Geplantes Katastrophen-Warnsystem - Nur etwa ein Drittel der Sirenen in Berlin ist einsatzbereit
Berlin hat beim Katastrophenschutz weiter großen Nachholbedarf. Der Aufbau von Warnsirenen geht nur schleppend voran. Das Ziel, ein umfassendes Warnsystem zu schaffen, hat der Senat nun erneut verschoben. Von Sabine Müller und Boris Hermel
Das Land Berlin hinkt beim Katastrophenschutz weiter hinterher. Der vom Senat eigentlich schon für Ende 2022 angekündigte Aufbau von 411 Warnsirenen in Berlin verzögert sich nochmals deutlich. Wie die Senatsinnenverwaltung dem rbb auf Anfrage mitteilte, ist aktuell nur etwa ein Drittel der geplanten Anlagen komplett einsatzbereit.
Laut Sprecherin Sabine Beikler waren Anfang März 218 Sirenen installiert, von der Feuerwehr abgenommen und damit voll funktionstüchtig waren 140 davon. Weitere 45 Sirenen seien derzeit konkret in Planung, "wodurch wir kontinuierlich auf unser Ziel hinarbeiten, ein umfassendes Warnsystem für Berlin zu schaffen," so die Sprecherin.
Ende 2024 soll Installation abgeschlossen sein
Ursprünglich wollte der Senat die 411 flächendeckend über die Stadt verteilten Sirenen bereits Ende 2022 installiert haben. Nach Verzögerungen gab Innensenatorin Iris Spranger (SPD) dann als neues Zieldatum Ende 2023 aus. Nun heißt es: "Wir sind zuversichtlich, dass alle geplanten Sirenen noch im Jahr 2024 vollständig installiert und in Betrieb genommen werden können."
Die Senatsinnenverwaltung begründet die neuerlichen Verzögerungen mit "aufwändigen und vielschichtigen Abstimmungsprozessen", die bundesweit zu Verzögerungen geführt hätten und "keinesfalls zufriedenstellend" seien. Anfängliche Lieferschwierigkeiten seien mittlerweile zwar überwunden. Die Suche nach geeigneten Dachstandorten nehme jedoch sehr viel mehr Zeit in Anspruch als erwartet, so Sprecherin Beikler. Das liege vor allem daran, dass jede Sirene rund 400 Kilo wiege. Daher seien für jedes in Frage kommende Dach komplexe Statikprüfungen erforderlich.
Negative Erfahrungen beim Warntag als Anlass
Aus der Opposition kommt dennoch Kritik: "Dieser Senat kommt beim Katastrophenschutz einfach nicht voran," sagt der Linken-Innenexperte Niklas Schrader, offenbar brauche es mehr politischen Druck. Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Vasili Franco, nennt es "mehr als ärgerlich", dass sich der Aufbau der Sirenen seit zwei Jahren in die Länge ziehe. Bisher sei der Katastrophenschutz in Berlin dürftig aufgestellt und nicht nachhaltig abgesichert, so Franco. Beide Fraktionen wollen den schleppenden Sirenenaufbau nun am kommenden Montag im Innenausschuss zum Thema machen, wo eine Anhörung zum Bevölkerungsschutz geplant ist.
Die Innenexperten der Regierungsfraktionen CDU und SPD nehmen die Innenverwaltung in Schutz. Angesichts der Tatsache, dass im vergangenen Sommer erst 60 Sirenen installiert gewesen seien, gehe es jetzt mit 218 fertigen Anlagen doch voran, findet der innenpolitische Sprecher der CDU, Burkard Dregger. Dennoch merkt er an: "Mit Terminzusagen soll man vorsichtig sein, es gibt externe Einflüsse, die man nicht kontrollieren kann." Derzeit habe er aber keinen Anlass daran zu zweifeln, dass die Innenverwaltung stringent handle. SPD-Innenexperte Martin Matz sieht die Sireneninstallation jetzt auf "gutem Weg", er setzt darauf, dass in einem Jahr alle 411 Standorte funktionsfähig sind.
Anlass für die Installation der Sirenen waren negative Erfahrungen beim bundesweiten Warntag im Jahr 2020. Der Bund hatte sich damals dazu entschlossen, ein Förderprogramm zur Stärkung des Sirenennetzes aufzulegen. Für Berlin stehen aus dem Programm 4,5 Millionen Euro zur Verfügung. Ende 2023 hatte die Bundesregierung ein zweites Förderprogramm aufgelegt, aus dem Berlin weitere knapp 430.000 Euro bekommt. Damit sollen zusätzlich zu den geplanten 411 Sirenen weitere 39 Anlagen installiert werden.
Sendung: Fritz, 14.03.23, 07:30 Uhr