Grünheide (Oder-Spree) -
Der E-Automobilhersteller Tesla hat Anfang Oktober einem gewerkschaftlich organisiertem Ersatzmitglied des Betriebsrats die fristlose Kündigung ausgesprochen. Der Betriebsrat der Fabrik in Grünheide hatte der Kündigung zugestimmt. Die Gewerkschaft IG Metall Berlin-Brandenburg kritisiert das Vorgehen und spricht von einem "Skandal". Für den Arbeitgeber Tesla steht eine Gewaltandrohung im Raum, weswegen die Kündigung ausgesprochen wurde.
Nach rbb-Informationen handelt es sich dabei um einen Schichtarbeiter. Dieser sollte nach Beendigung einer Nachtschicht wieder ins Werk kommen, weil er kurzfristig zu einer Sitzung des Betriebsrates um neun Uhr nachgeladen war, da ein ordentliches Mitglied abgesagt hatte. Dort soll es zu einer verbalen Auseinandersetzung wegen der Vorgehensweise gekommen sein sowie der Überlegung, dieses Vorgehen arbeitsrechtlich prüfen zu lassen.
"Ich warte auf eine Lücke und dann ziehe ich dir eins rein", soll der Beschuldigte einer Betriebsratskollegin gesagt haben. Das geht aus einer E-Mail des Beschuldigten hervor, die er der betroffenen Kollegin zugeschickt hatte und dem rbb vorliegt.
Trotz einer Entschuldigung des Gewerkschaftsmitglieds soll sich eine Mehrheit im Betriebsrat für eine Kündigung des Mitarbeiters eingesetzt haben.
Der Tesla-Betriebsrat hat 39 Mitglieder. Die IG Metall stellt mit 16 Mitgliedern die größte Einzelgruppe. Weitere 23 Arbeitnehmervertreter haben sich zu einer Fraktion zusammengeschlossen. Sie gelten bei der Gewerkschaft als managementnah. Die IG Metall fordert nun die Rücknahme der Kündigung und bietet dem Beschuldigten einen Anwalt zur Unterstützung an.
Der zweite Kündigungsfall eines IG Metallers in diesem Jahr
Die Gewerkschaft sieht in dem Vorgang auch einen Zusammenhang mit einer kürzlich gestarteten Umfrage zur Arbeitsbelastung im Grünheider Werk. Zuletzt gab es Berichte über einen überdurchschnittlich hohen Krankenstand bei Tesla. Das US-Unternehmen kündigte Hausbesuche an.
Nach der Neuwahl des Betriebsrates im Mai ist dies bereits der zweite Fall, in dem der Betriebsrat einer Kündigung eines IG Metall Betriebsratsmitglieds zustimmt. Im ersten Fall sprach sich das Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit dagegen aus. Das Amt sollte eine Bewertung vornehmen, da der Mitarbeiter kurz vor seiner Elternzeit und daher unter besonderem Kündigungschutz stand. Die Verhandlungen laufen derzeit noch.
Laut der Gewerkschaft erreiche mit dieser erneuten Kündigung "das aggressive Vorgehen von Tesla gegen den Einsatz für bessere Arbeitsbedingungen den nächsten Höhepunkt". Gegenüber den ersten 35 Mitarbeitenden auf der Kandidatenliste der IG Metall wären seit Jahresbeginn bereits 25 Abmahnungen ausgesprochen worden.
Tesla spricht von Falschbehauptungen
Der Automobilhersteller wies die Anschuldigungen entschieden zurück. Es handele sich um eine auf unwahren Behauptungen aufbauende Skandalisierung zulasten der "Gigafactory", sagte eine Sprecherin.
Die "disziplinarischen Maßnahmen" haben laut Tesla in beiden Fällen nichts mit der Betriebsratszugehörigkeit zu tun gehabt. Im früheren Fall habe ein Arbeitszeitbetrug vorlegen. Bei der betroffenen Person sei die Kündigung noch nicht ausgesprochen. Im zweiten Fall sei die die nun erfolgte Kündigung die Folge der Androhung von Gewalt gegenüber anderen Mitarbeitenden gewesen.
Beide Mitarbeiter hätten "im gravierendem Maße rote Linien überschritten", so die Sprecherin weiter. In beiden Fällen stünden "strafrechtlich relevante Vorwürfe" im Raum. Der Automobilhersteller behält sich laut der Sprecherin die Prüfung von rechtlichen Schritten gegen die Anschuldigungen der IG Metall vor.
Korrektur: In einer früheren Version dieses Texts hieß es, das Landesarbeitsgericht habe sich gegen die Kündigung im ersten Fall ausgesprochen. Es handelte sich dabei jedoch um das Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit aufgrund des besonderen Kündigungschutzes der betreffenden Person.
Sendung: Antenne Brandenburg, 14.10.2024, 18 Uhr
Die Kommentarfunktion wurde am 18.10.2024 um 19:55 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.