Hilfe bei der Wohnungssuche - Wie Berliner Betriebe übers Wohnen an Fachkräfte kommen

Sa 15.02.25 | 17:28 Uhr | Von Anja Dobrodinsky
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Blick auf Hochhaeuser und Mehrfamilienwohnhaeusern im Berliner Stadtteil Neukoelln. (Quelle: dpa/Jochen Eckel)
Audio: rbb24 Inforadio | 11-02.2025 | Anja Dobrodinsky | Bild: dpa/Jochen Eckel

Um Fachkräfte anzulocken, helfen immer mehr Berliner Unternehmen bei der Wohnungssuche oder schaffen sogar eigenen Wohnraum für Beschäftigte. Ein Unternehmen hat Apartments in sein früheres Kantinengebäude gebaut. Von Anja Dobrodinsky

Wenn Berliner Betriebe das Glück haben, Auszubildende zu finden, heißt das nicht, dass alles im Lot ist. Kommen die Azubis nämlich aus der Ferne, brauchen sie Wohnungen in der Hauptstadt. Und die sind bekanntlich Mangelware. Laut einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) haben 42 Prozent der Berliner Ausbildungsbetriebe wegen fehlender Wohnungen Probleme, Lehrstellen zu besetzen.

Deshalb engagieren sich immer mehr Betriebe in Sachen Wohnraum für ihre Beschäftigten. Dass das Interesse an diesem Thema wächst, zeigte kürzlich eine Veranstaltung der IHK Berlin. Mehr als hundert Unternehmensvertreter:innen kamen zusammen, um sich über Vorbilder aus der Praxis zu informieren.

Wohnen auf dem Betriebsgelände

Als sogenanntes Best-Practice-Beispiel diente die Frisch und Faust Tiefbau GmbH. Das Unternehmen hat 200 Beschäftigte. 20 weitere könnte es noch gut gebrauchen. Der Firmensitz liegt auf einem großen Gelände in Pankow. Dort hat die Firma vor fünf Jahren ein altes Kantinengebäude entkernt, instand gesetzt und zwölf Apartments hineingebaut. Alle sind belegt, freut sich der kaufmännische Leiter der Firma, Dieter Mießen.

Die Wohnungen bestehen aus je einem kleinen Zimmer mit eigenem Bad. Außerdem gibt es eine Gemeinschaftsküche, einen Raum mit Waschmaschinen und Trocknern und ein Wohnzimmer mit Billardtisch, Fernseher und Fitnessgeräten. "Wir haben zahlreiche polnische Arbeitskräfte. Die sind die Woche über hier bei uns. Die schlafen hier und fahren dann erst Wochenende wieder nach Hause", erklärt Dieter Mießen. Auch zwei Azubis wohnen hier. Sie kommen aus Mecklenburg und lernen Baumaschinenmechatroniker und Rohrleitungsbauer. Sie werden wohl die gesamte Ausbildungszeit hier bleiben und können sich inzwischen in Ruhe nach einer anderen Wohnung umsehen. Ohne die Apartments, stellt Dieter Mießen fest, hätte die Firma zwölf Beschäftigte weniger. Allein deshalb lohnt der Aufwand. Miete zahlen müssen die Mitarbeiter nicht.

Finanzielle Hilfe des Staates

Frisch und Faust hat die Apartments auf eigene Kosten gebaut. Es gibt aber auch staatliche Förderprogramme von Bund und Ländern für den Wohnungsbau. Hier können Firmen Zuschüsse beantragen. Insgesamt stehen in diesem Jahr dafür vom Bund 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Da die Länder das Programm kofinanzieren, kommt erfahrungsgemäß noch einmal so viel Geld zusammen.

Allerdings gilt der Fördertopf für den gesamten Wohnungsbau in Deutschland, nicht nur für das Beschäftigtenwohnen. Und Geld bekommt nur, wer günstige Sozialwohnungen baut.

Unternehmen arbeiten mit Vermietern zusammen

Dass Betriebe eigene Wohnungen bauen, ist eigentlich ein alter Hut. Schon im 19. Jahrhundert errichteten große Firmen wie Siemens ganze Siedlungen für ihre Werksarbeiter. Später war das dann nicht mehr nötig, weil es genügend Wohnraum und keinen Fachkräftemangel gab. Das ist heute wieder anders.

Selbst Wohnungen zu bauen, das können sich jedoch die wenigsten Firmen leisten. Laut einer Studie des Bundesbauministeriums stellen fünf Prozent der deutschen Unternehmen ihren Beschäftigten Wohnraum zur Verfügung. Einige wenige bauen selbst, wie Frisch und Faust, andere kaufen Wohnungen und wieder andere mieten sie für ihre Beschäftigten.

