Baustellen auf der A10 - Werder (Havel) befürchtet Verkehrskollaps
Im Stadtgebiet von Werder (Havel) staut sich der Verkehr aktuell deutlich mehr als sonst. Grund sind zwei Baustellen auf der A10. Die Stadt fordert, eine dritte geplante Baustelle zeitlich zu verschieben. Das ist aber keine Option. Von Philipp Rother
Die Menschen in Werder (Havel) im Landkreis Potsdam-Mittelmark leben idyllisch zwischen Seen und Havel. Aktuell mischt sich aber Frust in die kleinstädtische Ruhe. Denn für die sieben Kilometer aus der Innenstadt zum Supermarkt brauchen die Werderanerinnen und Werderaner derzeit teils mehr als 90 Minuten.
Mehr noch: Grundschüler aus einem Ortsteil der Stadt hätten zuletzt 2,5 Stunden für den eigentlich kurzen Heimweg gebraucht, berichtete Vize-Bürgermeister Christian Große (CDU) dem rbb: "Seit vier Wochen ersaufen wir hier im Umleitungsverkehr." Das sei nicht tragbar.
Bauarbeiten sollen anderthalb Jahre dauern
Grund sind zwei Baustellen zwischen dem Dreieck Werder und Leest auf der A10, die westlich des Werderaner Stadtgebiets verläuft. Schon länger läuft der Brückenneubau nahe Groß Kreutz, im Juni hat dann auch die Instandsetzung der Havelbrücke zwischen Phöben und Leest begonnen. "Das sind Brückenbauwerke, die saniert werden - teils seit dem letzten Jahr. Das ist nicht neu", sagte Ralf Brodel, Sprecher der zuständigen Autobahn GmbH, dem rbb.
Auf der Autobahn bilden sich durch die Baumaßnahmen regelmäßig Staus - auch am Wochenende. Viele Menschen verlassen dann die Autobahn und folgen der vermeintlich kürzeren Umgehungsstrecke. Der Verkehr verlagert sich nach Werder und in die an der Autobahn liegenden Ortsteile Glindow, Phöben sowie Derwitz.
"Hochmoderne Navigationsgeräte kennen alle Straßen - Anliegerstraßen werden daher auch von Schwerlasttransporter und 40-Tonner benutzt", so Große. "Massive Probleme" seien die Folge und kaputte Straßen: "Die ersten Borde sind durch den Schwerlastverkehr schon zertrümmert worden." Schon jetzt rechnet die Stadt mit 20.000 Euro Reparaturkosten.
Die Stadt sei von der zuständigen Autobahn GmbH des Bundes über die Baustellen nicht informiert worden, kritisierte Große. Insgesamt sollen die Bauarbeiten anderthalb Jahre dauern.
Weitere Baustelle auf der A10 in Planung
Im August soll dann auch noch die Fahrbahnsanierung zwischen dem Dreieck Werder und Groß Kreutz beginnen. "Wir reden aktuell von zwei Großbaustellen auf neun Kilometern", sagte Große. "Wenn jetzt noch eine dritte Baustelle hinzukommt, haben wir den Verkehrskollaps in der Stadt."
Die Stadt hatte den Dialog mit der Autobahn GmbH des Bundes gesucht. Das war laut Große wenig erfolgreich. Grundsätzlich sei zu begrüßen, dass die Autobahn GmbH die Infrastruktur pflegt und erhält. "Aber hier muss man ganz klar von einer unterirdischen Informationspolitik und einer saumäßigen Koordination sprechen", sagte Vize-Bürgermeister Große. Die Autobahn GmbH bewege sich nach Gutherrenart.
Die Autobahn GmbH reagierte verwundert auf die Vorwürfe und widersprach: "Es gab immer einen engen Austausch mit der Stadt Werder. Zudem gibt es eine sehr, sehr enge Abstimmung mit dem Landkreis Potsdam-Mittelmark", sagte Sprecher Brodel. "Wir gehen auch immer davon aus, dass die zweitgrößte Stadt des Landkreises in den Informationsfluss eingebunden ist."
Große fordert "ordentlichen Dialog"
Die Stadt kritisierte zudem, dass ihre Ideen abgelehnt worden seien - von der Polizei, von der Autobahn GmbH und auch vom Landestraßenbetrieb. Daraufhin hat sich die Stadt nun an das Verkehrsministerium gewandt: "Wir müssen jetzt Druck machen, dass die dritte Baustelle definitiv nicht kommt und bestimmte Straßen in unserer Stadt für Fahrzeuge über 7,5 Tonnen gesperrt werden", so Große.
Die Antwort vom Bundesverkehrsministerium steht noch aus. Große sagte, er hoffe, dass danach ein "ordentlicher Dialog" mit der Autobahn GmbH möglich ist. Bislang sei die Kommunikation "nicht hinnehmbar" gewesen. Die Städte und Kommunen an der Autobahn seien mit den Problemen allein gelassen worden.
Zuständigkeiten nicht klar definiert?
"Wir können von einem Unternehmen des Bundes erwarten, dass es unsere Stadt mit seinen Baustellen nicht ins komplette Chaos stürzt", sagte Große. Seine Forderung ist daher eindeutig: "Die dritte Baustelle muss ausgesetzt werden, bis wir hier alle gemeinsam zu halbwegs machbaren Lösungen gekommen sind."
Eine Verschiebung sei aber nicht möglich, sagtte der Sprecher der Autobahn GmbH. "Diese Projekte sind langfristig geplant, die sind miteinander koordiniert und abgestimmt - im Übrigen auch mit dem Landkreis Potsdam-Mittelmark, wozu die Stadt Werder auch gehört." Die Baumaßnahmen könnten daher nicht "mal eben so" verschoben werden.
Auf Anfrage erklärte der Landkreis Potsdam-Mittelmark dem rbb, dass die Zuständigkeiten "sonnenklar" seien: "Der Kreis ist bei der Instandsetzung der Havelbrücke nicht als Verkehrsbehörde zuständig und war daher folglich nicht an der Abstimmung mit der Autobahn GmbH des Bundes beteiligt – hier ist die Stadt Werder (Havel) als Straßenverkehrsbehörde Ansprechpartnerin für die Verkehrsführung und mögliche verkehrsrechtliche Fragen."
Fest steht in jedem Fall, dass das Verkehrschaos im Werderaner Stadtgebiet in den kommenden Wochen und Monaten nicht weniger werden wird.
Mit Material von Mario Köhne, Stefanie Brockhausen und Diana Azzam
Sendung: Antenne Brandenburg, 01.07.2024, 10 Uhr