Verbraucherzentralen warnen - Tickethändler oder Ticketbörse? Der feine aber vielleicht fatale Unterschied

Do 30.01.25 | 06:12 Uhr
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Besucher verfolgen ein Konzert auf einem Musikfestival. (Quelle: dpa/Jens Kalaene)
Bild: dpa/Jens Kalaene

Billie Eilish, Linkin Park und Robbie Williams, sie alle haben eins gemein: ausverkaufte Konzerte 2025 in Berlin. Und doch versprechen einige Ticketbörsen das Unmögliche möglich zu machen und bieten Tickets zum Verkauf an. Wie geht das? Von Hari Sas

Ticketbande bietet auf seiner Website Konzerttickets und Eintrittskarten für Sport- und Freizeitveranstaltungen an, die sonst überall ausverkauft sind. Als großer Fan sieht man dabei vielleicht auch über die hohen Preise hinweg. Also zuschlagen und auf das Wunder hoffen? Nein, raten Veranstalter und Verbraucherzentralen.

Ohne je eine Chance auf ein Ticket

Auf den ersten Blick wirkt die Website des Anbieters Ticketbande wie jede andere Verkaufsseite für Events: Professionell, aufgeräumt, schöne Bilder, ein klares Farbkonzept. Mit wenigen Klicks findet man auch praktisch jedes Event, das einen interessieren könnte. Von Bundesliga über Stand-Up-Comedy bis zu Konzertereignissen ist alles dabei.

Was auffällt: es sind vor allem größere Veranstaltungen von bekannten Acts. Was auch auffällt: Sowohl für ausverkaufte als auch für abgesagte Veranstaltungen werden auf Ticketbande.de noch Karten angeboten. Abgesagt wurden zum Beispiel die Konzerte von Kid Cudi [uber-arena.de]. Tickets dafür gibt es zum jetzigen Zeitpunkt aber immer noch. Wer sich nicht informiert, der hat mit einem Schlag bis zu 50 Euro verloren, ohne je eine Chance auf ein Ticket gehabt zu haben.

Ticketkauf oder Ticketsuche

Wie es dazu kommen kann, erklärt Alexander Wahl, er ist Jurist beim Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ), das sich schon lange mit Problemen bei Ticketkäufen im Internet [evz.de] beschäftigt.

In Bezug auf das Angebot der Ticketbande sagt er: "Menschen kommen auf diese Seite meist über die Ticketsuche in Suchmaschinen. Sie gehen davon aus: 'Ich kaufe da ein normales Ticket, so wie ich bei anderen Plattformen eben auch einfach Tickets kaufen kann.' Jedoch gibt man bei Ticketbande eine Ticketsuche in Auftrag." Das Problem sei laut Wahl also die Täuschung der Verbraucher und das Einbehalten von Gebühren - auch dann, wenn keine Tickets beschafft werden könnten.

Ticketbande-Geschäftsführer Frank Laurini sagt dazu auf Anfrage von rbb|24: "Sobald Sie ein auf Ticketbande ein Ticket in den Warenkorb legen, finden Sie unter dem Link zu den AGB weitere Ticketinformationen, dort finden Sie auch die Info, ob es sich um eine Ticketsuche oder einen Ticketkauf handelt. Aber die Käufer lesen nun mal nicht, was auf der Webseite erklärt ist. Dadurch kommt es zu den Problemen, die eigentlich keine sind." Man kommuniziere alle Informationen "klar auf der Website".

Alexander Wahl von der Verbraucherzentrale berichtet, dass immer wieder Tickets nicht oder nicht rechtzeitig zugestellt würden, manchmal kämen sogar falsche, gesperrte oder ungültige Tickets an.

Sollte man ein ungültiges oder gar kein Ticket erhalten haben, rät Wahl dazu, über den Zahlungsdienstleister das Geld zurückzufordern. Bei Kreditkartenkäufen könnte man ein sogenanntes Chargeback-Verfahren einleiten. Ob das funktioniere, hänge wohl stark von der jeweiligen Bank ab.

Die Anzahl der Beschwerden bei der EVZ über Ticketbande steigen kontinuierlich, 2024 waren es 46 Fälle. 2023 waren es 32 Fälle, 2022 waren es 18 Fälle. Im vergangenen Jahr meldeten 24 Verbraucher der EVZ außerdem Streitigkeiten mit den bekanntesten Ticketbörsen wie Viagogo oder Tixwaves.

Hohe Gebühren

Auf Zweitplattformen werden laut EVZ Tickets generell zu einem erheblich höheren Preis verkauft. Wie kommt der Preis für ein Robbie Williams Ticket in Berlin für 355 Euro zusammen? Dieses wird bei Ticketbande von der Global Lifestyle GmbH angeboten. Klickt man auf das Kleingedruckte, wird ein Originalpreis von 192,74 Euro angegeben. Außerdem werden 55,13 Euro Gebühren verlangt, die bei Nichterfüllung des Auftrags einbehalten werden. So ist es auch bei anderen Käufen auf Ticketbande. Etwa 15 Prozent des Gesamtpreises eines Tickets werden von Ticketbande als Servicegebühr einkassiert. Bleiben in diesem Fall noch 107,13 Euro, die wohl unter den angegebenen Punkt fallen: "Der Ticketpreis des Anbieters ist inklusive Gebühr für den Suchservice und Mehrwertsteuer."

