5,2 Millionen Euro - Untersuchungsausschüsse in Brandenburg: Scharfes, teures Schwert

Sa 15.06.24 | 11:20 Uhr | Von Markus Woller
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Symbolbild: Sitzung eines Untersuchungsausschusses. (Quelle: IMAGO/Georges Schnee)
Audio: Antenne Brandenburg | 14.06.2024 | Christina Torge | Bild: IMAGO/Georges Schnee

In Brandenburg gab es in dieser Legislaturperiode vier Untersuchungsausschüsse. Alle beantragt von der AfD. Ob jeder davon nötig war, wird unterschiedlich bewertet - auch innerhalb der Opposition. In jedem Fall waren sie teuer. Von Markus Woller

  • Untersuchungsausschüsse zu Corona, BER und rbb
  • Opposition und Regierung zweifeln an Kosten und Nutzen, AfD verteidigt Einsetzung
  • Konsens über Arbeit von rbb-Ausschuss

Sie gelten als das schärfste Schwert, das Oppositionsparteien im Brandenburger Landtag in den Händen halten: Untersuchungsausschüsse. Ihr Ziel: Öffentlich machen, an welchen Stellen es durch die Landesregierung Verfehlungen oder Missmanagement gegeben hat und – im besten Fall – konstruktive Vorschläge finden, was in Zukunft besser laufen könnte.

Dafür bekommen Untersuchungsausschüsse besondere Möglichkeiten an die Hand: In einem strafprozessähnlichen Verfahren werden Mitglieder der Landesregierung oder Dritte als Zeuginnen oder Zeugen vernommen. Auf Antrag des Untersuchungsausschusses kann ein zuständiges Gericht Beschlagnahmen und Durchsuchungen anordnen. All das macht sie besonders aufwändig – und eben auch kostspielig. In dieser Legislatur allerdings gab es geradezu eine Inflation an Untersuchungsausschüssen, an der selbst Oppositionsparteien Kritik üben.

Gleich viermal hat die AfD Gebrauch von diesem Instrument gemacht. Mit 23 Abgeordneten ihrer Fraktion brachte sie die nötigen Stimmen zusammen. Ein Untersuchungsausschuss muss eingesetzt werden, wenn ein Fünftel der Abgeordneten es verlangt. Zweimal hat sich der Landtag dabei mit dem Management der Corona-Pandemie durch die Landesregierung befasst, erneut auch mit dem Flughafen BER und auch der rbb- Skandal wurde parlamentarisch ausgeleuchtet. "Es war unvermeidlich sie einzusetzen, weil relevante Fragen anders nicht beantwortet werden konnten", verteidigt AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt die Ausschüsse.

Corona-Auschüsse für 2,8 Millionen Euro

Die AfD hat mit der Einberufung aber auch erhebliche Kosten verursacht. Insgesamt ist für die Untersuchungsausschüsse laut Landtagsverwaltung ein Aufwand von rund 5,2 Millionen Euro entstanden. Alleine die beiden Corona-Ausschüsse kosteten rund 2,8 Millionen Euro, unter anderem für extra einzurichtende Referentenstellen, Gutachten, Ausschusssekretariat und anderen Verwaltungsaufwand.

Aus Sicht der AfD haben sie wichtige Verfehlungen aufgedeckt: "Wenn man so einschneidende Maßnahmen verhängt, braucht man ordentliche Daten und ständige Kontrolle, ob es gerechtfertigt ist, was man tut", so Berndt. Das habe die Landesregierung in der Pandemiezeit vermissen lassen. Außerdem hätte die Regierung aus seiner Sicht für schädliche Impfungen geworben.

Das sehen die Regierungsfraktionen anders. Die Landesregierung habe während der laufenden Pandemie die richtigen Entscheidungen auf Grundlage der damals zur Verfügung stehenden Daten getroffen, sagt Ausschussvorsitzender Danny Eichelbaum. "Aus der heutigen Perspektive kann man vieles anders beurteilen", so der CDU-Abgeordnete. Das sei aber nicht die Aufgabe des Untersuchungsausschusses gewesen.

Alle Oppositionsparteien sehen Versäumnisse

Die anderen Oppositionsparteien sehen zwar Versäumnisse der Landesregierung aufgedeckt, wie den aus ihrer Sicht unzureichenden Schutz der psychischen Gesundheit von Kindern oder eine schlecht gemanagte Impfkampagne. Sie beklagen aber, dass die Corona-Ausschüsse nicht selten am Kern des Themas vorbeigingen. "Gerade die Diskussion um die Impfung und die ganze Agitation, die von der AfD betrieben wurde, schon allein gegen die Impfmöglichkeiten – das ist nicht unsere Kragenweite", sagt Péter Vida von BVB/Freie Wähler.

