nichts. "Blockadewetter" nennt sich das. Unter dem Strich bleiben die Äcker in Brandenburg auch so viel zu trocken. Die Bauern ringen um Strategien. Von Andreas Heins
- Grundsätzlich sind Brandenburgs Böden zu trocken
- Etwas Linderung brachten die starken Regenfälle des Winters
- Trotzdem bangen Landwirte um ihre Ernte und suchen nach Strategien
- Grund ist u.a. die Blockadewetterlage, die keine berechenbare Prognose zulässt
Brandenburg ist trocken. Das war schon immer so, zumindest, seit es regelmäßige Messungen gibt. Aber: Brandenburg wird immer trockener. Das zeigen die Messungen des Grundwassers seit etwa 1900. Seit den 1970er Jahren sinken die Grundwasserspiegel kontinuierlich. Die Dürrejahre von 2018 bis 2022 führten zu Rekordtiefstständen im Grundwasser, Fließgewässer trockneten aus und Seen verzeichneten neue Negativrekorde bei den Pegelständen.
Winter und Herbst 2023 brachten zwar viele Niederschläge, und besonders in den Niederungen von Nuthe und Havel, wo der Grundwasserstand mit den Pegeln der Flüsse korreliert, hat er wieder den Zustand vor der Dürre erreicht. Aber in den höher gelegenen Gebieten wie Fläming, Barnim, Prignitz oder auf dem Teltow hat er sich noch nicht wieder normalisiert.
Fest steht: Der vergleichsweise starke Regen im Winter war wichtig. Hydrologe Fred Hattermann vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung erwartet daher in diesem Jahr keine größeren Probleme für die Landwirtschaft. "Als die Pflanzen austrieben, war der Boden noch mit Wasser gesättigt, wir sind dieses Jahr wahrscheinlich noch mit einem blauen Auge davongekommen. Aber auch wenn der Niederschlag jetzt wieder so fällt wie früher, werden wir langfristig weniger Wasser haben."
Trockener Boden lässt Wasser zu schnell abfließen
Vor allem die steigenden Temperaturen sind die treibende Kraft der sinkenden Grundwasserstände. Warme Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen und abtransportieren. Längere Trockenperioden wechseln sich dann mit starken Gewittern im Frühjahr und Sommer ab. "Das sehen wir vor allem in Ostdeutschland", sagt Hattermann. "Diese intensiven Niederschläge gelangen oft nicht in den Boden. Der ist so ausgetrocknet, dass das Wasser zu schnell abfließt. Das führt zu Problemen in der Landwirtschaft, zu Verschlammung, Erosion, Bodenverlusten und in der Konsequenz zu Ernteverlusten."
Auch die immer häufiger vorkommenden sogenannten Blockadewetter-Lagen tragen zu den langanhaltenden Trockenzeiten und intensiven Regenfällen bei, erklärt er. Der sogenannte Jetstream ist eine Starkwindzone, die sich in großer Höhe um den Nordpol schlängelt. Er treibt die Hoch- und Tiefdruckgebiete in ihrer Bewegung an. Angetrieben wird der Jetstream vom Temperaturunterscheid zwischen Äquator und Pol. Durch das Abschmelzen des Eises wird weniger Sonneneinstrahlung vom Eis reflektiert und die Temperaturunterschiede sinken. Der Motor ist quasi ins Stottern geraten, und die Hitze- oder Regengebiete bleiben lange Zeit in einer Region stehen.
Landwirtschaft muss auf die richtige Strategie setzen
"So schnell werden wir diese Phänomene nicht wieder los," sagt Hattermann. "Der Klimawandel wird sich nicht so einfach zurückdrehen lassen. Wir werden uns anpassen müssen." Besonders für die Landwirtschaft entstehen große Unsicherheiten. Landwirtinnen und Landwirte, die auf trockenresistente Feldfrüchte setzen, müssen in einem Regenjahr wieder um ihre Ernte fürchten. Für neue Anbaumethoden müssen oft neue Maschinen gekauft werden, die schnell den Preis eines Einfamilienhauses kosten.
Die Langzeitprognose des Deutschen Wetterdienstes für die nächsten zehn Jahre tendiert zwar in Richtung Trockenheit, aber auch nasse Regenjahre sind weiterhin möglich. Wer da auf die falsche Strategie setzt, gerät schnell in Schwierigkeiten. Ideen, um den Auswirkungen der Trockenheit zu begegnen, gibt es einige. Beispielsweise Entsalzungsanlagen und eine Pipeline von der Ostsee. Das würde allerdings für Bau und Betrieb große Mengen an Energie verschlingen.
Auch das Verbringen von geklärtem Abwasser auf Ackerflächen sieht Hattermann eher kritisch. Zwar wären das signifikante Wassermengen, aber nur wenige Kläranlagen sind mit Klärstufen ausgerüstet, die Medikamente und andere wichtige Schadstoffe aus dem Abwasser entfernen. Dort, wo viele Abwässer anfallen, wie in Großstädten, gibt es kaum Anbauflächen. Und dort, wo das Wasser gebraucht wird, wenig Besiedelung. In Berlin hat die Havel schon Probleme mit dem Wasserstand, und das Wasser aus den Kläranlagen würde fehlen.
Kommt die Elbe ins Spiel?
Eine Überleitung von Wasser aus der Elbe hält der Hydrologe schon für realistischer. Die Elbe hat zwar im Sommer auch schon niedrige Wasserstände, führt aber im Winter noch genug Wasser. In dieser Jahreszeit kann der Boden auch mehr Wasser aufnehmen. Man könnte das Wasser von der Elbe zur oberen Spree pumpen und beispielsweise die Spremberger Seenkette als Speicher nutzen. Auch der Spreewald würde profitieren und das Auffüllen der Tagebaulöcher würde unterstützt.
"Auch wenn wir wieder ein paar feuchte Jahre haben, sollte man darüber nachdenken", sagt Hattermann. "Das ist ein langfristiges Projekt, und es ist immer gut, auch für Notfälle gerüstet zu sein. Auch die Brandenburger Klimaanpassungsstrategie ist da schon sehr integrativ gedacht. Sie umfasst einen Katalog von etwa 200 Maßnahmen. Es wäre ein Schritt in die richtige Richtung, wenn diese umgesetzt würden."