Sportstätte in Eichkamp - Welche Konsequenzen hat der Umbau des Mommsenstadions für die Klubs?

Mi 22.05.24 | 14:42 Uhr | Von Shea Westhoff
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Mommsenstadion, Berlin
Bild: IMAGO/Contrast

Eine überstürzte Sanierung? Der Umbau des Mommsenstadions zur EM 2024 wird begleitet von der Angst, dass die traditionsreiche Sportstätte den ortsansässigen Vereinen entzogen wird. Zu unrecht, wie die Politik betont. Von Shea Westhoff

Es klingt nach einem Plan mit Hand und Fuß, eigentlich: Ein großes, aber in die Jahre gekommenes Stadion in Berlin soll saniert werden, um vorübergehend mehreren Nationalmannschaften während der anstehenden Fußball-Europameisterschaft 2024 eine moderne Trainingsstätte zu bieten. Der Clou: Die Modernisierung wird das Stadion und die angrenzende Infrastruktur gleichzeitig in eine profitaugliche Arena verwandeln, um künftigen Drittliga-Aufsteigern aus der Region eine probate Heimstätte zu gewährleisten.

Die Kosten von rund drei Millionen Euro trägt der Senat.

Ein Stadion für den Breitensport

Es geht um das Mommsenstadion, das seit fast 100 Jahren im Charlottenburger Ortsteil Eichkamp steht. Die Modernisierung gab die Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport im Januar bekannt.

Doch der Plan ruft zum Teil heftige Kritik hervor. "Die Vereine waren ja überhaupt gar nicht in dem Prozess mit eingebunden", sagt Christian Rudolph, Fan von Tennis Borussia, zu rbb|24 und warnt vor dem, was kommen könnte: "Das sind ja alles öffentliche Räume, die dann den Freizeitsportlern auch wieder genommen werden, die sich eigentlich dort duschen und umkleiden."

Einige der Änderungen – geplant sind etwa ein neuer Rasen, die Installierung einer Rasenheizung, die Errichtung einer Polizeiwache – klingen für ihn nach dem Gegenteil einer sympathischen Spielstätte, die für den Breitensport da ist. "Das klingt nach einem seelenlosen Event-Stadion, das nur noch für den leistungsorientierten Sport zur Verfügung steht."

Rasenheizung überhaupt zeitgemäß?

Insbesondere der gegenwärtige Einbau der Rasenheizung ruft Kritik hervor: "Warum braucht es denn überhaupt eine Rasenheizung?" Als Grundlage für eine Drittligatauglichkeit würden Statuten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) herangezogen, doch für Rudolph stellt sich die Frage, inwieweit diese Auflagen noch zeitgemäß sind.

Zweifel scheinen angebracht: Viktoria Berlin spielte zur Saison 2021/22 drittklassig im Jahnsportpark - ohne Rasenheizung. Frost? Fehlanzeige. Eine Rasenheizung habe es an keinem einzigen Tag gebraucht, wie erst in diesem Monat aus einer Sitzung des Sportausschusses im Abgeordnetenhaus hervorging.

"Da wird etwas verbaut, was de facto nicht gebraucht wird", findet Rudolph. Und wenn, dann helfe es nur dem Fußball. "Keine andere Sportart profitiert davon." Gemeinsam mit der Gruppierung "Tennis Borussia Aktive Fans" hat er auch deshalb vor zwei Wochen eine wütende Stellungnahme veröffentlicht.

Mommsenstadion als mögliche Heimstätte für Greifswald

Der größte Vorwurf: Die Modernisierung des Stadions würde die ansässigen Klubs schleichend vertreiben – weil die Spielstätte regionalen Drittligisten zur Verfügung gestellt werden solle. Tatsächlich wurden in der Sportausschusssitzung vom 3. Mai Berichte bestätigt, wonach Gespräche mit dem Greifswalder FC geplant gewesen seien, um die Spielstätte im Falle eines Aufstiegs zur Verfügung zu stellen. Bezirksstadträtin Heike Schmitt-Schmelz betonte damals allerdings, dass zunächst "zu 100 Prozent ausgeschlossen sein" müsse, dass ein Aufsteiger aus Berlin das Stadion benötige.

