Mikrofeminismus-Influencerin - Eine Frau will Männern nicht mehr ausweichen

Mo 17.06.24 | 12:23 Uhr | Von Yasser Speck
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Collage: Fee Brembeck - Eine Frau sieht Rosa. (Quelle: instagram/brembeck)
instagram/brembeck
Video: rbb|24 | 17.06.2024 | Material: rbb24 Abendschau | Bild: instagram/brembeck

Sie weicht Männern auf dem Gehweg nicht aus, spricht von Handwerkerinnen und meint Handwerker dabei mit und sagt Männer-Fußball-EM. Eine Kabarettistin und Influencerin hat ein Video über Mikrofeminismus gemacht - und erntet dafür auch Hass.

Fee Brembeck hat ihr Handy auf einem Stativ vor sich aufgestellt. Die 30-Jährige schaut direkt in die Linse. Mit ihrem Finger drückt sie auf "Aufnahme starten" und spricht zu ihren Zuschauenden. "Vielleicht habt ihrs mitbekommen? Der neue Social-Media-Trend heißt Mikrofeminismus."

Brembeck wohnt in Berlin. Sie ist Autorin, Kabarettistin, Opernsängerin - und sie ist Influencerin. Auf Instagram hat sie sich den Namen "feeministin" gegeben. "Es geht um ganz mini-kleine feministische Aktionen, die im Alltag einfach Gender-Normen stören, zum Nachdenken bringen oder Machos so richtig ankotzen." Als sie das sagt, huscht über ihr Gesicht ein kleines Lächeln.

Trend kommt aus den USA

Auf den Mikrofeminismus ist Brembeck über Tiktok aufmerksam geworden. Ein Video der US-Amerikanerin Ashley Chaney, in dem sie über Mikrofeminismus spricht, ging viral - und landete irgendwann auch im Feed von Fee Brembeck aus Berlin.

Mikrofeminismus ist so eine Art Protest im Kleinen

Jana Schäfer, Soziologin und Genderforscherin an der BTU Cottbus

Brembeck hat eine Rubrik auf Instagram, die "Eine Frau sieht Rosa" heißt. In den Videos dieser Rubrik spricht sie über feministische Themen, die sie beschäftigen. Sie entschließt sich Anfang Mai, eine Ausgabe über Mikrofeminismus zu produzieren. Dabei erzählt sie ihrer Gefolgschaft, wie sich ihr Mikrofeminismus im Alltag zeigt. Zum Beispiel sprachlich. "Oh, damit solltest du echt mal zur Ärztin gehen", sagt Brembeck zum Beispiel, wenn in ihrem Umfeld jemand gesundheitliche Probleme hat. Sie nutzt also, wenn sie verallgemeinernd über angesehene Berufe spricht, das generische Femininum - und meint damit männliche Personen, die diesen Beruf ausüben, mit, sagt sie.

Protest im Kleinen

Es sind diese kleinen Gesten und Aktionen, wie Brembecks Aussage, "zur Ärztin" zu gehen, die den Mikrofeminismus ausmachen. Auch Jana Schäfer beschäftigt sich damit. Sie ist Soziologin mit dem Schwerpunkt Genderforschung an der BTU in Cottbus. "Mikrofeminismus ist so eine Art Protest im Kleinen", erklärt sie. In einer Mail an eine Gruppe die Frau zuerst nennen, einem Mann auf dem Gehweg als Frau nicht automatisch ausweichen oder als Frau Männer deutlich darauf hinweisen, wenn sie einem im Gespräch ins Wort fallen. Das alles sei Mikrofeminismus, sagt Jana Schäfer.

Bei den Zuhörenden oder Anwesenden könnten diese kleinen Handlungen einen Perspektivwechsel auslösen, so die Genderforscherin Schäfer. Aber diese mikrofeministischen Aktionen würden auf mehr abzielen: "Frauen zeigen sich damit gegenseitig Anerkennung, wenn sie einander in der Teamsitzung zuhören, statt nur den Herren zuzuhören. Das kann bei der Sprechenden als auch bei der Zuhörenden Selbstbewusstsein aufbauen und stärken." Damit würde Mikrofeminismus zu mehr Solidarität innerhalb der Community führen, so Schäfer. Gerade diesen Aspekt findet Fee Brembeck besonders interessant. "Es sind Gesten der Freundlichkeit, die ausgleichen, dass wir immer noch ein sehr ungerechtes Geschlechtersystem haben", sagt sie.

