Brandschutz der Zukunft - Märkisch-Oderland plant Freiwillige Feuerwehren durch Hauptamtliche zu stärken

Do 30.05.24 | 15:06 Uhr
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Symbolbild: Freiwillige Feuerwehr Brandenburg. (Quelle: dpa/Pleul)
Audio: Antenne Brandenburg | 29.05.2024 | Martina Rolke | Bild: dpa/Pleul

Im Oderland zeichnet sich ein Problem bei der Einsatzbereitschaft ehrenamtlicher Brandbekämpfer ab. Tagsüber sind laut Bericht zu wenige Feuerwehrleute da. Nun schlägt ein Konzept kreisweite Stützpunkt-Zentren mit Hauptamtlichen vor.

  • Jahresbericht zeigt mangelhafte Einsatzsfähigkeit der Feuerwehr im Oderland
  • Tagsüber fehlen im Notfall Berufstätige und weniger junge Feuerwehrleute rücken nach
  • Plan: zentrale Stützpunkt-Feuerwehren mit Berufsfeuerwehrleuten könnten Lücken füllen

Die Freiwilligen Feuerwehren stehen vor großen Herausforderungen - vor allem in ländlichen Regionen. Das zeigt eine Debatte um die sogenannte Einsatzbereitschaft, die weiterhin die politischen Ebenen im Landkreis Märkisch-Oderland beschäftigen.

Der Fachdienst Zivil-, Brand- und Katastrophenschutz stellte am Mittwochabend im Kreistag den statistischen Jahresbericht vor. Im Ergebnis heißt es, dass zum Teil erhebliche Probleme bestehen, die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen - sprich die vom Land vorgegebenen Zeiten, bis wann Einsatzkräfte der Feuerwehr tatsächlich vor Ort zu sein haben, einzuhalten. Dies zeige sich besonders bei der sogenannten Tagesverfügbarkeit von Einsatzkräften.

Größtes Problem: Tageseinsatzbereitschaft

Dabei ist die Problemlage nicht neu, wie Martin Zohles vom Fachdienst Zivil- und Katastrophenschutz Märkisch-Oderland dem rbb vorab erklärte: "Wir beobachten bei uns im Landkreis schon länger, dass wir ein Problem haben, die Tageseinsatzbereitschaft speziell in der Zeit von 6 bis 18 Uhr sicherzustellen."

Grund dafür sind Berufspendler, die auch zunehmend in den Reihen der ehrenamtlichen Einsatzkräfte zu finden sind. Viele der Kammeraden würden mittlerweile in und rund um Berlin arbeiten, und damit zu weit entfernt, um zu einem Einsatz im Heimatort während der Arbeitszeit ausrücken zu können, berichtet Stadtwehrführer Thomas Stähr aus Müncheberg.

Doch auch die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren längerfristig zu halten, gestalte sich schwierig. So geht aus dem Jahresbericht des Zivil-, Brand- und Katastrophenschutz vom Mittwoch hervor, dass gerade einmal fünf Prozent der Jungfeuerwehrleute später in die Erwachsenenabteilung wechseln.

Hinzu kommt, dass mittlerweile die Folgen des demografischen Wandels zu spüren sind, wie Kreissprecher Thomas Berendt sagte. "Wir gucken natürlich in die Zukunft und sehen die Altersentwicklung der Kameraden. Da sind wir heute schon in einer schwierigen Situation. Aber in fünf oder zehn Jahren sieht es da desaströs aus."

Freiwillige sollen mit Hauptamtlichen gestärkt werden

Aus diesen Gründen arbeitet der Kreis seit dem vergangenen Jahr mit den Freiwilligen Feuerwehren, den Bürgermeistern der Städte und Gemeinden sowie anderen Stellen an einem Konzept. Unter dem Titel "Sicherstellung des örtlichen und überörtlichen Brandschutzes und der Hilfeleistung im Landkreis Märkisch-Oderland" wurde dazu bereits auf der vergangenen Kreistagssitzung im April ein Entwurf vorgestellt.

Zentraler Inhalt ist die Schaffung von neuen Stützpunkt-Feuerwehren in Seelow, Bad Freienwalde, Fredersdorf-Vogelsdorf und Müncheberg - mit hauptamtlichen Feuerwehrleuten, die die freiwilligen Kräfte unterstützen sollen. Denn obwohl die Mitgliederzahlen der Wehren in den vergangenen Jahren stabilisiert werden konnten, ist es vor allem die Verfügbarkeit der Kräfte während der Arbeitszeit insbesondere in den ländlichen Regionen nicht gegeben.

