Hotspot Berlin - Das boomende Geschäft der Autodiebe

Fr 21.07.23 | 06:39 Uhr | Von Carl Winterhagen
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Symbolbild: Ein Mann versucht eine Autotür mit einer Metallstange aufzubrechen. (Quelle: dpa/Axel Heimken)
Video: rbb24 Abendschau | 18.07.2023 | Kerstin Breinig | Bild: dpa/Axel Heimken

Nirgendwo in Deutschland wurden 2022 so viele Autos geklaut wie in Berlin. Die Zahlen sind zuletzt rasant gestiegen, auch in Brandenburg. Die Täter gehen dabei immer geschickter vor und die moderne Technik kommt ihnen sogar zugute. Von Carl Winterhagen

Autodiebe waren im vergangenen Jahr in Berlin und Brandenburg deutlich häufiger erfolgreich als noch im Jahr zuvor. Die Zahlen, die das Bundeskriminalamt (BKA) in dieser Woche dazu veröffentlicht hat, sprechen eine klare Sprache: Sind 2021 in Berlin 2.965 Fahrzeuge gestohlen worden, waren es im vergangenen Jahr 3.833. Das entspricht einem Plus um fast 30 Prozent. In Brandenburg stieg die Zahl der gestohlenen Autos im gleichen Zeitraum um 22 Prozent. In den Zahlen sind auch Delikte wie Raub, Unterschlagung und anderes Abhandenkommen enthalten.

Damit gehören die beiden Bundesländer zu den am stärksten betroffenen Regionen Deutschlands. Berlin liegt bundesweit sogar an der Spitze: Sowohl was die Anzahl der entwendeten Autos als auch was den Anstieg der Zahlen angeht.

Fluchtweg nach Polen als Risikofaktor

Die Täter aus Berlin und Brandenburg seien, sagt die Polizei, in der Regel osteuropäische Banden, die den kurzen Fluchtweg nach Polen nutzen würden. "Egal wo man in Berlin ein Fahrzeug entwendet, in spätestens zwei Stunden ist man nach Überschreiten der Grenze erst einmal vor einer unmittelbaren deutschen Strafverfolgung sicher", sagt Thomas Susebach. Er leitet beim Berliner Landeskriminalamt (LKA) die Abteilung zur Bekämpfung von internationaler KFZ-Verschiebung.

Innerhalb von Berlin seien vor allem die östlichen Stadtteile betroffen, so Susebach, weil die Täter von hier aus noch schneller über die Grenze kommen. Die Kriminellen haben es dabei in der Regel nicht auf luxuriöse Sportwagen abgesehen, obwohl laut BKA auch häufiger hochpreisige Wohnmobile entwendet werden. Die meisten geklauten Autos seien aber zwischen sechs und zehn Jahren alt, sagt der LKA-Beamte Susebach. Ein beliebtes Ziel: Kleintransporter. Denn die Diebe haben es auf die Ersatzteile abgesehen.

"Die Autos sind oft schon zerlegt, bevor Betroffene den Diebstahl feststellen"

Die Täter schlagen meistens nachts zu, erzählt Thomas Susebach und fügt an: "Wer morgens aus dem Haus kommt und feststellt, dass sein Fahrzeug weg ist, muss leider damit rechnen, dass es schon mehrere Stunden in Osteuropa in einer Zerlegehalle ist." Die Kriminellen würden die Autos schnellstmöglich auseinanderbauen und die Komponenten als Ersatzteile auf Online-Plattformen anbieten.

Im Zuge der Corona-Pandemie war die Zahl der Autodiebstähle zurückgegangen, weil zeitweise die Grenzen geschlossen wurden. Nun, in Zeiten von Lieferengpässen, boomt das Geschäft. "Wenn ich zum Beispiel aus Frankreich oder aus Japan bestimmte Ersatzteile nicht bekomme, sind die zu Hunderttausenden auf Berliner Straßen stehenden Fahrzeuge eine neue Quelle", erläutert Thomas Susebach.

Wettrüsten zwischen Dieben und Herstellern

Seit zehn Jahren jagt er den Banden der Autodiebe hinterher. Dabei hat er verschiedene Trends kommen und gehen sehen, wie er erzählt. "Es gibt ein permanentes Rennen zwischen der Autoindustrie und den Dieben", sagt er. Die einen würden ständig an neuer Sicherheitstechnik arbeiten, die anderen an Tools um eben jene zu überwinden.

Ein neuerdings beliebtes Einfallstor sind moderne "Keyless"-Systeme: Autos, bei denen der Schlüssel gar nicht mehr ins Zündschloss gesteckt werden muss. Diese Technik sei zwar bequem, sagt Katja Legner vom Automobilclub Deutschland (ADAC), aber auch gefährlich.

Der ADAC hat mehr als 560 solcher Modelle untersucht und festgestellt: Nur fünf Prozent sind diebstahlsicher. Die Täter würden sich dabei zu Nutze machen, dass viele Autofahrer den Schlüssel nahe der Haustür lagern. Katja Legner erklärt das Vorgehen der Diebe: "Mit einem entsprechend präparierten Gerät kann ein Dieb das Signal von vor der Haustür empfangen." Das Signal des Schlüssels könne dann bis zu einem Komplizen am Auto verlängert werden, der das Auto damit öffnen und starten könne, so Legner.

