Justizsenatorin Badenberg - Längere Arbeitszeiten im Gefängnis bei Ersatzfreiheitsstrafe gefordert

Sa 17.02.24 | 11:31 Uhr
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JVA und Justitia, Moabit, Berlin (Quelle: IMAGO / Steinach)
Bild: IMAGO / Steinach

Menschen, die eine Geldstrafe nicht bezahlen können, müssen dafür nicht mehr so lange eine sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe im Gefängnis verbüßen, wie bislang. Diese Regelung gilt seit Februar dieses Jahres bundesweit. In Berlin sollen die Bedingungen laut Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos) jedoch an anderer Stelle verschärft werden.

Verurteilte sollen künftig wieder mehr Stunden in der Haft arbeiten. Demnach ist geplant, eine Regelung aus dem Jahr 2021 rückgängig zu machen. Über das Thema soll bei der nächsten Senatssitzung am 20. Februar (Dienstag) beraten werden. Kritiker befürchten, dass Betroffene Arbeitsprojekte im Gefängnis abbrechen und letztlich doch länger in Haft bleiben.

Haftdauer abhängig von Tagessätzen

Wie viele Tage jemand ins Gefängnis kommt, weil er eine Geldstrafe nicht zahlt, richtet sich nach der Anzahl der verhängten Tagessätze. Bislang war das die volle Anzahl, seit Anfang des Monats muss nur noch die Hälfte der Tagessätze verbüßt werden.

Eine weitere Reduzierung der Tage hinter Gittern ist möglich, indem Betroffene arbeiten. In Berlin entsprechen derzeit vier Stunden Arbeit einem Hafttag. Auf diese Stundenzahl hatte man sich 2021 geeinigt, weil Betroffene oft - etwa wegen psychischer Probleme oder einer Suchterkrankung - nicht in der Lage sind, länger zu arbeiten. Nun soll die Stundenzahl wieder auf sechs erhöht werden. Um eine "Doppelbegünstigung" zu vermeiden, wie ein Sprecher der Senatsjustizverwaltung auf Anfrage erklärte.

"Die Justizsenatorin schadet mit dieser Vorlage der Justiz und den Gefangenen", meinte Linke-Politiker Sebastian Schlüsselburg. "Eine beträchtliche Anzahl der Klienten ist nicht in der Lage, länger als vier Stunden pro Tag zu arbeiten", heißt es in einem Positionspapier des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin. Die Reduzierung der Arbeitsstunden von sechs auf vier sei seinerzeit aus gutem Grund erfolgt, sagte Irina Meyer, die für die Straffälligen- und Opferhilfe zuständig ist.

"Falsches Signal"

"Politisch ist es das falsche Signal", meinte Arne Semsrott, der mit dem Projekt "Freiheitsfonds" Menschen aus der Haft freikauft, die eine sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen. Es sei gewollt, dass die Menschen in der Haft arbeiteten. Mit einer höheren Stundenzahl würden Anreize dafür verringert - und riskiert, dass es zu längeren Haftzeiten komme für Menschen, die eigentlich lediglich zu einer Geldstrafe verurteilt worden seien.

Ersatzfreiheitsstrafe für Fahren ohne Fahrschein

Aus Sicht von Linke-Politiker Schlüsselburg würde eine Veränderung der Tilgungsverordnung, wie die Regelung formell heißt, zu einer Belastung des Vollzugs führen und den Steuerzahler unnötig Geld kosten. "Jeder Hafttag kostet uns etwa 220 Euro. Die Haftplätze brauchen wir nicht für Obdachlose oder hilfsbedürftige Menschen, sondern für echte Straftäter", sagte er.

Laut Schlüsselburg befanden sich am 14. Februar 348 Menschen in Haft, die eine sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe verbüßten. Viele von ihnen wurden verurteilt, weil sie ohne Fahrschein Busse und Bahnen genutzt haben. Die Auslastung der Berliner Haftanstalten lag am selben Tag bei 86 Prozent. Laut Statistik waren 3.712 der insgesamt 4.328 Plätze belegt.

Sendung: rbb24 Abendschau, 17.02.2024, 19:30 Uhr

29 Kommentare

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  1. 29.

    Seien sie sehr, sehr vorsichtig mit ihren Unterstellungen, das kann auch mal nach hinten losgehen!

  2. 28.

