Grundgesetzänderung - Bundestag stimmt über Schuldenpaket für Infrastruktur und Verteidigung ab

Di 18.03.25 | 10:36 Uhr
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Archivbild:Friedrich Merz hält eine Rede am 13.03.2025 im Plenarsaal des Deutschen Bundestags.(Quelle:picture alliance/AP/E.Noroozi)
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Audio: rbb24 Inforadio | 18.03.2025 | Anna-Lou Beckmann | Bild: picture alliance/AP/E.Noroozi

500 Milliarden Euro für Infrastruktur und eine Lockerung der Schuldenbremse: Der scheidende Bundestag tritt am Dienstag noch einmal zusammen, um über neue Schulden zu entscheiden. Die Abstimmung könnte knapp ausfallen.

 

  • Scheidender Bundestag stimmt am Dienstag über milliardenschweres Finanzpaket ab
  • Sondervermögen in Hohe von 500 Milliarden für Infrastruktur geplant
  • Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben und Länder soll gelockert werden
  • Zweidrittelmehrheit für Grundgesetzänderung notwendig – Abweichler erwartet

Der Bundestag stimmt am Dienstag in Berlin über das Hunderte Milliarden Euro schwere Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur von Union und SPD ab. Außerdem wird die Schuldenbremse für den Verteidigungshaushalt gelockert.

Für die erforderlichen Grundgesetzänderungen ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Die Grünen haben nach Zugeständnissen – vor allem beim Klimaschutz – ihre Zustimmung angekündigt. AfD, FDP, Linke und BSW wollen dagegen stimmen.

100 Milliarden und zusätzliche Schulden für die Länder

Das 500 Milliarden Euro schwere Sondervermögen für Investitionen in Infrastruktur soll über zwölf Jahre laufen – dies entspricht rechnerisch knapp 42 Milliarden Euro pro Jahr. 100 Milliarden Euro des Gesamtbetrags sollen den Ländern zur Verfügung gestellt werden.

Zudem sollen künftig alle Verteidigungsausgaben über einem Prozent der Wirtschaftsleistung nicht mehr unter die Verschuldungsregeln des Grundgesetzes fallen. Auf Grundlage des Bruttoinlandsprodukts für 2024 liegt die Ein-Prozent-Schwelle aktuell bei rund 43 Milliarden Euro.

Auch für die Länder soll die Schuldenbremse gelockert werden: Sie sollen künftig wie der Bund pro Jahr Kredite von bis zu 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aufnehmen können.

Wegner: Berlin braucht "Konjunkturbooster"

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) befürwortet seit Langem eine angepasste Schuldenbremse. Er sprach nach der Einigung von Union, SPD und Grünen von einem kraftvollen Signal für Stabilität. Berlin brauche einen "Konjunkturbooster", um wieder wettbewerbsfähig zu werden.

Der schwarz-rote Berliner Senat fährt einen harten Sparkurs. Im Haushalt für das laufende Jahr wurden Kurzungen von drei Milliarden Euro beschlossen. Berlin könnte – falls das Finanzpaket Realität wird – jährlich hunderte Millionen aus dem Sondervermögen bekommen und ähnlich hohe Kredite aufnehmen.

Brandenburger Parteien wollen Investitionen in Infrastruktur

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sprach von der Notwendigkeit massiver Investitionen in die Wirtschaft, Gesundheit, Bildung, Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit. In Brandenburg drängt Woidke auf mehr Geld für den Ausbau der Bahnverbindungen. Zudem sprechen sich fast alle Brandenburger Parteien für Investitionen in Straßen, Schulen und Krankenhäuser aus. In Brandenburg machen aktuell etwa 80 Prozent der Kliniken Verluste.

Das BSW, Woidkes Koalitionspartner, lehnt das Finanzpaket in seiner jetzigen Form ab, weil Geld für das Militär ausgegeben werden soll. "Wir brauchen nicht mehr Geld für die Bundeswehr. Wir brauchen Investitionen in einen funktionierenden Staat", sagte Finanzminister Robert Crumbach (BSW).

Bei einer möglichen Abstimmung am kommenden Freitag im Bundesrat könnte sich Brandenburg wegen der gegensätzlichen Positionen innerhalb der Koalition enthalten. Eine Zustimmung des Bundesrates gilt nach der angekündigten Ja-Stimme aus Bayern trotzdem als wahrscheinlich.

Abweichler erwartet

Zuerst müsste der Bundestag jedoch am Dienstag den Grundgesetzänderungen zustimmen. SPD, Union und Grüne kommen im scheidenden Bundestag auf 520 Stimmen zusammen – 31 mehr als nötig. Doch es könnte Abweichler geben, da viele der ausscheidenden Abgeordneten nicht mehr im neuen Bundestag sitzen werden.

Der ehemalige CDU-Generalsekretär Mario Czaja aus Berlin hat bereits erklärt, er werde nicht für die Grundgesetzänderungen stimmen. Er begründete sein Nein mit Sorgen vor einer Neuverschuldung, welche "den Handlungsspielraum des Staates massiv einschränken" werde. Czaja verlor bei der Bundestagswahl sein Direktmandat in Marzahn-Hellersdorf.

Jens Koeppen, Czajas Parteikollege aus Ostbrandenburg, will an der bevorstehenden Abstimmung nicht teilnehmen. Die Mitglieder des scheidenden Bundestages seien aus seiner Sicht nicht legitimiert, Entscheidungen von solcher Tragweite zu treffen, teilte der scheidende Bundestagsabgeordnete auf seiner Webseite mit. Er stehe der "massiven Aufrüstung“ in Europa äußerst skeptisch gegenüber. "Jetzt will man mit dem Panzer durch die Wand." Außerdem habe die Union im Wahlkampf auf die Einhaltung der Schuldenbremse gedrängt, so Koeppen.

