Mitten in die laufende Sanierung der Komischen Oper platzten im Sommer Berichte, wonach der Berliner Senat einen Baustopp erwägt. Inzwischen steht fest, das es weiter geht - unklar bleibt aber, wie genau das Projekt zuende gebracht wird. Von Kirsten Buchmann
Schadstoffe beseitigen, das Gebäude dämmen, barrierefreie Zugänge errichten: Das Haus der Komischen Oper in der Behrenstraße in Berlin-Mitte soll grundlegend saniert werden. Im Moment ist die Oper in einem Ausweichquartier im Schillertheater in Charlottenburg untergebracht. Darauf, dass sie danach wieder nach Mitte zurückziehen wird, hat sich Kultursenator Joe Chialo (CDU) nun festgelegt. Auf rbb-Anfrage antwortete er: "Ist die Komische Oper zukünftig in der Behrenstraße? Ja, sie ist es." Zum Baustopp oder einem dauerhaften Umzug der Oper werde es nicht kommen, so Chialo.
Erleichtert über die Aussagen des Kultursenators zeigte sich der Ko-Intendant der Komischen Oper, Philip Bröking. Zwar sei die erste Saison im Ausweichquartier Schillertheater und in Außenspielstätten wie dem ehemaligen Flughafen Tempelhof erfolgreich gewesen - von über 93 Prozent Auslastung spricht Bröking. Aber die Komische Oper wolle zurück nach Mitte. Deshalb sei er "not amused" gewesen, "als uns dann am Ende der Saison die Nachricht ereilte, dass es Überlegungen gibt, den Bau zu stoppen." Jetzt sei er froh zu hören, dass "finanz- und kulturpolitische Vernunft gesiegt" habe.
Weniger Plätze und Vorstellungen im Schillertheater
Ein Grund, weshalb der Intendant so schnell wie möglich wieder in das Opernhaus in der Behrenstraße in Mitte zurück will, lautet: Der Ausweichstandort Schillertheater in Charlottenburg hat gut 200 Plätze weniger, rund ein Fünftel. Für die Oper bedeute das 20 Prozent weniger Einnahmen, sagt Bröking. Zudem könne die Komische Oper dort weniger spielen, "weil wir keine Lagerkapazitäten haben". Jede Dekoration müsse rein und wieder rausgebracht werden. Das führe dazu, "dass wir nicht zu der Vorstellungsanzahl kommen, die wir sonst immer hatten".
Mit geringeren Einnahmen komme die Oper nur eine gewisse Zeit über die Runden, so der Intendant. Auf einen Abschluss der Sanierungen des Hauses in Mitte hofft Ko-Intendant Bröking in fünf bis sechs Jahren.
Unterstützt wird er darin von der SPD-Kulturpolitikerin im Berliner Abgeordnetenhaus, Melanie Kühnemann-Grunow. "Wir haben oft die Erfahrungen, dass es sich verzögern kann". sagt sie. "Aber wir hoffen, dass es in dem Zeitrahmen von statten geht."
Kultursenator Joe Chialo rechnet dagegen damit, dass die Opernsanierung länger dauert: bis 2033. Wegen der knappen Kassen des Landes Berlin schließt er zugleich nicht aus, den Umfang der Bauarbeiten zu verringern. Bislang würden die Kosten auf rund 478 Millionen Euro beziffert, sagt Chialo: "Wir gucken, ob es Einsparmöglichkeiten gibt." In Zeiten, in denen der Senat insgesamt drei Milliarden Euro sparen müsse, sei das geboten.
Die Ko-Intendantin der Komischen Oper, Susanne Moser, signalisiert grundsätzlich Bereitschaft, jeden Euro umzudrehen. Sie betont aber mit Blick auf die Sanierung des Hauses, der Bedarf sei definiert und genehmigt worden. An diesen grundsätzlichen Bedarfen, sagt Moser, "hat sich nichts geändert und wird sich auch nichts ändern".
Daniel Wesener von den oppositionellen Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus drängt darauf, die Opernsanierung komplett umzusetzen wie ursprünglich geplant, und nicht abzuspecken: "Wer solche Pläne, die ja auch mit Verträgen und Bauleistungen versehen wird, nachträglich ändert - selbst mit dem Ziel zu sparen - wird am Ende noch draufzahlen." Ob und in welchem Umfang allerdings die schwarz-rote Koalition bei der Opernsanierung kürzen wird, werden die Haushaltsgespräche im Berliner Abgeordnetenhaus zeigen.
Musik-Theater vom Feinsten
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Walter Felsenstein, der Gründer der Komischen Oper, verstand Oper als Musik-Theater, mit gleicher Wertigkeit der beiden Genres Musik und Theater. Sein Wirken sollte zu internationaler Anerkennung der Komischen Oper führen.
