Tarifkonflikt - Berufung gegen Lokführerstreik abgelehnt - Schienenverkehr weitgehend lahmgelegt

Di 12.03.24 | 14:23 Uhr
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Archivbild:Züge der Deutschen Bahn während eines Streiks der GDL am 07.03.2024.(Quelle:imago images/R.Keuenhof)
Video: rbb24 Abendschau | 12.03.2024 | L. Thio | Bild: imago images/R.Keuenhof

Auch ein letzter Versuch der Bahn, den sechsten Streik der GDL im laufenden Tarifstreit zu verhindern, ist vor Gericht gescheitert. Seit 2 Uhr fahren so gut wie keine Fern-, Regional- und S-Bahnzüge. Für Pendler steht nur ein Grundangebot bereit.

  • seit 2 Uhr fahren so gut wie keine Züge der Bahn
  • Berufung der Deutschen Bahn abgewiesen
  • BVG und private Bahnunternehmen sind nicht betroffen, rechnen aber mit sehr vollen Zügen
  • S-Bahn hat Notfahrplan erstellt - manche Linien fahren im 60-Minuten-Takt
  • Knackpunkt im Tarifstreit bleibt die 35-Stunden-Woche

Der bereits sechste Bahnstreik im laufenden Tarifkonflikt mit der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) hat begonnen. Bereits seit Montagabend wird der Güterverkehr der Deutschen Bahn bestreikt, seit 2 Uhr in der Nacht zu Dienstag ist auch der Personenverkehr betroffen. Der Streik soll jeweils 24 Stunden, also im Personenverkehr bis Mittwochfrüh, 2 Uhr andauern.

Das Hessische Landesarbeitsgericht wies am frühen Nachmittag in zweiter Instanz die Berufung der Deutschen Bahn gegen den Streik ab. Zuvor hatte das Arbeitsgericht Frankfurt am Montagabend den Eilantrag des Konzerns abgelehnt.

S-Bahn hat Streikfahrplan erarbeitet

Der Streik trifft seit dem frühen Dienstagmorgen auch wieder den S-Bahn- und Regionalverkehr in Berlin und Brandenburg. Wie schon bei vorigen Ausständen der Gewerkschaft kommt im Innenstadtring der Hauptstadt nahezu der gesamte S-Bahnverkehr zum Erliegen. Lediglich einzelne Linien verkehren, um Pendlerinnen und Pendlern in den Außenbezirken die Fahrt in die Innenstadt zu ermöglichen.

Bis Mittwochfrüh komplett entfallen werden folgende Linien komplett: S26, S41, S42, S45, S47, S7, S75, S8 und S85.

Auf folgenden Linien gibt es einen Streikfahrplan:

S1: Birkenwerder – Nordbahnhof (60-Min-Takt, ab 22 Uhr: Birkenwerder – Gesundbrunnen)
S2: Bernau – Anhalter Bahnhof (60-Min-Takt, ab 22 Uhr: Bernau – Greifswalder Straße)
S25: Hennigsdorf – Nordbahnhof (60-Min-Takt, ab 22 Uhr: Hennigsdorf – Wollankstraße)
S3: Erkner – Ostbahnhof (60-Min-Takt)
S46: Königs Wusterhausen – Bundesplatz (60-Min-Takt)
S5: Strausberg Nord – Ostbahnhof (40-Min-Takt)
S9: Friedrichstraße – Schöneweide – Flughafen BER (20-Min-Takt)

Der planmäßige Bus-Ersatzverkehr fährt auch während des Streiks, also Bus S1X: Birkenwerder – Oranienburg sowie Bus S1A: Birkenwerder – Oranienburg.

