Nach 13 Jahren Planung - Bau des Besucherzentrums am Bundestag nimmt Fahrt auf
2011 begannen die Planungen für ein neues Besucherzentrum am Bundestag. Nun starten die ersten Baumaßnahmen. Die Besucher erwartet auch ein Graben sowie Zäune vor dem Parlament - dauerhaft. Von Julian von Bülow
Die vorbereitenden Bauarbeiten für das Besucherzentrum vor dem Bundestag haben begonnen. Das teilte Wolfgang Kubicki (FDP) auf rbb|24-Anfrage mit.
Das neue Besucher- und Informationszentrum soll für 192,5 Millionen Euro bis 2030 im Tiergarten an der Scheidemann-Straße entstehen. Besucher sollen künftig von dort aus durch einen Tunnel vor den Eingang des Reichstages geführt werden. Der Sicherheitsbereich vor dem Parlamentsgebäude soll durch einen Zaun sowie einen zehn Meter breiten Graben abgeschirmt werden.
Jährlich kommen laut Bundestagsverwaltung etwa 2,5 Millionen Menschen, um das Parlament zu besuchen. Bisher müssen sie alle durch die Sicherheitsschleuse in den Containern vor dem Reichstagsgebäude.
Mit der neuen Infrastruktur soll die Sicherheit des Bundestages erhöht werden. Denn bisher ist der Eingang am Platz der Republik nur mit grauen Stahlgittern abgeschirmt. Dass das in gewissen Lagen unzureichend sein kann, zeigten im August 2020 rechtsradikale Demonstranten, welche die Treppen des Bundestag mit Reichsfahnen stürmten und fast in das Parlament eindrangen.
Der neue Zaun und der Graben bilden künftig den sogenannten Sicherheitsperimeter, der für Besucher nur durch den unterirdischen Tunnel erreichbar sein wird - nach Sicherheitskontrolle im Besucherzentrum. Dort soll es nach den Plänen des Bundestages auch ein Bistro, einen Laden sowie Seminarräume für Treffen von Abgeordneten und Besuchergruppen geben. Zudem soll es dort Vorträge, Rollenspiele und Filme geben, die auf den Besuch einer Bundestagsdebatte vorbereiten. An einem Außenschalter sollen sich Besucher für einen Besuch der Reichstagskuppel anmelden können.
Der Sicherheitsgraben soll sich über die gesamte Länge des Platzes der Republik erstrecken - zehn Meter breit und 2,50 Meter tief. Eine Mauer hätte laut Bundestag die Sicht versperrt. Daher habe man eine Mischung aus einem 2,50 Meter hohen Zaun und dem etwas ungewöhnlich betitelten "Aha"-Graben aus dem Gartenbau ausgewählt. So heißt es vom Bundestag: "Seinen historischen Namen hat dieser Graben-Typus, weil er aus der Ferne nicht erkennbar ist, erst beim Herantreten sichtbar wird und den Besucher verblüfft 'Aha!' ausrufen lassen soll." Aha.
Im ersten Schritt der eigentlichen Baumaßnahmen wird eine neue unterirdische Kältezentrale für den Bundestag gebaut. Die war sowieso geplant, daher wurden die Bauarbeiten dazu sowie des Besucherzentrums zusammengelegt. Das wird dann im zweiten Schritt zusammen mit dem Tunnel errichtet. Graben und Zäune folgen gegen Ende der Baumaßnahmen, teilte das Büro von Wolfgang Kubicki (FDP) weiter mit. Die Kosten stiegen von den ursprünglich geplanten 150 Millionen Euro auf mittlerweile 192,5 Millionen Euro. Es könnte aber noch teurer werden: "Kosten für Projektrisiken und Baupreissteigerungen sind darin nicht enthalten", schreibt die Bauherrin, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima).
Die Projektrisiken sind laut Bima Termineinhaltung und Lage. Denn das Bauumfeld sei schwierig, da die U5 und die Fernbahn dort verlaufen. Derzeit bohre die Deutsche Bahn wegen des Baus der künftigen S-Bahn-Linie S21 und die die Berliner Wasserbetriebe müssten noch einen Wasserkanal umlegen. Zudem finden um die Baustellen herum regelmäßig Großveranstaltungen statt, schreibt die Bima. Gibt es bei diesen Arbeiten Verzögerungen, wirkt sich das möglicherweise auf das anvisierte Ziel aus, 2030 das Besucherzentrum eröffnen zu können.
Der Bau des Besucherzentrums ist ein Marathon-Projekt. 2011 beschloss der Ältestenrat des Bundestages, den Bau eines Besucher- und Informationszentrums zu prüfen, 2012 gaben der Bund und das Land Berlin dann eine Machbarkeitsstudie für ein unterirdisches Besucherzentrum in Auftrag. 2014 begann man mit der Ankündigung, einen Architekturwettbewerb für ein oberirdisches Zentrum auszuschreiben. 187 Beiträge gingen ein. Anfang 2017 setze sich der Entwurf der Züricher Arbeitsgemeinschaft Markus Schietsch Architekten gemeinsam mit den Landschaftsarchitekten Lorenz Eugster durch.
Im Juli 2018 beschloss der Ältestenrat des Bundestages den Zaun- und Grabenbau. Nun geht es also 2024 mit den Bauvorbereitungen los. Und wenn alles nach Plan läuft, steht 2030 dann der Gewinner-Entwurf neben dem Reichstagsgebäude.