Firmensitze im Ausland

Etwa 40 Prozent der Ticketsuchaufträge von Ticketbande werden laut eigenen Angaben von der Global Lifestyle GmbH durchgeführt. Auffällig viele weitere von Povami GmbH. Schaut man sich die Struktur dieser Firmen genauer an, sieht man, dass sie untereinander vernetzt sind.

Ticketbande B.V. (Sitz in den Niederlanden) und Global Lifestyle GmbH (Sitz in der Schweiz) gehören beide zur Laurini Holding B.V. (Niederlande), deren Geschäftsführer und Namensgeber Frank Laurini (Deutschland) ist. Weiterer Geschäftsführer der Laurini Holding ist aber auch Silvan Flückiger (Schweiz). Der ist wiederum Gesellschafter und Geschäftsführer bei Povami GmbH [business-monitor.ch].

Laut Frank Laurini erleichtern Standorte in der Schweiz und den Niederlanden den weltweiten Handel. Außerdem heißt es, dass durch das Anbieten der Tickets über die Webseiten der Ticketbande eine klare Struktur festgelegt sei und auch die technischen Möglichkeiten geboten werden, welche der Global Lifestyle GmbH zum Beispiel nicht zur Verfügung stünden. Es herrsche klare Aufgabenteilung.

Streit ums Widerrufsrecht

Global Lifestyle GmbH schließt in den AGB ein Widerrufsrecht aus. Das sei unzulässig, ist die Einschätzung Jana Brockfeld vom Verbraucherzentrale Bundesverband [vzbv.de]. Normalerweise haben Verbraucher in Deutschland beim Onlinekauf von Gegenständen oder Dienstleistungen, das Recht, binnen 14 Tagen vom Kaufvertrag zurückzutreten. Das Argument der Firma, eine Ticketsuche sei eine Dienstleistung aus dem Bereich Freizeitgestaltung und das Widerrufsrecht dürfe deshalb ausgeschlossen werden, sei rechtlich fragwürdig.

Jana Brockfeld begründet "das mit dem, was der Gesetzgeber mit diesem Ausschluss eigentlich im Sinn hatte. Nämlich wollte er Veranstalter vor wirtschaftlichen Risiken schützen." Als Ticketvermittler, der sich auf die Suche begibt, Tickets zu finden, die bereits verkauft wurden, trage Global Lifestyle GmbH dieses Risiko aber nicht, so die Juristin.

Die Verbraucherzentrale hat zurzeit eine Unterlassungsklage zur Thematik gegen Global Lifestyle GmbH laufen. Der Fall wird am 30. Januar 2025 vor dem Berliner Kammergericht verhandelt [verbraucherzentrale.de]. Bis zu einem Urteil kann es noch einige Wochen dauern.

Nicht auf eigene Faust handeln

Sollten Sie Bedenken zu einem Kauf bei Ticketbande oder Global Lifestyle GmbH haben, lassen Sie sich erst zum Beispiel bei Ihrer örtlichen Verbraucherzentrale beraten, bevor Sie handeln, empfiehlt Jana Brockfeld. Stoppen Sie nicht einfach die Zahlung, wenn Sie den Kauf bereits abgeschlossen und somit dem Vertrag zugestimmt haben, denn es drohen möglicherweise ein Mahnbescheid oder eine Klage.

"Immer möglichst nah am Veranstalter" kaufen

Alexander Wahl vom Europäischen Verbraucherzentrum rät "im Vorfeld immer möglichst nah am Veranstalter" seine Tickets zu kaufen und "zum Beispiel bei Fußballspielen direkt beim Verein oder bei Konzerten direkt beim Veranstaltungsort". Veranstalter wie Landstreicher Konzerte selbst raten dazu und warnen davor, Tickets "bei Drittanbietern wie eBay, Kleinanzeigen, Ticketbande, Viagogo oder unbekannten Profilen auf Facebook/Instagram" zu kaufen. Vor allem, wenn Konzerte ausverkauft sind, laufe man Gefahr, dass man gefälschte oder ungültige Tickets erwerbe, weshalb man dann keinen Zutritt zu den Shows bekäme [landstreicher-konzerte.de].

Einige Fußballvereine aber auch große Händler wie Eventim oder Ticketmaster betreiben mittlerweile eigene Plattformen zum Weiterverkauf ihrer Tickets (Fansale, Ticketmaster Resale). Dies sei weitaus sicherer, als über eine Ticketbörse zu gehen, meint Alexander Wahl. Auch seien die Preise aus seiner Sicht transparenter.

