Kirchenmusiker Peter Rompf - Rückkehr nach Frankfurt - 47 Jahre nach Vertreibung durch Stasi
Zu DDR-Zeiten übt der Musiker Peter Rompf Regimekritik. Allerdings wird der Kreis, in dem er mit anderen auch über Politik diskutiert, von Stasi-Spitzeln unterwandert. Rompf verlässt am Ende die DDR. Zurückkehren wollte er nie - und hat es jetzt doch getan.
Im Jahr 1977 verließ Kirchenmusiker Peter Rompf aus Frankfurt (Oder) die DDR. Er schwor sich, nie wieder zurückzukommen - und hat es nun doch am vergangenen Samstag getan: Für ein Konzert und eine Kunstausstellung ist er nach Frankfurt (Oder) zurückgekehrt.
Ausgefallener Musikstil und Debatten über die Freiheit der Kunst
Rompf war Anfang der 1970er Jahre als Kantor und Organist nach Frankfurt gekommen - und angeeckt. Seine Musik - provokant und avantgardistisch - störte den Gleichklang. Rompf erwies sich damit als nicht konform zum System des Regimes.
Peter Rompf und weitere Künstler riefen in der DDR einen Treff ins Leben. Bis zu 20 Frankfurter kamen dabei im Haus des Musikers zusammen - darunter Kunstschaffende, Ärzte und Lehrer. Im "Freundeskreis", wie sie ihn nannten, diskutieren die Teilnehmer damals über die Freiheit von Kunst und Wissenschaft.
Allerdings wurde das Forum von der Staatssicherheit infiltriert. Inoffizielle Mitarbeiter lieferten Berichte. Der operative Vorgang "Kreis" füllte am Ende neun Aktenordner. Ziel war die sogenannte Zersetzung der Gruppe, sagt der Leiter des Stasi-Unterlagen-Archivs Frankfurt, Sebastian Richter. "Diese Methoden zeichneten sich dadurch aus, dass das Ministerium für Staatssicherheit als Akteur selbst gar nicht in Erscheinung treten musste." Stattdessen wurden andere Personen im Dienste der staatlichen Führung beauftragt, Mittel und Wege zu finden, um Dissidenten, die sich kritisch zu betätigen versuchten, einzuschränken, so Richter. "Ziel war, berufliche Schwierigkeiten zu inszenieren und die Künstler dadurch sozial, finanziell und beruflich zu isolieren."
Auch Rompf gab schließlich auf und stellte einen Ausreiseantrag. Kurz vor der Ausreise sollten ihm die Kinder genommen und in ein Heim gebracht werden, berichtet Rompf. Er wehrte sich erfolgreich, indem er mit Veröffentlichung seiner Geschichte im Westen drohte. "Das war eine ganz makabere Situation," sagt Rompf. "Ich habe den Leuten gesagt, dass, wenn ich die Kinder nicht um 11 Uhr hier rausbringe, es über die 12-Uhr-Nachrichten von Rias [Rundfunk im amerikanischen Sektor, Anmerk. d. Red.] und SFB [Sender Freies Berlin] kommt - mit ihrer Namensnennung. Dann wurden wir mit Gebrüll rausgeschmissen", erzählt Rompf. Heute bilanziert er: "Wir haben nochmal Glück gehabt."
Danach schwor sich der damalige Kantor in der katholischen Gemeinde Frankfurt, nie wieder einen Fuß in diese Stadt zu setzen. Dass er es jetzt doch macht, habe auch mit seinem Alter zu tun, sagt der 84-Jährige. Er wolle etwas gegen das Vergessen tun. "Friede, Freude, Eierkuchen ist furchtbar einfach und so bequem. Vor allem staune ich immer wieder, dass die Leute, die jetzt die Demokratie haben, versuchen, diese wieder abzuschaffen. Weil sie vergessen."
Bei seinem Konzert in Frankfurt sitzt Rompf nun - 47 Jahre später - wieder an seiner Orgel in der Heilig-Kreuz-Kirche. Finger und Füße gekonnt über Tasten und Pedale des Instruments, als wäre er nie weg gewesen. Das Publikum im Gotteshaus würdigt seinen Auftritt mit Applaus. Unter den Anwesenden ist auch Beate Görick. Ihre Eltern gehörten damals zum selben Gesprächskreis. Unter Tränen fällt sie Peter Rompf um den Hals. "Ich freue mich so dich zu sehen und habe dich vermisst", sagt Görick. "Es ist für mich wirklich wichtig. Ich habe es schon seit Jahren versucht, Peter noch einmal zu sehen", erklärt sie dem rbb.
Die Geschichte von Peter Rompf und die seines Freundes, dem Maler Jürgen Jentzsch, machte eine Ausstellung des "Vereins Kunstgriff" in der Kunsthalle der Frankfurter Magistrale einem breiteren Publikum bekannt. Auch der 2007 verstorbene Jentzsch gehörte dem Kreis um den Komponisten an und setzte sich für mehr künstlerische Freiheit unter den Regime-Zwängen ein. In der am vergangenen Samstag zu Ende gegangenen Ausstellung wurden einige seiner Werke gezeigt und Kompositionen des Kirchenmusikers gespielt. Zum Abschluss der Ausstellung las Peter Rompf dort aus seiner Stasi-Akte.
Die Schicksale der beiden Künstler sollen noch weiter erforscht werden, sagt Constance Krüger, die verantwortliche Kulturkoordinatorin der Europa-Universität Viadrina. "Wir planen noch einmal im Sommersemester stärker mit Studenten und Studentinnen zu dem Thema zu arbeiten."
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 01.12.2024, 19:30 Uhr
Mit Material von Michael Lietz