Berlin-Kreuzberg - Prozess um mutmaßliche Vergewaltigung im Görlitzer Park steht offenbar auf der Kippe
Im Prozess um die mutmaßliche Vergewaltigung erschien das mutmaßliche Opfer am Montag nicht wie geplant als Zeugin vor Gericht. Nun muss geklärt werden, wann und wie die Frau aussagen kann und was das für den Prozess bedeutet.
Der Prozess um die mutmaßliche Vergewaltigung im Görlitzer Park (Berlin-Kreuzberg) im Juni des vergangenen Jahres könnte auf der Kippe stehen. Grund dafür ist, dass die Nebenklägerin, gleichzeitig das mutmaßliche Opfer der Tat, am Montag nicht als Zeugin erschienen ist.
Wie die Deutsche Presse Agentur berichtet, sei nun offen, wie sich das auf den Prozess auswirke - ob das Verfahren zunächst ausgesetzt werde oder ob das Landgericht Berlin ohne eine eigene Befragung der Zeugin zu einer Entscheidung kommen werde.
Im Prozess sind drei Männer im Alter von 22 und 23 Jahren angeklagt. Ihnen wird besonders schwere Vergewaltigung, gefährliche Körperverletzung und besonders schwerer Raub vorgeworfen. Laut Anklage sollen sie ein georgisches Ehepaar überfallen und die damals 27 jährige Frau vergewaltigt haben, der Mann soll ausgeraubt und geschlagen worden sein. Einer der Angeklagten bestreitet die Tat, die anderen sagten bislang nicht aus.
Ohne Aussage des mutmaßlichen Opfers könnte es zum Freispruch kommen
Nachdem die Frau am Montag nicht zu ihrer Aussage erschienen war, soll der Vorsitzende Richter ihren Anwalt gebeten haben, noch einmal Kontakt zu ihr aufzunehmen, um mit ihr mögliche Konsequenzen zu besprechen. Sie hatte ihre Befragung kurzfristig vor dem Wochenende abgesagt. Ihr Anwalt, Roland Weber, erklärte, sie habe sich überfordert gefühlt und ihm mitgeteilt, dass sie sich über die Deutsche Botschaft in Tiflis vernehmen lassen wolle. Das Ehepaar hat Deutschland bereits vor einiger Zeit verlassen. Sollte die Frau nicht aussagen, hält Weber wohl einen Freispruch der Angeklagten für wahrscheinlich. "Ohne die Zeugin kann sich das Gericht keinen Eindruck machen", wird er zitiert, ein Freispruch sei dann aus seiner Sicht "zwingend".
Das Ehepaar hatte bereits zwei Mal im Laufe der Ermittlungen aussagen müssen. Ihre zweite Vernehmung durch das LKA habe dann abgebrochen werden müssen, weil die Frau angegeben habe, "emotional blockiert" zu sein, berichteten Verfahrensbeteiligte dem rbb vor Prozessbeginn. Der Frau soll auch eine Videovernehmung vom Landeskriminalamt angeboten worden sein. Mit diesem Mittel kann eine Retraumatisierung von Opfern verhindert werden, weil diese nicht immer wieder bei Vernehmungen das brutale Tatgeschehen schildern müssen. Nach rbb-Informationen soll die Frau damals signalisiert haben, gerne eine solche Videovernehmung machen zu wollen, diese habe dann aber nicht stattgefunden.
Aussetzung des Verfahrens möglich - was passiert mit den Angeklagten?
Für die jetzige Situation sieht das Gericht mehrere Möglichkeiten. Eine sei, ein Rechtshilfe-Ersuch an Georgien zu stellen, um die von der Frau offenbar präferierte Befragung in der Botschaft einzuleiten. Das könne aber sechs Monate oder länger dauern, so der Richter. Die zweite Variante wäre eine Vernehmung der Frau durch die Polizei. Auch eine Aussetzung des Verfahrens scheint deshalb vorstellbar. Dann müsse geprüft werden, ob es weiterhin ausreichend Gründe dafür gäbe, die Beschuldigten in Untersuchungshaft zu halten.
Ein Täter bestreitet die Tat, Anklage und Verteidigung streiten um Handyvideo
Die mutmaßlichen Täter stammen aus Somalia und Guinea. Einer von ihnen bestritt im bisherigen Prozess die Vorwürfe und sagte, die sexuellen Handlungen seien einvernehmlich gewesen. Der Ehemann habe sogar Geld dafür geboten, weil seine Ehefrau einmal mit "einem Schwarzen Sex haben wolle", soll er ausgesagt haben. Auch habe er dem Mann nichts geraubt. Die anderen beiden Angeklagten äußerten sich bislang nicht. Weitere mutmaßlich an dem angeklagten Verbrechen Beteiligte sind bislang unbekannt.
Zuletzt war ein Handyvideo als Beweismittel aufgetaucht, über das Staatsanwaltschaft und Verteidigung streiten. Es zeigt zwei Männer und eine Frau bei sexuellen Handlungen. Während die Verteidiger der Auffassung sind, dass das sieben sekündige Video ihre Mandanten entlaste, lässt sich nach Meinung der Staatsanwaltschaft nicht daraus schließen, ob die Handlungen freiwillig gewesen sind, auch die Personen seien nicht identifizierbar.
Der Prozess hatte Mitte Januar begonnen, am Montag stand der vierte Verhandlungstag an. Mit einer Entscheidung wurde ursprünglich Mitte März gerechnet. Richter Bartl will zunächst im Zeitplan bleiben und an dem nun nächsten Verhandlungstermin, am Donnerstag (15. Februar), festhalten.
Sendung: rbb24, 12.02.2024, 16 Uhr