Anreise ins Ungewisse

Im Netz beschweren sich immer wieder Menschen über das Geschäftsmodell. Sie berichten zwar auch von positiven Fällen, das Problem sei aber, dass vor allem bei Ticketkäufen von sehr begehrten Veranstaltungen, es dazu kommen könne, dass Tickets erst wenige Stunden vor Konzertbeginn vermittelt würden. Für Fans, die Anreise und Unterkunft planen müssten, bedeute das zusätzlichen Stress. So bleibe einem einzig die Anreise auf gut Glück - manchmal klappe es dann, manchmal nicht.

Geschäftsführer Frank Laurini meint dazu: "Auch wenn die Tickets kurz vor dem Event ausgeliefert werden, kommen sie ja am Ende. Vielleicht sollten manche Leute sich ein bisschen Entspanntheit von uns Rheinländern aneignen, dann entsteht auch kein Stress."

Im Sinne der Vorfreude

Ob nun die Abläufe bei Global Lifestyle GmbH und indirekt somit auch bei Ticketbande rechtens sind oder nicht, Teile dessen werden am 30. Januar in Berlin verhandelt. Sicher ist aber, dass nichts sicher ist.

Wer sich vor erhöhten Preisen schützen will oder davor an der Konzerttür abgewiesen zu werden, der sollte am besten direkt beim Veranstalter oder auf etablierten Plattformen und deren eigenen Wiederverkaufsseiten bestellen.

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8 Kommentare

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  1. 8.

    "Der Markt" ist immer nur ein Angebot. Wenn Kunden Geschäftsmodelle nicht akzeptieren und Auftraggeber sie nicht nutzen, verschwinden unseriöse oder unnütze Geschäftsmodelle von ganz alleine wieder. Das Problem ist, dass zwielichtige Anbieter mit ihren Modellen durchkommen, weil es die Nachfrage gibt, denen die Preise, Gebühren oder Bedingungen vollkommen egal sind und die um jeden Preis an Tickets kommen wollen. Würden Veranstalter, Wiederverkäufer oder Vermittler auf den Tickets mit ihren überzogenen Preisen oderunsittlichen Bedingungen mal sitzen bleiben, würde sich der Markt auch wieder beruhigen und normal funktionieren.

  2. 7.

    Das heilige Kalb: der „Markt“.
    Hier zeigt er sich mal wieder von seiner ‚besten‘ Seite.
    Es bedarf nicht einmal einer solchen Börse. Auch Eventim hält die Hand ordentlich hin und diktiert der Kulturbranche seine Regeln. Nicht ohne Grund steigen schon die regulären Ticketpreise seit Eventims Marktdominanz deutlich.

    Wenn möglich, bitte über andere Kanäle die Tickets kaufen!

  3. 6.

    EVENTIM hätte sich aber kulant zeigen können, da ich gleichzeitig ein anderes Konzert bestellt hatte. Nix da. Übrigens, an meinem Ticketschalter zahle ich nur 1 Euro Gebühr pro Ticket.

  4. 5.

    Richtig so, wenn Sie die Konzerte nicht mehr besuchen wollten. Die Verschiebungen hat Eventim nicht zu verantworten, fehlende Erreichbarkeit im Lockdown ist logisch und wurde deutlich kommuniziert und der Rest steht in den AGB. Aber kaufen Sie ruhig am Ticketschalter die ausverkauften Karten. Viel Spaß noch im Leben ;-)

  5. 4.

    Ich empfehle immer den Kauf von Tickets am traditionellen Ticketschalter... Nach schlechten Erfahrungen mit EVENTIM, über 0 Erreichbarkeit und komplett einbehaltenen Gebühren, für 2 mal verschobene Konzerte, zur Coronazeit.

  6. 3.

    "Die Anzahl der Beschwerden bei der EVZ über Ticketbande steigen kontinuierlich, 2024 waren es 46 Fälle. 2023 waren es 32 Fälle, 2022 waren es 18 Fälle."
    Unglaublich diese Massen. Gut, dass hier aufgeklärt wird.

  7. 2.

    Mein Sohn hatte in Unkenntnis der Umstände auch schon mal bei Tiketbande gekauft. Der Preis war gigantisch hoch und die Erstattung zu bekommen ein Drama. Also Vorsicht!!!

  8. 1.

    Über den Satz, den Hr Laurini da über 'Entspannheit' sagt, kann man ein paar Dinge ableiten:
    - Sein Geschäftsmodell scheint gut zu laufen
    - trotz der Unzufriedenheit, und vor allem der Enttäuschung sehr vieler Kunden so etwas von sich zu geben, zeugt für 'lasst mich, ich bin dadurch reich geworden, die Leute sind selbst Schuld, darauf hereinzufallen'
    - Keine Empathie für Leute, die eine schlechte Erfahrung mit dem Unternehmen gemacht haben
    - Und einiges mehr...

    Danke, für das Aufmerksam machen RBB!