Aus menschlichen Ausscheidungen - Vollautomatische Recyclinganlage stellt Dünger aus Kot und Urin her

So 20.10.24 | 15:01 Uhr
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Recyclinganlage-Eberswalde
rbb
Audio: Antenne Brandenburg | 18.10.2024 | Philipp Gerstner | Bild: rbb

Eine Firma aus Eberswalde wandelt menschliche Ausscheidungen in nährstoffreichen Dünger um. Nun wurde die erste vollautomatische Recyclinganlage Deutschlands in Betrieb genommen. Die macht aus Kot Humus und aus Urin Flüssigdünger.

Das Unternehmen Finizio aus Eberswalde (Barnim) sammelt auf Festivals die "Rohstoffe" Kot und Urin in Trockentoiletten auf und stellt daraus in einer neuen Recyclinganlage Dünger her. Noch auf den Festivalgeländen werden die Hinterlassenschaften in flüssig und fest getrennt. Beide Materialien werden anschließend in zwei unterschiedlichen Prozessen weiterverarbeitet und von Krankheitserregern und Medikamentenrückständen befreit.

Aus den so gewonnenen Substanzen wird auf dem Gelände der Kreiswerke Eberswalde Dünger hergestellt. Für die Verarbeitung des Kots ist "Tina the Turner", eine Wendemaschine, verantwortlich, die vollautomatisch durch die sogenannten "Humusregale" fährt. Dabei durchwühlt sie einen länglichen Haufen aus Grünschnitt, Tonmineralien und Kot. Dank ihrer Arbeit werden die Bakterien im Haufen mit Sauerstoff versorgt. In sechs bis acht Wochen kann sie so aus dieser schwarzen Mischung wertvollen Humusdünger für die Landwirtschaft herstellen.

Wichtige Nährstoffe enthalten

"Unser Ziel ist es, aus unseren Ausscheidungen wirklich den höchsten Veredlungsgrad, einen qualitätsgesicherten Humusdünger herzustellen", sagt der Gründer und Geschäftsführer von Finizio, Florian Augustin.

Bei der Verarbeitung des Urins befördert eine Pumpe zunächst eine exakt dosierte Menge in einen Bioreaktor. Dort wandeln Mikroorganismen das vorhandene Ammoniak in das für Pflanzen nützliche Ammoniumnitrat um. Dieses sogenannte "Belebtschlammverfahren" baut zudem schlecht riechende organische Stoffe ab. Im nächsten Schritt entfernen Aktivkohlefilter fast alle Arzneimittelrückstände. Abschließend wird das Wasser aus der Lösung fast vollständig verdampft. Dadurch werden auch Krankheitserreger abgetötet. Zurück bleibt Aurin: eine trübe, dunkelbraune und etwas muffig riechende Flüssigkeit mit einer extrem hohen Konzentration an Stickstoff, Phosphor und Kalium.

Vorteile in der Umweltbilanz

Trotz der aufwendig erscheinenden Verfahren hätten die so hergestellten Dünger eine deutlich bessere Umweltbilanz als herkömmliche Produkte, erklärt Augustin: "Er kommt nicht aus fernen Ländern. Er wird lokal hergestellt, und er wird viel energieärmer hergestellt, weil er eben nicht erst energieintensiv synthetisiert werden musste, sondern eben aus etwas hergestellt wird, was sowieso aus uns herauskommt."

Zulassung für Verkauf des Düngers fehlt

Die Nachfrage nach dem Eberswalder Dünger sei jetzt schon hoch, doch bisher darf er nur zu Forschungszwecken eingesetzt werden. Damit er in Deutschland offiziell als Düngermittel verkauft werden kann, braucht es eine rechtliche Zulassung. Die hängt schon länger an der Frage, ob der hergestellte Dünger wirklich sicher ist und keine Schadstoffe und Krankheitserreger enthält.

