Umstellung der Berlin-Pässe - Brandbrief warnt vor Überlastung der Berliner Sozialämter

Mo 19.12.22 | 11:32 Uhr
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ARCHIV - Braune Aktenmappen stapeln sich am 27.10.2004 in einer Amtsstube des Sozialamtes in Berlin-Neukölln. (Quelle dpa/Peer Grimm)
Audio: rbb24 Inforadio | 19.12.2022 | Angela Ulrich | Bild: dpa/Peer Grimm

Die Sozialstadträte der zwölf Berliner Bezirke haben einen Brandbrief an die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) geschrieben. Darin warnen sie den Berliner Senat vor einer Überlastung der Sozialämter. Der Brief liegt dem rbb vor.

Die Ämter arbeiteten an der absoluten Kapazitätsgrenze, schreiben die Sozialstadträte in ihrem gemeinschaftlichen Alarmruf. Grund sei vor allem die Umstellung vom Berlin-Pass auf einen neuen Berechtigungsnachweis für Sozialleistungen. Dabei geht es beispielsweise um das Sozialticket für den Nahverkehr und Ermäßigungen bei Kultur-Veranstaltungen.

Fast dreimal so viele Anspruchsberechtigte

Ab Januar sind nicht mehr die Bezirks-, sondern unter anderem die Sozialämter dafür zuständig. Doch macht den Sozialämtern laut Schreiben veraltete Software zu schaffen. QR-Codes müssten per Hand aufgeklebt werden. Das erfordere "einen erheblichen Zeitaufwand".

Auch nehme die Arbeit durch einen deutlich ausgeweiteten Kreis der Anspruchsberechtigten zu. Statt bisher rund 700.000 Personen könnten künftig etwa zwei Millionen Berlinerinnen und Berliner Anträge für die Berlin-Pass-Nachfolgeregelung stellen. Daraus folgt - den Sozialstadträten nach - ein "erheblichen Personalmehrbedarf".

Die Sozialstadträte fordern, die schon geltende Übergangsfrist für die Umstellung der Berlin-Pässe von März 2023 auf Ende Juni zu verlängern. In dieser Zeit solle eine "tragbare Lösung mit einem externen Dienstleister" für das Projekt erarbeitet werden.

FDP fordert Verwaltungsreform, Senat berät bis Januar

Tobias Bauschke, sozialpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, kritisiert in Reaktion auf den Brandbrief den rot-grün-roten Senat: "Sehenden Auges lässt man die Sozialämter in die verwaltungstechnische Handlungsunfähigkeit laufen", teilt er am Montag mit. "Genauso wie die Gesundheitsämter, Bauämter, Ordnungsämter und Bürgerämter – alle haben das Limit ihrer Kapazitäten erreicht."

Es gebe schon seit Jahren "Hilferufe aus den Berliner Amtsstuben", heißt es weiter in Bauschkes Mitteilung, doch der Senat ignoriere sie. Es fehle an "Personal, Vereinheitlichung, Digitalisierung, der passenden Hard- und Software und an klaren Zuständigkeiten". Berlin brauche eine Verwaltungsreform, so der FDP-Sprecher, "die einer wachsenden Stadt gerecht wird und dafür sorgt, dass die zahlreichen sowie notwendigen Modernisierungs- und Transformationsprozesse endlich umgesetzt werden".

Ende November hatte der Berliner Senat beraten, um die Verwaltungsstrukturen neu zu organisieren und die Landesbehörden besser aufzustellen. Bis Januar wolle man sich auf Eckpunkte für entsprechende Gesetzesänderungen verständigen, hieß es damals. Die Rede ist vom "weitreichendsten Reformvorhaben" seit der Bezirksreform von 2001.

Sendung: rbb24 Inforadio, Nachrichten, 19.12.2022, 09:40 Uhr

17 Kommentare

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  1. 16.

    Hauptsache, für den BER konnten Milliarden verschleudert werden.

  2. 15.

    2 Millionen Anspruchsberechtigte bei 3,64 Millionen Einwohnern?
    Irgendwas läuft hier aber gewaltig schief.
    Würden unsere Politiker im 1. Schritt die Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge für Geringverdiener senken, wären ohne großen Aufwand zahlreiche Menschen nicht mehr von Sozialleistungen abhängig.
    Ebenso könnte man sich dann zahlreiche Sachbearbeiter sparen.
    Warum nimmt man den Steuerzahlern erst Ihr Geld - um es dann bürokratisch zu verteilen?

  3. 14.

    Man muß bei allem erwähnen das trotzdem eine große Menge trotzdem an nichts teilhaben können, weil sie gerade so alles bezahlen können was wichtig ist und trotzdem keine Ermäßigung bekommen trotz Arbeit oder Rente! Also das heißt nicht arbeiten gehen dann bekommt man mehr vom Staat.