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Einige seiner Inszenierungen genießen heute fast legendären Ruhm wie Verdis "La Traviata", "Hoffmanns Erzählungen" oder "Ritter Blaubart" von Jaques Offenbach.
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Aber von Anfang an: Die Sowjetische Militäradministration hatte den österreichischen Regisseur Felsenstein beauftragt, die Komische Oper zu übernehmen. Das Gebäude war 1892 nach einem Entwurf der Wiener Architekten Helmer und Fellner 1892 erbaut und vor dem Krieg als "Theater Unter den Linden" und "Metropol-Theater" geführt worden.
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Glücklicherweise war der Zuschauerraum des Gebäudes unversehrt geblieben. Inmitten des vom Krieg zerstörten Stadtzentrums öffneten sich nun am 23. Dezember 1947 die Pforten der neu gegründeten Oper. Es wurde Johann Strauss' Operette "Die Fledermaus" gespielt.
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Mit Walter Felsenstein wurde die Komische Oper zur Geburtsstätte des modernen Musiktheaters. Er blieb bis zu seinem Tode 1975 Intendant und Chefregisseur. Sein Motto: "Musik, die nicht aus dem dargestellten Vorgang wächst, hat nichts mit Theater zu tun, und eine Darstellung, die sich nicht präzise und künstlerisch gültig mit der Musik identifiziert, sollte besser auf Musik verzichten", inspiriert bis heute das Ensemble und die Regisseur:innen.
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Zur Komischen Oper Berlin gehört von Anbeginn das eigene Orchester. Es wurde unter vielen anderen von Chefdirigenten wie Yakov Kreizberg (im Bild), Rolf Reuter oder...
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...Kirill Petrenko geprägt. Über 100 Musiker:innen sind im Orchester, das regelmäßig Kammerkonzerte in verschiedenen Besetzungen spielt.
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Musik und Theatralik gehen Hand in Hand, wie hier in 'Barrie Kosky's All-Singing, All-Dancing Yiddish Revue'. Ensemble und...
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..Gäste wie die Sänger:innen Dagmar Mazel und Max Hopp (im Bild), Nadja Mchantaf, Günter Papendell oder Stefan Kurt sind beim Publikum äußerst beliebt.
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Die Leitung des Opernhauses übernahmen nach Walter Felsenstein die Intendanten und Chefregisseure Joachim Herz, Harry Kupfer...
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...Andreas Homoki, der sagte: "Warum wir eigentlich Musiktheater machen? Weil es die intensivste und aufregendste Form ist, sich künstlerisch mit unseren Träumen, Ängsten, Leidenschaften, Konflikten, kurz: mit den Bedingungen unserer menschlichen Existenz auseinanderzusetzen."
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Barrie Kosky knüpfte in seiner Intendanz an die Tradition der Vorgänger an und baute gleichzeitig die Jazz-Operette aus.
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Seit August 2022 leiten Susanne Moser und Philip Bröking als Doppelspitze das Opernhaus. Sie wollen - während einer Bauzeit von geschätzt sechs Jahren - das Gebäude an der Behrenstraße umfassend sanieren, erweitern und modernisieren.
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Baumaßnahmen gab es auch in früheren Jahren. Der bisher größte Eingriff fand 1965 und 1966 statt. Nach den Entwürfen des Architekten Kunz Nierade wurde die alte Fassade zerstört...
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... und durch eine neue Fassade ersetzt.
Bild: dpa/Soeren Stache
2005/2006 wurde das Foyer der Oper nach den Plänen des Architekten Stephan Braunfels umgebaut.
Bild: dpa/Christian Behring)
Nun bröckelt die Saaldecke, sind die Sanitäranlagen marode und die Bühnentechnik knirscht und knarzt, heißt es seitens der Komischen Oper. Im September 2023 übergaben die Intendanz und der Kultursenator den Schlüssel zum Opernhaus symbolisch an die Senatsverwaltung für Bauen und Stadtentwicklung.
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Die Komische Oper spielt - für die Zeit von Sanierung und Umbau - im Schillertheater. Im Juli 2024 wurden Überlegungen aus den Regierungsfraktionen des Berliner Abgeordnetenhauses bekannt, die laufende Sanierung der Spielstätte an der Behrenstraße in Mitte aus Kostengründen zu stoppen.
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20.
Lediglich eine Anmerkung betreffend den vorstehenden Abstract zu Walter Felsenstein: Er "sollte" nicht nur die Komische Oper zu internationaler Anerkennung führen, sondern er hat sie bis dahin geführt. Zielt denn nicht auch heute die Auswahl von Intendanten, Regisseuren, Direktoren von Museen und von Ballettschulen etc. in den jeweiligen Häusern des Landes Berlin nicht auf deren Befähigung ab, der Hauptstadt Berlin internationales Renommee zu verschaffen?
