Brandanschlag bei Grünheide (Oder-Spree) - Tesla-Produktion steht tagelang still - Innenminister will Täter "jagen"
Eine linksextreme Gruppe hat sich zum Brandanschlag auf einen Strommast bekannt, der zu massiven Ausfällen bei Tesla und in Kommunen führte. Der Innenminister will hart durchgreifen. Am Dienstagabend gab es derweil neue Stromausfälle.
Hinweis: Dieser Artikel wird nicht mehr aktualisiert. Unsere aktuellen Informationen zum Anschlag und den Stromausfällen finden Sie hier.
- Brennender Strommast führt zu massivem Blackout im Südosten Berlins
- am Dienstagabend neue Stromausfälle in der Region
- Produktion bei Tesla steht noch tagelang still
- "Vulkangruppe" bekennt sich zu Anschlag
- Innenminister Stübgen kündigt konsequente Verfolgung an
- Wirtschaftsminister Steinbach stellt Duldung des Protestcamps in Frage
- Tesla-Chef Musk nennt Täter "extrem dumm"
Auf einen Strommast in der Nähe der Tesla-Autofabrik in Grünheide (Oder-Spree) ist am Dienstagmorgen mutmaßlich ein Brandanschlag verübt worden. Durch den Brand fiel in zahlreichen umliegenden Gemeinden der Strom aus. Auch im Tesla-Werk wurde die Produktion unterbrochen.
Am späten Dienstagvormittag gab der Stromversorger Edis vorerst Entwarnung: Die umliegenden Gemeinden im Landkreis Oder-Spree könnten wieder mit Strom versorgt werden. Ausnahme seien die große Industrieanlage in Grünheide selbst sowie ein Logistikzentrum. Edis-Experten seien vor Ort und bereiteten die Reparatur des beschädigten Masts vor, hieß es. Sie beginne nach Freigabe durch die Ermittlungsbehörden.
Am Dienstagabend kam es dann aber erneut in der Gegend zu Stromausfällen, auch in Berlin. In der Hauptstadt hatten knapp 2.000 Haushalte sowie 90 Gewerbebetriebe in den Ortsteilen Rahnsdorf, Müggelheim und Neukölln bis etwa 20:40 Uhr keinen Strom. Nach Polizeiangaben ist dafür nach wie vor das Umspannwerk in Erkner verantwortlich, das ebenfalls durch den Brandanschlag beeinträchtigt wurde. Es müsse hier auch in den kommenden Stunden immer mal wieder mit Stromausfällen gerechnet werden, sagte ein Polizeisprecher dem rbb.
Der Brand an dem Hochspannungsmast bei Freienbrink war am Dienstagmorgen entdeckt worden. Der Leitstelle Oderland zufolge brannte es auf einem Acker zwischen Gosen-Neu Zittau und Steinfurt. Die Feuerwehr sei gegen 5:15 Uhr zu dem Brand gerufen worden, hieß es.
Durch den Brand fiel in den umliegenden Gemeinden Freienbrink, Erkner, Gosen, Neu Zittau, Dahlwitz-Hoppegarten, Neuenhagen, Woltersdorf und Schöneiche zeitweise der Strom aus. In den genannten Orten wohnen rund 60.000 Menschen.
In Berlin waren laut Stromnetz Berlin bis zum Vormittag 3.000 Haushalte vom Stromausfall betroffen, in Rahnsdorf und Müggelheim, beides Ortsteile von Treptow-Köpenick. Diese Haushalte hängen am Umspannwerk Erkner.
Mehrere hundert Millionen Euro Schaden für Tesla
Auch die Produktion im Tesla-Werk kam zum Erliegen. Die Fabrik wurde direkt nach dem Stromausfall gegen 5:30 Uhr evakuiert. Die Mitarbeiter seien nach Hause geschickt und Maßnahmen zur Sicherung der Produktionsanlagen getroffen worden.
Von der deutschen Tesla-Geschäftfsführung hieß es am Dienstagnachmittag auf einer Pressekonferenz, die Produktion werde für den Rest dieser Woche stillstehen. Man hoffe, Anfang nächster Woche den E-Autobau wieder aufnehmen zu können. Durch den mehrtägigen Produktionsausfall entstünden Unkosten "im hohen neunstelligen Bereich". Derzeit laufen in Grünheide rund 6.000 E-Autos pro Woche vom Band. Der Grundpreis für das dort produzierte Model Y liegt bei rund 45.000 Euro.
Die Sicherheitssysteme im Unternehmen hätten vorschriftsmäßig funktioniert, sagte ein Mitglied der Geschäftsführung. Es sei niemand verletzt worden, auch die Technik habe keinen Schaden genommen.
"Wir sind tief, tief bestürzt über das, was heute passiert ist", sagte Tesla-Vertreter André Thierig. Es sei bereits der zweite direkte Anschlag auf die Stromversorgung der Fabrik. Hinzu komme ein dritter Anschlag auf die Eisenbahnanlage in der Nähe. Tesla sei inzwischen sehr besorgt um die Sicherheit der Mitarbeiter. Es handele sich aus Sicht von Tesla klar um einen "Anschlag auf diese Industrieansiedlung" in Brandenburg, sagte Thierig. Ob dies Auswirkungen auf den weiteren Ausbau der Fabrik haben könnte, könne er derzeit nicht sagen.
