Tarifkonflikt - Verdi ruft für Montag zu ganztägigem Warnstreik bei BVG auf

Verdi macht ernst im Tarifstreit mit der BVG: Die Gewerkschaft kündigt für Montag einen ganztägigen Warnstreik an, mit massiven Auswirkungen. "Unverhältnismäßig", sagt die BVG.
- Mitarbeiter:innen der BVG am Montag zum Warnstreik aufgerufen
- Ausfälle bei Trans und U-Bahnen erwartet - einige Busse fahren aber
- Nächste Gesprächsrunde im Tarifkonflikt für 31. Januar geplant
Fahrgäste der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) müssen sich kommenden Montag auf erhebliche Einschränkungen im Berliner Nahverkehr einstellen. Die Gewerkschaft Verdi hat im Tarifkonflikt mit dem Unternehmen für diesen Tag zum ganztägigen Warnstreik aufgerufen, wie sie am Mittwoch mitteilte. Busse, Straßen- und U-Bahnen in der Hauptstadt dürften dann weitgehend still stehen.
Der Streik solle erst am Dienstag, 28. Januar, um 3 Uhr wieder beendet sein, heißt es auf der Webseite der BVG. Auch nach Ende des Streiks könne der Verkehr noch einige Stunden unregelmäßig sein.
Die BVG wies darauf hin, dass bestimmte Buslinien nicht vom Warnstreik betroffen sind. Das liegt laut BVG daran, dass einige Linien von Subunternehmen bedient werden, für die die Tarifverhandlungen nicht gelten.
Folgende Buslinien fahren: 106, 114, 118, 133, 161, 168, 175, 179, 204, 218, 234, 275, 316, 318, 320, 326, 334, 349, 358, 363, 380, N12, N23, N35, N39, N53, N61, N69, N84, N91, N95, N97
Mit eingeschränktem Angebot sind die Buslinien M36, 112, 124, 184, 744, 893 und N68 unterwegs.
Zudem wies BVG-Sprecher Markus Falkner daraufhin, dass die Fähren der Linien F10, F11, F12 fahren.
Der BVG-on-Demand-Service Muva und die Sharing-Fahrzeuge des Jelbi-Verbundes stehen während des Streiks ebenfalls zur Verfügung.
Infos zu den Linien, die weiter in Betrieb sein werden, stellt die BVG auch ins Netz unter www.bvg.de/de/streik.
Der Aufruf zum Warnstreik betrifft auch nicht die S-Bahn Berlin und den Regionalverkehr.
Insgesamt dürfte der Warnstreik zu einem erhöhtem Verkehrsaufkommen auf Straßen, Rad- und Fußwegen führen. Die Berliner Verkehrsinformationszentrale (VIZ) rät daher, sich vor Autofahrten über die aktuelle Verkehrslage zu informieren und deutlich mehr Zeit einzuplanen.
Vor allem auf den Berliner Stadtautobahnen ist in den Hauptverkehrszeiten mit deutlichen längeren Fahrzeiten zu rechnen. Insbesondere im Bereich Dreieck Charlottenburg und Dreieck Neukölln sowie an der Baustelle auf der A115 im Bereich Kreuz Zehlendorf ist laut VIZ mit erheblichen Rückstau zu rechnen. Auch auf den zuführenden Bundesstraßen wie z. B. B1, B2, B5, B96, B96a und B158 sollten Autofahrer:innen deutlich mehr Zeit einplanen.
Folgende Streckenabschnitt besonders frequentiert
Im Berliner Stadtgebiet wird an den ohnehin schon hoch belasteten Streckenabschnitten mit nochmals deutlich längeren Fahrzeiten gerechnet - betroffen hiervon sind insbesondere folgende Bereiche:
- Adlershof und Altglienicke: im Bereich Köpenicker Straße und Ernst-Ruska-Ufer
- Friedrichshain: an der Baustelle Petersburger Straße und Elsenbrücke sowie rund um das Ostkreuz
- Gesundbrunnen: im Bereich Osloer Straße und Wollankstraße
- Haselhorst: auf der Straße Am Juliusturm und der Baustelle am Ferdinand-Friedensburg-Platz
- Lichterfelde: im Bereich Hindenburgdamm, Ostpreußendamm und Königsberger Straße
- Marzahn: an der Baustelle Landsberger Allee in Höhe B158 sowie im Bereich der Landsberger Chaussee
- Mitte: rund um den Alexanderplatz und die Baustelle Mühlendammbrücke
- Neukölln: im Bereich Karl-Marx-Straße, Hermannstraße und Grenzallee
- Prenzlauer Berg: an der Baustelle Greifswalder Straße und im Bereich Prenzlauer Promenade
- Wedding: an der Baustelle auf der Seestraße und im Bereich Müllerstraße
- Westend: an der Baustelle Heerstraße sowie im Bereich Theodor-Heuss-Platz und Messe
Infos zum Verkehrsaufkommen und -einschränkungen stellt die Verkehrsinformationszentrae auch ins Netz unter viz.berlin.de.