Kooperation mit Wohnheim

Weitere 17 Prozent unterstützen auf andere Art bei der Wohnungssuche. So wie die Umzugsfirma Plischka: Sie hat 50 offene Stellen in Berlin und Brandenburg und kooperiert deshalb mit einer Sprachschule in Simbabwe. Von dort rekrutiert Plischka nun regelmäßig Auszubildende. Und die müssen irgendwo wohnen. "Da haben wir das Glück, dass wir eine Kooperation in Berlin mit einem Wohnheim geschlossen haben in der Suarezstraße", erklärt Tanja Schirmann. Sie arbeitet in der Geschäftsleitung bei Plischka. Im Wohnheim bekommen die Azubis ein Zimmer. Die Miete zahlt das Unternehmen. Auch wenn die Lehrlinge die Ausbildung abbrechen, dürfen sie weiter im Wohnheim wohnen bleiben. Gerade geht der erste Jahrgang afrikanischer Azubis auf die Prüfungen zu.

Zwei wollen danach in der Firma bleiben. Für sie sucht Plischka nun richtige Wohnungen und zieht dabei alle Register: "Wir schalten Annoncen auf Wohnungsplattformen, beauftragen Makler und halten Kontakt zu Vermietern", beschreibt Tanja Schirmann das Engagement. Trotzdem ist es alles andere als einfach. Denn viele Vermieter hätten Ressentiments gegenüber ausländischen Mietern, so Schirmann. Plischka versucht, die Bedenken zu zerstreuen, aber das gelingt nicht immer.

Andere Strategien

Unternehmen haben noch zahlreiche andere Möglichkeiten, ihre Beschäftigten oder Azubis bei der Wohnungssuche zu unterstützen. Einige kaufen Belegungsrechte bei Wohnungsunternehmen. Andere zahlen Mietzuschüsse, wenn sich Mitarbeitende eine Wohnung nicht leisten können. Und wieder andere installieren interne Wohnungsbörsen im Intranet, in denen die Beschäftigten nach Nachmietern suchen können.

Sendung: rbb24 Inforadio, 11.02.2025, 16:35 Uhr

Beitrag von Anja Dobrodinsky

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41 Kommentare

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  1. 41.

    Sie haben Recht, die deutsche Bauwirtschaft ist im Aufwind. Bald können Sie auf der Straße wohnen oder es sich im Kabelschacht bequem machen, die Füße im Elbewasser an der Carolabrücke waschen und anschließend zum Trocknen übers Geländer hängen. Vielleicht weht eine sanfte Brise vom Fundament des Windrades rüber. Die deutsche Bauwirtschaft hat wieder Aufträge, das ist eine gute Nachricht, allerdings betrifft das den Tiefbau und nicht den Hochbau - kein Wohnungsbau. Fakenews? Eher Fakten, also falsche Beobachtung Ihrerseits.

  2. 39.
    Antwort auf [Fini] vom 16.02.2025 um 12:52

    Wenn ein Rechtsextremist eine Kugelbombe ins Asylheim werfen will, ist der nicht so schlimm wie die Nazis vor 100 Jahren?

    Der Kommentar spricht Bände.

  3. 38.
    Antwort auf [Fini] vom 16.02.2025 um 12:52

    Sie meinen also, die Rechtsextremen von heute sind harmloser als die Rechtsextremen von damals?

    Wie kommt man auf diese Aussage? Es ist ein und dasselbe Gedankengut und die Taten kommen immer nach den Gedanken.
    Deshalb sagt man auch, wehret den Anfängen, damit aus ein und denselben Gedanken nicht ähnliche Taten folgen.

    Das verharmlosen der Neuen Rechten liegt auch nicht jedem.

  4. 37.

    Ich kann den uralten Unsinn nicht mehr lesen. Die Verherrlichung der Diktatur ist derart ausgelutscht.

  5. 36.

    Sie vergessen nur, dass die DDR sich diese Bauten gar nicht leisten konnte und die Staatspleite damit noch befördert hat. Mal von der schlechten Qualität der Bauten mit Schimmel an den Wänden, schlechter Isolierung und unschöner Architektur.
    Trotzdem muss der Staat mehr tun für den Wohnungsbau und nicht wegen jeder Kröte die Bautätigkeiten in die Länge ziehen.
    Auch unser Unternehmen hat aufgrund der Wohnungsnot schwierigkeiten Mitarbeiter und Azubis von außerhalb zu bekommen. Wir haben zwar viele Arbeitslose in Berlin, aber die sind entweder nicht qualifiziert oder haben kein Bock zu arbeiten. Für die Wirtschaft in Berlin wirklich ein riesen Problem.

  6. 34.

    Und man sollte langsam damit aufhören, modernisierten und sanierten Wohnraum, in Hoyerswerda und Anderswo abzureißen.
    In vielen Städten in Ostdeutschland, wird immer noch Wohnraum abgerissen - obwohl Wohnungen, mittlerweile schon in ganz Deutschland, Mangelware und sehr teuer sind.

  7. 33.

    Nazis mit Nazis vergleichen, was soll daran falsch sein? Man muß die Sache klar benennen!

  8. 32.

    Es würde schon reichen, wenn sich die politisch Verantwortlichen um die Wohnungssuchende im öffentlichen Dienst kümmern würden, es gab Zeiten, da galt teilweise diese Regel.
    Nun, die Politik hat es an die Privatwirtschaft ausgelagert, sie hat auch den sozialen Wohnunsbau weitgehend aufgegeben, und jetzt soll es die ungeliebte Privatvirtschaft richten?
    Tja, da zu müsste man Parteien wählen, die der Privatwirfschaft nicht abgeneigt sind, dann wird es vieleicht klappen.