Auch die SPD schließt Abweichler nicht aus, erwartet laut Generalsekretär Matthias Miersch aber "eine hohe Zustimmungsquote". Bei den Grünen gilt eine geschlossene Zustimmung trotz weitreichender Zugeständnisse von Union und SPD ebenfalls nicht als wahrscheinlich.

Sendung: rbb24 Inforadio, 18.03.2025, 9 Uhr

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8 Kommentare

  1. 8.

    Sondervermögen ist schon das falsche Wort. Wenn man tief im Dispo steckt kann man das auch ab heute als Vermögen bezeichnen. Es sind schlicht astronomische Schulden dessen Zinsen uns schon auffressen werden. Die das heute beschließen werden das Ende dieser Misere Altersbedingt eh nicht erleben, das sind dann zukünftige Generationen. Der Euro verliert an Wert, bauen wird noch teurer und die Inflation wird gewaltig sein. Und für was? Merz hat seine Wahlversprechen sofort gebrochen, schwenkt sofort nach LinksGrün und will noch im GG die 2/3-Mehrheit kippen um alles umzusetzen ohne parlamentarische Mehrheit. Wenn das noch Demokratie ist, dann war das die DDR faktisch auch.

  2. 7.

    Kann mal jemand erklären was genau mit Sondervermögen gemeint ist? Ich interpretiere das im Moment so dass neue Schulden in diesem Rahmen aufgenommen werden können (bzw. Anleihen im jeweiligen Masstab ausgeteilt werden können,aber nicht aufgenommen werden müssen.?
    Ist das so - oder sind die Budgets schon verteilt?
    Der Teufel steckt doch im "Detail", insbesondere in der Verteilung auf die jeweiligen Sparten und Massnahmen.

  3. 6.

    unglaublich! Was für ein Possenspiel.

  4. 5.

    Ich bin wirklich gespannt, die die Abstimmung endet. Klar ist doch, dass nach Jahrzehnten des Stillstandes investiert werden muss, um den Karren nicht endgültig in den Dreck zu fahren. Je länger gewartet wird, desto teurer wird´s am Schluss.
    Manchmal habe ich so bei mit gedacht: Wie wurde früher über die marode DDR gelästert. Und wohin hat die Politik Dt. heute gebracht? Vieles ist verfallen (oder sieht so aus) und bedarf dringender Sanierungen: Brücken, Straßen, Schulen, überhaupt die kritische Infrastruktur. Ich vergleiche es mit einem eigenen Haus: Wer investiert und für die Werterhaltung sorgt, muss keine Sorge haben, dass er später eine Ruine hat.
    "...100 Milliarden Euro des Gesamtbetrags sollen den Ländern zur Verfügung gestellt werden..." = ca. 8 Mrd./Jahr, verteilt auf 16 Bundesländer (mit einem hoffentlch sinnvollen Schlüssel)= ca. 520 Mio. /BL
    Sinnvoll! eingesetzt, z.B. für Öffis, Straßen/Brücken, Schulen, Bildung, könnte es dann wieder aufwärts gehen.

  5. 4.

    Klimaschutz und Aufrüstung? Also entweder führen wir Krieg und zerstören die Umwelt und damit das Klima oder wir führen keinen Krieg und produzieren einfach mal so Waffen u.ä. als Dinge, die wir nicht brauchen: Also Müll und zerstören so das Klima. Klimaschutz funktioniert nicht mit Kriegswirtschaft.

    Faszinierend ist auch, wie sich irgendwelche Leute über Geld freuen: Das Ziel ist weiter so wie immer. Schade, mal etwas Selbstreflexion und Lösungssuche wäre besser.

    Auch sollten sich die Herrschaften klar sein, dass wenn das Geld freigegeben wird, der ÖD nicht an Schlichtung interessiert sein wird. Denn wenn es mehr Geld gibt, warum sollten nicht die davon profitieren, die die Arbeiten für die Gesellschaft erledigen!!

  6. 3.

    "Wegner: Berlin braucht "Konjunkturbooster""
    Was soll denn in Berlin die Konjunktur boostern? Es gibt in Berlin doch keine richtige Industrie mehr, die was erwirtschaftet außer Stadtler vielleicht noch in Pankow. Alles nur noch Studenten-Startups, Lieferdienste, Gastronomie, Spätis, Shop-Ketten, airbnb, Studenten, Bundestagsbedienstete. Berlin lebt eigentlich mehr oder weniger von dem Geld, was die Leute alle selber in die Stadt mitbringen zum Ausgeben.

  7. 2.

    So werden Deutschland und der Euro also in den Abgrund geführt! Derart verantwortungsloses Handeln der politisch Verantwortlichen ist geradezu schockierend. Jegliches Wahlversprechen wurde von den demokratischen Parteien gebrochen. Auch die Rückgratlosen Grünen haben letztes Vertrauen verspielt. Die Extremisten am rechten Rand wird es freuen. Nur gut, dass es dieses Jahr keine Landtagswahlen mehr gibt.

  8. 1.

    Wie wäre es mal mit sparen statt neuen Schulden? Wie kann man einen Deal mit den Grünen noch machen, die Grünen wurden abgewählt! Klimaneutralität ins GG, es ist unfassbar!