Ermittlungen - Berliner Palliativarzt soll acht Patientinnen aus Mordlust getötet haben
Seit August sitzt ein Berliner Palliativarzt in Untersuchungshaft, weil er mehrere Patientinnen getötet haben soll. Bisher war von vier Opfern die Rede, nun wird dem Mann bereits achtfacher Mord vorgeworfen. Sein Motiv: offenbar Mordlust.
- Berliner Palliativarzt soll mehr Menschen getötet haben als angenommen
- Ihm wird nun achtfacher Mord vorgeworfen
- Staatsanwaltschaft geht von Motiv der Mordlust aus
Polizei und Staatsanwaltschaft in Berlin ermitteln gegen einen Palliativarzt jetzt wegen achtfachen Mordes. Wie die Behörden am Donnerstag gemeinsam mitteilten, gehen die Ermittler davon aus, dass Johannes M. aus Mordlust getötet hat.
Der inzwischen 40-Jährige sitzt seit August in Untersuchungshaft. Damals wurde er wegen vierfachen Totschlags mit anschließender Brandstiftung verhaftet. Die Vorwürfe: Er soll mehrere seiner Patientinnen getötet und im Anschluss deren Wohnungen angezündet haben, um die Taten zu verdecken. Ein Motiv war zunächst unklar. Habgier schlossen die Ermittler schnell aus, da bei keinem der Opfer Wertgegenstände fehlten.
"Im Rahmen der weiteren Ermittlungen haben sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass hier tatsächlich ein Mordmerkmal vorliegt", sagte Oberstaatsanwalt Sebastian Büchner dem rbb. Es handele sich um das Merkmal der Mordlust und bedeute, dass es keine weitere Motivation für die Tat gebe - außer dem reinen Interesse, Menschen zu töten.
Weitere Opfer nicht ausgeschlossen
Eine eigens ins Leben gerufene Ermittlungsgruppe des Morddezernats prüft seitdem weitere Todesfälle. Zwei mutmaßliche Opfer wurden dafür exhumiert. Zusätzlich zu den vier bislang bekannten Opfern soll der Arzt noch mindestens zwei Männer und zwei Frauen getötet haben.
Die Ermittler wollen nicht ausschließen, dass es darüber hinaus noch weitere Fälle gibt. Die Auswertungen der Krankenakten dauerten an, sagte Oberstaatsanwalt Büchner. "Es sind noch eine Reihe von Patientenakten, die ausgewertet werden, und insofern wird man sehen müssen, ob es jetzt bei dem dringenden Tatverdacht in diesen acht Fällen bleibt, oder ob möglicherweise noch weitere Fälle dazukommen."
Sieben Taten sollen sich 2024 ereignet haben
Laut Ermittlern soll der Mediziner, der bei einem Pflegedienst angestellt war, seinen Opfern jeweils ein tödliches Medikamentengemisch verabreicht haben, ohne dass es dafür eine medizinische Indikation gab.
Die Taten sollen sich in einem Zeitraum zwischen 2022 bis 2024 ereignet haben:
- 24. Juni 2022: Eine 70-Jährige stirbt in Tempelhof, anschließend wird Feuer in ihrer Wohnung gelegt.
- 29. Januar 2024: Tod einer 70-Jährigen in Neukölln
- 4. bzw. 29. April 2024: Tod einer 61-Jährigen in Schöneberg und einer 83-Jährigen in einem Hospizzimmer in Köpenick
- 11. Juni 2024: Eine 87-Jährige stirbt in Neukölln, anschließend wird in ihrer Wohnung Feuer gelegt.
- 8./15./24. Juli 2024: Tod einer 76-Jährigen und einer 94-Jährigen in Neukölln, eine 72-Jährige stirbt in Plänterwald. Auch bei diesen Fällen wurde Feuer in den jeweiligen Wohnungen gelegt.
Verdächtiger hat sich in Dissertation mit Tötungsdelikten befasst
Nach rbb-Informationen hat der Verdächtige sich in seiner Dissertation als Mediziner wissenschaftlich mit Tötungsdelikten beschäftigt, dabei unter anderem mit der Dunkelziffer, also unentdeckten Tötungsdelikten, und mit Patiententötungen. Vor seiner Tätigkeit in Berlin war er laut Social-Media-Profil unter anderem in Kliniken und Praxen in Berlin, Nordrhein-Westfalen und Hessen tätig.
Der Arzt, der in der JVA Moabit in Untersuchungshaft sitzt, hat sich bisher zu keinem der Vorwürfe geäußert.
Palliativmediziner arbeiten mit Patienten, die in der Regel unheilbar krank sind. Im Vordergrund steht die Linderung von Schmerzen und die Behandlung von psychischen Problemen. Ziel ist der Erhalt eines möglichst hohen Grades an Lebensqualität bis zum Tod.
Ehemaliger Arbeitgeber hilft bei Aufklärung
Mitarbeiter des Pflegedienstes, für den der Mediziner arbeitete, zeigten sich - wie bereits nach Bekanntwerden der ersten Vorwürfe - zutiefst erschüttert. "Der gesamte Sachverhalt ist für uns weiterhin unbegreiflich. Wir waren erschüttert über das Ausmaß der Ermittlungen und sind es auch angesichts der aktuellen Erkenntnisse", teilte die Geschäftsführung mit. Die vollständige Aufklärung habe Priorität, hieß es damals.
"Wir haben intensiven Anteil an der Aufklärung der Hergänge und kooperieren weiterhin bestmöglich mit der Staatsanwaltschaft."
Sendung: Fritz vom rbb, 28.11.2024, 11:30 Uhr