#Wiegehtesuns? l Iraner wartet auf Einbürgerung - "Jeden Tag habe ich vergeblich in den Briefkasten geschaut"

Di 14.11.23 | 06:09 Uhr | Von Helena Daehler
  18
Reza Djalalzadeh.(Quelle:rbb)
Video: rbb24 Abendschau | 14.11.2023 | Material: rbb24 Abendschau | Bild: rbb

Wer sich einbürgern lassen möchte, muss in Berlin lange warten. Bei den Bezirken stauen sich die Akten. Reza Jalalzadeh aus dem Iran versucht seit rund zwei Jahren, sich einbürgern zu lassen. Die Ungewissheit zehrt an seinen Nerven. Von Helena Daehler

In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Alltag gerade aussieht - persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.

Reza Jalalzadeh lebt seit 2015 in Deutschland. Er hat hier studiert und arbeitet mittlerweile als Lichtplaner in einem Architekturbüro. Vor zwei Jahren hat er eine Einbürgerung beantragt. Doch die Kommunikation mit den Behörden ist schwierig und der Status seines Einbürgerungsverfahren ungewiss.

Als ich einen Antrag für ein Erstgespräch beim Bezirk gestellt hatte, habe ich noch in Zehlendorf gewohnt. Dort wurde mir gesagt, dass die nächsten Termine für ein Erstgespräch erst in zwölf Monaten verfügbar sind. Bevor das überhaupt stattfinden konnte, bin ich nach Tempelhof umgezogen. Somit war dann auch der Bezirk Tempelhof-Schöneberg für meine Einbürgerung zuständig. Hier hat anfangs alles gut funktioniert bei der Kommunikation mit der Einbürgerungsbehörde.

Es hat eine Weile gedauert, bis ich alle erforderlichen Dokumente für die Einbürgerung hatte. Den Sprachtest musste ich zum Beispiel zweimal machen, weil der erste, den ich gemacht habe, beim Bezirk Tempelhof-Schöneberg nicht akzeptiert wurde.

Im Januar 2023 habe ich dann alle Dokumente vollständig an den Bezirk geschickt und daraufhin einen Brief erhalten. Darin stand, dass das alles gut aussieht und ich nun die erforderliche Gebühr von 255 Euro bezahlen soll. Das habe ich gemacht. Danach ist aber nichts mehr passiert.

Es ist belastend, dass ich nicht weiß, was mit meinem Einbürgerungsantrag genau ist. Woran liegt es, dass sie mich nicht einbürgern können? Haben sie einfach keine Zeit oder ist etwas doch nicht in Ordnung mit den Dokumenten? Jeden Tag habe ich vergeblich in den Briefkasten geschaut.

Ich will aus vielen Gründen Deutscher werden. Ich will meine demokratischen Rechte wahrnehmen und wählen dürfen, denn ich fühle mich hier zu Hause. Was die Arbeit angeht, würde ich mich auch viel sicherer fühlen, wenn ich einen deutschen Pass hätte.

Während des Einbürgerungsprozesses kann ich zum Beispiel den Job nicht wechseln, weil ich dann wieder eine Probezeit hätte und das wäre schlecht für die Einbürgerung. Ähnlich sieht es mit einer Weiterbildung aus, denn dann würde sich mein Gehalt verändern, was wiederum ebenfalls für die Einbürgerung nicht gut ist.

Im August, sechs Monate nach dem letzten Brief des Bezirks, habe ich dann angefangen nachzuhaken. Am Telefon ist niemand rangegangen und auch auf E-Mails kam keine Antwort. Bei Facebook stand in einer "Einbürgerungs-Gruppe" der Tipp, dass man ein Fax schicken soll. Auch das habe ich versucht, aber auch das hat nicht funktioniert.

Ich habe dann gefragt, wie lange es noch dauert, aber das weiß niemand. Auch der nette Mann beim Bezirk konnte mir das nicht sagen.

Reza Jalalzadeh

Erst jetzt gerade im November habe ich eine Nachricht erhalten. Meine Akte liegt zusammen mit vielen anderen bereits in den Kisten, die für die Digitalisierung abgeholt werden. Das bedeutet, dass ab Januar dann die neue zentrale Stelle des Landesamts für Einwanderung (LEA) für mein Einbürgerungsverfahren zuständig ist, so wie für alle anderen Einbürgerungsanträge auch. Ich habe dann gefragt, wie lange es noch dauert, aber das weiß niemand. Auch der nette Mann beim Bezirk konnte es mir nicht sagen.

