Umstellung der Berlin-Pässe -
Die Sozialstadträte der zwölf Berliner Bezirke haben einen Brandbrief an die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) geschrieben. Darin warnen sie den Berliner Senat vor einer Überlastung der Sozialämter. Der Brief liegt dem rbb vor.
Die Ämter arbeiteten an der absoluten Kapazitätsgrenze, schreiben die Sozialstadträte in ihrem gemeinschaftlichen Alarmruf. Grund sei vor allem die Umstellung vom Berlin-Pass auf einen neuen Berechtigungsnachweis für Sozialleistungen. Dabei geht es beispielsweise um das Sozialticket für den Nahverkehr und Ermäßigungen bei Kultur-Veranstaltungen.
Fast dreimal so viele Anspruchsberechtigte
Ab Januar sind nicht mehr die Bezirks-, sondern unter anderem die Sozialämter dafür zuständig. Doch macht den Sozialämtern laut Schreiben veraltete Software zu schaffen. QR-Codes müssten per Hand aufgeklebt werden. Das erfordere "einen erheblichen Zeitaufwand".
Auch nehme die Arbeit durch einen deutlich ausgeweiteten Kreis der Anspruchsberechtigten zu. Statt bisher rund 700.000 Personen könnten künftig etwa zwei Millionen Berlinerinnen und Berliner Anträge für die Berlin-Pass-Nachfolgeregelung stellen. Daraus folgt - den Sozialstadträten nach - ein "erheblichen Personalmehrbedarf".
Die Sozialstadträte fordern, die schon geltende Übergangsfrist für die Umstellung der Berlin-Pässe von März 2023 auf Ende Juni zu verlängern. In dieser Zeit solle eine "tragbare Lösung mit einem externen Dienstleister" für das Projekt erarbeitet werden.
FDP fordert Verwaltungsreform, Senat berät bis Januar
Tobias Bauschke, sozialpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, kritisiert in Reaktion auf den Brandbrief den rot-grün-roten Senat: "Sehenden Auges lässt man die Sozialämter in die verwaltungstechnische Handlungsunfähigkeit laufen", teilt er am Montag mit. "Genauso wie die Gesundheitsämter, Bauämter, Ordnungsämter und Bürgerämter – alle haben das Limit ihrer Kapazitäten erreicht."
Es gebe schon seit Jahren "Hilferufe aus den Berliner Amtsstuben", heißt es weiter in Bauschkes Mitteilung, doch der Senat ignoriere sie. Es fehle an "Personal, Vereinheitlichung, Digitalisierung, der passenden Hard- und Software und an klaren Zuständigkeiten". Berlin brauche eine Verwaltungsreform, so der FDP-Sprecher, "die einer wachsenden Stadt gerecht wird und dafür sorgt, dass die zahlreichen sowie notwendigen Modernisierungs- und Transformationsprozesse endlich umgesetzt werden".
Ende November hatte der Berliner Senat beraten, um die Verwaltungsstrukturen neu zu organisieren und die Landesbehörden besser aufzustellen. Bis Januar wolle man sich auf Eckpunkte für entsprechende Gesetzesänderungen verständigen, hieß es damals. Die Rede ist vom "weitreichendsten Reformvorhaben" seit der Bezirksreform von 2001.
Sendung: rbb24 Inforadio, Nachrichten, 19.12.2022, 09:40 Uhr