Pokalwochenende steht bevor - Das waren die denkwürdigsten Erstrunden-Partien der regionalen Teams im DFB-Pokal

Fr 16.08.24 | 15:24 Uhr
Die Spieler des Berliner AK bejubeln ein Tor gegen TSG Hoffenheim. (Foto: IMAGO / Sven Simon)
Bild: IMAGO / Sven Simon

Der DFB-Pokal ist zurück, in den nächsten Tagen werden gleich vier Teams aus Berlin und Brandenburg ihre Duelle austragen. Die 1. Pokalrunde hatte für die regionalen Vertreter schon einige Überraschungen parat - positiv wie negativ. Ein Rückblick von Marc Schwitzky

Union Auftaktsieg in einer historischen Pokalsaison

Es lässt sich wohl festhalten, dass der 1. FC Union Berlin sich trotz der enttäuschenden letzten Saison mittlerweile in der 1. Bundesliga etabliert hat. Die "Eisernen" gehen in ihre sechste Erstligasaison hintereinander. Doch lange Zeit war es anders, Union ein klassischer Vertreter der unteren Ligen. So auch im Jahr 2000, damals spielten die Köpenicker in der "Regionalliga Nord" - und in der 1. Runde des Pokals gegen Rot-Weiß Oberhausen.

Damals spielte das Team aus dem Ruhrgebiet sogar höherklassiger als Union. Die Köpenicker waren Außenseiter, doch gewannen das Spiel mit 2:0. Christian Fährmann und Harun Isa erzielten vor 3.500 Zuschauern im Stadion an der Alten Försterei die Tore. Es war der Auftakt in eine historische Pokalsaison, die völlig überraschend bis in das Finale führen sollte. Dort verlor Union jedoch mit 0:2 gegen Bundesligist Schalke 04.

Neun-Tore-Spektakel bei Hertha gegen Braunschweig

Auch wenn es kaum noch vorkommt, ist Hertha BSC schon beinahe berüchtigt für ein frühes Pokal-Aus gegen unterklassige Gegner. Beispielsweise 2002/03 gegen den damals noch Regionalligisten Holstein Kiel oder 2012/13 gegen Wormatia Worms, ebenfalls Regionalligist, in der 1. Runde. Das aber wohl denkwürdigste Spiel dieser Art fand 2020 gegen Eintracht Braunschweig statt.

Die Berliner reisten als völlig zusammengewürfeltes und nicht annähernd fertiggestelltes Team zur Eintracht, die als Zweitligist eine vermeintlich machbare Aufgabe darstellte. Doch Hertha war das Chaos, das 2020/21 über den Klub hereinbrach, bereits anzumerken. Momente großer individueller Qualität wechselten sich mit nicht vorhandener Abstimmung und unerklärlichen Patzern ab. Das Ergebnis: ein Chaos-Spiel und eine spektakuläre 4:5-Pokalpleite - und das in regulärer Spielzeit.

Energie Cottbus unterliegt Paderborn mit 0:7

Als unterklassige Mannschaft kann man im Pokal immer verlieren - auch mit mehreren Toren Abstand. Das liegt in der Natur der Sache. Dass Energie Cottbus 2023 allerdings mit 0:7 gegen SC Paderborn unterging, war dann doch überraschend - auch wenn zwei Ligen zwischen dem ehemaligen Regionalligisten und Zweitligisten lagen. Nach einem Eigentor von Cottbuser Dennis Slamar (4.) erzielten Visar Musliu (11.), Filip Bilbija (20., 51.), Florent Muslija (64.), Sebastian Klaas (83.) die Tore für Paderborn. Die Lausitzer waren im eigenen Stadion völlig chancenlos.

"Charakter und die nötige Mentalität sind immer gefragt. Ich würde niemals unterstellen, dass jemand keine Einstellung hat. Aber ich glaube, dass die Spieler aus der letzten Saison, die das Double gewonnen haben, sehr mit sich zu tun haben. Und die neuen Spieler sind nicht angekommen", sagte Cottbus-Trainer Claus-Dieter Wollitz damals nach der höchsten Niederlage der Cottbuser Pokalgeschichte.

Berliner AK fertigt Hoffenheim ab

Es war ein eigentlich völlig ungleiches Duell, David gegen Goliath. Und es sollte zum höchsten Sieg eines Amateurvereins über einen Erstligisten in der Geschichte des Pokals kommen. Der Berliner AK empfing 2012 als Regionalligist die TSG Hoffenheim aus der Bundesliga. Die Sinsheimer hatten mit Trainer Markus Babbel Großes vor und viel Geld für die neue Saison investiert. Es kamen Spieler wie Tim Wiese und Eren Derdiyok.

Doch die mit vermeintlichen Tospielern gespickte Mannschaft erlebte beim BAK ihr blaues Wunder. Der Verein aus der Hauptstadt gewann das Spiel völlig überraschend mit 4:0, bereits zur Halbzeit stand es 3:0. "Es war wie ein Traum", zeigte sich BAK-Vereinspräsident Mehmet Ali Han nach Abpfiff ungläubig.