BVG: Keine Entschädigung für Fahrgäste
Die BVG wies darauf hin, dass an die Fahrgäste des Unternehmens keine Entschädigung gezahlt wird oder ein Nachlass gegeben werde. BVG-Sprecher Markus Falkner erklärte auf rbb-Nachfrage, dass die BVG zwar kein Eisenbahnverkehrsunternehmen sei. Streik werde aber auch hier wie "höhere Gewalt" eingestuft, denn die BVG streike selbst nicht, sondern sie werde bestreikt.
Die BVG und die Gewerkschaft Verdi hatten vergangene Woche Mittwoch erstmals in der laufenden Tarifrunde miteinander verhandelt.
Verdi: BVG-Vorstand zögert die Sache hinaus
Mit dem Warnstreik reagiere man "auf die Verzögerungsstrategien" des BVG-Vorstands in den Verhandlungen, teilte Verdi mit. Obwohl man bereits im vergangenen Oktober über die Forderungen informiert habe, habe die Arbeitgeberseite in der ersten Verhandlungsrunde kein Angebot vorgelegt. "Auch wurde in den Verhandlungen deutlich, dass die Einschätzungen zu dem bestehenden Aufholbedarf bei den Löhnen zwischen Verdi und dem BVG-Vorstand weit auseinanderliegen."
BVG: "unnötige Eskalation"
Die BVG bezeichnete den geplanten Warnstreik als "unverhältnismäßig". "Die unnötige Eskalation noch vor der ersten richtigen Verhandlungsrunde widerspricht dem Wunsch aller Seiten nach konstruktiven und guten Lösungen am Verhandlungstisch – für die Mitarbeitenden, das Unternehmen und die Berliner Fahrgäste", teilte die BVG mit.
Das Unternehmen sprach von einer "konstruktiven Auftaktrunde" der Tarifverhandlungen. Die BVG habe für die anstehende Verhandlungsrunde am 31. Januar ein Angebot angekündigt.
Verdi will höhere Löhne und Zulagen
Die Gewerkschaft fordert monatlich 750 Euro mehr pro Monat. Zudem will sie ein 13. Monatsgehalt, eine Fahrdienst- beziehungsweise Wechselschichtzulage in Höhe von 300 Euro sowie eine Schichtzulage von 200 Euro durchsetzen. Die Forderungen belaufen sich nach Verdi-Angaben auf 250 Millionen Euro jährlich. 2023 lagen die Personalkosten bei der BVG laut Geschäftsbericht bei rund 820 Millionen Euro. Berlin sei laut Verdi deutschlandweit mittlerweile Schlusslicht in Sachen Bezahlung.
BVG-Vorständin: "nicht finanzierbar"
BVG-Personalvorständin Jenny Zeller-Grothe hatte die Forderungen zuletzt als "nicht finanzierbar" zurückgewiesen. "Wenn man sich die Lage des Landes, aber auch der BVG anguckt: Da liegen wir weit auseinander", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Man werde sich aufeinander zubewegen müssen.
Die Vorständin räumte zugleich ein, dass man beim Thema Entgelt Nachholbedarf habe - "auch, weil in den letzten Runden der gemeinsame Fokus auf der Reduzierung der Arbeitszeit lag". Hier sei die BVG mit einer 37,5-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich Branchenführerin. Die letzte Entgeltrunde war noch vor Beginn des Ukraine-Kriegs und der hohen Inflation.
Verdi hatte 2024 zweimal bei der BVG zu Warnstreiks aufgerufen
Verdi hatte den öffentlichen Personennahverkehr in Berlin bereits im vergangenen Jahr zweimal weitgehend lahmgelegt. Damals verhandelte die Gewerkschaft mit der BVG für die rund 16.000 Beschäftigten des Nahverkehrsunternehmens nicht über eine Entgelterhöhung, sondern um die Arbeitsbedingungen. Arbeitgeber und Gewerkschaft einigten sich im April unter anderem auf mehr Wendezeit zwischen den Routen, Urlaubsgeld und zusätzliche Urlaubstage.
Fahrgastverband kritisiert Warnstreik
Der Berliner Fahrgastverband IGEB kritisiert den geplanten Warnstreik bei der BVG. Verbandssprecher Christian Linow sagte am Donnerstagmorgen im rbb24 Inforadio, zwar habe er Verständnis für die Anliegen der Gewerkschaft. Allerdings habe er sich mehr Augenmaß gewünscht, um die Fahrgäste weniger zu belasten. So hätte der Warnstreik auch zunächst nur für einige Stunden angesetzt werden können.
Sendung: rbb 88.8, 22.01.2025, 05:30 Uhr
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