Für Teile der Fanszene wirkt die Einladung des finanzkräftigen Klubs von der fernen Ostsee trotzdem wie ein Menetekel: "Spätestens damit bewahrheiten sich sämtliche Befürchtungen, dass die Belange der ansässigen Vereine im neuen Mommsenstadion keinerlei Rolle mehr spielen."

Folgen für die Leichtathleten und die Footballer

Andreas Statzkowski ist zumindest erleichtert, dass sich die Aufstiegsambitionen des Greifswalder FC durch die Meisterschaft des Konkurrenten FC Energie Cottbus nun erst einmal zerschlagen haben. Der CDU-Politiker auf Berliner Landesebene ist Präsident des SCC – mit 8.500 Mitgliedern einem der Schwergewichte der Vereinsszene in der Hauptstadt.

Auf den Umbau des Mommsenstadions angesprochen klingt der 67 Jahre alte Berliner zunächst nicht verärgert, im Gegenteil. "Grundsätzlich ist es immer gut, wenn in unsere Sportanlagen investiert wird und dementsprechend auch Stadien in Ordnung gebracht werden", sagt er.

Tagelange Sperrungen des Stadions, das haben wir in der Vergangenheit immer wieder erlebt.

Andreas Statzkowski, Präsident SCC

Doch die Folgen der laufenden Sanierung hätten er und seine Sparten im Verein schon zu spüren bekommen: Von den drei Sportfesten, die der SCC allein in der Leichtathletik pro Jahr veranstalte, könnte in diesem Jahr nur eines stattfinden. Auch das Football-Team der Berlin Rebels, ebenfalls dem SCC zugehörig, müsse die ersten vier Heimspiele der Saison im Stadion Wilmersdorf austragen.

Und denkbare Fußball-Drittligaspiele würden weitere Einschränkungen mit sich bringen, so Statzkowski: "Tagelange Sperrungen des Stadions, das haben wir in der Vergangenheit immer wieder erlebt, zum Beispiel beim Berliner Landespokal-Endspiel (zuletzt 2023, Anm. d. Red.), wo dann doch über mehrere Tage Vor- und Abbau mit massiven Einschränkungen für die Nutzer verbunden waren." Statzkowski sieht die Verantwortung beim Land Mecklenburg-Vorpommern sowie bei der Stadt Greifswald, um Lösungen für eine geeignete GFC-Spielstätte zu finden.

Das Problem sei mit dem jüngsten Nicht-Aufstieg auch "nicht aufgehoben, es ist vertagt", sagt er im Hinblick auf die anstehende Saison, in der außer Greifswald auch die VSG Altglienicke, Viktoria Berlin und der BFC Dynamo um den Relegationsplatz für den Drittliga-Aufstieg buhlen dürften.

Menschen, die sich wie Statzkoswki mit der Leichtathletik in Berlin befassen, würden immer wieder feststellen, "dass wir in vielen Stellen hinter den Fußball anzustehen haben", sagt er ernüchtert. Auch deshalb hofft er auf eine zügige Fertigstellung des Umbaus des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks, damit das "Land Berlin auch ein wirklich gutes und vorzeigbares Drittliga-Stadion hat". Es wäre ein Stadion, so der Subtext, welches auch das "Mommse" entlasten könnte.

Politik sieht keine Probleme

TeBe musste wegen der Sanierung während der heißen Phase der laufenden Oberliga-Saison teils in den Jahnsportpark und nach Rehberge umziehen. Ob man dauerhaft zurückkehren könne ins Mommsenstadion, da ist sich Christian Rudolph nicht sicher: "In der Sportausschusssitzung klang es immer so, als wenn uns quasi die Tür nur offensteht, wenn wir in die 3. Liga kommen", sagt er.

