"Schwerter zu Pflugscharen" - Theologe und DDR-Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer ist tot

Di 10.09.24 | 15:25 Uhr
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Archivbild: Der Publizist und Theologe Friedrich Schorlemmer am 07.05.2019 in seiner Wohnung in Wittenberg (Sachsen-Anhalt). (Quelle: IMAGO /epd/Jens Schlueter)
Audio: rbb24 Inforadio | 10.09.2024 | Mario Bartsch | Bild: IMAGO /epd/Jens Schlueter

Der frühere DDR-Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer ist im Alter von 80 Jahren gestorben. Bekannt wurde er bereits 1983 durch die symbolische Schmiedeaktion "Schwerter zu Pflugscharen". Bei der friedlichen Revolution spielte er eine wichtige Rolle.

Der evangelische Theologe und DDR-Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer ist tot. Schorlemmer starb am Montag nach langer Krankheit im Alter von 80 Jahren in einem Berliner Pflegeheim, wie der Evangelische Pressedienst am Dienstag aus Kreisen seiner Familie erfuhr.

Ließ Schwert zu Pflugschar umschmieden

Schorlemmer wurde am 16. Mai 1944 als Sohn eines Pfarrers in Wittenberge im heutigen Brandenburg geboren und wuchs in der Altmark auf. Im Lutherjahr 1983 ließ er in Wittenberg nachts vor tausend Menschen durch einen Kunstschmied ein Schwert zur Pflugschar umschmieden, was für große Aufmerksamkeit sorgte.

Nach dem Theologiestudium in Halle war er in den Franckeschen Stiftungen und danach als Studentenpfarrer in Merseburg tätig. Später war er Dozent am Evangelischen Predigerseminar und Prediger an der Wittenberger Schlosskirche in Sachsen-Anhalt.

Schorlemmer war einer der wichtigsten Protagonisten der friedlichen Revolution in der DDR. Bei der regierungskritischen DDR-Großdemonstration am 4. November 1989 auf dem Ost-Berliner Alexanderplatz gehörte auch Schorlemmer zu den Rednern. Er war Mitbegründer der Partei Demokratischer Aufbruch (DA), wechselte aber noch 1990 in die SPD.

"Wichtige Stimme des Ostens"

Von 1992 bis 2007 arbeitete Schorlemmer als Studienleiter an der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt in Lutherstadt Wittenberg. Immer wieder kritisierte Schorlemmer die Globalisierung, Kriegseinsätze im Irak und Afghanistan lehnte er ab.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) bezeichnete Schorlemmer als "wichtige Stimme des Ostens und eine Symbolfigur der kirchlichen Friedensbewegung in der DDR". Wortmächtig habe er den Freiraum der Kirche genutzt. Schorlemmer habe sich immer wieder eingemischt und den öffentlichen Diskurs beeinflusst, erklärte Haseloff in Magdeburg.

Sendung: rbb24 Inforadio, 10.09.2024, 14:40 Uhr

17 Kommentare

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  1. 17.

    Wer nichts tut, hat auch keine Kritiker!
    Oder umgekehrt: Wer sich engagiert, seine Meinung äußert, ruft ganz schnell Kritiker auf den Plan…

  2. 15.

    Qarum behalten Sie Ihre abwertende Haltung gegen Ihn in der Öffentlichkeit nicht für dich? Das gehört such einfach nicht!

  3. 14.

    Max Klaar war Vorsitzender der Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel; wobei er eine Kirche nach seinem Bilde errichten lassen wollte. Da war die Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schles. Oberlausitz vor, mit dem sich ausbreitenden Versöhnungsgedanken und schließlich der Mitgliedschaft in der Internationalen Nagelkreuzgemeinschaft. Das war schließlich Max Klaar zuviel, das Schisma war da und die unterschiedlichen Überzeugungen auch.

    Echte Überzeugungen kosten Geld. Diejenigen, die immer noch gegen die Kirche wettern, sollten sich fragen lassen, wie viel Geld sie persönlich für ihre Überzeugung sausen lassen würden. ;-

  4. 13.

    Ja nur dass das Zitat überhaupt nicht von Friedrich Schorlemmer stammt, sondern von Helmut Kohl auf dem Bundesparteitag der CDU in Hamburg am 3. November 1981.
    Und das gesamte Thema und der Umgang mit dem Neonazi Max Klaar als Vorsitzender des VdS war ja wohl alles andere als ein großer Irrtum!!

  5. 12.

    Leider war auch Friedrich Schorlemmer - neben allen Verdiensten und neben allem Mut, Hut ab! - auch einer Zweiteilung erlegen, namentlich "DAS Volk oder DIE Regierenden."

    Aus dieser Zweiteilung der Welt entstammte dann auch sein Aufruf gegen die Potsdamer Garnisonkirche, wider besseres Wissen, dass die Träger des Baus und des Turms sich ihre Überzeugung einen zweistelligen Millionenbetrag anstelle von Max Klaar kosten ließen. Das passte nicht so ganz ins dichotomische Weltbild.

    Ansonsten, ja, ein Mutiger ist gegangen. Siehe Beitrag Nr. 1.
    DAS Volk aber bleibt eine Illusion, treffender noch: eine Ein- und Verschwörung

  6. 11.