Bekennerschreiben der "Vulkangruppe"
Die Polizei geht mittlerweile von einem Brandanschlag aus. Laut Polizei steht der betreffende Strommast frei auf einem Feld und ist nicht umzäunt.
Im Fokus der Ermittlungen dürfte die linksextremistisch eingestufte "Vulkangruppe" stehen, die sich in einer Mail zu einem Anschlag auf die Stromversorgung bekannt hat. "Wir haben heute Tesla sabotiert", heißt es in dem Schreiben: "Wir haben uns mit unserer Sabotage den größtmöglichen Blackout der Gigafactory zum Ziel gesetzt." Starkstromleitungen seien "flambiert" worden, denn "Schäden an Kabelmuffen sind oft in der Behebung des Schadens langwierig und teuer". Das Feuer am Strommast sollte groß und hoch sein, "um die Stahlkonstruktion zu schwächen und eine Instabilität des Masts herbeizuführen". Daher seien auch Autoreifen aufgestapelt worden.
Die "Vulkangruppe" war in der Vergangenheit bereits mutmaßlich für mehrere Brandanschläge im Raum Berlin-Brandenburg verantwortlich. So wurde beispielsweise 2018 in Berlin-Charlottenburg ein Starkstromkabel zerstört, um ein Technologie-Unternehmen zu treffen. Im Jahr 2020 hat es einen Brandanschlag auf einen Kabelschacht in Berlin gegeben, um die Entwicklung einer Corona-App zu behindern.
Auch Tesla selbst war vermutlich bereits Ziel der Gruppierung. Im März 2021 ist es 500 Meter von der Werks-Baustelle entfernt zu einem Feuer gekommen, bei dem auch ein kleines Waldstück von etwa drei Quadratmetern in Flammen aufging. Dabei wurden auch Kabel beschädigt, die die Baustelle mit Strom versorgt hatten.
Stübgen: "Wir werden sie jagen!"
Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) hat derweil den Tätern eine konsequente Strafverfolgung angedroht. Stübgen sagte am Dienstagabend in rbb24 Brandenburg aktuell zur "Vulkangruppe": "Das sind Kriminelle, die auch billigend in Kauf nehmen, dass Menschen zu schaden oder zu Tode kommen durch ihre Anschläge. Das sind Verbrecher - und wir werden sie jagen mit allen Mitteln, die unser Rechtsstaat zur Verfügung stellt."
Außerdem versprach Stübgen, es werde alles getan, um die Stromversorgung wieder aufzunehmen. Und ähnlich neuralgische Punkte wie der in Brand gesetzte Strommast würden jetzt vermehrt kontrolliert, denn "die Vulkangruppe hat ja Wiederholung angekündigt. Sie hat angekündigt, sie will ganz Tesla verbrennen, so dass wir diese Wiederholung verhindern können."
Steinbach: Duldung der Waldbesetzung wird überprüft
Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) sprach auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Tesla-Vertretern von einem "terroristischen Akt". Der Brand am Strommast habe die ganze Region getroffen - Zehntausende Menschen in sechs Gemeinden sowie Krankenhäuser und Altenheime, wo Menschen teils auf Sauerstoffversorgung angewiesen seien, sagte der Minister. "Es ist von denjenigen, die diesen Anschlag verübt haben, billigend in Kauf genommen worden, dass Menschen dadurch verletzt werden. Ich glaube, das ist eine neue Qualität, die wir an der Stelle haben."
Tesla sagte er im Namen der Brandenburger Landesregierung "die volle Unterstützung" zu, auch was die Absicherung des Tesla-Geländes sowie die kritische Infrastruktur in der Region betreffe. In dem Zusammenhang schloss Steinbach auch nicht aus, die zunächst bis zum 15. März beschränkte Duldung der Waldbesetzung neben dem Tesla-Areal nicht zu verlängern bzw. die Duldung an sich zu überdenken. Das Landesinnenministerium bewerte derzeit die Lage neu, so Steinbach.
Inzwischen hat sich auch Tesla-Chef Elon Musk zu den Ereignissen in Grünheide geäußert: "Das sind entweder die dümmsten Öko-Terroristen der Welt oder sie sind Marionetten jener, die keine guten ökologischen Ziele haben", schrieb er auf "X" (vormals Twitter). "Lieber die Produktion von E-Autos als die von Verbrennerautos zu stoppen, ist extrem dumm."
Umweltaktivisten distanzieren sich
Die Umweltaktivisten, die seit Tagen den benachbarten Wald mit Baumhäusern besetzen, distanzieren sich ausdrücklich von dem Vorfall. Die Aktivisten von "Robin Wood" wiesen eine Beteiligung an der Aktion zurück. "Robin Wood ist eine gewaltfreie Aktionsgemeinschaft für Natur und Umwelt, die seit über vier Jahrzehnten für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen streitet", teilte die Gruppe mit.
Der Verein für Natur und Landschaft in Brandenburg bezeichnete den Vorfall als Mitglied des Bündnisses "Tesla den Hahn abdrehen" als schädlich für die Anliegen der verschiedenen Initiativen. Von der Gruppe "Tesla Stoppen" hieß es, man habe vom Brand aus der Presse erfahren. "Unsere Art des Widerstands ist eine Wasserbesetzung. Mit unseren Körpern und Baumhäusern stellen wir uns der Erweiterung der Fabrik entgegen. Dabei gefährden wir keine Menschenleben."
Sendung: Antenne Brandenburg, 05.03.2024, 11:00 Uhr
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