Zusätzlich soll auf folgenden Strecken ein Bus-Ersatzverkehr angeboten werden:

Bus S25: Teltow Stadt – Lichterfelde Ost (10-Minuten-Takt)
Bus S2: Südkreuz – Blankenfelde (10-Minuten-Takt)

Karte Streik Fahrplan S-Bahn Berlin.(Quelle:S-Bahn Berlin)

BVG und Odeg nicht betroffen

Im Regionalverkehr sind ebenfalls einzelne Züge im Einsatz oder die Bahn hat einen Ersatzverkehr eingerichtet. Informationen darüber können Fahrgäste auf den Online-Auskünften der Bahn erhalten.

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) sind von dem Streik erneut nicht direkt betroffen. Man müsse allerdings so wie während der jüngsten Bahnstreiks wieder mit volleren U-Bahnen, Trams und Bussen rechnen, teilten die Verkehrsbetriebe auf X mit.

Von der Ostdeutschen Eisenbahn GmbH (Odeg) hieß es am Montag, dass sie so wie zuletzt von den GDL-Streiks nicht betroffen sein wird. Gleichwohl könne es zu Störungen und Unregelmäßigkeiten kommen, betont das Unternehmen auf seiner Internetseite [odeg.de].

Bahn will kulant mit ausgefallenen Fahrten umgehen

Die Deutsche Bahn weist ihre Kunden daraufhin, dass alljene, die bis einschließlich Sonntag ein Ticket für eine Reise am Dienstag gekauft haben, ihr Ticket zu einem späteren Zeitpunkt nutzen können. Die Zugbindung sei aufgehoben. Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden. Zudem könnten Fahrgäste im Fernverkehr "im Rahmen einer Sonderkulanz" ihre Reise vorverlegen und bereits an diesem Montag früher fahren.

Ob und welche Fernzüge der Bahn im Einsatz sind, erfahren Kunden in der Fahrplanauskunft auf bahn.de und im DB Navigator. Geplant war, ein Fünftel des Fernverkehrs zu ermöglichen. Darüber hinaus hat die DB eine kostenlose Sonderhotline unter 08000 99 66 33 eingerichtet", teilte die Bahn mit.

Die Gewerkschaft GDL kämpft in den seit Monaten andauernden Tarifverhandlungen um höhere Gehälter und weniger Arbeitszeit. Knackpunkt des Konflikts ist weiterhin die Forderung, dass Schichtarbeiter künftig für das gleiche Geld nur 35 Stunden statt wie bisher 38 Stunden arbeiten müssen. Neue Streiks werden nun nicht mehr 48 Stunden vor Beginn angekündigt. Auch Arbeitskämpfe über Ostern hat die GDL mit ihrem Vorsitzenden Claus Weselsky nicht ausgeschlossen.

Korrekturhinweis: In einer vorherigen Version dieses Beitrags schrieben wir, dass dies der fünfte Streik im laufenden Tarifstreit sei. Das ist nicht korrekt - es ist bereits der sechste. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.

Sendung: Radioeins, 12.03.2024, 07:30 Uhr

 

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118 Kommentare

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  1. 118.

    Solidarität heißt für mich sich zunächst mal mit der Situation bei der Bahn zu beschäftigen. Vielleicht auch mal mit der eigenen beruflichen Situation vergleichen.
    Den meisten hier geht's doch nur darum von a nach b zu kommen. Unter welch immer schlechteren Bedingungen das erfolgen soll, ist den meisten völlig egal. Also ziehen die GDL er ihr Ding durch . Wenn die Bahn endgültig im A.... ist, weil keiner mehr Lokführer o.ä. werden will, werden die anderen es erst Recht zu spüren bekommen. Im übrigen verwies ich bereits auf das Missmanagement der Bahnvorstände, welches den Steuerzahler bereits Milliarden gekostet hat. Wo waren die Proteste der Bürger, die jetzt mit ihren Steuergroschen argumentieren ?

  2. 116.

    Autonome Fahrsysteme. Jetzt.

  3. 115.

    Habe ich ein Glück nicht mehr auf die Bahn angewiesen zu sein und entspannt mit dem Auto in die Stadt fahren zu können!