    Alle Politiker, egal welcher Partei, die jetzt regieren und zukünftig regieren werden, sollten sich seine Worte verinnerlichen:
    ,, das Volk ist nicht für die Regierung da, sondern die Regierung für das Volk".

  7. 10.

    Bitte; sie haben doch nun überhaupt keine Ahnung! Schorlemmer mit Eppelmann gleichzusetzen ist ja wohl kompletter Schwachsinn und die Aussage: „Die Einen mochten ihn, die anderen nicht.“ lässt sich wohl auf jeden anwenden und ist ja praktisch immer wahr.
    Folgendes Zitat charakterisiert ihn dagegen sehr gut:
    „Er ist absolut unkäuflich, unbequem, kritisch und lässt nie nach.“

    Für mich ist Friedrich Schorlemmer einer der aufrichtigsten, gradlinigsten, linken Sozialdemokraten, auf eine gewisse Art vergleichbar mit Regine Hildenbrand. Und wieder ist ein großartiger Mensch von uns gegangen.

    R.I.P.

  8. 9.

    Er war eine sehr umstrittene Persönlichkeit. Die Einen mochten ihn, die anderen nicht. Aus meiner Sicht passt er in das Muster H. Eppelmann, viel reden, wenig tun. ich hoffe er findet seinen Frieden.

  9. 8.

    Er war sehr krank und wollte sich nicht mehr in der Öffentlichkeit äußern. Wie hat mir seine Stimme, seine zutiefst menschliche Haltung, seine Mahnung zum Ausgleich gerade in den letzten Jahren gefehlt. "Schwerter zu Pflugscharen" -mit diesem Wort verbinde ich Friedrich Schorlemmer. Ruhen Sie in Frieden.

  10. 7.

    Dem stimme ich zu.
    Zuhören war nicht seine Sache.
    Zu selbstgerecht aber er hatte seine Verdienste.
    Möge Gott ihm eine schöne Heimreise bereiten.

  11. 6.

    Leider war der Erkenntnisgewinn aus dem DDR-Sozialismus für Herrn Schorlemmer nur sehr gering, wie seine späteren Äußerungen gezeigt haben.

  12. 5.

    Das ist sehr traurig!

    Zur Erinnerung: Am 12. Mai 1983 entrollten Petra Kelly, Gert Bastian und drei weitere Bundestagsabgeordnete der Grünen auf dem Alexanderplatz in Berlin-Ost ein Transparent mit der Aufschrift „Die Grünen – Schwerter zu Pflugscharen“, weil die westdeutschen Grünen den NATO-Doppelbeschluss ablehnten.

    Am 24. September 1983 fand während eines evangelischen Kirchentages in Wittenberg auf dem Lutherhof eine symbolische Aktion statt: Der örtliche Schmied Stefan Nau schmiedete vor etwa 4000 Teilnehmern ein Schwert zu einer Pflugschar um. Manche Quellen sprechen die Idee zu dieser Aktion Stefan Nau selbst zu; Friedrich Schorlemmer, damals Prediger an der Schlosskirche Wittenberg, trug die Initiative dazu mit. (Wikipedia)

    Und heute?

  13. 4.

    Oh, jetzt noch einmal gestorben? Wurde doch schon am Morgen gemeldet …

  14. 3.

    Wenn Swift niest u, ein C-Promi-'Comedian' einen uralten Nichtwitz bringt stürmt der Tsunami u. die Finger gleiten , mit o. ohne Inhalt, über die Tastaturen. Und hier herrscht fasst unpassende Totenstille - 2024 - u. einer der wichtigsten Theologen u. Kritiker der u. in der DDR u. der KircheNMENSCHEN wird per halber Seite ad acta gelegt - so wie sein Mahnruf von 2014 gegen die Garnisonskirche weder im August noch jetzt Erwähnung findet - nun ja - es braucht ja Platz für Kornnattern u. Redman-Interviews - ohne Amen

  15. 2.

    Herr Schorlemmer war mit seinen Aktivitäten und Worten wie ein Licht in dunkler Nacht!
    Sein Tun, speziell seine Aktion "Schwerter zu Pflugscharen", prägte viele Menschen in der damaligen DDR, so auch mich. Ab 1987 lehnte ich deshalb den bewaffneten Wehrdienst in der NVA ab.
    Ein Pfarrer, welcher wusste, wie man mit Behörden und Obrigkeiten umgehen kann, ohne dass er das Wort vergaß.
    Nun, Ruhe in Frieden!

  16. 1.

    Ich habe ihn zugegeben nur am Rande kennengelernt: Ein kluger, mutiger und weitsichtiger Kopf, der allerdings - Asche auf mein Haupt, dass ich das sage! - manchmal auch überzeichnete.

    In Erinnerung ist mir u. a. sein rhetorisches Talent dergestalt, Dinge auf den Punkt zu bringen: Mit gewichtiger Stimme sich an der Schlosskirche aufzustellen und unüberhörbar in Bezug auf die Schrift und die Schriften zu verkünden:

    "Nichts von alledem, was geschrieben steht, ist jemals so gesagt worden. Und dennoch ist alles genau so gemeint gewesen!"

    Chapeau.

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