Tarifstreit mit der Deutschen Bahn - GDL ruft von Mittwoch bis Montag zum Streik auf - S-Bahn legt Notfahrplan vor

Mo 22.01.24 | 16:27 Uhr
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Leere Bahnsteige am 10. Januar 2024 am Berliner Hauptbahnhof, nachdem die GDL zum Streik aufgerufen hat. (Quelle: dpa/AP/Markus Schreiber)
Audio: rbb24 Abendschau | 22.01.2024 | Laurence Thio | Bild: dpa/AP/Markus Schreiber

Mit einem neuen Tarifangebot wollte die Deutsche Bahn die Gewerkschaft der Lokführer wieder an den Verhandlungstisch holen. Daraus wird erst einmal nichts: Die GDL ruft vielmehr für sechs Tage zum Streik im Personenverkehr auf.

  • GDL will Zugverkehr von Mittwochfrüh bis Montagabend bestreiken
  • Bahn reagiert mit scharfer Kritik am neuen Streik
  • Odeg will ihr Regionalangebot aufrechterhalten
  • Berliner S-Bahn bietet Notfahrplan

Die Lokführergewerkschaft GDL hat die Beschäftigten der Deutschen Bahn zum nächsten Streik aufgerufen. Dieser werde im Personenverkehr am frühen Mittwochmorgen um 2 Uhr beginnen und bis Montag kommender Woche, 18 Uhr dauern, teilte die Gewerkschaft in der Nacht zu Montag mit.

Die Gewerkschaftsmitglieder bei der für Güterverkehr zuständigen DB Cargo sind bereits ab Dienstag, 18 Uhr, zum Streik aufgerufen. Für Pendlerinnen und Pendler stehen damit erneut schwierige Tage mit absehbar Tausenden Zugausfällen bevor. Neben dem Fernverkehr werden erneut auch Regionalzüge sowie die Berliner S-Bahn von den Arbeitsniederlegungen betroffen sein. Die S-Bahn kündigte am Montagmorgen auf X "massive Fahrplaneinschränkungen" an.

Notfahrplan der S-Bahn vorgestellt

Die S-Bahn bietet während des Streiks einen Notfahrplan an. Der sieht von Mittwoch, 2 Uhr, bis Montagabend, 18 Uhr, einen 20-Minuten-Takt auf folgenden Strecken vor:

  • S3: Erkner - Ostbahnhof
  • S5: Strausberg Nord - Ostbahnhof (beide Linien ab 21 Uhr bis Betriebsschluss im 40-Minuten-Takt, am Wochenende nachts im 30-Minuten-Takt)
  • S46: Königs Wusterhausen - Schöneberg
  • S9: Friedrichstraße - Schöneweide - Flughafen BER

Folgende Linien fahren während des Streiks nicht: S1, S2, S25, S26, S41, S42, S45, S47, S7, S75, S8, S85

Der Bus-Ersatzverkehr der S1 fährt wie sonst auch. Außerdem fahren im 20 Minuten-Takt Ersatzverkehr-Busse auf der Strecke der S25 zwischen Hennigsdorf, Tegel, und U Paracelsius-Bad. Zwischen Teltow-Stadt und Lichterfelde-Ost sowie auf der Strecke der S2 zwischen Südkreuz und Blankenfelde fahren sie alle zehn Minuten. Die S-Bahn wies am Montag daraufhin, dass Fahrgäste auch nach Streikende am Montagabend noch mit Einschränkungen rechnen müssten. Die BVG ist von dem Bahnstreik erneut nicht betroffen.

Odeg will Angebot aufrecht erhalten

Die privat betriebene Verkehrsgesellschaft Odeg teilte wie schon bei den vorangegangenen Bahnstreiks mit, sie halte ihr Regionalangebot in Brandenburg und Berlin aufrecht. "Auch wenn die ODEG nicht direkt bestreikt wird, kann es zu Störungen und Unregelmäßigkeiten im Betriebsablauf auf allen Linien der ODEG kommen", teilte das Unternehmen gleichwohl auf seiner Internetseite [odeg.de] mit.

Die Ostdeutsche Eisenbahn nutzt die Infrastruktur der Deutschen Bahn und bedient in Berlin und Brandenburg 15 Linien, darunter die RE1 von Brandenburg / Havel über Potsdam, Berlin, Frankfurt (Oder) bis Cottbus. Fahrgästen wird empfohlen, vor Reiseantritt auf aktuelle Informationen zu achten.