Ich würde mir sehr wünschen, dass ich bis kommenden Sommer meine Einbürgerungsurkunde und einen deutschen Pass habe. Auch aus privaten Gründen. Ich würde sehr gerne mit meinem Freund verreisen. Mit meinem iranischen Pass ist es wegen des Visums kompliziert und oft mit hohen Kosten verbunden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 14.11.2023, 8:00 Uhr

Beitrag von Helena Daehler

18 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 18.

    Was maßen Sie sich eigentlich an, dem Mann hier zu unterstellen? Was wissen Sie denn über den Mann, dass Sie so über ihn urteilen? Mit solchen Leuten wie Ihnen will ich nullkommanix zu tun haben, das Einzige was uns "verbindet" ist der Zufall dass wir beide einen Adler vorne auf dem Pass haben. Sie sind wahrscheinlich so verbittert, dass Sie immer noch nicht kapiert haben, dass wir auf Zuwanderer wie Herrn Jalalzadeh angewiesen sind - ob Ihnen das passt oder nicht. Und ihn hätte ich definitiv lieber zum Nachbarn als solche hasserfüllten, engstirnigen Gestalten wie Sie.

  2. 17.

    Hä, die haben jetzt 40.000 offene Anträge und wollen mit dem neuen LEA jährlich 20.000 Anträge bearbeiten. Letzteres war ja wohl ursprünglich nur für die in einem Jahr neu anfallenden Anträge gedacht, warum sonst sollten solche Kapazitäten langfristig geschaffen werden. Aber wie es scheint bearbeiten sie dann in den ersten zwei Jahren nur jetzige Anträge, sodass niemand im kommenden Jahr und im Jahr darauf eingebürgert wird, der es ab jetzt beantragt. Wieviele Anträge werden denn normalerweise pro Jahr gestellt?

  3. 16.

    Das Problem ist die vollkommen überbordene Bürokratie. Egal wo man etwas beantragt, die wollen Dokumente, z.B. eine Geburtsurkunde die sogar zeitlich befristet ist. Aber den Personalausweis muss man auch vorlegen, in diesem ist die Geburtsurkunde hinterlegt, gilt aber nicht. Oder Scheidungsurteil als Dokument gilt nicht man muss einen Auszug aus dem Eheregister haben, usw und sofort. Viele Dokumente werden mehrfach eingefordert, obwohl schon in Anderen verarbeitet. Vollkommen irre!!!

  4. 15.

    Wieso erkennt ein Bezirk den Sprachtest an, der andere nicht??? Das grenzt für mich an Willkür.

  5. 14.

    Fragen Sie die Leute doch einfach mal, warum sie hierherkommen, anstatt nutzlose Kommentare zu schreiben...

  6. 13.

    Im ÖD wird niemand eingearbeitet. Und wenns nicht passt, wird der neue Mitarbeiter in der Probezeit wieder rausgeschmissen. Die Neuen müssen sofoert funktionieren! Quereinsteiger, Einarbeitung - alles dummes Gerede!

  7. 12.

    Die Überschrift ist gut, ich schaue jeden Tag in den Briefkasten und stelle fest, wenn Briefe innerhalb von Berlin verschickt werden 6 Tage
    Dhl lässt grüßen.

  8. 11.

    Warum kommen soviele Menschen wenn Ihnen unsere Bürokratie nicht gefällt.
    Wenn hier alles so schlecht ist, dann sollte man gehen.
    Jedes Land hat seine Probleme, aber viele wollen nur nach Deutschland warum?
    Warum stellen Migranten kein Asyl in der arabischen Kultur?
    Vielleicht sind sie dort nicht willkommen.
    Nur gut das wir eine Demokratie sind, aber hier darf man Pässe wegwerfen obwohl kein Asylrecht besteht und das kostet dem Staat viel Geld und Bürokratie. Wenn diese Betrügereien nicht wären könnte unsere Verwaltung sich mit anderen Bürgeranliegen beschäftigen.

  9. 9.