    Sie lesen sehr flüchtig. Es ging ums Einsperren und zwar von Leuten, die ihre Geldstrafe fürs Schwarzfahren nicht bezahlen.
    Ich halte das für unverhältnismäßig solange es um Bagatellen geht. Als Alternative brachte ich Vorschläge ( Sozialausweis, kostenloser ÖPNV ) . Sie hingegen behaupteten, dass Existenzen hier nicht vernichtet würden, was schon anhand der Obdachlosenzahlen ins Reich der Märchen verwiesen werden kann. Übrigens gilt bei vielen auch der Verlust der eigenen Firma oder des Arbeitsplatzes als Existenzvernichtung, aber das nur nebenbei. Dass Menschen nach einem Jahr Arbeitslosigkeit im Harzsystem (heute Bürgergeld)landen und quasi vom Amt abhängig sind, empfinden sie vielleicht als sozial, ich nicht ! Menschen, die ,wie sie behaupten, nicht bedürftig sind, gehen also freiwillig in den Knast, um die Geldstrafe zu sparen. Komisch dass der Wohlfahrtsverband in dem Artikel davon sprach, dass viele nur wenige Stunden am Tag arbeitsfähig sind.

  3. 27.

    Ihre Geschichtskenntnisse sind derart lückenhaft, das ist schon unglaublich. Dafür lehnen sie sich aber immer wieder weit aus dem Fenster.

    Durch ihre "soziale Absicherung" können sie schneller fallen wie sie "Bürgergeld" buchstabieren können. Und wer meint man müsse wegen Schwarzfahren inhaftiert werden, der macht sich lächerlich.

    Wenn sie Milliarden hinterziehen, sich einen teuren Anwalt leisten können und dann noch zu den "Stützen der Gesellschaft" gehören, dann können sie sich ganz schnell freikaufen. Das sind dann solche lächerlichen Beträge die bezahlen solche Leute aus der Portokasse.

    Wie der Radikalenerlass mißbraucht wurde (erst 1991 in Bayern abgeschafft!) steht nicht auf meinem Blatt, sondern in den Geschichtsbüchern. Kann man nachlesen und das sollten sie auch tun um ihre erschreckenden Bildungslücken zu schließen.

  4. 26.

    Wer sind denn meine "Ihres gleichen!" [sic!] ?

    Vom Radikalenerlass waren in den seltesten Fällen Extremisten betroffen. Wie gesagt das kann man nachelsen wie und von wem und wozu der mißbraucht wurde.

    Betroffene fordern Entschädigungen und ihre vollständige Rehabilitierung. Als erstes Land der Bundesrepublik beschloss Niedersachsen 2016 die Einrichtung einer Kommission „zur Aufarbeitung der Schicksale der von niedersächsischen Berufsverboten betroffenen Personen und der Möglichkeiten ihrer politischen und gesellschaftlichen Rehabilitierung“. Begründet wurde der Landtagsbeschluss u. a. mit der Feststellung, es handle sich bei den „Berufsverboten“ „um ein unrühmliches Kapitel in der Geschichte Niedersachsens“.

    In viel zu wenigen Fällen gab es eine gerichtliche Audarbeitunh mit anschließender Wiedergutmachung und lächerlich geringe Schadensersatzzahlungen, so im Fall Csaszkóczy.

  5. 25.

    Ja, das steht auf Ihren Blatt, und Ihres gleichen!
    Tja, wer Extremisten im öffentlichen Dienst haben möchte, der muss sich ein passendes Land suchen.

  6. 24.

    Hierzulande gibt es soziale Absicherung, man muss nicht stehlen und betrügen um über die Runden zu kommen.
    Übrigens, die meisten Schuldigen, die sind nicht auf Sozialleistungen angewiesen.

  7. 23.

    Offensichtlich sind ihnen Begriffe wie Massenarbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit, Erwerbsunfähigkeit völlig unbekannt. Das zeugt nicht gerade von Empathie.
    Es ging übrigens um Schwarzfahren nicht um andere Delikte, wobei natürlich ein Ladendiebstahl unter100€ für mich auch eine Bagatelle ist, wenn es mal vorkommt. Aber das ist ja Ansichtssache. Punkt

  8. 22.

    Sie haben die falsche Behauptung aufgestellt "Hierzulande werden berufliche Existenzen nicht vernichtet, das gab es bei Regimegegnern in der DDR! " und die habe ich vollumfänglich widerlegt.

    Wozu besonders die cDU/cSU regierten Länder den Radikalenerlass mißbraucht haben steht auf einem anderen Blatt.

  9. 21.

    Ein Rechtstaat sollte im öffentlichen Dienst keine Verfassungsfeinde beschäftigen, die müssen sich in der Privatwirtschaft eine Arbeit suchen, oder sich als Unternehmer versuchen. Punkt.

  10. 20.

    "Sie werden im Gefängnis voll umfänglich mit warmem Wohnraum und mit Nahrung versorgt und kosten die Gesellschaft sehr viel Geld."