Bahnvorstand reagiert mit scharfer Kritik

Die Deutsche Bahn (DB) kritisierte die erneute Streikankündigung scharf. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn, Richard Lutz, sagte am Montag in Berlin, die Bahn habe der Gewerkschaft erst am Freitag ein neues Angebot vorgelegt, setze auf Kompromisse und wolle an den Verhandlungstisch zurückkehren. Dort würden Tarifverträge gemacht, verhandelt und gefunden. Aber anstatt endlich zu verhandeln, stürze sich die GDL in den nächsten langen Streik, unter dem das ganze Land leide. Die GDL verschärfe den Konflikt und setze auf Eskalation. Lutz forderte die Gewerkschaft auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Das am Freitag vorgelegt Angebot sah unter anderem eine Option zu einer Stunde weniger Arbeitszeit für Lokführer und Zugbegleiter ab dem 1. Januar 2026 vor. Für neue Verhandlungen reichte dies aber offenbar nicht aus. "Mit dem dritten und angeblich verbesserten Angebot hat die Deutsche Bahn AG erneut gezeigt, dass sie ihren bisherige Verweigerungs- und Konfrontationskurs unverdrossen weiter verfolgt - von Einigungswillen keine Spur", hieß es in der GDL-Mitteilung.

Der nun angekündigte Arbeitskampf wäre der vierte im laufenden Tarifkonflikt. Vor dem Jahreswechsel legte die GDL bei zwei Warnstreiks große Teile des Personenverkehrs lahm, im Januar folgte dann ein dreitägiger Streik mit ähnlicher Wirkung. DB-Personalvorstand Martin Seiler kritisierte am Freitag, dass die GDL Streiks nicht als letztes Mittel einsetze, sondern als Mittel der Selbstinszenierung.

DB-Angebot hat 32-monatige Laufzeit

Das am Freitag präsentierte Angebot der Bahn sieht 4,8 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten ab August und weitere 5 Prozent mehr ab April 2025 vor. Zudem ist die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie gleich nach einem möglichen Tarifabschluss vorgesehen. Die Laufzeit soll dem DB-Angebot zufolge bei 32 Monaten liegen.

Lokführern und Zugbegleitern bietet die Bahn darüber hinaus an, ab dem 1. Januar 2026 die Arbeitszeit bei gleichem Gehalt von 38 auf 37 Stunden zu reduzieren. Wer sich gegen die Absenkung entscheidet, bekommt gemäß dem Angebot stattdessen 2,7 Prozent mehr Geld. In Summe erhielten die Beschäftigten, die bei der aktuellen Arbeitszeit bleiben, mit dem Angebot brutto 13 Prozent mehr Geld als jetzt. Die GDL fordert 555 Euro mehr pro Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie bei 12 Monaten Laufzeit.

Keine Verhandlungen seit 24. November

Viel wichtiger ist der Gewerkschaft den öffentlichen Aussagen zufolge aber eine Arbeitszeitreduzierung für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich. Die Forderung hält die Bahn in diesem Umfang für unerfüllbar, auch weil dann zu viel neues Personal gebraucht werde. Schon jetzt gibt es bei Lokführern und auch in anderen Bahn-Berufen einen Fachkräftemangel.

Der Tarifkonflikt zwischen der Bahn und der GDL läuft seit Anfang November. Die GDL erklärte die Gespräche bereits nach der zweiten Verhandlungsrunde für gescheitert. Seit dem 24. November wurde daher nicht mehr verhandelt. Nach einer Urabstimmung unter den GDL-Mitgliedern sind auch unbefristete Streiks möglich.

Sendung: rbb24 Inforadio, 22.01.2024, 07:40 Uhr

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89 Kommentare

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  1. 89.

    "Für die Kunden scheint sich die GDL genau so wenig zu interessieren. Es gibt sehr viele Menschen, die auf die Bahnen angewiesen sind. Wie kann man davon ausgehen, dass das in irgendeinem Ausmaß eine akzeptable Situation für diese Menschen ist?"

    Das nimmt die GDL einfach in Kauf, denn das Druckmittel für die Streiks sind ja gerade die Kunden. Das ist ja das blöde daran. Man schafft gerade eine Situation, die für die Kunden nicht mehr akzeptabel ist und versucht so, die DB unter Druck zu setzen. Deswegen werden die Streiks auch immer länger. Wir, die Kunden, sind das Druckmittel. Total ungerecht, aber so ist es.

  2. 88.

    Was genau hat ein angemessenes Angebot für den Einstieg in Verhandlungen mit Maximalforderungen zu tun? Wer genau redet denn von Maximalforderungen? Auch der Begriff Geiselhaft klingt im Zusammenhang mit gesetzlich legitimierten Rechten irgendwie spannend, oder?

  3. 86.

    Sorry aber das Angebot der DB ist lächerlich und der Streik demzufolge gerechtfertigt... ja es ist nervig, tut weh und oder schränkt im täglichen Leben ein aber die Limousinen-fahrenden Manager und Aktionäre kriegen sonst ja nix mit!

  4. 85.

    Ich bin enttäuscht, man kauft teure Tickets wird von dem Zug Personal behandelt wie der letzte Dreck, (auf meine letzte Reise passiert) und dann wollen die auf h noch streiken. Ich bin leider nicht mehr in der Lage mir teure Tickets zu leisten, muss daher immer zwischen Berlin und Frankfurt mit den regionalen Bahnen pendeln freitags zu meiner Familie und sonntags zurück das ich montags arbeiten kann.. habe den kompletten Januar meine Kids nicht gesehen ...