Tim Wiese und die TSG Hoffenheim scheidet im Pokal gegen den Berliner AK aus. (Foto: IMAGO / Contrast)

SV Babelsberg schlägt Rostock bei drei Ligen Unterschied

Der DFB-Pokal erzählt oft die Geschichten der Kleinen. So auch 2006, als der SV Babelsberg 03 in der 1. Pokalrunde Hansa Rostock im Karl-Liebknecht-Stadion vor über 8.000 Zuschauern zu Gast hatte. Die Brandenburger spielten damals in der Oberliga, Rostock in der 2. Bundesliga - mehr als nur ein Klassenunterschied.

Am Ende gingen jedoch die Babelsberger überraschend als Sieger vom Platz. Bei Gegner Rostock fehlte der so wichtige Mittelfeldregisseur Stefan Beinlich - und das fiel auf. Die Hanseaten konnten keine Souveränität aufbauen, in der 34. Minute verwandelte Jan Mutschler einen direkten Freistoß zum 1:0. Nach der Pause schob Patrick Moritz aus über 20 Metern zum 2:0 für Babelsberg ein, der Rostocker Anschlusstreffer sollte nichts mehr am sensationellen Weiterkommen des Oberligisten ändern.

BFC Dynamo geht gegen Köln unter

Die großen Pokalgeschichten hat der BFC Dynamo vor allem zu DDR-Zeiten - teilweise sogar auf internationaler Bühne - geschrieben. Doch auch in der Neuzeit konnte der Verein aus Alt-Hohenschönhausen bereits für Schlagzeilen sorgen - wenn auch nicht unbedingt positive. 2018 hatte sich der BFC für den DFB-Pokal qualifiziert - in der 1. Runde wartete mit dem 1. FC Köln ein großer Name aus der Bundesliga.

Die Begegnung wurde sogar im Olympiastadion ausgetragen, rund 14.000 Zuschauer kamen. Eine kurze Zeit lang schien das Spiel zu einem Märchen zu werden. Die Berliner gingen in der 19. Minute völlig überraschend in Führung. Doch die Freude hielt nur kurz. Sehr kurz. Nur zwei Minuten später glichen die Kölner aus - und begannen den Torreigen. Am Ende stand es 1:9 aus BFC-Sicht. Eine Machtdemonstration des Erstligisten.

Makkabi Berlin als erster jüdischer Klub im Pokal dabei

Erst vor einem Jahr kam es zu einem historischen Pokalmoment. Oberligist TuS Makkabi Berlin trug 2023 nicht nur das erste DFB-Pokal-Spiel seiner Vereinsgeschichte aus, es war gleichzeitig der erste Auftritt eines jüdischen Klubs im Wettbewerb. Zuvor hatte sich Makkabi überraschend im Berliner Landespokal durchgesetzt. Der Erfolg hatte dem Verein bundesweite Anerkennung verschafft, selbst DFB-Präsident Bernd Neuendorf gab sich gegen den VfL Wolfsburg die Ehre.

Doch der Bundesligist war wie erwartet eine Nummer zu groß. Wolfsburg gewann vor 5.000 Zuschauern und Zuschauerinnen mit 6:0. Makkabi-Trainer Wolfgang Sandhowe sagte damals: "Ich bin jetzt 38 Jahre Trainer und habe mich sehr auf das Spiel gefreut, wusste aber, dass wir einen sehr schweren Stand haben. Für den Verein ist es dennoch historisch, was hier abgelaufen ist. Das war toll und hat mir sehr gut gefallen."

Yannick Gerhardt vom VfL Wolfsburg und Doron Bruck von TuS Makkabi Berlin im Zweikampf. (Foto: IMAGO / Jan Huebner)

Der tragische Fall des MSV Neuruppin

Der MSV Neuruppin wollte 2005 hoch hinaus und den Eintritt in den bezahlten Fußball schaffen. Der Verein aus Brandenburg gewinnt in dem Jahr den Brandenburgischen Landespokal und qualifiziert sich somit für den DFB-Pokal. Es kommt zum Hammer-Los: der FC Bayern München wird der Gegner in der 1. Runde sein. Ein Gegner, der zum großen Rahmen einlädt - und so mietet der MSV Neuruppin euphorisiert das Berliner Olympiastadion für die Begegnung an.

35.000 Fans kamen zum Spiel. Und die Mannschaft präsentierte sich beachtlich, die 0:4-Niederlage konnte sich sehen lassen. Doch das Spiel war letztlich doch kein Erfolg. Die Vereinsverantwortlichen hatten auf das Gerücht vertraut, dass der FC Bayern auf seinen Anteil der Einnahmen verzichten wurde - tat er aber nicht. Und so stand der MSV vor einem riesigen finanziellen Problem, er hatte sich mit diesem Spiel wirtschaftlich vollkommen verhoben. Auch weil das Geld, das durch das Spiel hineinkommen sollte, bereits ausgegeben wurde. Der Verein lebte über seinen Verhältnissen - und musste in die Insolvenz. Vize-Präsident Dietmar Lenz, der als Stadtwerke-Chef Neuruppins immer Sponsorings abschloss, wurde wegen Untreue und Vorteilsnahme angeklagt - und nahm sich ein paar Jahre danach das Leben.

So wurde das größte Spiel der Vereinsgeschichte zum Untergang. In den letzten zwölf Jahren spielte der Verein meist in der 6. Liga - weit weg vom Profi-Fußball.

Sendung: rbb Der Tag, 16.08.2024, 18 Uhr

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