  4. 13.

    Wie kommt denn der Zuwachs von 1.300.000 Bezugsberechtigten zustande? Sind das die Schüler, die jetzt umsonst Kultur besuchen können? Wenn das zum Kollaps in den Ämtern führt, ist das ja schön gemeint, aber schlecht gemacht. Wer Kernaufgaben kaum schafft, sollte sich nicht noch mehr Arbeit aufladen oder aber personell aufstocken.

  5. 12.

    Ganz meine Meinung! Ich warte auf meinen Bescheid zum Antrag auf SGB XII seit über 2 Monaten; einer schriftlichen Bitte auf Sachstandmitteilung von vor über 2 Wochen blieb bisher auch unbearbeitet. Schöner Mist!

  6. 11.

    Nicht das erste Mal,dass wir schwerbehinderte Rentner keine Grundsicherung bekommen würden.Die Sachbearbeiterin dauerkrank,Anträge werden nicht bearbeitet ,Gesprächstermine nur telefonisch,3x klingeln,kein Anschluss oder schnell beschieden,sprich abgelehnt.

  7. 10.

    Das sagt sich so leicht, da man sich selbst gerne aufplustert, zwar unter verschieden Namen, aber immer in eine Richtung.

  8. 9.

    So ein Quatsch, außerdem hätten sie beide dann nichts mehr woran sie sich künstlich aufplustern können.

  9. 8.

    Man kann doch bei diesen Zuständen in den Behörden nur meckern. Ich habe im Sommer im Bezirksamt ausgeholfen um die Massen an ukrainischen Flüchtlingen zu bewältigen und was man da nur rein IT mäßig gesehen hat ist unter aller Schublade! Die Stadt muss(!) investieren und ihre Mitarbeiter auch zeitnah hierzu (weiter-) bilden.
    Keiner der Entscheidungsträger hat mal vor diesen Bildschirmen gesessen und keiner musste sich durch diesen Papierwulst durcharbeiten.
    Es muss endlich mal der kleine Sachbearbeiter gehört werden, denn nur der muss sich diesem Chaos tagtäglich stellen.

  10. 6.

    "Dit is Berlin. " Stimmt, eine Stadt voller Meckerköppe die nichts weiter können als meckern.

  11. 5.

    Es hat sich leider nichts geändert und die Menschen in der Berliner Verwaltung,die den direkten Kontakt zu den Bürgern haben, müssen das ausbaden. Egal ob in den Bezirken oder dem Land. Bei der technischen Ausstattung wird auf Isettaniveau investiert und dann Porscheleistung erwartet. Das bekommen die Mitarbeitenden täglich zu spüren. Die Berliner Verwaltung wurde totgespart und die vorhandene Personalausstattung entspricht nicht dem Bevölkerungszuwachs in Berlin. Es reicht nicht,dassdie Politik etwas beschließt und z.B. freudig und vollmundig in der Abendschau verkündet,wenn die Basis in den Ämtern nicht zeitnah und ausreichend dafür vorbereitet,ausgerüstet wird. Und zur Erinnerung,da arbeiten auch " nur" Menschen.

  12. 4.

    Dit is Berlin. Allet wollen, nüscht können - aber dafür große Klappe. Neenee - so wird dit nix. Und wir Bürger sind weiter die Jelackmeierten, die Mitabreiter der Ämter kriejen den Frust der Leute vonne Straße ab, könn nüscht dafür und dürfen den Kopp hinhalten für dit Versagen der Haute Volaute.

  13. 3.

    Ist denn wenigstens die Auszahlung der Grundsicherung zum 01.01.23 gesichert und wurden die neuen Regelsätze eingepflegt?

    Die Absicherung der Leistungsbezieher ist ja wichtiger als die Ausstellung der Berlin Pässe

  14. 2.

    Wenn weiterhin so viele Menschen nach Berlin gelassen werden, die abhängig von Sozialleistungen sind, werden wir bald die Stadt mit 50 %oder sogar mehr Sozial Empfänger sein.

  15. 1.

    Etwa zwei Millionen Berlinerinnen und Berliner haben Anspruch auf den Berlinpass. Das bedeutet auch dass sich etwa zwei Millionen Bürgerinnen und Bürger in Berlin Kultur-, Bildungs-, Sport- und Freizeitangebote sowie die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben nicht allein leisten können. Über die Hälfte der Berlinerinnen und Berliner können somit nicht von ihrem eigenen Einkommen ein vielfältiges Leben führen. Sie müssen die Ausgabe jedes Euro überdenken. Das ist sozialökonomisch erschütternd.

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