Tennis Borussia muss in die Oberliga - Ambitionen trotz Abstieg
Nach einer katastrophalen Saison steigt Tennis Borussia in die Fußball-Oberliga ab. Doch trotz großer Trauer herrscht bei den Verantwortlichen Zuversicht. Es soll zurück nach oben gehen - und sogar noch weiter. Von Lukas Witte
Es war der passende Heim-Abschluss einer völlig verkorksten Saison: Sieben Tore ließ sich Tennis Borussia am Sonntag von Meuselwitz beim vorerst letzten Fußball-Regionalliga-Spiel im Mommsenstadion einschenken und kassierte damit die bisher höchste Pleite der Spielzeit.
"Die Niederlage spiegelt den Charakter der gesamten Saison wider, macht jetzt aber auch keinen großen Unterschied mehr", sagt Sportdirektor Benjamin Borth. Denn bereits vor dem Heim-Debakel stand fest: TeBe ist sang- und klanglos abgestiegen.
Fast 100 Gegentore
Einen Spieltag vor Schluss stehen die Lila-Weißen mit nur 13 Punkten auf dem letzten Tabellenplatz. Drei Siege, vier Unentschieden, 26 Niederlagen und ganze 98 Gegentore – das ist die erschreckende Bilanz der Saison.
Laut Sportdirektor Borth gibt es dafür verschiedene Gründe. Zum einen sei die Regionalliga in diesem Jahr extrem stark besetzt gewesen, zum anderen habe die Altersstruktur im Team nicht gestimmt. "In vielen Situationen hat uns die Erfahrung auf dem Platz gefehlt", sagt er. Mit einem Durchschnitt von 21,5 Jahren hat TeBe eines der jüngsten Teams der Liga.
Schon früh zeichnete sich ab, dass die Berliner in dieser Saison große Probleme bekommen würden. Erst am neunten Spieltag hatten sie ihren ersten Sieg geholt, stürzten danach von einer Negativserie in die nächste. Im Winter unternahm man dann einen letzten Rettungsversuch und trennte sich vom damaligen Trainer Abu Njie.
Es übernahm Christopher Brauer, der bis heute aber auch nicht mehr Punkte als sein Vorgänger holen konnte. Am 31. Spieltag war der Abstieg besiegelt und TeBe kehrt nach drei Jahren zurück in die Oberliga.
Kapitän hilft bei der Kaderplanung
Dass das Ende so schnell absehbar war, hat aber auch einen Vorteil. "Das hat uns jetzt natürlich nicht völlig überraschend getroffen und wir konnten schon länger zweigleisig planen", sagt Borth. Die Kaderplanung für die Oberliga laufe bereits auf Hochtouren.
Große finanzielle Probleme gebe es durch den Abstieg dabei nicht. Das Profil der potenziellen Neuzugänge sei hingegen schon ein anderes als zuvor. "In der Regionalliga findet man sehr viele Talente, die den Sprung in höhere Klassen machen wollen. In der Oberliga ist es eher so, dass die Spieler zwischen Ausbildung, Uni, Arbeit und Fußball pendeln", sagt der Sportdirektor. Deshalb müssten zum Beispiel die Trainings-Zeiten auf den Abend gelegt werden.
Borth zeigt sich zuversichtlich, das Team für die Oberliga gut aufstellen zu können. "Der Berliner Fußball ist extrem stark und der Markt gibt viele Talente her. Man muss sich mit den verschiedenen Ligen eng auseinandersetzen und diese gut kennen. Da muss man dann fleißig sein", sagt er.
Auf ein wenig Regionalliga-Erfahrung darf er aber auch in der kommenden Saison vertrauen: Kapitän Tim Oschmann hat seinen Vertrag verlängert und wird gemeinsam mit TeBe in die Oberliga gehen.
Der 28-Jährige wird sogar in die Transferentscheidungen im Sommer mit eingebunden. "Trainer, Geschäftsführung, Vorstand und Kapitän – die Kaderplanung machen bei uns alle zusammen", erklärt Borth. Man wolle vor allem eine sehr menschliche und charakterstarke Truppe in der Oberliga auf den Platz schicken. Oschmann könne dabei eine sehr hilfreiche Einschätzung abgeben.
Wieviel Einfluss Trainer Brauer noch nehmen wird, ist hingegen unklar. Seine Zukunft bei den Lila-Weißen ist derzeit noch offen.
Abstieg als Sprungbrett
In vielen Belangen steht also ein Neuanfang bevor. Obwohl die katastrophale Regionalliga-Saison noch nicht einmal beendet ist und der Abstieg noch frisch, sind die Ambitionen bereits jetzt wieder groß. Der Vorstandsvorsitzende Michael Lachmann gab vor kurzem im "Tagesspiegel" das Ziel aus, dass man es binnen fünf Jahren in die 3. Liga schaffen wolle.
Daran glaubt auch Sportdirektor Borth, wie er sagt. "Die 3. Liga ist nicht so weit weg, wie es klingt. Es ist also nicht so unrealistisch, aber alles muss gesund laufen."
Gesund bedeutet in diesem Fall, dass der Druck trotz der hohen Ziele nicht zu groß werden soll. Die Oberliga soll als Chance genutzt werden, um in Ruhe die nötigen Strukturen aufzubauen, wie Borth sagt. "Es ist nicht so ein brutales Haifischbecken. Natürlich wissen wir, dass auch die Oberliga schwer wird. Aber wir haben jetzt keinen Druck direkt aufsteigen zu müssen und wollen eine entspannte Saison spielen", so der Sportdirektor weiter. "Wir wollen uns strukturell, wirtschaftlich und personell erweitern. Und wenn wir diese drei Säulen aufgebaut haben, wird der sportliche Teil von allein kommen."
TeBe ist gewarnt
Ob die kommende Spielzeit tatsächlich die nötige Ruhe und Entspannung bringen wird, ist fraglich. Denn dass sich Regionalliga-Absteiger eine Klasse tiefer durchaus schwertun, zeigt die aktuelle Saison. In der Oberliga Nord kommt Tasmania Berlin nicht über das untere Mittelfeld hinaus und Optik Rathenow liegt sogar nur auf dem Relegationsplatz und muss sich Sorgen machen, nicht direkt durchgereicht zu werden. "Das darf uns auf gar keinen Fall passieren und davor sind wir gewarnt", sagt Borth.
Wirklich besorgt, dass seinem Verein ein ähnliches Schicksal drohen könnte, scheint er aber nicht. Für einen Absteiger klingt bei den Worten des Verantwortlichen erstaunlich viel Zuversicht und Euphorie mit. "Wir wollen und werden es wieder nach oben schaffen und etwas aufbauen, das in den nächsten Jahren sehr groß werden kann", sagt der Sportdirektor.
Die Entwicklungen über den Sommer und die erste Saison in der Oberliga werden jetzt wegweisend dafür sein, ob auf die 0:7-Niederlage gegen Meuselwitz im letzten Heimspiel der Saison tatsächlich nur fünf Jahre später der Aufstieg in die 3. Liga folgen wird.
Sendung: rbb24, 22.05.2023, 18 Uhr