Linken-Fraktionschef Sebastian Walter wird noch deutlicher. Er glaubt, dass die wichtigste Arbeit des Ausschusses wegen des Verhaltens der AfD nicht geleistet werden konnte. "Es hätte darum gehen müssen, welche Lehren man ziehen kann. Die AfD wollte diesen Untersuchungsausschuss nur, um ihre kruden Verschwörungstheorien bestätigt zu sehen", so Walter. Das sei der Partei nicht gelungen. Zielführender hätte eine sogenannte Enquete-Kommission sein können, sagt er. Diese hätte zusätzlich mit Experten und Wissenschaftlern besetzt sein können. Darin ist er sich mit den Regierungsparteien einig.

Genau wie auch bei der Einschätzung des BER-Untersuchungsausschusses. An diesem gab es schon vor der Einsetzung Kritik, vor allem, weil es im Berliner Abgeordnetenhaus bereits eine jahrelange, umfangreiche Aufarbeitung gegeben hatte. So sei fast nichts Neues in dem Ausschuss ans Licht gekommen, sagen Linke und Grüne. Trotzdem kostete er den Steuerzahler am Ende 1,4 Millionen Euro.

War der BER-Ausschuss eine Cash-Cow?

Die grüne Fraktionsvorsitzende vermutet, hier habe die AfD die Chance genutzt, um mit dem für den Ausschuss zur Verfügung stehenden Geld Personal zu finanzieren. rbb und Zeitungen hatten in den vergangenen Jahren mehrfach berichtet, dass in der Fraktion Rechtsextremisten beschäftigt werden. Budke schließt daran an und mutmaßt: "Möglicherweise ist hier Personal aus der Jungen Alternative finanziert worden, die unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen. Dann muss ich sagen: Das ist raugeschmissenes Geld des Steuerzahlers."

Die AfD findet die Kostendebatte "verlogen". Schließlich werde an anderer Stelle auch nicht auf jeden Euro geschaut, so Berndt. Beim BER habe man erneut festgestellt, dass es ein chaotisches Baugeschehen gegeben habe, an dem die Landesregierungen von Brandenburg ihren Anteil gehabt hätte. Noch heute würden zudem viele Millionen Euro "rumliegen", die für den Schallschutz vorgesehen waren. Die Anwohner würden bis heute leiden, meint die AfD.

Bilanz des rbb-Ausschusses kommt noch

Die Freien Wähler, zu deren Mitgliedsvereinigungen auch Bürgerinitiativen aus dem BER-Umfeld gehören, wollen die Sinnhaftigkeit des Ausschusses nicht anzweifeln. Man hätte ihn aber nicht gebraucht, wenn die Landesregierung den bereits bestehenden Sonderausschuss zum Thema hätte weiterlaufen lassen, so Vida. So habe man der AfD das Thema "serviert".

Inhaltlich findet auch er, dass man zumindest in historischen Details neue Erkenntnisse habe gewinnen können. So zum Beispiel habe man zeigen können, dass die Standortentscheidung für Schönefeld anders getroffen worden sei, als bislang bekannt. "Es wurde verhandelt, Stolpe hat sich das abkaufen lassen", so Vida. Gleiches gelte für den Lärmschutz.

Der Abschlussbericht des rbb-Untersuchungsausschuss wurde am Freitag in einer Sitzung beschlossen. Er soll in der kommenden Woche im Landtag veröffentlicht und inhaltlich näher debattiert werden. Auch dieser Ausschuss hat rund eine Million Euro gekostet. Über die Sinnhaftigkeit dieses Ausschusses besteht bei allen Fraktionen kein Zweifel.

Sendung: Antenne Brandenburg, 14.06.2024, 06:00 Uhr

Beitrag von Markus Woller

70 Kommentare

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  1. 70.

    "Schade, dass anscheinend nur die AfD an der Aufarbeitung bestimmter Themenbereiche interessiert ist."

    Bewußte Lügen von rechtsaußen.

    "Natürlich nervt das die Eliten in ihrem Elfenbeinturm und die hörige Presse."

    Und gleich das nächste rechtsextreme Narrativ hinterher. Die da "oben" und "Lügenpresse". Die sog. "Lügenpresse" lässt sie hier ihre rechtsextreme Hetze und Lügen verbreiten, komisch nicht?