Der Müncheberger Stadtwehrführer Stähr sieht in der Idee der zentralen Feuerwehrstützpunkte großes Potential. "Die sind natürlich unterstützend für die Freiwilligen Feuerwehren da, um schon mal gleich zu agieren", sagte er.

Fehlende Atemschutzgeräte-Träger

Durch gut ausgebildete Einsatzkräfte wie sogenannte Atemschutzgeräte-Träger könne "man eigentlich nur profitieren", so Stähr weiter. Diese Kräfte sind vor allem bei Gebäudebränden nötig, da sie zur Brandbekämpfung in die Räume vordringen können. Denn dabei zähle jede Minute, sonst breite sich das Feuer schnell aus.

Und damit kommt man wieder zur Einsatzbereitschaft beziehungsweise zur sogenannten Eingriffszeit, wie Martin Zohles sagte. "Mit einer Eingriffszeit von ungefähr 20 Minuten wollen wir sicherstellen, dass in knapp 85 Prozent der Fälle eine Staffel zur Verfügung steht und dort durch Einsatzleiter dann auch entsprechend qualifiziert eingesetzt werden kann", sagt er zum Inhalt des Konzepts. So könne der Kreis durch Schaffung insbesondere in ländlichen Regionen zum Brandschutz beitragen.

Kritik an den Plänen für Stützpunktfeuerwehren kommt hingegen von Susanne Altvater von der Kreistagsfraktion der Grünen. Sie sieht das Konzept als noch unausgereift an. "Die Stützpunkte sind zu weit entfernt und dann eben Berufsfeuerwehren, die auch nur als Berufsfeuerwehren mit viel Leerlauf da sind. Es muss stärker auf die Gemeinden eingegangen werden, denen die Stützpunktfeuerwehren nichts bringen, sondern die eher ihre eigenen Strukturen vor Ort nutzen wollen, wie zum Beispiel in Falkenberg oder Letschin." Stattdessen sollen Menschen mit Feuerwehrausbildung eingestellt werden, die in Zeiten ohne Einsätze auch andere Aufgaben, etwa als Gemeindearbeiter in den Ämtern übernehmen könnten, so Altvater weiter.

Ungeklärte Finanzierung

Hauptstreitpunkt wird dabei jedoch der Kostenfaktor sein. Denn Brandschutz ist eigentlich Aufgabe der einzelnen Kommunen. Sollten die vier Stützpunkt-Feuerwehren kommen, kämen Kosten von rund vier Millionen Euro zusammen. Wer dafür aufkommen muss, sei bislang noch nicht geklärt, heißt es vom Kreis. Dazu soll es Gespräche mit dem Landkreis, der Kommunen aber auch dem Land geben.

Konzept für ganz Brandenburg?

Märkisch-Oderland steht mit dem Problem nicht allein da. Für den Landesfeuerwehrverband ist das Konzept ein Weg, die Arbeit der Freiwilligen Feuerwehren zu verstärken - auch in anderen Landkreisen.

Doch dabei gebe es neben den Kosten noch einen weiteren Punkt, der nicht vergessen werden dürfte, sagte Daniel Brose, Vizepräsident des Landesfeuerwehrverbands. "Hauptamtliches Personal kostet Geld: Die Leute müssen bezahlt werden, die Leute müssen ausgebildet werden", so Brose. Dennoch brauche das Land Feuerwehrleute und es gebe Stellenzuwächse in dem Bereich Brandschutz. Aber: "Die sind auf dem Markt nicht so einfach zu bekommen. Wir stehen hier alle zueinander in Konkurrenz."

Gemeinsame Leitstelle über 2024 hinaus?

Darüber hinaus hat der Kreistag Märkisch-Oderland am Mittwoch dafür gestimmt, die Arbeit der gemeinsamen Leitstelle für den Rettungsdienst, Brand- und Katastrophenschutz fortzusetzen. Die Leitstelle wird gemeinsam von der Stadt Frankfurt (Oder) und den Kreisen Oder-Spree und Märkisch-Oderland betrieben. Die bisherige Vereinbarung über die Zusammenarbeit läuft zum Ende des Jahres aus.