Strukturelle Probleme bleiben ungelöst

Nette Gesten - So beschreibt auch die Genderforscherin Schäfer den Mikrofeminismus. "Für strukturelle Phänomene und für Gewaltphänomene reicht das leider nicht aus." Gegen Gewalt oder sexuelle Belästigung unternehme man mit Mikrofeminismus eher weniger, so die Soziologin.

Um die großen strukturellen Probleme, wie Unterschiede in Bezahlung, der Rollenverteilung in der Familie oder Gewalt gegen Frauen zu lösen, brauche es andere Ansätze. "Da muss man schon größere Kampagnen starten und mit Bildung und gesetzlichen Regeln arbeiten." Dennoch sei es eine gute Art und Weise, zum Umdenken anzuregen.

Ein Trend nach dem Anderen

Der Hashtag #Mikrofeminismus begegnet einem auf Social Media immer wieder. Nicht zuletzt, weil Influencerinnen aus verschiedenen Ländern Videos darüber machen. Kein Wunder, sagt Jana Schäfer. "Dieser Trend ist ganz exemplarisch für diesen Alltagsfrust, den wir in der Gesellschaft haben. Er ist auch eine Suche nach Solidarität, weil man sich anders total ohnmächtig fühlen würde."

Trends auf Social Media gibt es viele. Immer wieder haben sie sogar gesellschaftliche oder politische Relevanz. Nach Einschätzung der Kommunikationswissenschaftlerin Ricarda Drüecke sind sie besonders niedrigschwellig. In einem Artikel, der auf der Website der Bundeszentrale für Politische Bildung [bpb.de] erschienen ist, schreibt sie, dass diese Proteste in digitalen Medien eine "schnelle und zugangsoffene Teilhabe ermöglichen" können.

Doch die meisten Trends verpuffen wieder sehr schnell zwischen den Koch- und Tanzvideos der Social-Plattformen. Dass Mikrofeminismus gerade trendet, findet Fee Brembeck dennoch gut. "Das bedeutet ja, dass das Thema gerade cool ist", sagt sie. Bei ihr habe der Trend etwas ausgelöst. Sie sei nochmal in sich gegangen und habe nachgedacht, was sie an mikrofeministischen Aktionen bereits tue und wo sie andere Menschen noch inspirieren könne.

Collage: Fee Brembeck - Eine Frau sieht Rosa. (Quelle: instagram/brembeck)

Reaktionen von "Männerrechtlern"

Als Fee Brembeck ihr Video zum Mikrofeminismus fertig gedreht, geschnitten und bearbeitet hat, lädt sie es auf Instagram hoch. Die ersten Reaktionen sind positiv. "Dann kommt: 'Boah wie toll du das auf den Punkt gebracht hast' und die Leute teilen das und kommentieren nett", erinnert sich die 30-Jährige. Das sei für sie ein schöner Boost. Auf Tiktok war es anders. Dort seien direkt auch kritische und beleidigende Kommentare gekommen. Auch von Frauen, die das kindisch fänden.

Und dann erreichte ihr Video auch andere Bubbles im Internet. Zum Beispiel die der Gruppe von selbsternannten "Männerrechtlern". Die hätten sich von ihrem Video angegriffen gefühlt und ihre Community angestachelt, unter ihrem Video zu kommentieren. "Und dann habe ich auch Hassnachrichten bekommen", erinnert sich Brembeck zurück. Einer der "Männerrechtler" hätte anschließend ein Video über sie gemacht. "Die Kommentare unter dem Video sind so schrecklich und menschenverachtend, dass ich versucht habe, sie möglichst alle zu melden und anzuzeigen." Sie sei schockiert darüber, dass der Hass, auf ein Bestreben, das ja nur mehr Gerechtigkeit wolle, so groß sei.