19.
Kontroverse Debatten sind wichtig und sinnvoll. Aber ich verstehe nicht, warum ein Kulturjuwel mit internationalem Renommee wie die Komische Oper kaputt gespart werden soll. Es ist schon schmerzlich, dass die Sanierung 10 Jahre dauern wird. Und unverständlich allemal. Aber die Staatsoper profitiert auch von ihrem schön sanierten Gebäudeensemble. Und keiner redet mehr über die Kosten. So wird es auch bei der Komischen Oper kommen und wir freuen uns dann über das neue Opernhaus am alten Platz.
>"ZWEI zoologische Gärten?"
Es gibt nur einen Zoo in Berlin, den zoologischen Garten. Und den Tierpark. Vom Konzept her zwei ganz unterschiedliche Anlagen. Das mal so nebenher... Und welchen von beiden würden Sie schließen? Bei diesen Gedanken die traditionellen Menthalitäten Ost und West beachten! Wenn Sie irgendwas im Ostteil schließen, gibts aus dem Ostteil was auf die Politikrübe. Wenn Sie was im Westteil schließen, gibts von den Westberlinern was auf die Rübe. Genauso verhält es sich auch mit den Opernhäusern. Die verteilen sich ebenso über ganz Berlin. Die Berliner Opernhäuser haben jedes auch ein eigenes künstlicherisches und Entertainment Konzept. Die Komische Oper steht schon immer für heitere Aufführungen, auch gut unterhaltenden Kassenschlager.
Ob man mehrere Opernhäuser braucht, ist für mich nicht die Frage........Es gab da mal in den 50 ziger Jahren den Schlagen: "Wer soll dass bezahlen. Wer hat soviel Geld?" Vielleicht eine neue Berliner Hymne. Gesungen vom neu gegründeten Chor der Politiker......
Sie haben die Magnetschwebebahn vergessen. Und wer braucht VIER Opern in der Stadt und ZWEI zoologische Gärten?
9.
...warum nicht darüber diskutieren, was wirklich Sinn macht? Die Sanierung der Komischen Oper um jeden Preis? Ich bin ein absoluter Opernfan und sage trotzdem "NEIN". Die Olympischen Spiele 2036 in Berlin; die Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) in der Friedrichstraße was kommt als nächste Idee? Ein internationaler Weltraumhafen auf dem Tempelhofer Feld? Liebe Mitbürger, wer seine tollen Ideen verwirklichen möchte, soll doch bitte auch die Kosten tragen!
Wohnungen die unbezahlbar sind und 50 Wochen im Jahr leerstehen, gibt es in Mitte eigentlich genug. Die Komische Oper muss wieder hin wo sie war. Wozu hat man sonst jahrzehntelang um die nicht-Restitution des Areals gestritten.
6.
Wir können nicht mal die komische Oper sanieren, aber reden von Olympia. Kommt mal langsam wieder in die Realität an.
Ja klar, Wohnungen in der Lage werden sicher den Bedarf an bezahlbaren Mietwohungen bedienen. Immer mehr wahrhafte Kultur- und Bildungsstätten zu zerstören, wird dieses Land ganz reich... an AfD-Wählern machen. Erst recht, wenn stattdessen eine Garnisionkirche mit faschistischer Geschichte und ein Schloss mit militaristischer und kolonialistischer Geschichte statt mit versprochenen Spenden- nun doch mit unseren Steuergeldern schneller wiederaufgebaut werden. Unsere Ur-/Großväter rotierten in ihren Schützengräbe(r)n, wenn sie das wüssten.
Antwort auf "Schmidt " vom Donnerstag, 19.09.2024 | 18:28 Uhr
"Es ist bezeichnend für ein Land, wenn es beim Sparen an die Kultur geht." Ach ja? Was bezeichnet das denn? Dass man angesichts kontinuierlich ausufernder Kosten nach Einsparungsmöglichkeiten sucht, zeugt in meinen Augen von Vernunft!
3.
Es ist bezeichnend für ein Land, wenn es beim Sparen an die Kultur geht.
Ich gebe Ihnen vollkommen Recht....abreissen und Wohnungen bauen.
1.
Die Sanierung soll bis 2033 ! dauern, seit Sommer 2023. 10 Jahre Bauzeit, reine Wahnsinn. Was die Politiker mit Großflughafen BB, Sanierung der Museen (Bauzeit und Baukosten)gemacht haben und jetzt mit ICC und Komischen Oper machen ist unfassbar.