    Die Anwärter können ja gleich mal eine Untätigkeitsklage einreichen und Entschädigung verlangen.
    Es gibt einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung und es gibt Einbürgerungen nach Ermessen, also ohne Rechtsanspruch.

  10. 8.

    Man kann es auch einfach als praktischen Teil des Einbürgerungstests sehen: Als Deutscher muss man lernen, sich beim Umgang mit Ämtern in Geduld zu üben.

  11. 7.

    Der Job im öffentlichen Dienst ist halt auch nicht attraktiv. Selbst wenn neue Mitarbeiter eingestellt werden müssen die erst eingearbeitet werden und dann versuchen altes aufzuarbeiten während reichlich Neues an Arbeit reinkommt.
    Motivation fehlt sicherlich am meisten, vielleicht bearbeiten unsere Regierenden mal solche Anträge um ein Gefühl zu bekommen wieviel Personal benötigt wird.
    Man kann nur hoffen das die Antragsteller es sich nicht anders überlegen und in andere Länder ziehen.

  12. 6.

    Dem Eindruck muss ich mich leider voll anschließen. Leider nicht nur in Berlin. Vermutlich wurden ab dem Moment, wo bei dieser Behörde klar war, dass das ab Januar jemand anderes übernimmt, schlichtweg nur noch Kisten gepackt und nichts mehr bearbeitet. Lohnt sich ja auch gar nicht mehr, jetzt noch in Stress zu verfallen.

  13. 5.

    In einem Interview, dass inforadio mit dem neuen(?)Leiter der Zentral-Behörde führte, war zu hören, dass sich für Berlin 40 000 Anträge auf die deutsche Staatsbürgerschaft "stauen".
    Also da kann 'von etwas länger' warten wohl keine Rede sein, zumal sicher auch aktuell weitere Neubeantragungen anfallen. Es soll ja bis zum ersten Januar 2014 eine Digitalform am Start sein. Oha!
    Da ist man aber m. M. n. sehr viele Jahre ohne Digitalisierung 'über die Runden gekommen', denn nachträglich alle Vorgangsdaten zu digitalisieren, dauert halt auch eine Weile. Man kann nur hoffen, dass über mindestens 5 Jahre zahlreiche best off-Praxis -Austausche stattgefunden haben, um hier nun endlich mal zum Ziel zu kommen. Da gibt es wirklich gute Wünsche für beide Seiten: Antragsteller und Behörde.

  14. 4.

    @April: "nicht schlimm" - darüber ist im Interview die Rede, worin der Mann be- und gehindert wird in seinem persönlichen Leben. (Job, Reise, permanente Unsicherheit bis Angst)
    Und doch, das ist schlimm.
    Nur wird es wohl kaum an den Amtmenschen allein liegen, sondern an den Strukturen und dem Personalmangel.

  15. 3.

    Das liegt sicherlich auch daran, dass sehr viele Menschen eingebürgert werden wollen und das verlängert natürlich auch die Wartezeit. Ich finde es aber auch nicht schlimm, wenn man etwas länger warten muss. Warum immer diese Eile? Ein Freund von mir hat auch acht Jahre gewartet, bis er eingebürgert wurde und das ist schon 20 Jahre her.

  16. 2.

    Mir geht es genauso, ich bin Österreicherin, seit 20 Jahren in Berlin, guter Job, 2 deutsch-österreichische Kinder, Ehemann geborener Berliner, seit 18 Jahren verheiratet. Alle Unterlagen sind längst eingereicht, den Einbürgerungstest bestanden, die Gebühr bezahlt. Auf die Einbürgerung warte ich seit fast 2 Jahren.

  17. 1.

    Kann ich verstehen, wir warten seit 14 Monaten auf die Höherstufung unserer 88jährigen Mutter bei der Schwerbeschädigung. Sie kann allein nicht laufen und auch das erkennen die Ämter nicht an. Da sitzt Inkompetenz, Faulheit und daraus Überarbeitung jener Mitarbeitenden die das auffangen sollen. Da stehen Verfahrensweise sich selbst im Weg und Strukturen aus vergangenen Jahrzehnten die wiederum totreguliert werden. In der freien Wirtschaft wären die Ämter nicht überlebensfähig

Nächster Artikel