  9. 31.

    West-Berlin hat zu dieser Zeit mindestens ebensoviel gebaut wie Ost-Berlin: Was hätte man da übernehmen sollen?

  10. 30.

    .....ohne Frage: Sie scheinen zu übersehen, wie viel in West-Berlin gebaut wurde, vor allem Ende der 60er und die ganzen 70er Jahre. Das war eine absolute Bauhochphase und das wäre der richtige Vergleich gewesen, aber den ziehen Sie lieber nicht. Denn dann würde Ihr Hinweis auf Ost-Berlin nichts besonderes mehr sein und das ist es, was ich meinte. West-Berlin war nicht schlechter im Bauen als Ost-Berlin. Was hätte man da übernehmen sollen?

  11. 29.

    .....ohne Frage: Sie scheinen zu übersehen, wie viel in West-Berlin gebaut wurde, vor allem Ende der 60er und die ganzen 70er Jahre. Das war eine absolute Bauhochphase und das wäre der richtige Vergleich gewesen, aber den ziehen Sie lieber nicht. Denn dann würde Ihr Hinweis auf Ost-Berlin nichts besonderes mehr sein und das ist es, was ich meinte.

  12. 28.

    Vergleiche sind Lebenserfahrungen, aus denen man lernen sollte. Nix anderes tun die Altparteien mit AfD vergleichen und dem dritten Reich. Obwohl dies weniger miteinander zu tun hat als alles andere. Man hätte nach der Wende positives übernehmen können und nicht alles verdammen. Die Überheblichkeit und Selbstüberschätzung der bundesdeutschen Politik hatte man nach der Rede von Vanc erlebt.

  13. 27.

    Natürlich müssen die Sozialleistungen angehoben werden. Aktuell werden diese ja klein gerechnet.

    Niemand kann heute mehr günstig bauen. Jeder Bauherr ist glücklich, wenn man Mieten von 12 Eur kalt erreicht.

    Ohne Investoren gäbe es noch weniger Wohnungen. Man muss endlich verstehen, dass jeder Investor und auch jede Genossenschaft zumindest kostenneutral vermieten müssen. Niemand vermietet mit Verlusten.

    Letztlich müssen für Sozialwohnungen deutlich einfachere Bauweisen, Ausstattungen und Sicherheitsausstattung her.

  14. 26.

    ......warum vergleichen Menschen wie Sie eigentlich immer früher mit heute und nicht das frühere Ost-Berlin mit dem früheren West-Berlin oder Westdeutschland? Das wäre ein richtiger Vergleich, denn die Zeiten haben sich nun mal nach 40 Jahren und länger verändert. 1977-87 kann man einfach nicht mehr mit heute vergleichen, zumal danach noch die Wiedervereinigung kam, was sowieso einiges mehr an Veränderungen nach sich zog.

  15. 25.

    Sie irren gewaltig. Gerade die Baubranche schwächelt aktuell sehr. In den letzten 2 Jahren gab es überdurchschnittlich viele Insolvenzen im Baubereich.

    Jedem Bauherren ist nur zu raten, auf ausländische Firmen zurückzugreifen um überhaupt noch bezahlbar bauen zu können.

    Immer höhere Löhne haben deutlich mehr negative als positive Folgen.

  16. 24.

    "pro Nomen"
    Warum eigentlich DIE, nicht SIE?
    "Wir haben zahlreiche polnische Arbeitskräfte. Die sind die Woche über hier bei uns. Die schlafen hier"

    "aus Simbabwe"
    "Auch wenn die Lehrlinge die Ausbildung abbrechen, dürfen sie weiter im Wohnheim wohnen bleiben." Und das ist legal?

    Der Zweck dieser beiden Kommentare erschließt sich weder vom Inhalt noch dem Zweck. Eher ein oberlehrerhaftes Verhalten wäre hier zu bemerken.
    Das Fachkräfte fehlen und Betriebe aus der Not heraus Engagement beweisen und Abhilfe auf ihren eigenen Kosten schaffen, um im Grunde den Laden Deutschland am Leben zu erhalten, sollte man mehr Respekt zollen.
    Statt bei denen die etwas zu verbessern, versuchen Gründe zur Kritik zu suchen lieber mal in den Spiegel schauen und überlegen, ob man selber immer der beste in allem ist.

  17. 23.

    Hören Sie auf mit diesen Fakenews. Die deutsche Bauwirtschaft ist im Aufwind und Ihre gezielte Desinformation, können Sie mit keinem Beleg beweisen.

  18. 22.

    Wohnraum ist das neue Gold der Metropolen. Fangt doch mal an ausländische Großinvestoren zu verbieten. Eigentumsgemeinschaften, Genossenschaften... Es gibt so viele Möglichkeiten :( So wie hier im Artikel wird doch nur das Monopol der Großfirmen ausgenutzt, betriebseigene Firmengelände umfunktionieren ja, aber nicht zum Vorteil der Firma.