  4. 114.

    Ein Gerichtsurteil sollte man Respektieren.
    Die Bahn ist erneut in 2 Distanzen kläglich gescheitert.
    Der Streik ist Rechtskräftig und gerechtfertigt.
    Er ist nicht unverhältnismäßig oder Verfassungswidrig.
    Solange die Bahn bockt und kein besseres Angebot verlegt wird sich das ganze nicht entspannen.

  5. 113.

    Mit 64 Jahren, 2 Jahre vor der Rente ?
    Dieser Job hier war mal schön und hat Spass gemacht. Die Kollegialität war eine ganz andere
    Bevor Seiler und Co kamen.
    Dieser Vorstand fährt den Betrieb an die Wand.
    Und sowas soll Bonis verdient haben.

  6. 112.

    Welche goldenen Zeiten? Die Diven sitzen im Anzug in der Teppichetage im Bahntower mit eigenem Koch und Millionen von Bonuszahlungen jedes Jahr.

  7. 111.

    "Schön verständlich wenn einige ihre persönlichen Interessen über die der Bahnmitarbeiter stellen. Man lernt ja heutzutage keine Solidarität mehr."

    Solidarität ist aber keine Einbahnstraße. Warum sollten die Bahnkunden noch Solidarität mit der GDL haben, wenn Sie selber das Druckmittel sind und die Situation für sie immer mehr verschärft wird? Die GDL stellt doch ihre persönlichen Interessen auch gerade über die der Bahnkunden. So kann man dann auch nicht unbedingt die Solidarität von den Kunden erwarten, im Gegenteil, das wird zum jetzigen Zeitpunkt immer unwahrscheinlicher.

  8. 109.

    "Es geht um die Form, um Streiken ohne zu Verhandeln."
    Falsch es gab Verhandlungen, die wurden abgebrochen. Es gab die Forderung nach einem verbesserten Angebot, dass wurde von Seite des Vorstandes nicht vorgelegt. Also wird weitergestreckt. Das ist der Sinn und im übrigen auch die einzige Möglichkeit für sog. Arbeitnehmer Forderungen durchzusetzen.

  9. 108.

    Sie werden sich wundern, was bei der Bahn noch passiert…die goldenen Zeiten sind vorbei! Wer will noch Bahn fahren? Niemand mehr, dank der Lokführer-Diven

  10. 107.

    Die Folgen dieser demografisch veränderten Gestaltungsmacht können sein: höhere Tarifabschlüsse, weniger Gewinn für Kapitaleigner und/oder Preiserhöhungen. Das beeinflusst im internationalen kapitalistischen Wettbewerb den Standort Deutschland. Damit nicht nur die, die Geld haben, da gut durchkommen, braucht es effektivere Lösungen - und vor allem Investitionen- etwa in Technik. Das gilt besonders für Infrastruktur, also etwa die Bahn. Umso fataler für den öffentlichen Sektor ist es daher, wenn ein juristischer Fehlgriff - ich meine die Schuldenbremse - dies verhindert. Das alles steckt hinter dem, nein: den diversen Streiks in Deutschland. Und eines gilt es zu bedenken: Die Schuldenbremse klnnen wir über Gesetzgebung ändern, die Fakten durch den demografischen Wandel erheblich weniger bis kaum.

  11. 106.

    Es geht m.E. doch nicht ums Streiken ja oder nein.
    Natürlich darf in Deutschland gestreikt werden.
    Es geht - und ich denke, ich spreche inzwischen für viele - um die Forderungen der GDL, dem Nicht-Verhandeln und der Organisation des persönlichen Lebens (wie/wann komme ich von A nach B) ect.

    Dies mit Pflegekräften, Krankenschwester usw. zu vergleichen, finde ich nicht rechtens.
    Keine Pflegeeinrichtung/Krankenhaus hat keine Notversorgung und würde seine Patienten "einfach liegenlassen"!
    Die AN hätten sicherlich genauso viel Erhöhung, wenn nicht noch mehr verdient!