Das brandenburgweite Prinzip, Leitstellen für einzelne Regionen zusammenzufassen, habe Vorbild-Charakter für andere Leitstellen in ganz Deutschland, sagte Martin Zohles, Fachdienstleiter für Zivil-, Brand- und Katastrophenschutz in Märkisch-Oderland. "Wir haben zum einen redundante Systeme, weil unsere fünf Regionalleitstellen sich auch gegenseitig alle ersetzen können. Dieser Vorteil ist wirklich groß, gerade wenn es zu einem Ausfall einer einzelnen Leitstelle kommen sollte. Wir haben einheitliche Ausbildungsstandards und unsere Disponenten können quasi von heute auf morgen in einer anderen Leitstelle eingesetzt werden und dort genauso arbeiten."

Der Kreis Märkisch-Oderland plant für die Regionalleitstelle im Haushalt weiterhin jährlich 750.000 Euro ein. Eine Untersuchung soll aber nun prüfen, ob bei der Arbeit der Leitstelle Kosten eingespart werden können. Auch die Stadtverordneten von Frankfurt (Oder) beschäftigen sich am Donnerstag in ihrer Sitzung mit dem Thema, ob die gemeinsame Arbeit fortgesetzt werden soll. Aus Frankfurt fließen jährlich knapp 500.000 Euro in die Regionalleitstelle.

Sendung: Antenne Brandenburg, 29.05.2024, 16:10 Uhr

Mit Material von Franz Talke und Philipp Gerstner

5 Kommentare

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  1. 5.

    "Kritik...kommt hingegen von Susanne Altvater von der Kreisfraktion der Grünen."Die Stützpunkte sind zu weit entfernt und dann eben Berufsfeuerwehren, die auch nur als Berufsfeuerwehren mit viel Leerlauf da sind...".....

    Frau Altvater priorisiert gut ausgebildete freiwillige Feuerwehrleute, die im Bauhof arbeiten und keine Leerzeiten haben.---Vollzeitarbeit--dazwischen Menschenleben retten--nachts und am Wochenende auch rennen , wenn der Piepser piepst---das ist die Vorstellung der Grünen Dame im Kreisrat."Leerlauf" gönnt die Grüne Politikerin Freiwilligen scheinbar nicht.
    ...Während andere ihre 35-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich genießen sollen dürfen----deshalb mein "Seitenhieb" auf die im Text erwähnte Grüne.

  2. 4.

    Das Problem mit den FFW'n ist bundesweit vorhanden. Daher begrüße ich ausdrücklich die Idee der STÜTZPUNKT-BFW'en!
    Als Strausberger Bürger könnte ich naiv denken, die FFW hier hat solche Probleme nicht. Denkste! Hier denkt man, u. a. wg. der wachsenden Bevölkerung, über eine Berufsfeuerwehr laut nach.
    Die Idee, dass diese Feuerwehrleute noch dazu arbeiten müssen, finde ich abenteuerlich u. nach deutschem Recht für nicht haltbar!
    Mein Tipp, über Grenzen sehen, wie macht man es im In- u. Ausland?

  3. 3.

    seinen Text mit einem Seitenhieb pauschal auf die Grünen zu beginnen, kommt derzeit immer gut und regt vom Nachdenken und Recherchieren ab.

    Gut gemacht.

    Mag schon sein, dass die Grünen nicht unbedingt die sind, die gegen eine 35h Woche wären, aber da stehen sie nicht allein.


  4. 2.

    Wieder ein schöner Bericht über „Carearbeit“.
    Müsste es nicht so heißen:
    Im Dorf tragen noch immer die Männer den Hauptanteil. Sie investieren ohne Rentenpunkte zu bekommen, viel mehr Zeit als Frauen. Das müsste irgendwie ausgeglichen werden. Da ist das Nachbardorf schon viel weiter. Da ist der Frauenanteil etwas höher. Ein Anfang ist aber immerhin gemacht...

  5. 1.

    Hatten die Grünen nicht gerade die 35-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich gefordert?
    Wenn andere die Kosten tragen, kann man gut Forderungen stellen.

    Warum nicht die 20-Stunden-Woche mit wechselden Früh- und Spätschichten für Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr bei vollem Lohnausgleich?
    Dann wären auch zwischen 6-18 Uhr genügend Freiwillige vor Ort.

    Es kann doch nicht sein, dass die, die meist Vollzeit arbeiten und zusätzlich ehrenamtlich Tag und Nacht tätig sind,-ihre Gesundheit ruinieren---während andere politische Unterstützung für ihre Work-Live Balance-Wünsche erhalten.

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