Ernte - Totalausfälle bei Werders Obstbauern

Mi 21.08.24 | 14:55 Uhr | Von Michaela Grimm
  22
Totalausfall bei der diesjährigen Ernte auf Van Dams Kirschenhof in Werder (Havel) (Quelle: Mathildus van Dam)
Bild: Mathildus van Dam

Frühe Blüte und Frost im April haben massive Ernteausfälle zur Folge. In der Obstbauregion Werder sind vor allem Kirschen vom Totalausfall betroffen. Anderes Obst kam besser durchs Jahr. Von Michaela Grimm

Obstbauern aus der Region in und um Werder (Havel) im Kreis Potsdam-Mittelmark haben in diesem Jahr Totalausfälle. Das berichten mehrere von ihnen auf Nachfrage von rbb|24. Vor allem Kirschen sind betroffen.

Mathildus van Dam von Van Dams Kirschenhof gehört zu denen, die in diesem Jahr gar nichts ernten können. Seine Sauerkirschen, Pflaumen und Süßkirschen sind dem Wetter Ende März, Anfang April zum Opfer gefallen, sagt er. Nach sommerlichen Temperaturen kamen Minusgrade und Frost. "Jedes Jahr ist anders. Wir haben sonst 6.000 bis 20.000 Kilogramm Kirschen, aber dieses Jahr null", sagt van Dam, der knapp 4.000 Bäume hat – darunter 3.000 Kirschbäume – und einen Campingplatz betreibt.

Kirschen: Keine Selbsternte einerseits, Schutz durch Dächer andererseits

Ebenso betroffen ist der Obsthof Lindicke, auf dem Beeren-, Stein- und Kernobst angebaut werden. Der Anbau von Süßkirschen zählt zu den Betriebsschwerpunkten. "Durch die drei sehr kalten Frostnächte im April haben unsere Plantagen großen Schaden genommen", teilt der Hof auf seiner Website mit. 2024 fällt die Selbstpflücke deshalb komplett aus, heißt es weiter.

Besser durchs Jahr gekommen ist Svetlana Riedel vom Obstbau Riedel. Ihre diesjährige Birnenernte liege bei 30 bis 50 Prozent. "Wir hatten 50 Prozent bei den Kirschen, die sind bei uns überdacht", sagt Riedel im Gespräch. Das habe die Bäume und Früchte geschützt.

Himbeer-Ernte "ist eine sichere Sache"

Auch Stephan Hübner vom Derwitzer Hofladen hat versucht, seine Kirschen mit besonderen Schutzmaßnahmen durchs Frühjahr zu bringen, hat in Frostschutzberegnung und Propangas investiert. Gegen Blütenfrost helfe das, "wir hatten sogar welche dran", sagt Hübner. Aber dann kamen die Krähen und verursachten einen Totalausfall der Süßkirschenernte.

Besser brachten Hübner und sein Team die Erdbeeren durch die Saison und "bei den Himbeeren sind die Ernte und der Absatz ok". "Wir machen immer drei Sätze und pflanzen die jedes Jahr neu. Das ist eine sichere Sache", sagt der Obstbauer.

Schlechte Apfel- und Pflaumenernte vor allem in Ostdeutschland

Die teilweise krassen Ernteausfälle bestätigt das Großhandelsunternehmen Werder Frucht mit Sitz in Groß Kreutz. Die Obsternte "ist in diesem Jahr sehr, sehr schlecht", sagt Geschäftsführerin Petra Lack. "Bei Süßkirschen und Äpfeln haben wir fast einen Totalausfall, bei Pflaumen und Zwetschgen sind es zehn bis 20 Prozent", sagt Lack. Als der Frost im April kam, hätten die Bäume bereits ihre Früchte gebildet, die dann erfroren.

Von den großen Ernteausfällen betroffen sei Lack zufolge vor allem Ostdeutschland. Deutschlandweit sei die Ernte insgesamt relativ stabil, sagt Petra Lack, so könne das Obstangebot des Handelsunternehmens kompensiert werden.

Gute Sanddornernte erwartet – deutlich früher als üblich

Äpfel, Pfirsiche, Pflaumen und Aprikosen baut Dorothee Berger vom Sanddorn-Garten Petzow an, "aber da haben wir durch den späten Frost keine Ernte in diesem Jahr", sagt sie. Besser geht es dem Sanddorn, der auf 150 Hektar Bioflächen angebaut wird. Durchschnittlich 120 bis 150 Tonnen betrage die Ernte jährlich. "Wir erwarten eine gute Ernte bei allen Sorten und einen besseren Ertrag als im Vorjahr", sagt Berger. Die Befruchtung und Bestäubung seien gut gewesen und der viele Regen habe dem Sanddorn nicht geschadet.

