Ehrenamtliches Engagement - Wie Bürgerbusse in Brandenburg das ÖPNV-Netz ergänzen

Wo der Öffentliche Nahverkehr aus Sicht der Bürger immer seltener fährt, engagieren sich Ehrenamtliche, um so die Mobilität in Brandenburgs ländlichem Raum auch ohne Auto zu ermöglichen.
"Wir haben einen richtigen Fahrplan mit offiziellen Haltestellen und feste Abfahrtszeiten und Ankunftszeiten", sagt Hans-Joachim Rapp. Der 71-Jährige war lange Geschäftsführer einer Firma. Mit seinem Ruhestand hat er den Personenbeförderungsschein gemacht. Nun fährt er ehrenamtlich den Bürgerbus in Brieselang (Havelland). Außerdem leitet er den Bürgerbus-Verein Brieselang.

Auf zwei Strecken fährt der Bus mit Stopps in Brieselang, Zeestow und Bredow. So werden in den umgebauten Kleinbussen pro Monat rund 1.800 Menschen transportiert. Einer von ihnen ist Levent Metinol. Er fahre fast jeden Tag mit dem Bus, ob zur Arbeit oder um die Kinder abzuholen.
Nachfrage ist hoch
Der Bürgerbus sei eine Bereicherung besonders für ältere Menschen und jene, die kein Auto besitzen, sagt Metinol. "Wie sollen sie einkaufen gehen? Ich meine nur, weil man hier ein bisschen außerhalb wohnt, heißt das ja nicht, dass man an Lebensqualität einsparen muss." Der Bus fahre auch Ortsteile an, die vorher kaum öffentlich angebunden waren.

Weil die Nachfrage im Schüler- und Berufsverkehr so hoch war, dass die Kleinbusse mit ihren acht Plätzen voll waren, bedient nun die Havelbus Verkehrgesellschaft bis neun Uhr morgens und ab 14 Uhr die Strecke der Linie 657. Der Bürgerbus fährt dort nur noch in den Nebenzeiten. Ein Erfolg: Denn früher gab es diese Strecke überhaupt nicht. Die Brieselanger haben sich die offizielle Anbindung also selbst erfahren.
Außerdem wurde im Dezember 2024 ein zweiter Bürgerbus angeschafft. Nun fahren die Ehrenamtlichen alle halbe Stunde und zwar dann, wenn nicht so viele Menschen mitfahren und ein kleiner Bus reicht. Das spart Kapazitäten bei Havelbus.
Seit zwanzig Jahren fahren Bürgerbusse durch Brandenburg
Den Bürgerbus in Brieselang gibt es seit 2007. Doch die Gemeinde im Havelland war nicht die erste, in der Freiwillige das ÖPNV-System ergänzten. Bereits 2005 wurde in der Gemeinde Gransee (Oberhavel) ein Bürgerbusverein gegründet. Seit 19 Jahren fährt der Bürgerbus im Hohen Fläming. Waren es dort zu Beginn etwa 5.000 Fahrgäste, seien es inzwischen 7.000 mit leicht steigender Tendenz, sagt Ulrich Pfeifer, der stellvertretende Vorsitzende des Bürgerbusvereins "HoherFläming" dem rbb.
Inzwischen ergänzen Freiwillige in vier Brandenburger Gemeinden das Angebot des ÖPNV. Demnächst wird eine fünfte folgen: Denn der Erfolg aus Brieselang hat die Nachbargemeinde Schönwalde-Glien angesteckt, selbst einen Bürgerbus anzuschaffen. Ein Bus kostet rund 130.000 Euro, sagt Roger Lewandowski (CDU), Landrat im Havelland. Die Kosten teilen sich der Landkreis und die Gemeinde, das Land Brandenburg gibt kleine Zuschüsse. Trotzdem lohnt sich das: Denn durch die Freiwilligen werden Personalkosten gespart.
Im Oktober letzten Jahres gründete sich in Schönwalde-Glien ein entsprechender Verein. Aktuell wird der angeschaffte Kleinbus umgebaut. Im Sommer 2025 soll der Bus dann das erste Mal fahren, auf welcher Linie genau, darüber laufen aktuell die Abstimmungen mit der Havelbus.
Problem ist der Nachwuchs
Dabei dienen die Kleinbusse nicht nur dem Transport von Fahrgästen. Die Bürgerbusvereine sind ein Ort der Gemeinschaft geworden, erzählen die Freiwilligen in Brieselang dem rbb. Einmal im Monat treffen sich dort die 25 Fahrerinnen und Fahrer zu Orga und Austausch. Darüber hinaus gibt es aber auch immer wieder Zusammenkünfte wie gemeinsame Weihnachtsfeiern.
Doch neue Ehrenamtliche zu finden, ist nicht unbedingt problemlos möglich. Beim Bürgerbus im Hohen-Fläming sind es aktuell nur noch neun aktive Fahrer. Gestartet waren sie vor rund 20 Jahren mit 25. "Das Hauptproblem ist hierbei, dass bei unseren Fahrzeiten fast ausschließlich Rentner in der Lage sind. Die Gewinnung weiterer Fahrer und Fahrerinnen ist ständige Aufgabe, da durch Alter und Krankheit immer wieder Mitglieder ausscheiden", sagt Ullrich Pfeifer. 2022 löste sich außerdem der Bürgerbusverein in Gransee wegen der Corona-Pandemie und fehlender Fahrer auf. Die bediente Strecke übernahm damals die Oberhavel Verkehrsgesellschaft.
Die Dankbarkeit ist groß
Um so größer ist die Dankbarkeit unter den Fahrgästen. "Dass die Leute das hier freiwillig machen, ist schon ein super, super Job", sagt Levent Metinol. Den Dank bekommen die Ehrenamtlichen regelmäßig zu spüren, sie ist ihnen auch eine Motivation, weiß Busfahrer Hans-Joachim Rapp: „Es macht Spaß und das bestätigen auch alle anderen Fahrerinnen und Fahrer, dass es eigentlich machen, weil es Spaß macht und weil die Dankbarkeit der Fahrgäste eben so enorm ist. Also man kann sich das gar nicht vorstellen. Jeder sagt Dankeschön, wenn er aussteigt und das ist einfach ein gutes Gefühl.“
Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 03.02.2025, 19:30 Uhr