Hilfe bei der Wohnungssuche - Wie Berliner Betriebe übers Wohnen an Fachkräfte kommen

Um Fachkräfte anzulocken, helfen immer mehr Berliner Unternehmen bei der Wohnungssuche oder schaffen sogar eigenen Wohnraum für Beschäftigte. Ein Unternehmen hat Apartments in sein früheres Kantinengebäude gebaut. Von Anja Dobrodinsky
Wenn Berliner Betriebe das Glück haben, Auszubildende zu finden, heißt das nicht, dass alles im Lot ist. Kommen die Azubis nämlich aus der Ferne, brauchen sie Wohnungen in der Hauptstadt. Und die sind bekanntlich Mangelware. Laut einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) haben 42 Prozent der Berliner Ausbildungsbetriebe wegen fehlender Wohnungen Probleme, Lehrstellen zu besetzen.
Deshalb engagieren sich immer mehr Betriebe in Sachen Wohnraum für ihre Beschäftigten. Dass das Interesse an diesem Thema wächst, zeigte kürzlich eine Veranstaltung der IHK Berlin. Mehr als hundert Unternehmensvertreter:innen kamen zusammen, um sich über Vorbilder aus der Praxis zu informieren.
Wohnen auf dem Betriebsgelände
Als sogenanntes Best-Practice-Beispiel diente die Frisch und Faust Tiefbau GmbH. Das Unternehmen hat 200 Beschäftigte. 20 weitere könnte es noch gut gebrauchen. Der Firmensitz liegt auf einem großen Gelände in Pankow. Dort hat die Firma vor fünf Jahren ein altes Kantinengebäude entkernt, instand gesetzt und zwölf Apartments hineingebaut. Alle sind belegt, freut sich der kaufmännische Leiter der Firma, Dieter Mießen.
Die Wohnungen bestehen aus je einem kleinen Zimmer mit eigenem Bad. Außerdem gibt es eine Gemeinschaftsküche, einen Raum mit Waschmaschinen und Trocknern und ein Wohnzimmer mit Billardtisch, Fernseher und Fitnessgeräten. "Wir haben zahlreiche polnische Arbeitskräfte. Die sind die Woche über hier bei uns. Die schlafen hier und fahren dann erst Wochenende wieder nach Hause", erklärt Dieter Mießen. Auch zwei Azubis wohnen hier. Sie kommen aus Mecklenburg und lernen Baumaschinenmechatroniker und Rohrleitungsbauer. Sie werden wohl die gesamte Ausbildungszeit hier bleiben und können sich inzwischen in Ruhe nach einer anderen Wohnung umsehen. Ohne die Apartments, stellt Dieter Mießen fest, hätte die Firma zwölf Beschäftigte weniger. Allein deshalb lohnt der Aufwand. Miete zahlen müssen die Mitarbeiter nicht.
Finanzielle Hilfe des Staates
Frisch und Faust hat die Apartments auf eigene Kosten gebaut. Es gibt aber auch staatliche Förderprogramme von Bund und Ländern für den Wohnungsbau. Hier können Firmen Zuschüsse beantragen. Insgesamt stehen in diesem Jahr dafür vom Bund 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Da die Länder das Programm kofinanzieren, kommt erfahrungsgemäß noch einmal so viel Geld zusammen.
Allerdings gilt der Fördertopf für den gesamten Wohnungsbau in Deutschland, nicht nur für das Beschäftigtenwohnen. Und Geld bekommt nur, wer günstige Sozialwohnungen baut.
Unternehmen arbeiten mit Vermietern zusammen
Dass Betriebe eigene Wohnungen bauen, ist eigentlich ein alter Hut. Schon im 19. Jahrhundert errichteten große Firmen wie Siemens ganze Siedlungen für ihre Werksarbeiter. Später war das dann nicht mehr nötig, weil es genügend Wohnraum und keinen Fachkräftemangel gab. Das ist heute wieder anders.
Selbst Wohnungen zu bauen, das können sich jedoch die wenigsten Firmen leisten. Laut einer Studie des Bundesbauministeriums stellen fünf Prozent der deutschen Unternehmen ihren Beschäftigten Wohnraum zur Verfügung. Einige wenige bauen selbst, wie Frisch und Faust, andere kaufen Wohnungen und wieder andere mieten sie für ihre Beschäftigten.
Kooperation mit Wohnheim
Weitere 17 Prozent unterstützen auf andere Art bei der Wohnungssuche. So wie die Umzugsfirma Plischka: Sie hat 50 offene Stellen in Berlin und Brandenburg und kooperiert deshalb mit einer Sprachschule in Simbabwe. Von dort rekrutiert Plischka nun regelmäßig Auszubildende. Und die müssen irgendwo wohnen. "Da haben wir das Glück, dass wir eine Kooperation in Berlin mit einem Wohnheim geschlossen haben in der Suarezstraße", erklärt Tanja Schirmann. Sie arbeitet in der Geschäftsleitung bei Plischka. Im Wohnheim bekommen die Azubis ein Zimmer. Die Miete zahlt das Unternehmen. Auch wenn die Lehrlinge die Ausbildung abbrechen, dürfen sie weiter im Wohnheim wohnen bleiben. Gerade geht der erste Jahrgang afrikanischer Azubis auf die Prüfungen zu.
Zwei wollen danach in der Firma bleiben. Für sie sucht Plischka nun richtige Wohnungen und zieht dabei alle Register: "Wir schalten Annoncen auf Wohnungsplattformen, beauftragen Makler und halten Kontakt zu Vermietern", beschreibt Tanja Schirmann das Engagement. Trotzdem ist es alles andere als einfach. Denn viele Vermieter hätten Ressentiments gegenüber ausländischen Mietern, so Schirmann. Plischka versucht, die Bedenken zu zerstreuen, aber das gelingt nicht immer.
Andere Strategien
Unternehmen haben noch zahlreiche andere Möglichkeiten, ihre Beschäftigten oder Azubis bei der Wohnungssuche zu unterstützen. Einige kaufen Belegungsrechte bei Wohnungsunternehmen. Andere zahlen Mietzuschüsse, wenn sich Mitarbeitende eine Wohnung nicht leisten können. Und wieder andere installieren interne Wohnungsbörsen im Intranet, in denen die Beschäftigten nach Nachmietern suchen können.
Sendung: rbb24 Inforadio, 11.02.2025, 16:35 Uhr