Allerdings berichtet Dorothee Berger von einer merklichen Veränderung: "Das Frühjahr beginnt viel zeitiger und jetzt haben wir, was wir noch nie hatten, dass wir im Juli schon ernten können. Das ist massiv." Sonst habe die Ernte immer erst Ende August, Anfang September pünktlich zum Erntefest begonnen.

Finanzielle Hilfen für Ernteausfälle in Aussicht

Bereits Anfang Juni hatte das Land Brandenburg Obstbauern rund drei Millionen Euro Unterstützung für die zu erwartenden Ernteausfälle in Aussicht gestellt. "Eine Richtlinie zur Unterstützung der Obstanbaubetriebe befindet sich derzeit in der Abstimmung", teilt das Brandenburger Ministerium für Landwirtschaft rbb|24 auf eine aktuelle Anfrage zu den Hilfen mit. Anträge betroffener Bauern lägen folglich noch nicht vor.

Auch sei das Land mit dem Bund "im intensiven Austausch bezüglich weiterer Krisenhilfen für den Obst- und Weinbau für Deutschland aus der Agrarreserve der EU", heißt es in der Antwort. Klar sei, dass das Antragsverfahren bürokratiearm ausgestaltet sein müsse.

Weil die Situation zumindest für einen Teil der betroffenen Betriebe existenzbedrohend und ein weiterer Rückgang von Obstanbauflächen in Brandenburg nicht hinnehmbar sei, "ist vorgesehen, noch in diesem Jahr eine Abschlagzahlung an die Betriebe zu gewähren", teilt die Pressestelle mit.

Sendung: Antenne Brandenburg, 21.08.2024, 17 Uhr

Beitrag von Michaela Grimm

22 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 22.

    Fahren sie hin, sehen es sich an. Es lohnt sich. Ein paar schöne Impressionen:
    https://laudart.de/frostschutz-fuer-obstbaeume-im-alten-land/

  2. 21.

    Der Betrieb, von dem das Schild ist, gehört einem Niederländer (siehe Text), der eben nicht perfekt deutsch schreiben kann. Das war kein polnischer Erntehelfer ...

  3. 20.

    "Ja, solidarisch denken, verstehen der Zusammenhänge von Natur, Wetter und Ernte, die immer nicht voraussehbar ist, liegt nicht jedem" dennoch sind da die vielen Kleingärtnern in Berlin (Ost wie West) und jenen im Umland.
    "In diesem Jahr sind Möhren und Kartoffeln super, komme gerade vom Acker." Möhren sind immer super, irretiert wohl nur mich, und (einheimische//regionale) Kartoffeln sind um was teurer?
    Wie ist gerade in nem Parallelbeitrag zu lesen - "Niedrige Getreidepreise" = wie ist das möglich?
    Liefert die Ukraine doch?
    Denke, Berlin, Brandenburg, Deutschland, Europa, die Welt immer aufmerksam beobachten (auch abseits der renomiert Öffentlich Rechtlichen)!

  4. 19.

    „Von den großen Ernteausfällen betroffen sei Lack zufolge vor allem Ostdeutschland. Deutschlandweit sei die Ernte insgesamt relativ stabil, sagt Petra Lack, so könne das Obstangebot des Handelsunternehmens kompensiert werden.“

    Macht der Frost an der ehemals Innerdeutschen Grenze halt? Und wie machen es denn die Obstbauern im Westen?

  5. 18.

    Ich mache mich nicht über die Rechtschreibung auf dem Schild lustig, denn meist gehe ich davon aus, dass jene, die dort helfen, die deutsche Sprache erworben haben und schlecht bezahlte Erntehelfer sind. Warum sollte man das bewerten?
    Ich würde das sogar lobend erwähnen, ob ich polnisch oder russisch oder rumänisch so gut erlernen könnte, keine Ahnung.

  6. 17.

    Ja, solidarisch denken, verstehen der Zusammenhänge von Natur, Wetter und Ernte, die immer nicht voraussehbar ist, liegt nicht jedem. Besonders jenen nicht, die noch nie etwas angebaut haben, oder geerntet haben. Das sind jene Menschen mit viel Freizeit haben, die den Supermarkt als Anstalt für ständigen Nachschub der im Regal wachsenden Kirschen ansehen und wenig davon verstehen, wie die Kirsche dort wirklich hinkommt. Es wächst ja alles nach, im Supermarkt, einfach so.
    In diesem Jahr sind Möhren und Kartoffeln super, komme gerade vom Acker.

  7. 16.

    Fragt man sich doch unweigerlich, ob der Bauernverband nach besonders guten Ernten in Verhandlungen mit Bund und EG tritt um die Höhe einer freiwilligen Sonderabgabe zu verhandeln.

  8. 15.

    Doch meine ich ernst, nennt sich Markwirtschaft und ist in anderen Bereichen üblich.
    Die Existenz braucht man ja nicht aufgeben. Es gibt genug andere Arbeit. Man muss sich dann halt nur umorientieren. Bürgergeld hilft auch erstmal. Wo ist da das Problem?