Sicherheit bringt alles, was es den Tätern schwer macht

Der ADAC rät dazu, den Schlüssel zur Sicherheit in einer Metallbox oder einem Etui zu deponieren, aus der heraus die Autodiebe das Signal nicht mehr empfangen können. Laut Thomas Susebach helfen auch klassische Sicherheitsmaßnahmen wie Lenkradsperren – "alles, was es den Dieben schwerer macht", sagt der LKA-Beamte.

Das LKA Berlin arbeitet zur Aufklärung der Fälle mit Polizeibehörden aus anderen Ländern zusammen. Allzu große Hoffnungen auf durchschlagende Erfolge macht sich Thomas Susebach offenbar nicht: "Der Trend ist leider ungebrochen." Er sieht auch die Berlinerinnen und Berliner in der Pflicht: "Ohne die Hilfe der Bevölkerung durch Anzeigen, Mitteilungen und eigene Vorsicht, ist es in einer Stadt wie Berlin schwer, eines solchen Problems Herr zu werden."

Sendung: rbb24 Inforadio, 21.7.2023, 9:35 Uhr

Beitrag von Carl Winterhagen

16 Kommentare

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  1. 16.

    GPS-Tracker im Auto sind leider nur bedingt hilfreich.
    Für 10 EUR gibt es auf legalen Verkaufsplattformen GPS-Blocker, also Sender die im Umkreis das Signal komplett stören. Einfach in die Bordsteckdose und fertig. Betrieb der Teile ist natürlich illegal, aber einen Autodieb stört das wohl absolut nicht.

  2. 14.

    Was nützt ein Kennzeichenscan auf der Strecke nach Polen, wenn Nachts das Kennzeichen/Fahrzeug noch garnicht als gestohlen gemeldet wurde?! Wenn sie morgens aufwachen und den Diebstahl feststellen, ist das Auto längst im tiefsten Polen verschwunden.

  3. 13.

    sorry.. mein Fehler.. Stimmt natürlich. Apple AirTags haben nur eine sehr geringe Reichweite.

  4. 12.

    Heutzutage hat doch eigentlich jeder irgend welche Tracker im Auto versteckt. Und wenn man sich mit Elektronik auskennt baut man sich was ein, wo man remote das Auto lahmlegen kann. Ob das nun zugelassen ist oder nicht spielt keine Rolle. Wenn unsere Behörden und nicht schützen können, muss man eben selber ran. Ein Knopfdruck und der Wagen bleibt stehen. Dazu noch ein Foto der verstecken Innenraumkamera und fertig. Man muss heutzutage eben kreativ sein, so wie bei Kevin allein zu Haus.

  5. 11.

    Apple AirTags ist kein GPS-Tracker. Damit finden sie höchsten ihren Rucksack in einigen Metern Entfernung. Wenn der Pinokel noch dranklebt.

  6. 10.

    haben moderne Autos ebenfalls.
    Meine Autos haben eine Kopplung per App mit Standortübermittlung. Hilft auch mal beim Wiederfinden nach Umsetzen ;-)

    Ausserdem kann man sehr einfach und leicht mittels z.B. Apple AirTags unauffälliges Tracking installieren und durchführen.

  7. 9.

    Autodiebe wissen, wo die GPS-Tracker ab Werk verbaut sind. Nachgerüstete Tracker lassen sich per Scanner finden oder mit einem Jammer unterdrücken. Autodiebe sind hochtechnisierte Profis.

  8. 8.

    Also mein Fahrrad hat einen GPS TRACKER HAT ZWEIMAL ZUM Täter geführt, warum haben Autos sowas nicht?

  9. 7.

    Welche Garage hat schon eine Alarmanlage? ;-)

    Ausserdem interessiert es wirklich niemanden, ob Nachts um Zwei eine Alarmanlage jault. Die geht nach 2min. eh wieder aus. Mein Auto wurde mal direkt vor meiner Haustür um Halb 10 morgens aufgebrochen, ich habe noch die Scherben klimpern hören. Juckte niemanden. Seitdem habe ich einen Tiefgaragenstellplatz in der Nachbarschaft. In Berlin muss man sein Eigentum leider verstecken.

  10. 6.

    "per Video und Kennzeichenscan überwacht werden"

    Bringt nichts, denn der Dieb klaut kurz vorher Kennzeichen eines identischen Automodells.

  11. 5.

    Bei Kurzbesuchen in Polen sind mir schon öfter Kontrollen auf der A12, sowie auch hinter den kleineren Grenzübergängen aufgefallen. Sinnvoll wäre sicher auch Scannen von Transportern Richtung Osten, mittels Drohnen.

  12. 4.

    Schön wenn man kein Auto hat, dann hat man auch weniger Sorgen.

  13. 3.

    Hier sollte der Autobahnabschnitt zwischen Berlin und der polnischen Grenze einfach mal per Video und Kennzeichenscan überwacht werden. Dann kann man hier das Schlimmste verhindern.

  14. 2.

    Wenn man eine Garage hat ... ;-)

    "Ein neuerdings beliebtes Einfallstor sind moderne "Keyless"-Systeme:"
    Wenn ich sowas lese, dann weiß ich, wie up-to-date unsere Polizei ist. Keyless Go-Systeme werden seit mehr als 5 Jahren von Dieben ausgenutzt. Seit mehr als 5 Jahren sind die notwendigen Gegenmaßnahmen, die die Autoindustrie einführen könnte und die jeder Besitzer ergreifen kann, bekannt. Für die Polizei allerdings erst seit "neuerdings"...

  15. 1.

    Aber dann müssen doch die Diebe immernoch die Garage mit Gewalt öffnen. Spätestens dann geht doch der Alarm los.

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