  12. 104.

    Herr Weselsky und die Lokführer sollen standhaft bleiben und sich nicht vom orchestrierten PR Orkan einschüchtern lassen.

    Einfach als Bahnvorstand die 35h Woche akzeptieren und eingestehen, dass man die letzten Jahre Mist gebaut hat. Dann gibts in Zukunft mal wieder mehr Bewerber, die den Job machen wollen.

  13. 103.

    Da haben Sie jetzt die Aussagen verdreht.
    Nein, die Mehrheit entscheidet nicht,wer streiken darf. Aber Sie haben behauptet, dass die, die sich mittlerweile gegen den Streik äußern, ihre persönlichen Interessen über die der Bahnmitarbeiter stellen. Und das ist schlichtweg falsch. Zumal die GdL nicht im Entferntesten die Mehrheit der Bahnmitarbeiter vertritt.

    Es geht umdie Form, um Streiken ohne zu Verhandeln. Und die GdL hat kein Recht, das Land wegen ihrer Partikularinteressen stilzulegen. So bitter es klingt: Die einzigen Lösungsvorschläge kommen derzeit von der Bahn.
    Von der GdL kommt nur sture Ablehnung.

    Weselsky behauptet das Gegenteil, ohne es zu beweisen.

  14. 102.

    Ich habe heute das Interview mit Claus Schnabel bei NTV gelesen. Da bekomme ich das k*tzen. Genau dieses manipulative Art und Weise der Tarifverhandlungen ist doch das Problem. Statt ehrlich und offen zu verhandeln wird getrickst, getäuscht, die Presse und irgendwelche Experten und PR-Agenturen benutzt, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Da werden irgendwelche verschachtelten Scheinangebote abgegeben wie ein Taschenspieler.

    Da muss sich Herr Seiler nicht über die Art und Weise des Tarifkonfliktes beschweren, wenn er hauptsächlich darauf bedacht ist mit Manipulationstricks zu arbeiten, statt ehrlich und offen eine Lösung für den Kern des Problems zu suchen. Da wird nur auf die nächste Bonuszahlungen geschielt und sich darum gekümmert, sein Image nicht zu beschädigen, um dich als toller Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite zu profilieren. Die Ego-Show von Herrn Seiler bringt nichts, da gibts dieses Jahr halt mal keinen 1,3 Millionen Euro Gehaltsbonus.

  15. 101.

    Informieren sie sich mal über das Missmanagement des Bahnvorstandes seit 1993. Dann werden sie sehen wo ihre Steuergeldern versenkt wurden.
    Beispiel Stuttgart!

  16. 100.

    Seit wann entscheidet eine Mehrheit des Volkes darüber ob eine Berufsgruppe streiken darf oder nicht? Dann dürften ja sämtliche systemrelevanten Berufe, also die für die man kürzlich noch vom Balkon geklatscht hat, keine Forderungen stellen. Dann wär's aber bald Schicht im Schacht .

  17. 99.

    Ihre Verbitterung verstehe ich. Aus meiner Sicht erleben wir mit dem DB-Streik (und den anderen) etwas, das sich aus drm demografischen Wandel ergibt. Weniger junge Leute haben eine größere Verhandlungsmacht, erst recht an Stellen sensibler Infrastruktur. Für die Boomer, die in ihrer Jugend in Ost wie West von Arbeitslosigkeit bedroht waren, ist das seltsam und bitter. Aber kann man das verübeln? Man nuss über kluge Lösungen nachdenken, zB über Investitionen dort, wo Technik menschliche Dienstleistungen bicht ersetzen kann. Dieser Streik wie noch einige mehr in der Zukunft zwingt uns konkret mehr darüber nachzudrnken, wie das von uns allen angegangen wird. Denn die Folgen dieser veränderten Gestaltungsmacht sind beachtlich.

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