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.06.2024, 07:30 Uhr

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Beitrag von Yasser Speck

102 Kommentare

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  1. 101.

    "Sie verstehen es einfach nicht. Frauen wollen nicht besonders ,,wertgeschätzt werden'' sondern auf gleicher Höhe als gleichwertige Partner angesehen werden."

    Danke für Ihre Worte, genau darum geht es.

  2. 100.

    "Sie verstehen es einfach nicht. Frauen wollen nicht besonders ,,wertgeschätzt werden'' sondern auf gleicher Höhe als gleichwertige Partner angesehen werden."

    Danke für Ihre Worte, genau darum geht es.

  3. 99.

    "So ändert sich halt alles und m.E. wird's leider immer komplizierter, da sich scheinbar alle diskriminiert, benachteiligt oder sonst was fühlen. Wir ,spalten' uns immer mehr und wenn's nur in der Sprache ist ;-("

    Es geht überhaupt nicht um Spaltung, es geht um die gegenseitige Achtung und den Respekt voreinander. Wieso machen Sie daraus eine Spaltung?

  4. 98.

    Na sicher, wir hatten das Problem von heute nicht.
    Erst die in den den letzten 20 Jahren ausgebrochene Volkskrankheit "Klickeritis"hat zu diesem Problem geführt.
    Aber das muss die jüngere Generation selbst lösen.

  5. 96.

    Weeste, Sie verraten sich durch Ihr ,,Wertschätzung von Frauen''. Sie verstehen es einfach nicht. Frauen wollen nicht besonders ,,wertgeschätzt werden'' sondern auf gleicher Höhe als gleichwertige Partner angesehen werden. Ob Mann, ob Frau. Sie reden wie aus den 50er Jahren.

  6. 95.

    "och besser ist es für die Wertschätzung von Frauen, wenn man die weibliche Form durch den Plural ganz weglässt, damit eine "Doktorin oder Professorin" sich nicht "ein bisschen gehänselt" fühlt - weil es (titel- )abwertend sein kann und die Männer nicht einschließt."

    Woher wollen Sie wissen, was besser für die Wertschätzung von Frauen ist? Sind Sie eine Frau? Falls nicht, brauchen Sie nicht für Frauen zu sprechen, denn diese können inzwischen alleine für sich sprechen. Also ich kann jedenfalls für mich selber sprechen, tue das jetzt auch und stimme Ihnen deswegen nicht zu. Jetzt wird es allerdings bestimmt nicht lange dauern, ehe eine "Frau" um die Ecke kommt, die das Gegenteil von mir schreibt ;).

  7. 94.

    „auf die Benachteiligung von Menschen in den neuen Bundesländern seit 34 Jahren hinzuweisen. Ist diese auch nur gefühlt?„
    Gut das Sie das erwähnen. Weil es Frauen und Männer gleichermaßen tatsächlich betrifft. Wobei ich mehr auf die Chancenungleichheit hinweise... Nur ist die Anzahl der Artikel darüber gegen Null, wogegen Randthemen jeder „kleinen Marotte“ als wichtige Zeichen beworben werden. Wenn 17 Millionen Menschen betroffen sind, dann müsste die Wichtung der Artikelanzahl genau andersherum sein.

  8. 93.

    Teilweise kann ich nur zustimmen... will aber nicht ins Detail gehen. Einige Pauschalisierungen aus feministischer Sicht sind mMn nicht mehr zutreffend! ;)Zum letzten Absatz fällt mir nur ein: Es gab schon immer ´starke´ (durchsetzungsfähige) Frauen und Männer.

  9. 92.

    „auf die Benachteiligung von Menschen in den neuen Bundesländern seit 34 Jahren hinzuweisen. Ist diese auch nur gefühlt?„
    Gut das Sie das erwähnen. Weil es Frauen und Männer gleichermaßen tatsächlich betrifft. Wobei ich mehr auf die Chancenungleichheit hinweise... Nur ist die Anzahl der Artikel darüber gegen Null, wogegen Randthemen jeder „kleinen Marotte“ als wichtige Zeichen beworben werden. Wenn 17 Millionen Menschen betroffen sind, dann müsste die Wichtung der Artikelanzahl genau andersherum sein.