Das vertreibt die ansässigen Vereine nicht.

Heike Schmitt-Schmelz

Die Charlottenburg-Wilmersdorfer Bezirksstadträtin Heike Schmitt-Schmelz hat im Gespräch mit rbb|24 dann allerdings manches klarzustellen - und richtet sich dabei auch an die aktiven Fans von Tennis Borussia.

Seitens der Politik sei man sowohl mit TeBe als auch mit dem SCC im "sehr, sehr intensiven Austausch", sagt sie. "Mich ärgert das ein bisschen, dass die aktive Fanszene sich anscheinend auf die Vereinsspitze nicht verlässt." Und: "Die arbeiten aus meiner Sicht gegen ihren eigenen Verein."

Sie stellt klar: Niemals sei einem potenziellen Drittligisten der Trainingsbetrieb zugesagt worden, sondern es gehe ausschließlich um den Spielbetrieb, das seien 19 bis 21 Begegnungen pro Jahr. "Das vertreibt die ansässigen Vereine nicht." Und selbst wenn in der übernächsten Saison ein regionaler Verein im Mommsenstadion Drittligaspiele absolvieren sollte, dann werde man terminliche Lösungen für alle dort beheimateten Vereine finden.

Auch die von der Fanszene befürchteten Sicherheitskameras von der Polizei würden zunächst nicht verbaut werden, weil es ohne einen aktuellen Drittliga-Aufsteiger dafür keine Notwendigkeit gebe. Das gleiche gelte für das Kamerapodest für die Medien.

Das fast 100 Jahre alte Mommsenstadion wird sich verändern. Bisher scheint es, als würde es die ansässigen Vereine dennoch weiterhin willkommen heißen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 22.05.2024, 11:15 Uhr

Beitrag von Shea Westhoff

10 Kommentare

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  1. 10.

    Amüsant an der ganzen Geschichte ist, dass ranghohe SPD Politiker jahrelang in Gremien von TeBe (z.b Gaebler) und vom SCC (Spieler z.B. Niroomand) waren. Sie sich aber -offensichtlich- null für "ihre Vereine" einsetzen. Damit sollte alles über Politik gesagt sein.

  2. 9.

    Der Ausschusssitzung nach zu urteilen wurde mit BFC, Viktoria, Altlglienicke im Vorfeld über ihr mögliches neues Zuhause gesprochen, während TeBe, SCC und die anderen Nutzer es kurz vor Schließung des Staidions aus der Zeitung erfuhren. Anwohner:innen wurden auch nicht einbezogen Die sind aber ebenfalls betroffen, wenn Dynamo Dresden plötzlich mit etlichen tausend Fans dort aufschlägt. Bei BFC gegen Cottbus herrschten kürzlich bürgerkriegsähnliche Zustände, die sogar in der Tagesschau Thema waren. Wundervoll, dass die Politik mal eben im Alleingang festlegt, dass der Standort das verkraften kann. Ohne auch nur ansatzweise im Thema zu sein, wie die Sitzung eindrucksvoll bewies. Dort wurden selbst grundlegendste Fakten durcheinandergeworfen. Bitter.

  3. 8.

    Es ist echt eine Frechheit, was die lokale SPD hier wieder verzapft. 3. Liga Stadion in Greifswald anbieten, ggf. jedes 2. Wochenende den BFC durch ganz Berlin fahren lassen, dazu die Belastungen für die Anwohner*innen und die Freizeit-Sportler*innen. Am Ende wird wahrscheinlich eh die ungeliebte Viktoria alle verdrängen und im nächsten Bezirk ihr Glück versuchen.

  4. 7.

    In der Oberliga bringt, außer TeBe und Lichtenberg, kein Verein nennenswert Gästefans mit, geschweige denn Gewalttäter. Wofür muss man da also eine Polizeiwache hinknallen? Selbst in der Regionalliga wurde und wird keine benötigt. Gleiches gilt für die Rasenheizung, deren Sinn selbst in der 3. Liga mehr als hinterfragt werden darf.