  2. 69.

    "Reine Geldverschwendung. Den beteiligten Politikern geht es ja nicht um Aufklärung. Ziel ist es, dass sich die eigene Politik bzw. Parteilinie im Ergebnis widerspiegelt. Vereinfacht: Wahlkampfveranstaltung."
    Wenn Sie an der Aufklärung einiger Themenkomplexe nicht interessiert sind, das sogar als "Wahlkampfveranstaltung" diskreditieren, verunglimpfen, bin ich gespannt, wie Sie reagieren, wenn eine Ihrer preferierten Parteien einen Untersuchungsausschuss fordern. Dafür und das zu unterstreichen, benutzen Sie dann bestimmt den Begriff "Demokratie".

  3. 68.

    Man muss " Steffen " auf jeden Fall bestätigen, dass er, im Gegensatz zum überwiegenden Teil der Kommentatoren, weiß, wovon und über was er schreibt. Zumindest kennt er sich in vielen Bereichen gut in der Materie aus. Man muss nicht unbedingt alle seine Ansichten teilen, aber zumindest zur Kenntnis nehmen, und nicht arrogant und oberlehrerhaft als Erkenntnislos abtun.

  4. 66.

    Dennoch kommen wir kommen wir mit den gegenseitigen Anschuldigungen, du hast dies, der hat das, doch keinen Meter weiter. Ich habe mich an die Maßnahmen gehalten, obwohl ich sie blödsinnig fand. Ich habe meine Enkel "beschult" und bin meiner Arbeit nachgegangen. Nicht jeder hatte das Glück, sich sinnvoll zu beschäftigen. Es geht mir nicht darum, wer recht hatte und wer nicht. Es gibt so viele andere Probleme in Gegenwart und Zukunft. Da kann man auch mal den Keil ziehen und die Bremse lösen, für einen neuen Anfang miteinander, statt alte Feindbilder neu zu rahmen.

  5. 65.

    Woran machen Sie denn nun den Begriff per se fest ? Das hat keinerlei Bezug zum Thema, sondern Sie basteln sich etwas zusammen, was nicht seriös und schon gar nicht korrekt ist. Ferner führen Sie aus :Untersuchungsausschüsse von der Opposition meist angeregt werden, ist ein gesunder demokratischer Vorgang. Aber wie es scheint, nicht wenn diese von der AfD initiiert werden. Wenn man Ihren Text weiter liest, arbeiten Sie mit wieder Unterstellungen und Behauptungen, die Sie nicht beweisen können, da sich die Situation bisher nicht gestellt hat. Es ist im Prinzip eine wirre Vorverurteilung, geprägt von der Wut und dem Frust eines Wählers, dessen Wünsche sich nicht erfüllt haben und auch nicht werden.

  6. 64.

    Ich würde auch nicht jeden Baustein der Corona-Politik umdrehen.
    Politiker fordern aber regelmäßig Aufklärung, Transparenz, Erkenntnisgewinn, gegenseitigen Respekt, Debatte auf Augenhöhe, sensible Wortwahl und gesunde Fehlerkutur.
    Da sollte es eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass alle Parteien geschlossen einen Corona-Untersuchungsausschuss einsetzen.
    Verstehe das Problem überhaupt nicht.
    Man könnte doch daraus lernen.
    Viele Menschen fühlten sich extrem diffamiert.
    Welche Folgen hatte dies alles für junge Menschen?
    Wie viele Menschen mussten alleine sterben?
    Wie erging es Demenzkranken, die auf einmal keinen Bes7ch mehr bekamen?
    Darüber muss man doch reden dürfen?

  7. 63.

    Und warum werde ich für Kritik von ihnen beleidigt? Nur weil ich nicht ihrer Meinung bin? Ich habe nicht geschrieben, dass Sie lügen. Sie haben dies über mich geschrieben. Von Russland war bei mir auch keine Rede. Ich finde, sie vergreifen sich im Ton. Ich bin kein afd-Mitglied, bekomme kein Geld für Kommentare und habe die Afd nicht gewählt. Wenn die Argumente ausgehen, ist man gleich rechts. Echt krass.

    Ging es um den Artikel nicht eigentlich um steuergeld-Verschwendung und Aufarbeitung.

  8. 62.

    Wie kommen Sie darauf?
    Auf der Tastatur befindet sich das i neben dem u.
    Ich frage mich zudem, wie Sie aus einem harmlosen Schreibfehler eine "total abfällige" Äußerung konstruieren?

  9. 61.