"Momentan ist es so, dass die Gesetzgebung uns verbietet diese Dünger zu verkaufen und in Verkehr zu bringen. Deswegen ist es so, dass wir momentan noch wissenschaftliche Feldversuche machen, die für uns leider auch sehr teuer sind." Derzeit sei man bei Finzio dabei, mehrfach und wiederholt zu beweisen, dass eine Schadlosigkeit von dem Dünger ausgeht, so Augustin. "Deswegen muss die Politik da unbedingt Tempo machen, um diese Kreislaufwirtschaft in diesem Land auch zu ermöglichen."

Sendung: Antenne Brandenburg, 18.10.2024, 17:30 Uhr

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8 Kommentare

  1. 8.

    Ja, unsere Vorfahren nutzten Jauchegruben. Nur wussten diese nichts von Viren, Bakterien oder sonstigen gefährlichen Organismen in menschlichen Ausscheidungen. Deswegen ist das nicht wirklich ein echter Vergleich.
    Selbst ohne die Betrachtung der Medikamente, die früher noch nicht existierten - aber man ohne diese, auch sehr viel früher starb.
    Insofern passt der ganze Vergleich nicht nur absolut nicht, er vernachlässigt auch damalige Fehler aus Unkenntnis.

  2. 7.

    "Konzentration an Stickstoff, Phosphor und Kalium."
    NPK-Dünger. Kaliumangereichert für eine Herbstdüngung. Erhöht die Winterhärte. Dann noch auf biologischer Grundlage. Perfekt.

  3. 6.

    Ich erinnere mich gern an diese Art zurück! Wir hatten auch diese Plumpsklos und im Winter war es ein sehr gutes Training für den Kreislauf. Immer mit einer brennenden Kerze und den Dung haben wir für die Erdbeeren und anderes Obst genommen! Und wir waren kaum krank!

  4. 5.

    Grundsätzlich - Neuer Name = Neues Produkt.
    Blos wieviel Stätder, vor allem die Jüngeren, haben sich je auch den jeweiligen "Produktions-"/"Anwendungs-" Gerüchen je ausgesetzt?
    Wie die "Pril"-Blumenaufkleber, nach 10-20 Jahren sind die was ganz ganz Neues und Cooles.
    Wissen das auch die FFF-Jünger und Greta sowie Gefolge?

  5. 4.

    Das ist wieder so typisch für die deutsche Bürokratie. Da wird immer gebarmt, es braucht mehr Kreislaufwirtschaft und Recycling. Dann macht es einer vor und wird dann im Regen stehen gelassen, weil die Bedenkenträger nicht entscheiden können/wollen.

  6. 3.

    Klingt gut u.richtig. Ich kenne das Plumpsklo noch aus meiner Kindheit. Kleingeschnittenes Papier mußte zum abwischen herhalten. Abends sogar mit Kerze zum Klo gegangen, denn es gab kein elektrisches Licht auf dem Örtchen. Wir hatten sogar den passenden Deckel fürs Loch.
    Guter Artikel übrigens.

  7. 2.

    Na dass ist doch mal ne gute Botschaft.
    Hat meine Oma übrigens schon immer so gemacht und macht es noch heute. Im Herzhaus Kacke von Flüssig getrennt, Stroh drauf und wenn voll in den Kompost eingearbeitet. Arzneirückstände gibt es nicht, keiner nimmt von uns Tabletten oder sowas.
    Übrigens mitten in Berlin, das Bioklo. Schönen Abend noch.

  8. 1.

    Wow, eine ganz neue Erfindung, wenn man die letzten 2000 Jahre ausblenden, mal abgesehen von Rom, wo es schon Kanalisation gab.
    Unsere Vorfahren der jüngeren Zeit hatten eine Jauchegrube, in die alles fiel, was die Jaucherinnen in Stallungen und das Plumpsklo hergaben. Der Inhalt der Jauchegrube wurde aufs Acker gefahren. Gleiches passierte mit festen Ausscheidungen von Vieh, das bis zur Ausbringung auf die Felder als Misthaufen lagerte.
    Der einzige Unterschied zwischen damals und heute bestand darin, dass der Medikamentenkonsum weitaus geringer war und die Menschheit nur Ölungen und Salbungen vornahm, wenn die letzte Reise gebucht war und nicht um die ganze teure und sinnlose Schmiere bei täglich 3 Mal duschen durch den Abfluss zu jagen.

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