    Das alles also nur für den hypothetischen Fall, dass irgendein Berliner Verein irgendwann RL-Meister wird, dann die Hürde Relegation nimmt und in die 3. Liga aufsteigt. Den man dann ungefragt in ein Stadion verpflanzen will, zu dem er null Bezug hat. Wer denkt sich sowas aus? Selten eine blödsinnigere Verschwendung von Steuergeldern gehört, vom Thema Nachhaltigkeit mal ganz zu schweigen.

  5. 6.

    Wir trainieren viermal die Woche im Mommsenstadion, seit vielen Jahren. Dann plötzlich die Schnapsidee mit der Modernisierung. Seitdem stehen wir nicht nur vor verschlossenen Türen, sondern auch vor einer ungewissen Zukunft. Wenn der Bezirk sogar einen Verein aus Greifswald im Stadion hätte spielen lassen, dann bedeutet das, er würde JEDEN Klub dort spielen lassen. Und die anderen Nutzer schauen in die Röhre. Wirklich unfassbar, wie hier ein hochfrequentiertes und hochbeliebtes Stadion den Nutzern entrissen wird.

    Danke den TeBe-Fans für ihre Initiative.

  6. 5.

    Der nächste Regionalliga Nordost Meister Saison 2024/25 kann nicht direkt in die 3. Bundesliga
    aufsteigen sondern muß in die Quali gegen West oder Bayern(?) Meister.
    T.B und SCC spielen b.a.W. in ein 3.Liga Stadion mit Rasenheizung.So schauts aus!!!!

  7. 3.

    TeBe ist genau für ein einziges Spiel auf das Gelände des Jahn-Sportparks gegangen (ins dortige kleine Stadion), anschließend ging es nach Rehberge.

  8. 2.

    Sanierung plus Rauswurf aus heiterem HImmel und die Klubs vor vollendete Tatsachen gestellt. Keinerlei Partizipation derjenigen, die hier mit mit sehr fragwürdigen Modernisierungsmaßnahmen "beglückt" werden. Klub aus mehreren hundert Kilometern Entfernung wird herzlichst eingeladen, seine Zelte im Mommsenstadion aufzuschlagen, obwohl - siehe Aussagen Statzkowski zu Stadionsperrungen - eindeutig zu Lasten der Klubs gehend.

    Und wenn diese Basta-Politik diejenigen, die das Stadion seit Jahrzehnten nutzen und besuchen, nicht gefällt, dann besitzt die Sportstadträtin die Stirn zu behaupten, die Kritiker würden "gegen ihren Verein arbeiten". Geil.

    Wie planlos, arrogant und abgehoben kann Politik sein? SPD: Ja.

  9. 1.

    Du meine Güte, was ist denn das für ein Blödsinn schon wieder: Mehrere Millionen Euro Investition in lauter Dinge, die die beheimateten Klubs nicht benötigen? Verschandelung eines der schönsten, weil urwüchsigsten Berliner Stadien ohne Grund? Wer soll davon profitieren? Der Greifswalder FC? Zum Glück nun doch nicht. Der BFC Dynamo? Die werden sich freuen, einmal quer durch die Staat umziehen zu dürfen. Warum baut man nicht deren Stadion drittligatauglich und verschont das Mommsenstadion vor solchem Unsinn wie Arrestzellen, Polizeistation und Hochsicherheitssystem? Warum soll die Kapazität auf Kosten der tollen Stehplatztraversen, die jedem echten Fußballfan das Herz aufgehen lässt, verringert werden? Und was ist mit den zahlreichen Leichtathletinnen, die den Standort intensiv nutzen?

    Das Ganze ist offenbar nicht mehr als der Versuch einer Sportsstaatssekretärin und einer Bezirksstadträtin, sich selbst ein Denkmal zu setzen. Auf Kosten derjenigen, die dort zuhause sind. Widerwärtig.

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