Sparkurs in Berlin - Das bedeuten die Haushaltskürzungen für Studierende
Mensa-Essen, Sozialbeitrag, psychologische Beratung: Vieles steht durch die Berliner Haushaltskürzungen auch beim Studierendenwerk auf dem Prüfstand. Dooch es gibt Hoffnung, dass es weniger schlimm kommt. Von Leonie Schwarzer und Sabine Müller
Um kurz vor zwölf herrscht in der Mensa der Technischen Universität an der Berliner Hardenbergstraße Hochbetrieb. Studierende balancieren volle Teller auf ihren Tabletts, alle Tische sind besetzt. Davon, dass dem Studierendenwerk laut Senatsbeschluss 7,5 Millionen Euro gekürzt werden sollen, haben manche hier noch gar nichts gehört. Dabei sind erste Konsequenzen schon angekündigt.
Was sich in der Mensa ändert
Klar sei bereits, dass zwei Mensa-Backshops schließen, sagt Jana Judisch vom Studierendenwerk. Einer auf dem HU-Campus an der Spandauer Straße, der andere an der Hochschule für Musik Hanns Eisler. Weitere könnten dazukommen. Außerdem wird ab Januar das preiswerte Tagesgericht in allen Mensen teurer. Es kostet statt 1,45 Euro dann 1,75 Euro.
Bei den Studierenden kommt das nicht gut an. Für sie persönlich mache es nicht viel aus, sagt die Architekturstudentin Zerina Oktay, weil sie keine finanziellen Sorgen habe. "Aber ich kenne viele Mitstudierende, wo die Mensa die einzige nahrhafte Mahlzeit am Tag bietet. Da ist es schade, wenn es teurer wird." Auch Lehramtsstudent Konstantin Lemke sagt, ihm sei es "superwichtig, dass studentisches Essen und Leistungen vom Studierendenwerk generell bezahlbar bleiben".
Der Sozialbeitrag wird steigen - aber wie stark?
Neben den Uni-Mensen und -Cafés betreibt das Studierendenwerk auch Wohnheime und Kitas, bietet außerdem psychologische Unterstützung und Bafög-Beratung für mehr als 175.000 Studierende an. Sprecherin Jana Judisch kann noch nicht detailgenau sagen, wo nun überall gespart wird. Aber wenn es so komme wie vom Senat am Dienstag beschlossen und es ein Drittel weniger Geld gebe, dann werde das hart und die Studierenden würden es deutlich merken, so Judisch. "Wir werden über Einrichtungsschließungen und Angebotskürzungen sprechen müssen, und wir wissen jetzt schon, dass sich Sozialbeitrag drastisch erhöhen muss."
Der Sozialbeitrag ist der Teil des Semesterbeitrags, der die Arbeit des Studierendenwerks mitfinanziert. 63 Euro sind es in Berlin aktuell pro Semester. Gibt es vom Land weniger Geld, muss mehr über den Sozialbeitrag reinkommen. Als Befürchtung im Raum standen zuletzt bis zu 30 Euro Plus.
So viel werde es nicht, versichert der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Marcel Hopp. Denn die Fachleute von CDU und SPD wollten mindestens ein Drittel der angedrohten Kürzungen beim Studierendenwerk rückgängig machen, sagt Hopp. "Ich gehe nach aktuellem Stand davon aus, dass wir beim Sozialbeitrag für Studierende unter dem bundesweiten Schnitt von momentan 81 Euro landen."
Sorge um den Studien-Standort Berlin
Unter 20 Euro mehr für den Sozialbeitrag, 30 Cent mehr beim billigsten Mensa-Essen - das klingt erst einmal nicht viel. Es mache aber für einige Studierende richtig etwas aus, sagt Stefanie Döring vom Allgemeinen Studierendenausschuss (Asta). Sie treffe in ihrer täglichen Arbeit regelmäßig Studierende, die "wirklich jeden Euro dreimal umdrehen müssen", so Döring. "Sie sind darauf angewiesen, dass Zuschüsse fließen und Essen oder Beratungsangebote subventioniert werden." Wenn da gekürzt werde, warnt sie, sei das eine "Katastrophe".
Ganz grundsätzlich, fordert Döring, dürfe es keine Kürzungen geben, es müsse investiert werden in die Studierenden. Schließlich seien das doch die zukünftigen Ingenieurinnen, Lehrer und Ärztinnen, die Deutschland dringend brauche.
So sieht es auch Linksfraktionschef Tobias Schulze. Berlin sei sowieso schon ein teures Pflaster für Studierende, mit hohen Mieten und steigenden Preisen für den öffentlichen Nahverkehr. "Wenn zusätzlich noch der Sozialbeitrag deutlich erhöht wird, dann ist das zum Schluss eine Belastung, bei der sich einige Leute überlegen werden, ob sie sich das Studium noch leisten können." Schulze sagt, er befürchte höhere Abbrecherquoten oder dass Menschen gar nicht erst nach Berlin kämen zum Studium.
Forderung nach Planungssicherheit - auch für die Wohnheime
Während die Sparpläne des Senats nun im Abgeordnetenhaus beraten und eventuell noch einmal verändert werden, sitzt Jana Judisch vom Studierendenwerk auf heißen Kohlen. Sie fordert von der schwarz-roten Regierung Klarheit und Sicherheit ein - und zwar nicht nur für 2025, sondern auch für die Jahre danach.
Es gehe um langfristige Planungen, sagte sie, etwa für die vielen maroden Wohnheime. Bei denen gebe es einen Sanierungsstau von 110 Millionen Euro - "hochdramatisch" nennt Judisch die Lage. "Wenn wir dafür keine Investitionen bekommen und Sanierungsmittel aufbauen können, dann können wir sie langfristig nicht weiterbetreiben."
Harte Worte, um Druck auf die Politik zu machen. Für 2025 rechnet Judisch allerdings nicht mit einem solchen Szenario. Die Wohnheimplätze sind also trotz der Kürzungen erst einmal sicher.
Sendung: rbb24 Abendschau, 27.11.2024, 19:30 Uhr