  5. 84.

    Mal gespannt wenn viele Lokführer der Bahn den Rücken zudrehen, wenn sie weiterhin kein ernstes Angebot machen und wegen lokführermangel die Hälfte der Züge ausfallen, wie dann von Seiten mancher hier,die Jammern,kein Verständnis haben, gejammert, geheult wird, Ich kann nicht zugfahren, ach Gott wie schlimm ich bin Pflegekraft, ich komme nicht zur Arbeit.

  6. 83.

    So langsam kann ich das nur noch als Satire sehen: und wöchentlich grüßt das Murmeltier. Ich richte mich auf sehr lange Streiks ein, weil ich einfach nicht davon ausgehe, dass sich die DB auf eine 35 Stundenwoche einlassen wird, jedenfalls nicht bei vollem Lohnausgleich. Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Letztes Mal waren es drei Tage, jetzt sind es sechs und beim nächsten Mal wird es noch länger sein, wenn nicht sogar unbefristet. Irgendwann fangen die Kunden an, sich wirklich umzuorientieren und das bringt beiden Seiten nichts, weder der GDL noch der DB.

  7. 82.

    Boni weg!! Maximalforderungen seitens von Weselsky weg.!!! Bahnkunden dürfen nicht regelrecht in Geiselhaft genommen werden. Keinerlei mehr dafür Verständnis. Ran an den Verhandlungstisch, sofort.

  8. 81.

    Ich glaube, Sie wissen nicht wirklich, wie viel Boni auf wie viel tausende betr. Beschäftigte verteilt werden müsste. Und dann zwar monatlich. Glaube, wir würden uns alle die Augen reiben, wie wenig das wäre. Ausserdem steht es jedem frei, sich bei der Bahn in den Vorstand hoch zu arbeiten. Mit allen Konsequenzen. Schon mal überschlagen, was die Forderung bedeutet. Über 10 Prozent Lohnerhöhung plus Reduzierung der Arbeitszeit um etwa 10 Prozent bei voller Lohn Anpassung sind etwa 20 Prozent.

  9. 80.

    Habe vollstes Verständnis.
    Hätte sich die Bahn denken können das nach so einem weiteren lächerlichen,unverfrorenen Angebot gestreikt wird.
    Seiler, Go Home
    Unfähige Leute wie sie braucht es nicht.

  10. 79.

    "Tja, da sage ich mal, Augen auf bei der Berufswahl."
    Warum schreiben Sie das eigentlich? Genau das gleiche Argument könnte man ja auch für die Lokführer anbringen. Das gilt ja nun für jede Berufsgruppe.

  11. 78.

    Es ist einfach nur lächerlich, die vorderung sind viel zu hoch.
    Ein S-Bahn Fahrer bekommt 2600€ ohne Zulagen (mit Zulagen mehr), ich gehe mit 1600€ nach Hause. Ich finde es anmaßend, was die verlangen weniger arbeiten für mehr Geld?? Wo sind wir??

    Ich arbeite in der Reinigung, für die Berliner S-Bahn, ich verdiene nicht Mal Ansatzweise soviel Geld.
    Wir wir nagen an an dem Hungertuch, ich verdiene 12€ die Stunde
    Und muss gucken wie ich die Inflation Schaukele.
    Ein bisschen mehr Fairness wäre schön!!

  12. 77.

    Boni weg beim Vorstand. Weselsky mit seinen Maximalforderungen abschalten, so schnell wie möglich. Die Kunden dürfen nicht regelrecht in Geiselhaft genommen werden. Ran an den Verhandlungstisch.

  13. 75.

    Ich fahre sehr gerne Bahn nur leider kann man sich nicht mehr darauf verlassen. Da hier jemand an der Realität vorbei lebt. Das ist einzig und allein eine Erpressung und an der Realität vorbei. Und man trifft nur die Menschen die die Bahn ja eigentlich unterstützen und oft keine Wahl haben. Die nämlich arbeiten, zur Schule und Uni müssen. Sollte man diese Menschen nicht unterstützen?

  14. 74.

    Den Arbeitskampf den Verdi in der Pflege und im Einzelkandel führte und führt betrachte ich als Riesenwitz. Von solchen Angeboten wie von der Bahn können die mal träumen.

  15. 73.

    Für die Kunden scheint sich die GDL genau so wenig zu interessieren. Es gibt sehr viele Menschen, die auf die Bahnen angewiesen sind. Wie kann man davon ausgehen, dass das in irgendeinem Ausmaß eine akzeptable Situation für diese Menschen ist?

  16. 72.

    Lieber Micha. Ich habe 1200€ Rente. Was meinen Sie, wie das reicht. Ich bekomme keine staatliche Hilfe.

  17. 71.

    Das ist für mich Erpressung. Der Bürger leidet! Es bedarf einer neuen Gesetzgebung und einer Verstaatlichung des für die Bevölkerung notwendigen Personen- und Nahverkehrs. Die hochbezahlten Posten bei der Bahn gehören gestrichen und jegliche Art von Verschwendung beendet.

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