    Und deswegen inhaftiert man Schwarzfahrer? Ihr Zynismus ist unerträglich. Badenberg agiert wie der ganze Senat rechtspopulistisch im Sinne ihrer Law & Order Anhänger. Dieser unfähigste Senat aller Zeiten beschließt eine populistische Maßnahme nach der anderen, in der Hoffnung nach dem Totalversagen (Radspuren, Görlitzer Park usw.) und der offensichtlichen Korruption (Coral World, 820.000 € "Spende", Landeszentralbibliothek, Magnetschwebebahn usw. usf.)wenigstens von den stramm rechten Stammwählern wiedergewählt zu werden.

    Und nicht zuletzt um der rechtsextremen AfD Stimmen abzujagen, hat ja schon mit dem rassistischen Wahlkampf (Vornamen) so gut geklappt. Ein Rattenrennen.

  11. 19.

    Ihr Unwissen ist ja erschreckend, selbstverständlich werden und wurden auch in der BRD Existenzen vernichtet, noch nie vom Radikalenerlass gehört?

    Und Schwarzfahren mit einer Ersatzfreiheitsstrafe zu bestrafen ist ein Unding, dann müßte man notorisches Zweitereiheparken auch mit einer Freiheitsstrafe ahnden.

  12. 18.

    Hierzulande werden berufliche Existenzen nicht vernichtet, das gab es bei Regimegegnern in der DDR!

    Übrigens, Diebstahl,Betrug etc. sind keine Bagatellen, sondern es sind Straftaten. Punkt.

  13. 17.

    Ich verstehe die ganze Diskussion nicht. Laufend erklärt man uns wie toll doch in diesem Land für die Freiheit gesorgt wird. Hier werden Personen, denen zunächst die Existenz vernichtet wurde, für eine Bagatelle eingesperrt. Das hat für mich nichts mit freiheitlich demokratisch zu tun, es ist schlicht menschenverachtend.
    Entweder gibt man Bedürftigen einen Sozialpass, der sie von Zahlungen im ÖPNV befreit oder man macht den Öffi kostenlos für alle. Meine Meinung. Notorischen Schwarzfahrern, die ein Arbeitsverhältnis haben, wird vom Lohn gepfändet, wer zu wenig verdient leistet Sozialstunden. Eingesperrt wird bei solchen Delikten niemand.
    Die DDR war da schon viel weiter ! Stichwort Bagatellstrafrecht

  14. 16.

    Was ist für Sie ein angemessener Lohn? Glauben Sie Strafvollzug ohne Beschäftigung wäre angenehmer? Arbeit kann durchaus dabei helfen, die Resozialialisierung zu ermöglichen, etwas lernen, den Tagesablauf gestalten, sich einordnen.
    Es handelt sich um Menschen, die sich strafbar machten.
    Wer eine Kur bewilligt bekommt oder ins Krankenhaus muss, der muss meist zuzahlen, obwohl er sich nicht strafbar machte und artig seine Sozialbeiträge zahlte. Denken Sie bitte nochmal darüber nach, was den Unterschied ausmacht und ob wem letzenendes für die Unterbringung von Straftätern in die Tasche gegriffen wird, ob er will oder nicht.

  15. 15.

    Das ist in den ganz überwiegenden Fällen der Fall und gelebte Praxis.
    Ersatzfreiheitsstrafe kommt erst, wenn nichts mehr greift.

  16. 14.

    Was für ein Unsinn, den Sie da schreiben.
    Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal...

  17. 13.

    Das ist ja eine super Kalkulation, in etwa so teuer wie ein Platz im Altersheim! Werden Strafgefangene eigentlich gewaschen oder duschen die alleine?

  18. 12.

    Zahlen die Knäste inzwischen angemessenen Lohn für die Zwangsarbeit? Oder werden Häftlinge einfach weiter zur Resozialisierung ausgebeutet.

  19. 11.

    Frau Senatorin sieht die Einnahmequellen wegschwimmen.
    In immer mehr Städten wird "schwarzfahren" nicht mehr zur Anzeige gebracht, Die Zeit bis zur Beratung einer bundesweiten Aufhebung des Straftatbestandes im Bundestag ist auch gezählt.
    Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Klientel fehlt.
    Und dann gbt es aber in den Werkstätten verträge mit dritten, die irgendwie erfüllt werden müssen....

    Ach.

  20. 10.

    Sie haben etwas ganz wichtiges nicht verstanden!
    Der Freiheitsfonds kauft auch nicht jeden frei! Lesen Sie mal nach, was da für Bedingungen dran hängen.
    Und jetzt nochmal zurück auf Anfang:
    Wer durch das Bürgergeldnetz fällt, ist nicht in der Lage 15 Wochenstunden arbeiten zu gehen.
    Oh. Das sind ja nur 2,5 Stunden je Werktag!
    Und nun nochmal nachdenken, warum es die Regelung überhaupt gab.

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