  10. 91.

    Ja, war eine schöne Sendung ...
    Es gab aber auch eine Zeit - vorallem in den alten Bundesländern - in denen die Ehefrauen mit ,Frau Doktor' angesprochen wurden/wollten, obwohl diese nie in einem Hörsaal gesessen haben.
    So ändert sich halt alles und m.E. wird's leider immer komplizierter, da sich scheinbar alle diskriminiert, benachteiligt oder sonst was fühlen.
    Wir ,spalten' uns immer mehr und wenn's nur in der Sprache ist ;-(

  11. 90.

    och besser ist es für die Wertschätzung von Frauen, wenn man die weibliche Form durch den Plural ganz weglässt, damit eine "Doktorin oder Professorin" sich nicht "ein bisschen gehänselt" fühlt - weil es (titel- )abwertend sein kann und die Männer nicht einschließt. Eine Breitenwirkung der feministischen Sprachkritik gibt es genau deshalb nicht und auch die Mehrheit folgt den Empfehlungen des Deutschen Rechtschreibrates aus gutem wissenden Grund.
    Übrigens, nicht nur Journalisten wissen es, je mehr man sich moralisch überhöht, je aggressiver wird die andere Seite reagieren.

    P.S. Es gibt hier Nickdiebe!!! Diese sind aber leicht erkennbar.

  12. 89.

    ...Frau Doktor...
    Die Älteren unter uns werden sich erinnern an die Kinder-Fernsehserie "Frau 'Puppendoktor Pille'". Gabs in mehr als 1.000 Folgen. Frau Doktor war gang und gäbe...
    Und? Hats uns geschadet? Nö! Wird auch weiter so heißen...

  13. 87.

    "Sagt man nun „Professorin“, wird ein biologisches Geschlecht daraus, was das Männliche ausschließt und deshalb beleidigen kann"

    Wie gut, dass Sie es erwähnen, das Gleiche gilt nämlich umgekehrt genauso. Ist nur lange nicht aufgefallen, sollte nicht auffallen oder wurde als selbstverständlich hingenommen. Frauen als Professorinnen sollten sich bei Professor immer mit angesprochen fühlen. Das gleiche galt für Doktor. Bei Professorin fällt es Ihnen auf, dass es das Männliche ausschließt und deshalb beleidigen kann? Vorher waren Ewigkeiten lang alle Frauen bei der männlichen Variante mit angesprochen und das fanden Sie dann aber in Ordnung? Frau Professor, Frau Doktor?

  14. 86.

    Ich sage als Frau weiterhin " ich gehe zum Arzt " , genauso wie zum Bäcker, Frisör etc. Meine Güte, wie beneidenswert, das manche Leute keine anderen Probleme haben

  15. 85.

    Was für eine Benachteiligung der Menschen aus den neuen Bundesländern?

    Dann fahren Sie doch mal ins Ruhrgebiet und schauen sich da die Gegend an, dann merken Sie das hier so viel Geld hinfliesst, dass es schon nicht mehr normal ist. Hier ist ja Jammern auf allerhöchsten Niveau mittlerweile der Standard.

  16. 84.

    Wenn wir es ALLE verinnerlicht haben, ist das so, weil es gelebte Praxis ist. Nicht genetisch. Aber unterbewusst. Erst, wenn man anfängt, darauf zu achten, fällt es einem auf.
    Liebe Bärbel, achte einmal darauf, wenn du in einem Geschäft durch einen Gang möchtest, in dem Menschen stehen. Bei einer Frau wirst du auf magische Weise einfach vorbeikommen. Bei einem Mann wird es wahrscheinlich etwas dauern, bis er merkt, dass du vorbei möchtest. Vielleicht musst du etwas sagen oder ihn antippen.

  17. 83.

    jeah, jute Idee, jeder der nicht ausweicht wird in Zukunft umarmt! Bin dafür!!!

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