    Steffen 19! Sie passen mit ihren Beiträgen ganz hervorragend in die Politik. Nach dem Ereignis wissen sie immer was andere nicht getan haben und was man hätte tun müssen. Das betrifft leider sehr viele Beiträge von ihnen.

  10. 60.

    @ Steffen, in ihren Ausführungen gebe ich Ihnen ja zum großen Teil Recht. Aber bei Anna ging es um das impfen und nur darauf bin ich eingegangen. Trotzdem netter Versuch.

  11. 59.

    Sie können es nicht lassen und lügen schon wieder:,,Wenn man dies nicht kritisieren darf, find ich dies traurig.''
    Sie denken auch, wir sind blöd oder? Selbstredend können Sie den Rbb24, alle Politiker, alle Parteien und auch Ihre Kameraden kritisieren, wer verbietet das? Oder leben Sie in Russland?

  12. 58.

    Und was hat jetzt Ihr Kommentar mit dem Thema zu tun?
    Aber wenn es Ihnen jetzt besser geht ...

    rbb24, gab es hier nicht einmal eine Netiquette?

  13. 57.

    "Natürlich nervt das die Eliten in ihrem Elfenbeinturm "

    Welche geistigen Hochleistungen vollbringen eigentlich Gehirne, um Politiker der mittlerweile ein Jahrzehnt alten AfD, dessen Vertreter in allen Parlamenten hocken und die längst jedes Klischee eines schlechten Politikers gezeigt haben; wie schafft es das, diese nicht als Elite zu betrachten?

  14. 56.

    Ich bin nicht von der anderen und habe die afd nicht gewählt.

    Jedoch bezahle ich einen rundfunkbeitrag für eine unabhängige und neutrale Berichterstattung. Diesen Artikel fand ich nun wirklich nicht neutral. Wenn man dies nicht kritisieren darf, find ich dies traurig.

    Ich hatte vom rbb eine neutrale Berichterstattung erwartet. Mehr nicht.

  15. 55.

    >“ Die Übeltäter haben erfahrungsgemäß kein gesteigertes Interesse, etwas auf zudecken.“
    Aha… Politiker in Regierungsverantwort sind für Sie also per se alle Übeltäter? Mit diesem Demokratieverständis sollten Sie Wahlen fernbleiben. Dem Vernehmen nach schätze ich mal, dass dies für AfD Politiker in evtl. Regierungs- oder Kommunalverantwortung für Sie dann natürlich nicht gilt.
    Ein Untersuchungsausschuss ist auch kein Strafgericht für „Übeltäter“ im gerichtlichen Sinn. Dass Untersuchungsausschüsse von der Opposition meist angeregt werden, ist ein gesunder demokratischer Vorgang. Damit müssen sich alle Politiker in Regierungsverantwortung auseinandersetzen.

  16. 54.

    Mir fällt auf, daß es hier eine feste Truppe brauner Gesinnung gibt, wenn es nicht gar nur ein und dieselbe Person ist!
    Dazu gehören: Noster, Commodore, Wossi, Optional, Roux, Wähler, sabi, kann man schön ablesen, wie abgesprochen, dilettantisch und tendenziell und sicher gelenkt von russisch-affiner Ecke.

  17. 53.

    Die Übeltäter haben erfahrungsgemäß kein gesteigertes Interesse, etwas auf zudecken. Deshalb ist es gut, dass die AfD sich hier profilieren kann, trotz der permanenten Beschimpfungen und Negativ-Berichterstattungen. Wenigstens das sollte man honorieren, aber nicht in diesem Land.

  18. 52.

    Sie machen es wie Ihre Brüder der AfD. Aber Sie sind gehören sicher zu der braunen Kommentatorentruppe hier. Was Sie behaupten ist schlichtweg gelogen. Sie können Alles, kritisieren, sagen, recherchieren, ist nun mal so in der Demokratie, aber wenns zum ,,Machtwechsel'' im Herbst kommt und Ihre Nazi-Partei da ist, werden Sie nicht mehr so frei reden, kritisieren können.
    Wer bezahlt Sie gleich nochmal für Ihre Kommentare?

  19. 51.

    Der RBB berichtet immer neutral, so wie es ein muss und sein Auftrag gebietet. Die Parteibücher und die Gesinnung haben keinerlei Einfluss auf die Berichterstattung. Noch nicht mal im Ansatz. Besonders Olaf Sundermeyer sticht hier besonders hervor, der sogar schon unter Einsatz seines Lebens von Demos berichtet hat.

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