  9. 14.

    "Leider diese Jaar keine Kirschen Frost" ist irgendwie auch schon ein ziemlicher Totalausfall.

    Ich finde, die Hilfen vom Bund sollten tatsächlich nur bei denjenigen Betrieben ankommen, die durch diesen Ernteausfall tatsächlich in ihrer Existenz bedroht sind. In der Landwirtschaft sollte man im Allgemeinen auf so etwas vorbereitet sein.
    Trotzdem trifft es einen natürlich hart, wenn in einem Jahr so gut wie nichts geerntet werden kann und es tut mir für die betroffenen Landwirt*innen sehr leid.

  10. 13.

    Solch ein Quatsch, natürlich gibt es Obst aus Deutschland. Erdbeeren aus rövershagen, Äpfel und Pflaumen aus Brandenburg und aus dem Alten Land . Aber erstmal Unwahrheiten schreiben. Wir haben eine Apfelbaum Patenschaft. Leider in diesem Jahr null Ernte. Patenschaft wird verlängert, damit unterstützen wir die Bauern.

  11. 12.

    Landwirtschaft war schon immer wetterabhängig. Wer in diesem Umfeld arbeitet, weiß das.
    Leider haben sich in den letzten Jahrzehnten die Agrarhilfen für Landwirte als lukrativer erwiesen, anstatt Rücklagen zu bilden.(Statistisch nachweisbar)
    Der Staat ist also nicht ganz unschuldig am lukrativen Gejammer, wenn das Wetter nicht mitspielt.
    Früher (ohne Globalisierug) gab es dann mal keine, oder weniger, Kirschen/Äpfel etc.
    Die Landwirte haben trotzdem überlebt.
    Heute zahlt der Steuerzahler dafür.

  12. 11.

    Klar, dann schließt man eben seinen Betrieb und gibt seine Existenz auf. Das meinen Sie doch nicht wirklich ernst, oder?

  13. 10.

    Wenn die Erzeugerpreise durch Frostschutzmaßnahmen steigen und dies auf den Preis aufgeschlagen wird, stöhnt der Verbraucher und weicht auf Obst von den Lappalien aus. Dies wird natürlich vorher in der Region verpackt und, völlig legal, leider, als "aus der Region" verscherbelt. Also einer heult immer.
    Was aber wenige auf dem Schrim haben, das Frostschutz für Obst doch 'ne "Markfuffzich" kostet und Brandenburg z.B. mit dem größten zusammenhängenen Anbaugebiet Deutschlands, wenn nicht auch Europas, dem "Alten Land", nicht mal ansatzweise mithalten kann. Das ist kein Vorwurf, es rechnet sich nicht für kleinere Betriebe. Zudem war dieser späte und recht heftige Kälteeinbruch ebenso eine (bisherige) Ausnahme wie die sintflutartigen Niederschläge in Niedersachsen.
    Es wäre hilfreich sich mit dem Zusammenhängen auch nur ansatzweise auseinanderzusetzen und nicht gleich immer die Parolenkeule rauszuholen.

  14. 9.

    Klar, aber stöhnen und Hilfen kassieren, ist eben noch wirtschaftlicher.
    Sowas gehört in der Landwirtschaft inzwischen zum guten Ton. Und wenn man dafür noch EU-Gelder abgreifen kann, freut sich auch die Brandenburgische Landesregierung.

  15. 8.

    Man kann schon regionales Obst kaufen. Dass da keine Bananen und Ananas dabei sind, ist schon klar.

  16. 7.

    Wenn ich mir das Schild auf dem Foto so durchlese, mache ich mir eher Sorgen um die deutsche Rechtschreibung in Brandenburg als um den diesjährigen Mangel an Obst.

  17. 6.

    Das ist Natur, das gab es doch schon öfter!

  18. 5.

    Meine Frage wäre, hätten sogenannte Paraffineimer nicht geholfen? Ein Obstbauer aus Soest z.B. hatte im April diese aufgestellt und somit seine Ernte gerettet und seine Bäume hängen jetzt voll Äpfel. Gut, kostest sicherlich auch etwas, aber es dürfte sich wohl letztendlich lohnen. Warum wurde dies hier nicht praktiziert?

  19. 4.

    "Auch sei das Land mit dem Bund "im intensiven Austausch bezüglich weiterer Krisenhilfen für den Obst- und Weinbau für Deutschland aus der Agrarreserve der EU""

    Hä, wieso das?
    Zählt doch zum Betriebsrisiko wenn man mit der Natur arbeitet. Dafür hat man doch Rücklagen gebildet.
    Sollte das nicht möglich sein muss man eben über eine Betriebsschließung nachdenken.
    Fließen doch schon genug Steuergelder in die Land- und Obstwirtschaft.

  20. 3.

    ... wenns doch aber gar kein hiesiges gibt...?
    Kommt doch alles ausm Ausland.

Nächster Artikel